Tatbestand
Der 1959 geborene Kläger begehrt von der Beklagten die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 04.11.2019.
Der Kläger ist Sohn der 1931 geborenen und am 00.10.2019 verstorbenen Frau F I (im Folgenden: Mutter). Die Mutter erhielt
seit dem 01.08.2006 Pflegegeld nach der Pflegestufe I und seit dem 01.10.2008 nach der Pflegestufe II; zuständig hierfür war
seit dem 01.08.2006 die IKK-Pflegekasse Nordrhein (später: IKK Pflegekasse classic, im Folgenden: Pflegekasse). Pflegeperson
war der Kläger; spätestens seit 2006 war er dort als Pflegekraft bekannt, seit dem 01.10.2008 entrichtete die Pflegekasse
im Rahmen des
SGB XI Rentenversicherungsbeiträge für ihn. Seit dem 01.01.2017 erhielt die Mutter Leistungen nach dem Pflegegrad 4.
Der Kläger war nach Abschluss seiner Ausbildung zum Dreher annähernd durchgehend in seinem Ausbildungsberuf tätig. Zuletzt
war er von 1986 bis 31.07.2007 bei der Firma M als CNC-Dreher und vom 01.08.2007 bis zum 30.06.2008 bei der H-Transfergesellschaft
versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 01.07.2008 bis zum 30.06.2009 bezog er von der Beklagten Alg.
Nach dem Ableben seiner Mutter meldete sich der Kläger am 04.11.2019 mit Wirkung zum 31.10.2019 bei der Beklagten arbeitslos
und beantragte die Gewährung von Alg. Die Beklagte bat den Kläger mit Schreiben vom 04.12.2019 und 09.12.2019 um einen Nachweis
seiner Krankenkasse über die Pflegezeit bzw. eine Bescheinigung über den Bezug von Entgeltersatzleistungen. Unter dem 12.12.2019
bescheinigte die Pflegekasse, dass der Kläger wegen einer Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG oder §
26 Abs.
2b SGB III in der Zeit vom 01.10.2008 bis 27.10.2019 versicherungspflichtig gewesen sei. Telefonisch führte die Pflegekasse gegenüber
der Beklagten am 19.12.2019 aus, dass in der Zeit vom 01.10.2018 bis 27.10.2019 keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung
abgeführt worden seien. Die Bescheinigung sei falsch ausgefüllt worden. Nachträglich könne auch keine Prüfung erfolgen.
Durch Bescheid vom 19.12.2019 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alg ab. Der Kläger habe die erforderliche Anwartschaftszeit
nicht erfüllt, weil er in den letzten zwei Jahren vor dem 04.11.2019 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen
sei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Er habe seine Mutter durchgehend vom 01.03.2006 bis zum 27.10.2019 gepflegt. Trotz der
Pflege habe er vom 01.03.2006 bis zum 30.06.2008 arbeiten können. Dann habe er Alg bezogen. Im Anschluss daran habe er aufgrund
der hochgradigen Demenz seiner Mutter bis zu deren Tod keine Arbeit mehr aufnehmen können. Durch Widerspruchsbescheid vom
24.01.2020 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe zwar innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist
(vom 04.11.2017 bis zum 03.11.2019) seine zuletzt dem Pflegegrad 4 zugeordnete Mutter gepflegt. Jedoch sei er vor Inkrafttreten
des §
26 Abs.
2b SGB III in der ab 01.01.2017 geltenden Fassung nicht versicherungspflichtig gewesen. Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung
trete nur dann ein, wenn der Betroffene unmittelbar vor Beginn der Leistung als Beschäftigter, als sonstiger Versicherungspflichtiger
oder nach §
28a SGB III arbeitslosenversicherungspflichtig gewesen sei oder einen Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III gehabt habe. Es habe für den Kläger die Möglichkeit bestanden, gemäß §
28a SGB III ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag zu begründen. Hiervon habe er jedoch keinen Gebrauch gemacht, weshalb er bis
unmittelbar vor dem 01.01.2017 nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Auch habe er keine Entgeltersatzleistung
bezogen. Er erfülle daher die Anwartschaftszeit für den Bezug von Alg nicht.
Mit seiner am 27.02.2020 vor dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat im
Wesentlichen unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen geltend gemacht, nach §
26 Abs.
2b Satz 1
SGB III in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden zu haben, da er bei Aufnahme der Pflege seiner Mutter noch sozialversicherungspflichtig
beschäftigt gewesen sei. Seine Erwerbstätigkeit habe er gerade zu Pflegezwecken aufgeben müssen. Er werde entgegen dem Gesetzeszweck
dafür sanktioniert, dass er über einen langen Zeitraum seine Mutter, zunächst neben der Berufstätigkeit, und später anstelle
der Berufstätigkeit, als einzige Pflegeperson gepflegt habe.
Der Kläger hat (in der erstinstanzlichen Antragsfassung) beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2020 zu verurteilen,
ihm Arbeitslosengeld ab dem 04.11.2019 zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig gehalten. Ergänzend hat sie unter Verweis auf §
446 Abs.
1 und
2 SGB III ausgeführt, der Kläger sei bis zum 31.12.2016 weder nach dem bis zu dieser Zeit geltenden §
26 Abs.
2b SGB III noch nach §
28a SGB III versicherungspflichtig gewesen und erfülle damit nicht die Anwartschaftszeit.
Mit Urteil vom 13.04.2021 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.12.2019 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2020 verurteilt, dem Kläger ab dem 04.11.2019 Alg zu bewilligen. Der Kläger erfülle die
Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg, da er ab dem 04.11.2019 arbeitslos gewesen sei, sich bei der Agentur für Arbeit
arbeitslos gemeldet habe und auch die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die maßgebliche Rahmenfrist (§
142 Abs.
1 SGB III) betrage zwei Jahre (§
143 SGB III a.F.), da der Kläger nach dem 31.12.2019 nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe (§
447 SGB III). Innerhalb der in der Zeit vom 04.11.2017 bis zum 03.11.2019 laufenden Rahmenfrist habe vom 01.01.2017 bis zum Tod der Mutter
des Klägers am 27.10.2019 (mehr als 12 Monate) ein Versicherungspflichtverhältnis nach §
26 Abs.
2b SGB III in der ab 01.01.2017 geltenden Fassung bestanden. Die Mutter sei ab dem 01.01.2017 dem Pflegegrad 4 zugeordnet gewesen und
habe Leistungen nach dem
SGB XI bezogen. Der Kläger habe seine Mutter nicht erwerbsmäßig wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens
zwei Tage pro Woche in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt. Er sei die einzige Pflegeperson gewesen; nach seinen Angaben seien
lediglich Unterstützungsleistungen durch seine berufstätige Ehefrau erfolgt. Der Kläger sei auch vor Beginn der Pflegetätigkeit
versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und habe seine versicherungspflichtige Beschäftigung wegen der Pflegetätigkeit
aufgegeben. §
26 Abs.
2b SGB III verlange insoweit nicht, dass die Aufgabe der versicherungspflichtigen Tätigkeit oder der Bezug von Leistungen nach dem
SGB III unmittelbar vor dem 01.01.2017 oder danach erfolgt sei. Durch die Neufassung des §
26 Abs.
2b SGB III habe die Rechtsstellung von nicht erwerbsmäßigen Pflegenden verbessert werden sollen, wobei die Pflegekasse die Beiträge
zu entrichten habe (§
44 Abs.
1 und Abs.
2b SGB XI). Unerheblich sei, dass die Pflegekasse möglicherweise keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet habe. Eine
Beitragszahlung sei für einen Anspruch auf Alg unerheblich; entscheidend sei allein, ob der Arbeitslose in einem Versicherungspflichtverhältnis
gestanden habe. Das Versicherungspflichtverhältnis des Klägers habe ab dem 01.01.2017 begonnen, da ab diesem Tag §
26 Abs.
2b SGB III n.F. in Kraft getreten sei und der Kläger damit erstmals die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht erfüllt habe. §
24 Abs.
2 SGB III regele insoweit, dass das Versicherungspflichtverhältnis mit dem Tag beginne, an dem erstmals die Voraussetzungen für die
Versicherungspflicht erfüllt seien. Aus §
26 Abs.
2b SGB III ergebe sich nicht, dass bereits Pflegende aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschlossen sein sollten. Auch aus
§
446 SGB III folge nichts anderes. Zwar habe der Kläger vor dem 01.01.2017 nicht die Voraussetzungen des §
26 Abs.
2b SGB III a.F. erfüllt, da er eine Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz nicht in Anspruch genommen habe. Auch habe er kein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag nach §
28a SGB III begründet, da er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung diese Möglichkeit nicht gekannt habe. §
446 SGB III solle jedoch nicht Personen, die vor dem 01.01.2017 nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hätten, von der
Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. ausschließen. Er solle vielmehr den Bestandsschutz für die bisher nach §
26 Abs.
2b SGB III a.F. Versicherten bzw. die Antragspflichtversicherten nach §
28a Abs.
1 Nr.
1 SGB III a.F. gewährleisten, indem die bisher derart Versicherten in die Versicherung nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. überführt würden. Mit der umfassenden Versicherungspflicht hätten der Versicherungsschutz für den Fall der Arbeitslosigkeit
im Anschluss an eine Pflegetätigkeit erheblich gestärkt und die Betroffenen in das Leistungssystem der Arbeitsförderung einbezogen
werden sollen. Entgegen der Beklagten sei eine Einbeziehung bereits langjährig Pflegender nicht nur für den Fall einer schon
am 31.12.2016 bestehenden Versicherung vorgesehen worden. Die Beklagte lege insoweit die nur (begünstigend) den Bestandsschutz
bei vorherigen Versicherungspflichtverhältnissen regelnde Vorschrift des §
446 SGB III zu Lasten des Klägers aus. Das Nichtbestehen eines vorherigen Versicherungspflichtverhältnisses bis zum 31.12.2016 sei in
§
446 SGB III nicht geregelt. Es verbleibe deshalb bei der am 01.01.2017 eintretenden Versicherungspflicht, wobei vorliegend nach §
152 SGB III ein fiktives Bemessungsentgelt für die Bemessung des Alg zu Grunde zu legen sei.
Gegen das ihr am 30.04.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06.05.2021 Berufung eingelegt. Zur Begründung nimmt sie
im Wesentlichen Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führte sie aus, zwar habe sich die vom Kläger geleistete Pflege
einer Angehörigen unmittelbar an den Bezug von Alg angeschlossen. Seinerzeit hätten diese Umstände jedoch nicht zu einer Versicherungspflicht
in der Arbeitslosenversicherung geführt. Insoweit habe am 01.01.2017 kein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne des §
26 Abs.
2b SGB III bestanden. Aus §
446 SGB III ergebe sich, dass der Gesetzgeber nur Personen in die neu gestaltete Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung habe
einbeziehen wollen, die bereits nach den zuvor geltenden Regelungen versicherungspflichtig gewesen seien. Dies sei der Fall
gewesen, wenn von der Möglichkeit der Antragspflichtversicherung (§
28a Abs.
1 Nr.
1 SGB III) Gebrauch gemacht oder eine Pflegezeit im Sinne des § 3 PflegeZG in Anspruch genommen worden sei. Beides treffe auf den Kläger nicht zu. Aus den Gesetzesmaterialien werde überdies deutlich,
dass nur diejenigen, die vor dem 01.01.2017 bereits versicherungspflichtig gewesen seien, diesen Status nicht hätten verlieren
sollen. Weder der Gesetzesbegründung noch der Norm selbst sei indes zu entnehmen, dass Tatbestände, die vor der Neuregelung
nicht zur Versicherungspflicht geführt hätten, ab dem 01.01.2017 hätten einbezogen werden sollen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.04.2021 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verweist auf das Urteil des Sozialgerichts. Entscheidend sei, dass bei ihm ein Versicherungspflichtbehältnis ab dem Inkrafttreten
der Gesetzesänderung, mithin ab dem 01.01.2017, bestanden habe. Denn der Tatbestand der Anspruchsgrundlage sei ab diesem Zeitpunkt
vollumfänglich erfüllt gewesen. Weder die Norm noch die Gesetzesbegründung enthielten Hinweise, dass bereits vor dem 01.01.2017
pflegende Personen von der Versicherungspflicht ausgenommen sein sollten. Sinn der Einführung der Neuregelung sei vielmehr
die Verbesserung der sozialen Absicherung von Pflegepersonen gewesen. Ausschließlicher tatbestandlicher Anknüpfungspunkt solle
ausweislich der Gesetzesbegründung sein, dass die Pflegeperson vor Aufnahme der Pflegetätigkeit bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung
geschützten Personenkreis gehört hat. Hätte der Gesetzgeber die Intention gehabt, lediglich die Absicherung derjenigen Pflegeperson
zu verbessern, die bis zum Inkrafttreten der Norm versicherungspflichtig gewesen seien, hätte er dies in der Gesetzesbegründung
ausdrücklich erwähnt. Dies hätte dem weiteren Zweck der Norm, abzusichern, dass im Anschluss an eine Pflegetätigkeit Anspruch
auf Alg und Zugang zu allen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bestehe, ausdrücklich widersprochen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Akten (Verwaltungsvorgänge der Beklagten) Bezug genommen. Der Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der vom Senat
angeforderte Verwaltungsvorgang der Pflegekasse ist nicht mehr rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung eingegangen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
1. Einer Beiladung des Renten-, Kranken- und/oder Pflegeversicherungsträgers bedurfte es nicht. Denn die Entscheidung, ob
dem Kläger Alg zu gewähren ist, kann gegenüber jenen Trägern nicht i.S.v. §
75 Abs.
2 Alt. 1
SGG nur einheitlich ergehen. Ob die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alg erfüllt ist, namentlich in dem erforderlichen
Umfang Versicherungspflicht im Sinne des
SGB III bestand, betrifft insofern lediglich eine Vorfrage.
2. Das Sozialgericht hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid vom 19.12.2019 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2020 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. §
54 Abs.
2 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg ab dem 04.11.2019.
Der Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig. Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit hat nach §
137 Abs.
1 SGB III, wer arbeitslos ist, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
a) Der Kläger hat sich am 04.11.2019 mit Wirkung zum 31.10.2019 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet (§
137 Abs.
1 Nr.
2 i.V.m. §
141 Abs.
1 Satz 1
SGB III in der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung).
b) Der Kläger hat jedoch die für einen Anspruch auf Alg ab dem 04.11.2019 erforderliche Anwartschaftszeit (§
137 Abs.
1 Nr.
3 SGB III) nicht erfüllt. Dies setzte voraus, dass er in der Rahmenfrist (§
143 SGB III) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hätte (§
142 Abs.
1 Satz 1
SGB III in der Fassung vom 18.12.2018). Gemäß §
143 Abs.
1 SGB III (in der Fassung vom 20.12.2011) beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen
Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger hat innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist vom 04.11.2017
bis zum 03.11.2019 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
aa) Als Grundlage für eine Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung kommt einzig § 26 Abs. 2b Satz 1 SGB II in der ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung in Betracht.
Danach sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, in der sie als Pflegeperson einen Pflegebedürftigen mit mindestens
Pflegegrad 2 im Sinne des
SGB XI, der Leistungen aus der Pflegeversicherung nach dem
SGB XI oder Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII oder gleichartige Leistungen nach anderen Vorschriften bezieht, nicht erwerbsmäßig wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt
auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, in seiner häuslichen Umgebung pflegen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der
Pflegetätigkeit versicherungspflichtig waren oder Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch hatten.
Mit dieser Neuregelung zum 01.01.2017 wurden die von ihr erfassten Pflegepersonen mithin (erstmals) gesetzlich arbeitslosenversichert,
ohne dass es hierzu eines Antrags bedurft hätte.
bb) Die Voraussetzungen dieses Versicherungspflichttatbestandes erfüllt der Kläger jedoch nicht.
aaa) Zwar war seine Mutter am 01.01.2017 in den Pflegegrad 4 eingestuft und bezog von der Pflegekasse Leistungen aus der Pflegeversicherung
nach dem
SGB XI. Der Kläger pflegte sie auch in nicht erwerbsmäßiger Weise wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei
Tage pro Woche, in ihrer häuslichen Umgebung. Die Voraussetzungen an die Pflegetätigkeit nach §
26 Abs.
2b Satz 1
SGB III n.F. sind deshalb erfüllt.
bbb) Nicht erfüllt sind jedoch die Voraussetzungen des §
26 Abs.
2b Satz 1
SGB III n.F. für eine Anbindung an die Arbeitslosenversicherung. Denn der Kläger war nicht unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit
versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung bzw. hatte auch keinen Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung
nach dem
SGB III.
Der Kläger meint zwar, es sei insoweit auf seine versicherungspflichtige Tätigkeit bei der H-Transfergesellschaft bis zum
30.06.2008 bzw. auf seinen darauf beruhenden Alg-Bezug bis zum 30.06.2009 abzustellen. Bereits damals pflegte er seine Mutter
(die seit August 2006 in die Pflegestufe I und von Oktober 2008 bis Ende 2016 in die Pflegestufe II eingestuft war) und war
dementsprechend seit 2006 gegenüber der Pflegekasse als Pflegeperson seiner Mutter benannt.
(1) Der Senat kann offenlassen, ob sich die fehlende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung i.S.v. §
26 Abs.
2b Satz 1
SGB III bereits daraus ergibt, dass der Kläger die Pflegetätigkeit nach seinen Angaben bereits am 01.03.2006 aufgenommen hat, jedoch
erst ab dem 01.07.2008 arbeitslos geworden ist und noch bis zum 30.06.2009 Alg bezogen hat.
Damit überschnitten sich Versicherungspflicht aus Beschäftigung bzw. Leistungsbezug und Pflegetätigkeit im Zeitraum 01.03.2006
bis 30.06.2009. §
26 Abs.
3 Satz 5
SGB III verneint die Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F., wenn eine anderweitige Versicherungspflicht oder ein Lohnersatzleistungsbezug nach dem
SGB III besteht. Dadurch soll vermieden werden, dass allein die Pflegetätigkeit als solche das Entstehen eines neuen Anspruchs aus
der Arbeitslosenversicherung bewirkt; entscheidend ist vielmehr das Aufrechterhalten einer bestehenden Anbindung an die die
Arbeitslosenversicherung durch "unmittelbaren" Wechsel von einer schon bestehende anderweitigen Versicherungspflicht in diejenige
durch Aufnahme der Pflegetätigkeit.
Ob es deshalb denkbar erscheint, dass eine solche Überschneidung die "Unmittelbarkeit" der Versicherungspflicht vor Beginn
der Pflegetätigkeit verhindert (so dass von einer anderweitigen Versicherungspflicht während der Pflegetätigkeit auszugehen
ist, die von vornherein die Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. verhindert), oder ob eine weitere Anbindung an die Arbeitslosenversicherung erst nach Ende des Überschneidungszeitraums
bewirkt wird, wenn die anderweitige Versicherungspflicht geendet hat - weil auch dann nicht allein aus einer Pflegetätigkeit
ein Anspruch aus dieser Versicherung entstünde -, lässt der Senat offen.
(2) Denn schon aus anderen Gründen scheidet eine Versicherungspflicht des Klägers ab dem 01.01.2017 nach §
26 Abs.
2b SGB III n.F. aus.
Dies folgt daraus, dass der Versicherungspflichttatbestand des §
26 Abs.
2b Satz 1
SGB III erst zum 01.01.2017 in das
SGB III aufgenommen wurde. Zwar ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm nicht, dass er sich nicht auch auf Pflegetätigkeiten
beziehen könne, die bereits vor ihrem Inkrafttreten aufgenommen und am 01.01.2017 lediglich weiter fortgeführt wurden.
Intertemporale Grundsätze sprechen indes dafür, dass eine Norm tatbestandliche Voraussetzungen - wie hier das Ausüben einer
Pflegetätigkeit - erst ab ihrem Inkrafttreten berücksichtigt, weil sie den betreffenden Lebenssachverhalt erst ab diesem Zeitpunkt
regelt; Stichtagsregelungen bzw. erst ab einem bestimmten Zeitpunkt berücksichtigungsfähige tatsächliche Umstände liegen gerade
bei sozialversicherungsrechtlichen Weiterentwicklungen in der Natur der Sache. Eine Berücksichtigung tatsächlicher Vorgänge,
die zeitlich schon vor Inkrafttreten einer Norm stattgefunden bzw. vorgelegen haben, müsste deshalb entweder in der Norm eigens
angeordnet sein oder sich jedenfalls durch Auslegung als zweifelsfreier Wille des Gesetzgebers ergeben. Dementsprechend liegt
es zunächst intertemporal nahe, dass nur solche Pflegetätigkeiten für eine Versicherungspflicht nach §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 berücksichtigungsfähig sind, die ab dem 01.01.2017 unmittelbar an eine Versicherungspflicht der Pflegeperson
in der Arbeitslosenversicherung bzw. an den Anspruch der Pflegeperson auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III angeschlossen haben (a.A. LSG Hamburg, Urteil vom 11.08.2021 - L 2 AL 2/21 Rn 39: der Gesetzgeber hätte ausdrücklich normieren müssen, wenn er Pflegetätigkeiten vor dem 01.01.2017 nicht hätte einbeziehen
wollen).
Die weitere Auslegung des §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 ergibt nichts anderes.
Die Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 18/5926 S. 146 f.) sind insoweit nicht ergiebig. Sie führen lediglich aus:
"Den Zielsetzungen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes entsprechend wird die soziale Sicherung von Pflegepersonen im Sinne
des §
19 SGB XI in der Arbeitslosenversicherung auf eine neue Grundlage gestellt. Versicherungspflicht besteht künftig - unabhängig von der
Inanspruchnahme einer Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz - für die gesamte Dauer der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2. Weitere Voraussetzung ist, dass die
Pflegeperson einen Pflegebedürftigen wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in
der Woche, pflegt. (...) Grundgedanke der Versicherungspflicht der Pflegepersonen bleibt nach wie vor, dass sich die Regelung
nur auf Personen erstreckt, die vor Aufnahme der Pflegetätigkeit bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung geschützten
Personenkreis gehört haben. Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist deshalb - entsprechend den vergleichbaren Regelungen
für sonstige Versicherungspflichtige -, dass die Betroffenen unmittelbar vor Beginn der Pflege versicherungspflichtig zur
Arbeitsförderung waren oder Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung nach dem
Dritten Buch Sozialgesetzbuch hatten. Die verbesserte Absicherung von Pflegepersonen dient arbeitsmarktpolitischen Interessen. Durch die Stärkung des Versicherungsschutzes
bei Arbeitslosigkeit werden Übergänge zwischen zwei Erwerbsphasen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser abgesichert
und damit flexibilisiert. Insoweit trägt die Übernahme des Versicherungsrisikos durch die Gemeinschaft der Beitragszahler
auch einer verlängerten Verantwortung der Arbeitslosenversicherung für arbeitsmarktpolitische Ziele der Arbeitsförderung Rechnung.
Die Betroffenen haben damit für den Fall, dass im Anschluss an eine Pflegetätigkeit eine nahtlose Eingliederung in eine Beschäftigung
nicht gelingt, Anspruch auf Arbeitslosengeld und Zugang zu allen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. (...)"
Mit dem Wort "künftig" hebt die Gesetzesbegründung hervor, dass es sich um einen neuen Versicherungspflichttatbestand handelt.
Dieser knüpft allerdings - wie bisherige Tatbestände mit anderen Voraussetzungen (dazu noch später) - daran an, dass die Pflegeperson
mit der neu versicherungspflichtigen Pflegetätigkeit an eine bisherige Zugehörigkeit zur Arbeitslosenversicherung (etwa aus
einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis) - nach dem Gesetzeswortlaut "unmittelbar" - anschließt. Wer sich
demgegenüber bereits vor längerer Zeit von der Arbeitslosenversicherung abgekehrt hatte, für den wird durch eine Pflegetätigkeit
i.S.d. §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 dennoch keine Versicherungspflicht begründet. Die Pflegeperson muss deshalb zum Kreis der nach dem
SGB III versicherungspflichtigen Personen gehören, deren vorherige Versicherungspflicht ohne §
26 Abs.
2 SGB III gerade durch die Aufnahme der Pflegetätigkeit beendet würde (Schlegel in Eicher/Schlegel,
SGB III n.F., Loseblatt, §
26 Rn. 156). Auf diese Weise soll - im Interesse der Förderung von nicht erwerbsmäßiger Pflege - der Pflegeperson eine am 31.12.2016
schon bestehende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung ab dem 01.01.2017 erhalten bleiben. Zweck des neuen Versicherungspflichttatbestandes
ist es hingegen nicht, durch Pflegetätigkeit eine Einbeziehung in die Versicherung ab dem 01.01.2017 erst neu zu begründen.
Dass eine Versicherungspflicht (erstmals) ab dem 01.01.2017 nicht "unmittelbar" an eine Zugehörigkeit zur Arbeitslosenversicherung
anknüpft, welche bereits Jahre zuvor geendet hatte, ist - unabhängig davon, ob es sich um dabei um einen absoluten zeitlichen
Begriff handeln soll, oder bis zu welcher zeitlichen Dauer oder zu welchem tatsächlichen Zusammenhang zweier Lebenssachverhalte
eine Unmittelbarkeit noch angenommen werden kann - ohne Weiteres ersichtlich. Beim Kläger endete seine Zugehörigkeit zur Arbeitslosenversicherung
wegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (§
25 Abs.
1 SGB III) bereits über sieben Jahre vor dem frühestmöglichen Einsetzen der Versicherungspflicht am 01.01.2017, nämlich mit Auslaufen
seines Beschäftigungsverhältnisses bei der H-Transfergesellschaft (am 30.06.2008) und des darauf beruhenden Alg-Bezuges mit
dem 30.06.2009.
Entgegen der Auffassung des Klägers streitet auch kein entgegenstehender gesetzgeberischer Wille für seine Auffassung. Zwar
bildet ein entgegenstehender gesetzgeberischer Wille - ebenso wie der Normwortlaut - eine Auslegungsgrenze (BSG, Urteil vom 03.11.2021 - B 11 AL 2/21 R Rn. 19 m.w.N.). Denn Bindung der Gerichte an das "Gesetz" bedeutet eine Bindung an die im Normtext zum Ausdruck gebrachte
demokratische Entscheidung des Gesetzgebers, dessen Erwägungen zumindest teilweise in den Materialien dokumentiert sind (so
auch das kürzliche Urteil des BSG, a.a.O. m.w.N.). Zwar wird die Begründung des Gesetzentwurfes regelmäßig nicht von Abgeordneten, sondern von Ministerialbeamten
verfasst; der Gesetzgeber muss sie sich aber grundsätzlich zurechnen lassen, wenn die Norm in ihrer Entwurfsfassung auch verabschiedet
wird und keine gegenteiligen Zweckbestimmungen oder Auslegungsintentionen dokumentiert werden (BSG a.a.O. m.w.N.). Jedoch ist der dokumentierte Wille des Gesetzgebers nur dann verbindlich, wenn er im Normwortlaut einen Anknüpfungspunkt
gefunden hat (BSG, a.a.O. Rn. 20 m.w.N.). Ein gesetzgeberischer Wille, wie ihn der Kläger sieht, kommt indes in §
26 Abs.
2b SGB III n.F. keineswegs zum Ausdruck. Zwar findet sich in der Begründung des Gesetzentwurfes die vom Kläger in Bezug genommene Aussage,
Grundgedanke der Versicherungspflicht der Pflegepersonen bleibe nach wie vor, dass sich die Regelung nur auf Personen erstrecke,
die "vor Aufnahme der Pflegetätigkeit bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung geschützten Personenkreis gehört haben"
(BT-Drs., a.a.O.). Der Formulierung "vor Aufnahme der Pflegetätigkeit" lässt sich aber bereits nicht entnehmen, ob der Entwurfsverfasser
- wie der Kläger offenbar meint - davon ausging, dass dies jede noch so weit vor dem 01.01.2017 in der Vergangenheit liegende
Aufnahme einer Pflegetätigkeit umfasst, oder ob erst ab dem 01.01.2017 aufgenommene Pflegetätigkeiten gemeint sein sollten.
Selbst im Falle einer entsprechenden Rückwirkungsintention hätte diese im Normwortlaut gerade keinen Anknüpfungspunkt gefunden;
eine entsprechende Intention des Gesetzgebers kann deshalb nicht zugrunde gelegt werden (vgl. BSG, a.a.O. m.w.N.).
cc) Eine fortbestehende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung bestand beim Kläger auch nicht etwa durch einen besonderen
Versicherungspflichttatbestand, mit dem er bereits vor dem 01.01.2017 seine ursprünglich durch seine Tätigkeit bei der H-Transfergesellschaft
zustande gekommene Anbindung an die Arbeitslosenversicherung fortlaufend aufrechterhalten hätte.
Solche früheren (bei der vom Kläger einzig ausgeübten Pflegetätigkeit für die Mutter allein in Betracht kommenden) Versicherungspflichttatbestände
sind in §
446 SGB III übergangsrechtlich ausdrücklich berücksichtigt. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen eines übergangsrechtlich berücksichtigten,
früheren Versicherungspflichttatbestandes jedoch nicht.
aaa) Nach §
446 Abs.
1 Satz 1
SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 besteht für Personen, die am 31.12.2016 nach §
26 Abs.
2b SGB III in der am 31.12.2016 geltenden Fassung versicherungspflichtig waren, die Versicherungspflicht für die Dauer der Pflegezeit
fort.
Der Kläger war jedoch nicht (i.S.v. §
446 Abs.
1 Satz 1
SGB III) nach §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. bis 31.12.2016 versicherungspflichtig. Nach dieser Norm waren versicherungspflichtig Personen in der Zeit, in der
sie eine Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG in Anspruch nehmen und eine pflegebedürftige Person pflegen, wenn sie unmittelbar vor der Pflegezeit versicherungspflichtig
waren oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt haben, die ein Versicherungspflichtverhältnis
oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III unterbrochen hat.
Der Kläger hatte schon keine Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG in Anspruch genommen. Nach dieser Vorschrift sind Beschäftigte von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen,
wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen (Pflegezeit). Eine solche Arbeitsfreistellung
(Pflegezeit) fiel beim Kläger nie an. Zwar endete sein Beschäftigungsverhältnis bei der H-Transfergesellschaft mit dem 30.06.2008
zu einem Zeitpunkt, als er bereits bei der Pflegekasse als Pflegeperson der Mutter registriert war (spätestens seit 2006).
Innerhalb dieses Beschäftigungsverhältnisses ist er jedoch weder ganz noch teilweise für die Pflege seiner Mutter freigestellt
worden. Dem entspricht, dass die Mutter seinerzeit in keine Pflegestufe eingestuft war, so dass noch keine pflegerische Betreuung
in nennenswertem zeitlichem Umfang notwendig gewesen sein kann. Erst seit dem 01.08.2006 (und damit nach dem Ende der Tätigkeit
des Klägers bei der H-Transfergesellschaft) wurde seiner Mutter die Pflegestufe I zuerkannt. Insoweit ist auch unschädlich,
dass die Pflegekasse zunächst eine Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG oder §
26 Abs.
2b SGB III in der Zeit vom 01.10.2008 bis 27.10.2019 bescheinigt hat. Denn dies geschah ersichtlich irrtümlich. Weder ergibt sich eine
solche Pflegezeit aus den vorliegenden Unterlagen, noch hält die Pflegekasse an dieser Bescheinigung fest; vielmehr hat sie
gegenüber der Beklagten (telefonisch) erklärt, die Bescheinigung vom 12.12.2019 sei inhaltlich falsch Im Übrigen war die Auswirkung
des §
446 Abs.
1 SGB III ohnehin auf den 30.06.2017 beschränkt. Denn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG ist die Pflegezeitfreistellung auf eine Höchstdauer von sechs Monaten begrenzt (Wehrhahn in jurisPK-
SGB III, 2. Auflage, Stand 15.01.2019, §
446 Rn. 8). Konnte eine Versicherungspflicht aus §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. bis 31.12.2016 mithin diese Dauer nicht überschreiten, kam bei längerer Pflegetätigkeit nur eine Antragspflichtversicherung
nach §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III i.d.F. bis 31.12.2016 in Frage (dazu sogleich).
bbb) Nach § 446 Abs. 2 wird für Pflegepersonen, die am 31.12.2016 nach §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III in der am 31.12.2016 geltenden Fassung versicherungspflichtig waren, ab dem 01.01.2017 das Versicherungspflichtverhältnis
nach §
26 Abs.
2b SGB III fortgesetzt (Satz 1). §
26 Abs.
3 Satz 5 und 6
SGB III bleibt unberührt (Satz 2).
Der Kläger unterfiel am 31.12.2016 jedoch nicht dem nach §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III a.F. versicherungspflichtigen Personenkreis. Nach dieser Vorschrift konnten Personen ein Versicherungspflichtverhältnis auf
Antrag begründen, die als Pflegeperson einen der Pflegestufe I bis III im Sinne des
SGB XI zugeordneten Angehörigen, der Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach dem
SGB XI oder Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII oder gleichartige Leistungen nach anderen Vorschriften bezog, wenigstens 14 Stunden wöchentlich pflegten. Ein solches Versicherungspflichtverhältnis
auf Antrag ist beim Kläger nie zustande gekommen.
dd) Erfüllt der Kläger damit weder unmittelbar noch übergangsrechtlich die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach
§
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017, so sind zugleich andere Versicherungspflichttatbestände im Zusammenhang mit der Pflegetätigkeit für
sein Mutter nicht ersichtlich. Der Kläger hatte sich vielmehr mit dem Auslaufen seiner Tätigkeit bei der H-Transfergesellschaft
und dem Ende des anschließenden Alg-Bezugs von der Arbeitslosenversicherung abgekehrt und sollte nach dem gesetzgeberischen
Willen deshalb nicht während seiner nicht erwerbsmäßigen der Pflegetätigkeit für seine Mutter in die Arbeitslosenversicherung
einbezogen bleiben. Er übersieht, dass §
26 Abs.
2b SGB III i.d.F. ab 01.01.2017 allein eine bestehende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung erhalten sollte. Da er am 31.12.2016
schon seit langer Zeit die Verbindung zu dieser Versicherung verloren hatte, sollte er durch den neuen Versicherungspflichttatbestand
zum 01.01.2017 nicht erneut in die Versicherung einbezogen werden.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
III. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG zu.