Tatbestand
Der 1976 geborene Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung einer Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung
ab dem 01.01.2017 als Pflegeperson seiner Mutter.
Der Kläger ist Sohn der 1942 geborenen und am 00.09.2020 verstorbenen Frau I B (im Folgenden: Mutter). Die Mutter erhielt
seit dem 01.10.2003 Pflegegeld nach der Pflegestufe I; zuständig hierfür war seit dem 01.09.2008 die landwirtschaftliche Pflegekasse
Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: Pflegekasse). Pflegeperson war zunächst Frau J B.
Der Kläger war ehemals beim Land Nordrhein-Westfalen (S Aachen) im Rahmen einer Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft
(DFG) als Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Diplom-Ingenieur Elektrotechnik) angestellt. Die von vornherein befristete Vollzeittätigkeit
änderte sich ab September 2008 auf eine halbzeitige Tätigkeit; das Anstellungsverhältnis konnte so weitere zwei Monate fortgesetzt
werden. Mit Ablauf des 31.12.2008 lief die Tätigkeit ganz aus. Vom 01.01. bis zum 12.11.2009 bezog der Kläger Arbeitslosengeld,
vom 13.11.2009 bis zum 31.12.2010 Krankengeld und vom 01.02.2011 bis zum Erlöschen des Anspruches am 18.09.2011 wiederum Arbeitslosengeld.
Bereits ab dem 01.11.2008 wurde der Kläger gegenüber der Pflegekasse als Pflegeperson benannt; die Pflegekasse entrichtete
ab diesem Zeitpunkt im Rahmen des
SGB XI Rentenversicherungsbeiträge für den Kläger. Ab Januar 2015 erhielt die Mutter Leistungen nach er Pflegestufe II; die Rentenversicherungsbeiträge
für den Kläger wurden entsprechend angepasst. Ab dem 01.01.2017 wurde die Pflegestufe II in den Pflegegrad 3 übergeleitet.
Seit dem 01.03.2020 bestand der Pflegegrad 5.
Mit Schreiben vom 19.12.2016 beantragte der Kläger bei der Pflegekasse die Entrichtung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung
nach dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz wegen nicht erwerbsmäßiger Pflege seiner Mutter. Im nachgereichten "Fragebogen zur
Zahlung der Beiträge zur sozialen Sicherung nicht erwerbstätiger Pflegepersonen" gab er an, er pflege seine Mutter seit dem
01.11.2008; der Umfang der Pflegetätigkeit betrage "28+" Stunden. Eine anderweitige Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung
bestehe nicht; unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit sei er arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die
Pflegekasse teilte dem Kläger mit Schreiben vom 13.04.2017 mit, für Pflegepersonen, die am 31.12.2016 nach §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III (damaliger Fassung) arbeitslosenversicherungspflichtig gewesen seien, werde gemäß §
446 Abs.
2 SGB III ab dem 01.01.2017 das Versicherungspflichtverhältnis nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. fortgeführt. Der Kläger habe sich am 31.12.2016 in keinem arbeitslosenversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis befunden.
Eine Beitragszahlung zur Arbeitslosenversicherung erfolge deshalb nicht. Die Pflegekasse stellte die Bearbeitung des hiergegen
erhobenen Widerspruchs auf Bitten des Klägers zurück.
Denn der Kläger hatte bei der Beklagten am 15.11.2017 einen Antrag auf ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag - Pflegepersonen
- gestellt; zuvor hatte er sich bereits am 26.04.2017 telefonisch danach erkundigt. Im Antrag war angegeben, das Versicherungspflichtverhältnis
beginne am 01.10.2011. Zuvor habe er vom 13.11.2009 bis zum 31.12.2010 Krankengeld erhalten, ferner habe er eine Entgeltersatzleistung
nach dem
SGB III bezogen. Die Beklagte lehnte diesen "Antrag auf ein Versicherungspflichtverhältnis in der Arbeitslosenversicherung nach §
28a SGB III" mit Bescheid vom 30.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2018 ab, weil er nicht rechtzeitig gestellt
worden sei; Kontaktaufnahmen des Klägers mit der Beklagten wegen einer Versicherungspflicht vor dem 26.04.2017 seien nicht
ersichtlich. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Die Pflegekasse teilte der Beklagten (bereits) mit Schreiben vom 23.04.2018 mit, sie lehne eine Beitragszahlung zur Arbeitslosenversicherung
für den Kläger ab, da eine Versicherungspflicht ab dem 01.01.2017 nur bestanden hätte, wenn der Kläger unmittelbar zuvor versicherungspflichtig
gewesen wäre (§
26 Abs.
2 a.E.
SGB III). Die Beklagte werde (unter Hinweis auf Ziffer 4 bis 6 der Verfahrensbeschreibung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen
Rentenversicherung Bund, der Beklagten und des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. vom 01.08.2016) um abschließende
Entscheidung über die Versicherungspflicht/Beitragshöhe gebeten.
Die Beklagte verwies den Kläger auf dessen Sachstandsanfrage und hilfsweisen Überprüfungsantrag zunächst auf den Bescheid
vom 30.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2018; hiergegen könne Klage erhoben werden, und eine Überprüfung
nach § 44 SGB X erfolge nicht (Schreiben vom 04.10.2018). Der Kläger teilte hierzu mit (Schreiben vom 23.11.2018), die Beklagte verkenne,
dass es sich beim Widerspruchsbescheid vom 12.03.2018 um einen anderen Verfahrensgegenstand handele. Jetzt gehe es um ein
laufendes Verfahren, im Rahmen dessen die Pflegekasse zunächst die Entscheidung der Beklagten abgewartet habe, und welches
nach Abgabe durch die Pflegekasse an die Beklagte noch nicht abgeschlossen sei; es gehe dabei um eine Pflichtversicherung
ab dem 01.01.2017. Die Beklagte teilte dem Kläger mit (Schreiben vom 04.12.2018), der Bescheid vom 15.11.2017 und der Widerspruchsbescheid
vom 12.03.2018 hätten eine Versicherung nach §
28a SGB III abgelehnt. Eine weitere Antragstellung sei nicht ersichtlich. Die Pflegekasse habe eine Beitragszahlung ab dem 01.10.2017
mit "Bescheid" vom 23.04.2018 abgelehnt. Der Kläger antwortete (Schreiben vom 14.12.2018), aus dem Schreiben der Pflegekasse
vom 23.04.2018 gehe hervor, dass die Beklagte zuständig sei.
Der Kläger erhob am 18.04.2019 vor dem Sozialgericht Aachen Klage (S 10 AL 79/19), mit der er eine Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über seinen Antrag auf Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung
ab dem 01.01.2017 begehrte. Dabei handele es sich um einen Antrag, der von demjenigen zu unterscheiden sei, den die Beklagte
mit Bescheid vom 30.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2018 abgelehnt habe. Das bei der Pflegekasse eingeleitete
Antragsverfahren, um das es hier gehe, sei noch nicht abgeschlossen. Mit Bescheid vom 23.08.2019 lehnte die Beklagte einen
"Antrag auf ein Versicherungspflichtverhältnis in der Arbeitslosenversicherung nach §
28a SGB III" ab. Der Kläger erklärte daraufhin das Klageverfahren S 10 AL 79/19 für erledigt.
Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23.08.2019 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2019 zurück.
Die Beklagte veranlasste wegen der Verfahrensbeschreibung im Schreiben des GKV-Spitzenverbandes (und anderer) vom 01.08.2016
außerhalb dieses Widerspruchsverfahrens nunmehr jedoch eine Prüfung des "Antrags auf Beitragszahlung zur Arbeitslosenversicherung
nach §
26 Abs.
2b SGB III für die Zeit ab 01.01.2017". Die vom Kläger beim Sozialgericht Aachen erhobene, auf §
28a SGB III gestützte Klage gegen den Bescheid vom 23.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2019 (S 10 AL 206/19) nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2020 zurück.
Mit Bescheid (bereits) vom 11.11.2019 teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung
als Pflegeperson nach §
26 Abs.
2b SGB III bestehe nicht. Denn unmittelbar zuvor habe keine Versicherungspflicht bestanden. Den Widerspruch des Klägers, den er nicht
begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2020 (bekanntgegeben am 06.02.2020) zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 06.03.2020 beim Sozialgericht Aachen Klage erhoben. Bereits vor dem 01.01.2017 hätten Pflegepersonen,
allerdings nur auf Antrag und mit einer Frist von maximal drei Monaten nach Aufnahme der Pflegetätigkeit, in die Arbeitslosenversicherung
aufgenommen werden können. Ab dem 01.01.2017 habe der Gesetzgeber mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz die Pflegepersonen
stärken sowie eine Rückkehr in das Erwerbsleben nach Beendigung der Pflege erleichtern wollen und die soziale Sicherung von
Pflegepersonen in der Arbeitslosenversicherung auf eine neue Grundlage gestellt. Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/5926 S.
146 f.) führe aus, Grundgedanke der Versicherungspflicht bleibe nach wie vor, dass die Pflegeperson vor Aufnahme der Pflegetätigkeit
zu dem durch die Arbeitslosenversicherung geschützten Personenkreis gehört habe. Deshalb müsse sie unmittelbar vor Beginn
der Pflege dort versicherungspflichtig gewesen sein oder Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem
SGB III gehabt haben. Es folgten in der Gesetzesbegründung jedoch keinerlei Ausführungen, dass nur Pflegepersonen betroffen sein
sollten, die eine Pflegetätigkeit erst ab dem 01.01.2017 aufnähmen; dies würde denn auch zu einer Ungleichbehandlung der schon
länger pflegenden Personen führen, die wegen der Pflege ihre bisherige versicherungspflichtige Beschäftigung aufgegeben hätten.
Die Übergangsregelung in §
446 SGB III für solche Pflegepersonen, die bereits am 31.12.2016 einer Antragsversicherungspflicht unterlegen seien, solle nur bewirken,
dass diese nicht schlechter gestellt würden als bisher; deshalb bestehe deren bisherige Versicherungspflicht fort. Damit werde
jedoch nicht verlangt, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung am 31.12.2016 bestanden haben müsse. Es genüge nach
dem Gesetzeswortlaut vielmehr, dass vor Aufnahme der Pflegetätigkeit eine Versicherungspflicht bestanden habe. Der Kläger
sei bei Aufnahme der Pflege seiner Mutter am 01.11.2008 noch versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Falls in seinem Fall
eine gesetzliche Regelungslücke bestehe, müsse diese durch Auslegung im Sinne des Gesetzgebers geschlossen werden.
Der Kläger hat (in der erstinstanzlichen Antragsfassung) beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2020 zu verurteilen,
ein Versicherungspflichtverhältnis aufgrund der Pflegetätigkeit der Mutter des Klägers nach §
26 Abs.
2b SGB III ab Januar 2017 festzustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Entscheidung festgehalten.
Mit Urteil vom 30.09.2020 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bis zum 31.12.2016 habe eine nicht erwerbstätig pflegende
Person eine Antragspflichtversicherung zur Arbeitslosenversicherung begründen können. Zum 01.01.2017 sei diese durch eine
Pflichtversicherung nach Maßgabe des §
26 Abs.
2b SGB III ersetzt worden. Voraussetzung sei jedoch, dass die Pflegeperson unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit versicherungspflichtig
gewesen sei oder einen Anspruch auf laufende Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III gehabt habe. Das Gesetz beziehe dies nur auf Pflegepersonen, die erst ab dem 01.01.2017 eine Pflegetätigkeit aufnähmen. Der
Kläger, der schon 2008 die Pflegetätigkeit aufgenommen habe, falle nicht unter diesen Personenkreis. Dagegen spreche auch
nicht die Besitzstandsregelung in §
446 SGB III. Danach setzten bis zum 31.12.2016 antragspflichtversicherte Personen die Versicherung ab dem 01.01.2017 als Pflichtversicherung
fort; einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn man der Auffassung des Klägers folgen würde.
Gegen das am 02.11.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.11.2020 Berufung eingelegt. Er verweist nochmals darauf, dass
die Gesetzesbegründung keinen Rückschluss erlaube, dass nur Pflegepersonen pflichtversichert seien, welche die Pflege erst
ab dem 01.01.2017 aufgenommen hätten; dies würde eine Ungleichbehandlung bedeuten. §
446 SGB III diene allein dazu, dass die Versicherungspflicht für bis zum 31.12.2016 antragspflichtversicherte Personen fortbestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 30.09.2020 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.11.2019
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2020 zu verurteilen, für den Kläger ein Versicherungspflichtverhältnis
aufgrund seiner Pflegetätigkeit für seine Mutter nach §
26 Abs.
2b SGB III ab 01.01.2017 bis zum 10.09.2020 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das Urteil des Sozialgerichts. §
446 SGB III betreffe nur Personen, die bis zum 31.12.2016 nach §§
26 Abs.
2b bzw. 28. Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III damaliger Fassung versicherungspflichtig gewesen seien. Seit dem 01.01.2017 bestehe nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. Versicherungspflicht unabhängig von der Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitengesetz. Die Neuregelung
der Norm beziehe sich daher nur auf Pflegende mit Eintritt der Versicherungspflicht ab dem 01.01.2017. Beim Kläger hätten
die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach den bis zum 31.12.2016 geltenden Vorschriften nicht vorgelegen; insbesondere
habe er die Klage hinsichtlich einer Antragspflichtversicherung gemäß §
28a SGB III a.F. zurückgenommen. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich nicht, dass die Neuregelung des § 26a Abs. 2b
SGB III auch bei Pflegetätigkeit schon vor dem 01.01.2017 gelten solle. Der Gesetzgeber spreche insbesondere davon, dass die "Versicherungspflicht
zukünftig ... besteht." Dies könne nur heißen, dass sie sich auf ab dem 01.01.2017 neu eintretende Versicherungsereignisse
beziehe, nicht aber, dass für Pflegezeiten vor diesem Datum eine neue Beurteilung zu erfolgen habe; anderenfalls ergäbe die
Bestandsschutzregelung in §
446 SGB III keinen Sinn.
Der Senat hat die Pflegekasse beigeladen. Die Beigeladene hat sich zum Verfahren nicht geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Akten (Verwaltungsvorgänge der Beklagten, Akten des Sozialgerichts Aachen S 10 AL 79/19 und S 10 AL 206/19; Verwaltungsvorgang der Pflegekasse) Bezug genommen. Der Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 11.11.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 03.02.2020 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. §
54 Abs.
2 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung als Pflegeperson
i.S.d. §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017.
1. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig ergangen. Die Beklagte war insbesondere für die Entscheidung über eine
Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung zuständig; die Beigeladene hat deshalb zu Recht (mit Schreiben
vom 23.04.02018, unter Hinweis auf die Verfahrensbeschreibung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund,
der Beklagten und des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. vom 01.08.2016) den Antrag des Klägers in dessen Schreiben
vom 19.12.2016 an die Beklagte zur Entscheidung abgegeben.
Denn über die Versicherungs- und Beitragspflicht in einem Versicherungszweig hat der Versicherungsträger zu entscheiden, bei
dem die behauptete Versicherungspflicht bestehen würde, es sei denn, es gibt eine abweichende Zuständigkeitsregelung. So hat
etwa der Rentenversicherungsträger - vorbehaltlich abweichender Regelungen - über die Versicherungspflicht, die Beitragspflicht
und die Beitragshöhe in der Rentenversicherung selbst zu entscheiden; eine Zuständigkeitsverlagerung auf die Pflegekassen
ist ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung nicht zulässig (BSG, Urteil vom 22.03.2001 - B12 P 3/00 R Rn. 16; für die Zeit nach einer Rechtsänderung durch das 4. Euro-Einführungsgesetz
vom 21.12.2000 bestätigt durch BSG, Urteil vom 23.09.2003 - B 12 P 2/02 R Rn. 15). Eine abweichende Zuständigkeitsregelung, welche die Entscheidung statt der Beklagten etwa der ggf. beitragspflichtigen
Pflegekasse oder einem anderen Sozialversicherungsträger zuweisen würde, ist nicht ersichtlich.
2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
a) Als Grundlage für eine Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung ab dem 01.01.2017 kommt einzig
§ 26 Abs. 2b Satz 1 SGB II in der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung in Betracht.
Danach sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, in der sie als Pflegeperson einen Pflegebedürftigen mit mindestens
Pflegegrad 2 im Sinne des
SGB XI, der Leistungen aus der Pflegeversicherung nach dem
SGB XI oder Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII oder gleichartige Leistungen nach anderen Vorschriften bezieht, nicht erwerbsmäßig wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt
auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, in seiner häuslichen Umgebung pflegen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der
Pflegetätigkeit versicherungspflichtig waren oder Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch hatten.
Mit dieser Neuregelung zum 01.01.2017 wurden die von ihr erfassten Pflegepersonen mithin (erstmals) gesetzlich arbeitslosenversichert,
ohne dass es hierzu eines Antrags bedurft hätte.
b) Die Voraussetzungen dieses Versicherungspflichttatbestandes erfüllt der Kläger jedoch nicht.
aa) Zwar war seine Mutter am 01.01.2017 in den Pflegegrad 3 eingestuft und bezog von der Beigeladenen Leistungen aus der Pflegeversicherung
nach dem
SGB XI. Der Kläger pflegte sie auch in nicht erwerbsmäßiger Weise wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei
Tage pro Woche, in ihrer häuslichen Umgebung. Die Voraussetzungen an die Pflegetätigkeit nach §
26 Abs.
2b Satz 1
SGB III n.F. sind deshalb erfüllt.
bb) Nicht erfüllt sind jedoch die Voraussetzungen des §
26 Abs.
2b Satz 1
SGB III n.F. für eine Anbindung an die Arbeitslosenversicherung. Denn der Kläger war nicht unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit
versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung bzw. hatte auch keinen Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung
nach dem
SGB III.
Der Kläger meint zwar, es sei insoweit auf seine versicherungspflichtige Tätigkeit bei der S Aachen bis zum 31.12.2008 bzw.
auf seinen darauf beruhenden Arbeitslosengeldbezug (unterbrochen durch längeren Krankengeldbezug) bis zum 18.09.2011 abzustellen.
Bereits damals pflegte er seine Mutter (die seit Oktober 2003 und noch bis Ende 2014 in die Pflegestufe I eingestuft war)
und war dementsprechend seit dem 01.11.2008 gegenüber der Beigeladenen als Pflegeperson seiner Mutter benannt.
aaa) Der Senat kann offenlassen, ob sich die fehlende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung i.S.v. §
26 Abs.
2b Satz 1
SGB III bereits daraus ergibt, dass der Kläger die Pflegetätigkeit schon am 01.11.2008 aufgenommen hat, jedoch erst ab dem 01.01.2009
arbeitslos geworden ist und - mit Unterbrechung durch Krankengeld - noch bis zum 18.09.2011 Arbeitslosengeld bezogen hat.
Damit überschnitten sich Versicherungspflicht aus Beschäftigung bzw. Leistungsbezug und Pflegetätigkeit im Zeitraum 01.11.2008
bis 18.09.2011. §
26 Abs.
3 Satz 5
SGB III verneint die Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F., wenn eine anderweitige Versicherungspflicht oder ein Lohnersatzleistungsbezug nach dem
SGB III besteht. Dadurch soll vermieden werden, dass allein die Pflegetätigkeit als solche das Entstehen eines neuen Anspruchs aus
der Arbeitslosenversicherung bewirkt; entscheidend ist vielmehr das Aufrechterhalten einer bestehenden Anbindung an die die
Arbeitslosenversicherung durch "unmittelbaren" Wechsel von einer schon bestehende anderweitigen Versicherungspflicht in diejenige
durch Aufnahme der Pflegetätigkeit.
Ob es deshalb denkbar erscheint, dass eine solche Überschneidung die "Unmittelbarkeit" der Versicherungspflicht vor Beginn
der Pflegetätigkeit verhindert (so dass von einer anderweitigen Versicherungspflicht während der Pflegetätigkeit auszugehen
ist, die von vornherein die Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. verhindert), oder ob eine weitere Anbindung an die Arbeitslosenversicherung erst nach Ende des Überschneinungszeitraums
bewirkt wirkt, wenn die anderweitige Versicherungspflicht geendet hat - weil auch dann nicht allein aus einer Pflegetätigkeit
ein Anspruch aus dieser Versicherung entstünde -, lässt der Senat offen.
bbb) Denn schon aus anderen Gründen scheidet eine Versicherungspflicht des Klägers ab dem 01.01.2017 nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. aus.
Dies folgt daraus, dass der Versicherungspflichttatbestand des §
26 Abs.
2b Satz 1
SGB III erst zum 01.01.2017 in das
SGB III aufgenommen wurde. Zwar ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm nicht, dass er sich nicht auch auf Pflegetätigkeiten
beziehen könne, die bereits vor ihrem Inkrafttreten aufgenommen und am 01.01.2017 lediglich weiter fortgeführt wurden.
Intertemporale Grundsätze sprechen indes dafür, dass eine Norm tatbestandliche Voraussetzungen - wie hier das Ausüben einer
Pflegetätigkeit - erst ab ihrem Inkrafttreten berücksichtigt, weil sie den betreffenden Lebenssachverhalt erst ab diesem Zeitpunkt
regelt; Stichtagsregelungen bzw. erst ab einem bestimmten Zeitpunkt berücksichtigungsfähige tatsächliche Umstände liegen gerade
bei sozialversicherungsrechtlichen Weiterentwicklungen in der Natur der Sache. Eine Berücksichtigung tatsächlicher Vorgänge,
die zeitlich schon vor Inkrafttreten einer Norm stattgefunden bzw. vorgelegen haben, müsste deshalb entweder in der Norm eigens
angeordnet sein oder sich jedenfalls durch Auslegung als zweifelsfreier Wille des Gesetzgebers ergeben. Dementsprechend liegt
es zunächst intertemporal nahe, dass nur solche Pflegetätigkeiten für eine Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 berücksichtigungsfähig sind, die ab dem 01.01.2017 unmittelbar an eine Versicherungspflicht der Pflegeperson
in der Arbeitslosenversicherung bzw. an den Anspruch der Pflegeperson auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III angeschlossen haben (a.A. das vom Kläger herangezogene Urteil des LSG Hamburg vom 11.08.2021 - L 2 AL 2/21 Rn 39: der Gesetzgeber hätte ausdrücklich normieren müssen, wenn er Pflegetätigkeiten vor dem 01.01.2017 nicht hätte einbeziehen
wollen).
Die weitere Auslegung des §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 ergibt nichts anderes.
Die Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 18/5926 S. 146 f.) sind insoweit nicht ergiebig. Sie führen lediglich aus:
"Den Zielsetzungen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes entsprechend wird die soziale Sicherung von Pflegepersonen im Sinne
des §
19 SGB XI in der Arbeitslosenversicherung auf eine neue Grundlage gestellt. Versicherungspflicht besteht künftig - unabhängig von der
Inanspruchnahme einer Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz - für die gesamte Dauer der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2. Weitere Voraussetzung ist, dass die
Pflegeperson einen Pflegebedürftigen wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in
der Woche, pflegt. (...) Grundgedanke der Versicherungspflicht der Pflegepersonen bleibt nach wie vor, dass sich die Regelung
nur auf Personen erstreckt, die vor Aufnahme der Pflegetätigkeit bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung geschützten
Personenkreis gehört haben. Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist deshalb - entsprechend den vergleichbaren Regelungen
für sonstige Versicherungspflichtige -, dass die Betroffenen unmittelbar vor Beginn der Pflege versicherungspflichtig zur
Arbeitsförderung waren oder Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung nach dem
Dritten Buch Sozialgesetzbuch hatten. Die verbesserte Absicherung von Pflegepersonen dient arbeitsmarktpolitischen Interessen. Durch die Stärkung des Versicherungsschutzes
bei Arbeitslosigkeit werden Übergänge zwischen zwei Erwerbsphasen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser abgesichert
und damit flexibilisiert. Insoweit trägt die Übernahme des Versicherungsrisikos durch die Gemeinschaft der Beitragszahler
auch einer verlängerten Verantwortung der Arbeitslosenversicherung für arbeitsmarktpolitische Ziele der Arbeitsförderung Rechnung.
Die Betroffenen haben damit für den Fall, dass im Anschluss an eine Pflegetätigkeit eine nahtlose Eingliederung in eine Beschäftigung
nicht gelingt, Anspruch auf Arbeitslosengeld und Zugang zu allen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. (...)"
Mit dem Wort "künftig" hebt die Gesetzesbegründung hervor, dass es sich um einen neuen Versicherungspflichttatbestand handelt.
Dieser knüpft allerdings - wie bisherige Tatbestände mit anderen Voraussetzungen (dazu noch später) - daran an, dass die Pflegeperson
mit der neu versicherungspflichtigen Pflegetätigkeit an eine bisherige Zugehörigkeit zur Arbeitslosenversicherung (etwa aus
einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis) - nach dem Gesetzeswortlaut "unmittelbar" - anschließt. Wer sich
demgegenüber bereits vor längerer Zeit von der Arbeitslosenversicherung abgekehrt hatte, für den wird durch eine Pflegetätigkeit
i.S.d. §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 dennoch keine Versicherungspflicht begründet. Die Pflegeperson muss deshalb zum Kreis der nach dem
SGB III versicherungspflichtigen Personen gehören, deren vorherige Versicherungspflicht ohne §
26 Abs.
2 SGB III gerade durch die Aufnahme der Pflegetätigkeit beendet würde (Schlegel in Eicher/Schlegel,
SGB III n.F., Loseblatt, §
26 Rn. 156). Auf diese Weise soll - im Interesse der Förderung von nicht erwerbsmäßiger Pflege - der Pflegeperson eine am 31.12.2016
schon bestehende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung ab dem 01.01.2017 erhalten bleiben. Zweck des neuen Versicherungspflichttatbestandes
ist es hingegen nicht, durch Pflegetätigkeit eine Einbeziehung in die Versicherung ab dem 01.01.2017 erst neu zu begründen.
Dass eine Versicherungspflicht (erstmals) ab dem 01.01.2017 nicht "unmittelbar" an eine Zugehörigkeit zur Arbeitslosenversicherung
anknüpft, welche bereits Jahre zuvor geendet hatte, ist - unabhängig davon, ob es sich um dabei um einen absoluten zeitlichen
Begriff handeln soll, oder bis zu welcher zeitlichen Dauer oder zu welchem tatsächlichen Zusammenhang zweier Lebenssachverhalte
eine Unmittelbarkeit noch angenommen werden kann - ohne Weiteres ersichtlich. Beim Kläger endete seine Zugehörigkeit zur Arbeitslosenversicherung
wegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (§
25 Abs.
1 SGB III) bereits über fünf Jahre vor dem frühestmöglichen Einsetzen der Versicherungspflicht am 01.01.2017, nämlich mit Auslaufen
seines befristeten Anstellungsverhältnisses bei der S Aachen (am 31.12.2008) und des darauf beruhenden Arbeitslosengeldbezuges
mit dem 18.09.2011 (unterbrochen durch Krankengeldbezug).
Für die Auffassung des Klägers streitet auch kein entgegenstehender gesetzgeberischer Wille. Zwar bildet ein entgegenstehender
gesetzgeberischer Wille - ebenso wie der Normwortlaut - eine Auslegungsgrenze (BSG, Urteil vom 03.11.2021 - B 11 AL 2/21 R Rn. 19 m.w.N.). Denn Bindung der Gerichte an das "Gesetz" bedeutet eine Bindung an die im Normtext zum Ausdruck gebrachte
demokratische Entscheidung des Gesetzgebers, dessen Erwägungen zumindest teilweise in den Materialien dokumentiert sind (so
auch das kürzliche Urteil des BSG, a.a.O. m.w.N.). Zwar wird die Begründung des Gesetzentwurfes regelmäßig nicht von Abgeordneten, sondern von Ministerialbeamten
verfasst; der Gesetzgeber muss sie sich aber grundsätzlich zurechnen lassen, wenn die Norm in ihrer Entwurfsfassung auch verabschiedet
wird und keine gegenteiligen Zweckbestimmungen oder Auslegungsintentionen dokumentiert werden (BSG, a.a.O. m.w.N.). Jedoch ist der dokumentierte Wille des Gesetzgebers nur dann verbindlich, wenn er im Normwortlaut einen
Anknüpfungspunkt gefunden hat (BSG, a.a.O. Rn. 20 m.w.N.). Ein gesetzgeberischer Wille, wie ihn der Kläger sieht, kommt indes in §
26 Abs.
2b SGB III n.F. keineswegs zum Ausdruck. Zwar findet sich in der Begründung des Gesetzentwurfes die vom Kläger in Bezug genommene Aussage,
Grundgedanke der Versicherungspflicht der Pflegepersonen bleibe nach wie vor, dass sich die Regelung nur auf Personen erstrecke,
die "vor Aufnahme der Pflegetätigkeit bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung geschützten Personenkreis gehört haben"
(BT-Drs., a.a.O.). Der Formulierung "vor Aufnahme der Pflegetätigkeit" lässt sich aber bereits nicht entnehmen, ob der Entwurfsverfasser
- wie der Kläger offenbar meint - davon ausging, dass dies jede noch so weit vor dem 01.01.2017 in der Vergangenheit liegende
Aufnahme einer Pflegetätigkeit umfasst, oder ob erst ab dem 01.01.2017 aufgenommene Pflegetätigkeiten gemeint sein sollten.
Selbst im Falle einer entsprechenden Rückwirkungsintention hätte diese im Normwortlaut gerade keinen Anknüpfungspunkt gefunden;
eine entsprechende Intention des Gesetzgebers kann deshalb nicht zugrunde gelegt werden (vgl. BSG, a.a.O. m.w.N.).
c) Eine fortbestehende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung bestand beim Kläger auch nicht etwa durch einen besonderen
Versicherungspflichttatbestand, mit dem er bereits vor dem 01.01.2017 seine ursprünglich durch seine Tätigkeit an der S Aachen
zustande gekommene Anbindung an die Arbeitslosenversicherung fortlaufend aufrecht erhalten hätte.
Solche früheren (bei der vom Kläger einzig ausgeübten Pflegetätigkeit für die Mutter allein in Betracht kommenden) Versicherungspflichttatbestände
sind in §
446 SGB III übergangsrechtlich ausdrücklich berücksichtigt. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen eines übergangsrechtlich berücksichtigten,
früheren Versicherungspflichttatbestandes jedoch nicht.
aa) Nach §
446 Abs.
1 Satz 1
SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 besteht für Personen, die am 31.12.2016 nach §
26 Abs.
2b SGB III in der am 31.12.2016 geltenden Fassung versicherungspflichtig waren, die Versicherungspflicht für die Dauer der Pflegezeit
fort.
Der Kläger war jedoch nicht (i.S.v. §
446 Abs.
1 Satz 1
SGB III) nach §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. bis 31.12.2016 versicherungspflichtig. Nach dieser Norm waren versicherungspflichtig Personen in der Zeit, in der
sie eine Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG in Anspruch nehmen und eine pflegebedürftige Person pflegen, wenn sie unmittelbar vor der Pflegezeit versicherungspflichtig
waren oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt haben, die ein Versicherungspflichtverhältnis
oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III unterbrochen hat.
Der Kläger hatte schon keine Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG in Anspruch genommen. Nach dieser Vorschrift sind Beschäftigte von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen,
wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen (Pflegezeit). Eine solche Arbeitsfreistellung
(Pflegezeit) fiel beim Kläger nie an. Zwar endete sein Anstellungsverhältnis bei der S Aachen mit dem 31.12.2008 zu einem
Zeitpunkt, als er bereits bei der Beigeladenen (seit dem 01.11.2008) als Pflegeperson der Mutter registriert war. Innerhalb
dieses Anstellungsverhältnisses ist er jedoch weder ganz noch teilweise für die Pflege seiner Mutter freigestellt worden.
Insbesondere geschah die Reduzierung seiner wöchentlichen Arbeitszeit von einer vollzeitigen auf eine halbzeitige Tätigkeit
von September bis Dezember 2008 nicht etwa wegen Inanspruchnahme einer teilweisen pflegebedingten Freistellung, sondern um
das durch die DFG geförderte Anstellungsverhältnis nicht nur bis Ende Oktober 2008, sondern weitere zwei Monate - wenn auch
ab September 2008 mit hälftiger Arbeitszeit - fortsetzen zu können. Dem entspricht, dass die Mutter seinerzeit in die niedrigste
Pflegestufe I eingestuft war, so dass noch keine pflegerische Betreuung im zeitlichen Umfang einer halbschichtigen Tätigkeit
notwendig gewesen sein kann. Im Übrigen war die Auswirkung des §
446 Abs.
1 SGB III ohnehin auf den 30.06.2017 beschränkt. Denn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG ist die Pflegezeitfreistellung auf eine Höchstdauer von sechs Monaten begrenzt (Wehrhahn in jurisPK-
SGB III, 2. Auflage, Stand 15.01.2019, §
446 Rn. 8). Konnte eine Versicherungspflicht aus §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. bis 31.12.2016 mithin diese Dauer nicht überschreiten, kam bei längerer Pflegetätigkeit nur eine Antragspflichtversicherung
nach §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III i.d.F. bis 31.12.2016 in Frage (dazu sogleich).
bb) Nach § 446 Abs. 2 wird für Pflegepersonen, die am 31.12.2016 nach §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III in der am 31.12.2016 geltenden Fassung versicherungspflichtig waren, ab dem 01.01.2017 das Versicherungspflichtverhältnis
nach §
26 Abs.
2b SGB III fortgesetzt (Satz 1). §
26 Abs.
3 Satz 5 und 6
SGB III bleibt unberührt (Satz 2).
Der Kläger unterfiel am 31.12.2016 jedoch nicht dem nach §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III a.F. versicherungspflichtigen Personenkreis. Nach dieser Vorschrift konnten Personen ein Versicherungspflichtverhältnis auf
Antrag begründen, die als Pflegeperson einen der Pflegestufe I bis III im Sinne des
SGB XI zugeordneten Angehörigen, der Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach dem
SGB XI oder Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII oder gleichartige Leistungen nach anderen Vorschriften bezog, wenigstens 14 Stunden wöchentlich pflegten. Ein solches Versicherungspflichtverhältnis
auf Antrag ist beim Kläger nie zustande gekommen.
Die Beklagte hat vielmehr mit bestandskräftigem Bescheid vom 30.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2018
einen Antrag des Klägers auf ein Versicherungspflichtverhältnis ab dem 01.10.2011 gerade bindend abgelehnt. Darüber hinaus
lehnte sie ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag (ausdrücklich) nach §
28a SGB III nochmals mit Bescheid vom 23.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2019 ab; die hiergegen erhobene Klage
(Sozialgericht Aachen S 10 AL 206/19) hat der Kläger am 30.09.2020 zurückgenommen. Dabei ging es allerdings um den vom Kläger ursprünglich gegenüber der Beigeladenen
(mit Schreiben vom 19.12.2016) zum 01.01.2017 gestellten Antrag, welchen die Beigeladene mit Schreiben vom 23.04.2018 zur
abschließenden Entscheidung zuständigkeitshalber an die Beklagte abgegeben hat. Dem Kläger ist insoweit zuzugeben, dass es
sich bei diesem Antrag von vornherein nicht um einen solchen auf eine Versicherungspflicht nach §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III a.F. handeln konnte. Denn dieser Antragsversicherungspflichttatbestand ist mit der Rechtsänderung zum 01.01.2017 gerade weggefallen,
weil es seiner nach der Vorstellung des Gesetzgebers wegen des neuen Versicherungspflichttatbestandes in §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 nicht mehr bedurfte (zwar mag es durchaus Einzelfälle gegeben haben mag, die trotz der in §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III vorgeschriebenen mindestens 14-stündigen Pflege pro Woche bei Pflegestufe I nicht - mindestens - in den Pflegegrad 2 überführbar
waren; insofern ist gesetzgeberisch gleichwohl der Bedarf für die Antragspflichtversicherung in Neufällen ab dem 01.01.2017
als zu vernachlässigen und ein Bestandsschutz für Altfälle der Antragspflichtversicherung in Form der Fortsetzung als Pflichtversicherung
nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. als angemessen angesehen worden; vgl. dazu auch Wehrhahn, a.a.O. Rn. 6 und 11). Zu einer Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 hat die Beklagte (nachdem sie im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 23.08.2019 festgestellt
hatte, dass es eigentlich um diesen Tatbestand gehen musste) die im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheide erlassen.
All das ändert nichts daran, dass der Antrag auf Versicherungspflicht nach §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III bereits ab dem 01.10.2011 mit Bescheid vom 30.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2018 bestandskräftig
abgelehnt worden ist (s.o.).
c) Erfüllt der Kläger damit weder unmittelbar noch übergangsrechtlich die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach
§
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017, so sind zugleich andere Versicherungspflichttatbestände im Zusammenhang mit der Pflegetätigkeit für
sein Mutter nicht ersichtlich. Der Kläger hatte sich vielmehr mit dem Auslaufen seiner Tätigkeit bei der S Aachen und dem
Ende des anschließenden Arbeitslosengeldbezuges von der Arbeitslosenversicherung abgekehrt und sollte nach dem gesetzgeberischen
Willen deshalb nicht während seiner nicht erwerbsmäßigen der Pflegetätigkeit für seine Mutter in die Arbeitslosenversicherung
einbezogen bleiben. Er übersieht, dass §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 allein eine bestehende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung erhalten sollte. Da er am 31.12.2017
schon seit langer Zeit schon die Verbindung zu dieser Versicherung verloren hatte, sollte er durch den neuen Versicherungspflichttatbestand
zum 01.01.2017 nicht erneut in die Versicherung einbezogen werden.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
III. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG zu.