Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Beginn der Verzinsung eines an den Kläger aus Anlass der Anerkennung einer Berufskrankheit
(BK) 4111 der Anlage 1 zur
Berufskrankheitenverordnung (
BKV) gewährten Nachzahlbetrages.
Mit Schreiben vom 12.03.1998 erstatteten die behandelnden Ärzte des Klägers, Dres. T/B, der Beklagten eine ärztliche Anzeige
über eine BK. Die Beklagte lehnte die Anerkennung der BK 4111 mit Bescheid vom 26.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16.05.2000 unter Hinweis auf §
6 Abs.
1 BKV in der damals geltenden Fassung vom 31.10.1997 (a.F., BGBl I, 2623) ab, weil bei dem Kläger seit 21.04.1986 eine chronisch
obstruktive Bronchitis und ein Emphysem bestehe, aber nur nach dem 31.12.1992 eingetretene Versicherungsfälle anerkannt werden
könnten. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen Klage zum Aktenzeichen S 7 KN 165/00 U, das nach Ruhen später unter den Az. S 7 KN 487/05 U bzw. S 7 KN 31/09 U WA weitergeführt wurde.
Nach der Änderung der
BKV zum 01.07.2009 (Anerkennung der BK 4111 nunmehr auch, wenn der Versicherungsfall vor 1993 eingetreten und dem Versicherungsträger
vor 2010 bekannt gemacht worden ist), erkannte die Beklagte bei dem Kläger mit Bescheid vom 29.09.2009 eine BK 4111 an und
gewährte ihm Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. ab 01.01.2005. Für den Zeitraum vom 01.01.2005
bis 30.09.2009 errechnete sie einen Nachzahlbetrag iHv insgesamt 55.499,04 Euro (01.01.2005 - 30.06.2007: 29.013,90 Euro;
01.07.2007 - 30.06.2008: 11.668,32 Euro; 01.07.2008 - 30.06.2009: 11.796,60 Euro; 01.07.2009 - 30.09.2009: 3020,22 Euro).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 02.11.2009 Widerspruch ein. Die Verletztenrente sei ab einem früheren Zeitpunkt
und nach einer höheren MdE zu zahlen. Außerdem müsse die Nachzahlung verzinst werden. Das SG sah den Bescheid vom 29.09.2009 als Gegenstand des Klageverfahrens S 7 KN 31/09 U WA an. Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 09.11.2009 u.a. darauf hin, dass eine Verzinsung gem. §
44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) erst 6 Monate nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags mit Änderung der
BKV am 01.07.2009 in Betracht komme, also ab 01.01.2010. Zu diesem Zeitpunkt sei der Betrag bereits ausgezahlt worden.
Mit Bescheid vom 02.02.2010 und Widerspruchsbescheid vom 05.05.2010 stellte die Beklagte fest, dass sich die MdE bei dem Kläger
seit dem Bescheid vom 29.09.2009 nicht erhöht habe. Hiergegen erhob der Kläger am 10.06.2010 Klage (Az.: S 7 KN 271/10 U, später S 4 KN 9/13 U WA).
Das SG wies die Klage im Verfahren S 7 KN 31/09 U WA mit Urteil vom 14.05.2010 ab. Zutreffend habe die Beklagte eine Zahlung ab 01.01.2005 nach einer MdE um 30 v. H. vorgenommen.
Gegen das Urteil legte der Kläger am 09.07.2010 Berufung ein (Az.: L 2 KN 195/10 U, später L 4 KN 195/10 U) und begehrte eine höhere MdE sowie einen früheren Rentenbeginn. Der 2. Senat teilte mit, dass auch der Bescheid vom 02.02.2010
Gegenstand des (Berufungs-)Verfahrens sei. Die Berufung wurde mit Beschluss vom 06.06.2012 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 20.12.2011 beantragte der Kläger (erneut), den Nachzahlbetrag zu verzinsen. Vorsorglich stelle er Überprüfungsantrag
gem. § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Um einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid werde gebeten.
Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 06.02.2012 ab. Der Bescheid vom 09.11.2009 werde nicht gem. §
44 SGB X zurückgenommen. Ausgehend von einem vollständigen Leistungsantrag mit Änderung der
BKV am 01.07.2009 komme eine Verzinsung erst nach Ablauf von 6 Kalendermonaten in Betracht, also ab 01.01.2010. Da der Nachzahlbetrag
bereits im Oktober 2009 ausgezahlt worden sei, scheide die Verzinsung gem. §
44 SGB I aus.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 06.03.2012 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2012 zurück. In
dem dem erstinstanzlichen Verfahren (S 4 KN 228/12 U) nachfolgenden Berufungsverfahren (L 4 U 76/13) teilte der damals zuständige Berichterstatter des Senats mit, dass im Schreiben vom 09.11.2009 wohl nach den konkreten Umständen
des Einzelfalls keine Regelung hinsichtlich einer Verzinsung in Form eines Verwaltungsaktes zu sehen sein dürfe. Daraufhin
hob die Beklagte den Bescheid vom 06.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2012 auf und erklärte sich
bereit, über die Frage der Verzinsung einen Bescheid zu erteilen (Vergleich vom 05.04.2013).
Mit (dem hierauf ergangenen) Bescheid vom 21.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2013 stellte die
Beklagte fest, dass eine Verzinsung ausscheide, weil der Nachzahlungsbetrag bereits im Oktober 2009 ausgezahlt worden sei.
Die Verzinsung beginne gem. §
44 Abs.
2 SGB I frühestens nach Ablauf von 6 Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Versicherungsträger.
Zwar sei der Antrag bereits 1998 eingegangen, jedoch habe damals die Stichtagsregelung gegolten. Daher habe der Antrag erst
mit der Rechtsänderung am 01.07.2009 Wirksamkeit erlangt. Ausgehend hiervon könne eine Verzinsung erst am 01.01.2010 beginnen.
Da der Betrag aber schon Ende 2009 ausgezahlt worden sei, scheide diese aus.
Der Kläger hat am 08.08.2013 Klage beim SG Duisburg erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Die Anzeige einer BK datiere
auf den 12.03.1998. Zinsleistungen seien akzessorisch und richteten sich nach der Hauptleistung.
Das SG hat die Klage, die es als Antrag auf Verzinsung des Nachzahlbetrages ab 01.06.1999 ausgelegt hat, mit Gerichtsbescheid vom
25.11.2013 abgewiesen und sich im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid bezogen. Es sei vom Zeitpunkt der Rechtsänderung
der
BKV am 01.07.2009 auszugehen, so dass eine Verzinsung erst ab 01.01.2010 beginnen könne. Die Leistung sei aber bereits im Oktober
2009 ausgezahlt worden.
Gegen den am 12.12.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.01.2014 Berufung eingelegt und sein Begehren entsprechend
dem erstinstanzlich (ausgelegten) Klageantrag weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 25.11.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides
vom 21.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2013 zu verurteilen, den Nachzahlungsbetrag in Höhe von
55.499,04 Euro ab dem 01.06.1999 zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten
sowie den Inhalt der Vorprozessakten S 7 KN 31/09 U WA (S 7 KN 165/00 U bzw. S 7 KN 487/05 U) - L 4 KN 195/10 (L 2 KN 195/10); S 4 KN 9/13 U WA (S 7 KN 271/10 U); S 4 KN 184/09 U - L 4 U 467/12; S 4 KN 596/11 U - L 4 U 468/12; S 4 KN 228/12 U - L 4 76/13; S 4 KN 435/12 U Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 26.07.2013 (§
95 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§
54 Abs.
2 S. 1
SGG).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verzinsung des ihm anlässlich der Anerkennung der BK 4111 mit Bescheid vom 29.09.2009 gewährten
Betrages iHv 55.499,04 Euro, der sich aus einer (Nach-)Zahlung der laufenden Rentenleistungen für die Monate Juli, August
und September 2009 (3020,22 Euro) einerseits und einer (einmaligen) Zahlung von Verletztenrente für den Zeitraum vom 01.01.2005
bis 30.06.2009 (52.478,82 Euro) andererseits, zusammensetzt. Die Voraussetzungen einer Verzinsungspflicht gem. §
44 SGB I sind nicht erfüllt.
Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats
vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen (§
44 Abs.
1 SGB I). Gem. §
44 Abs.
2 SGB I beginnt die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim
zuständigen Leistungsträger bzw. beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung
über die Leistung.
Der Anwendungsbereich der Verzinsungsvorschrift des §
44 SGB I ist eröffnet, weil es sich bei der Zahlung von Renten aus Ansprüchen der gesetzlichen Unfallversicherung gem. §§
11,
22 Abs.
1 Nr.
3 SGB I um Geldleistungen i. S. dieses Gesetzes handelt (vgl. z.B. Wagner in jurisPK-
SGB I, §
44 Rn. 13; Bigge in Eichenhofer/Wenner,
SGB I-IV-X, Kommentar, 2012, §
44 SGB I Rn. 7; Hänlein in Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2014, §
44 SGB I Rn. 2 ).
Sowohl der Anspruch des Klägers auf die (Nachzahlung der) laufenden Rentenleistungen (dazu unter 1.) als auch der Anspruch
auf den einmaligen Zahlbetrag (dazu unter 2.) waren iSv §
44 Abs.
1 SGB I fällig, dies (jedoch erst) 2009 und nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt. Die grundsätzlich gem. §
44 Abs.
1 SGB I ab dem 01.09.2009 eingetretene Verzinsungspflicht (dazu unter 3) ist gem. §
44 Abs.
2 SGB I auf den 01.01.2010 hinausgeschoben worden (dazu unter 4.). Aufgrund der bereits im Oktober 2009 erfolgten Auszahlung des
geschuldeten Leistungsbetrages ist ein Zinsanspruch des Klägers damit nicht entstanden.
1.)
Der Anspruch des Klägers auf Zahlung laufender Verletztenrente für den Monat Juli 2009 ist Ende Juli 2009, für den Monat August
2009 Ende August 2009 und für den Monat September 2009 Ende September 2009 fällig geworden.
Gem. §
96 Abs.
1 S. 1
SGB VII werden laufende Geldleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme des Verletzten- und Übergangsgeldes am
Ende des Monats fällig, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Laufende Geldleistungen sind Leistungen,
die regelmäßig wiederkehrend für bestimmte Zeitabschnitte gezahlt werden; sie verlieren ihren Charakter nicht dadurch, dass
sie verspätet oder als zusammenfassende Leistung für mehrere Zeitabschnitte geleistet werden (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche
Unfallversicherung, § 96 Rn. 3 unter Verweis auf BT-Drs 7/868, S. 31 zu § 48). Bei den von der Beklagten im Bescheid vom 29.09.2009
für die Monate Juli bis September 2009 aufgeführten Rentenleistungen handelt es sich um derartige, im Nachhinein zusammengefasst
berechnete, laufende Leistungen.
Die Anspruchsvoraussetzungen für diese laufenden Rentenleistungen sind ab dem 02.07.2009 jeweils monatlich wiederkehrend zum
Monatsanfang erfüllt gewesen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verletztenrente liegen gem. §
56 Abs.
1 S. 1
SGB VII vor, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um mindestens 20 vH gemindert ist. Die Rente beginnt mit dem Tag nach dem Ende des Anspruchs auf Verletztengeld (§
72 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII) bzw. mit dem Tag nach dem Eintritt des Versicherungsfalls (§
72 Abs.
1 Nr.
2 SGB VII).
Der Versicherungsfall der BK 4111 hat bei dem Kläger noch nicht kraft normativer Wirkung bei Erkrankungsbeginn im Jahr 1986
(dazu unter a) oder ab 01.12.1997 (dazu unter b), sondern erst seit dem 01.07.2009 vorgelegen (dazu unter c). Sein Anspruch
auf Zahlung von Verletztenrente ist mangels Anspruchs auf Verletztengeld gem. §
72 Abs.
1 Nr.
2 SGB VII damit am 02.07.2009 entstanden.
a)
Versicherungsfälle sind gem. §
7 Abs.
1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Letztere sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung
des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet (sog. Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz
nach §§
2,
3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§
9 Abs.
1 S. 1
SGB VII bzw. vormals § 551 Abs. 1 S. 2
Reichsversicherungsordnung -
RVO). Der Versicherungsfall einer Listen-BK tritt ein, wenn die Krankheit als BK in einem in Kraft getretenen Tatbestand der
BKV (vormals BKVO) bezeichnet worden ist und sämtliche Merkmale dieses Tatbestandes erfüllt sind (vgl. BSG Urt. v. 17.05.2011 - B 2 U 19/10 R - [...] Rn. 11).
Eine BK in diesem Sinn ist die unter Nr. 4111 der
BKV aufgelistete "Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis
der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m3) x Jahre]".
Wenngleich die in der BK 4111 genannte Erkrankung bei dem Kläger bereits im Jahr 1986 vorgelegen hat, war ein Versicherungsfall
dennoch zunächst nicht gegeben. Diese BK war in der damals geltenden Fassung der Anlage zur BKVO (vgl. § 551 Abs. 1 S. 2
RVO i.V.m. der Siebenten BKVO vom 20.06.1968, BGBl I, 721) noch nicht enthalten.
b)
Der Versicherungsfall der BK 4111 ist auch nicht mit dem Inkrafttreten der
BKV am 01.12.1997 (
BKV a.F.) nach der § 551 Abs. 1 S. 2
RVO entsprechenden Nachfolgeregelung des §
9 Abs.
1 S. 1
SGB VII i.V.m. §
1 BKV und der Anlage hierzu eingetreten. Der Tatbestand dieser BK erforderte gem. §
6 Abs.
1 BKV a.F. zusätzlich zu den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser BK einen Erkrankungsbeginn nach dem 31.12.1992 (vgl. zur Auslegung
der Wortbedeutung des §
6 Abs.
1 BKV a.F. in diesem Zusammenhang BSG Urt. v. 17.05.2011 - B 2 U 19/10 R - [...] Rn. 15). Der Kläger war indes bereits weit vor diesem Stichtag erkrankt.
c)
Sämtliche Voraussetzungen des Versicherungsfalls sind schließlich (erst) durch bzw. mit der Einfügung des §
6 Abs.
3 S. 2
BKV durch Art. 1 Nr. 2 Buchstabe d i.V.m. Art. 2 der Zweiten Verordnung zur Änderung der
BKV vom 11.06.2009 (2.
BKV-ÄndV; BGBl I, 1273) eingetreten. Durch diese Einfügung ist die Stichtagsregelung dahingehend modifiziert worden, dass eine
BK 4111 nunmehr auch bei vor 1993 eingetretener Erkrankung anzuerkennen war, wenn der Unfallversicherungsträger hiervon bis
Ende 2009 Kenntnis erlangte. §
6 Abs.
3 S. 2
BKV ist am 01.07.2009 in Kraft getreten und entfaltet gem. Art.
82 Abs.
2 S. 1 und 2
Grundgesetz (
GG) ab diesem Tag Rechtswirkungen (BSG Urt. v. 17.05.2011 - B 2 U 19/10 R - [...] Rn. 18 mwN). Wenngleich die Vorschrift an vor dem 01.01.1993 eingetretene Erkrankungen im Sinne einer tatbestandlichen
Rückanknüpfung anknüpft, tritt der Versicherungsfall selbst nicht vor ihrem Inkrafttreten ein (vgl. BSG a.a.O. - [...] Rn. 11,16). Eingeräumt werden sollte nicht die rückwirkende Anerkennung einer BK 4111, sondern lediglich die
Anerkennung der vor dem 01.01.1993 liegenden Erkrankungen als BK 4111 (vgl. BSG a.a.O. - [...] Rn. 19). Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen ist mit der Neuregelung nicht verbunden, weil ihr Inkrafttreten
nicht auf einen Zeitpunkt vor Verkündung festgelegt wurde (vgl. BSG a.a.O. - [...] Rn. 18).
Lagen die Anspruchsvoraussetzungen einer Rentenzahlung für die Monate Juli, August und September je am Monatsanfang vor, sind
diese gem. §
96 Abs.
1 S. 1
SGB VII je am jeweiligen Monatsende fällig geworden.
2.)
Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Verletztenrente für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2009 ist iSv §
44 Abs.
1 SGB I am 02.07.2009 fällig geworden.
Die Fälligkeit dieses Leistungsanspruchs des Klägers richtet sich nach der allgemeinen Vorschrift des §
41 SGB I. Die speziellere Regelung des §
96 Abs.
1 S. 1
SGB VII (Verhältnis der Vorschriften offengelassen von Bigge, a.a.O., Rn. 10) findet hier keine Anwendung, da es sich bei dem dem
Kläger gewährten Zahlbetrag für den Zeitabschnitt vom 01.01.2005 bis 30.06.2009 weder um eine laufende Rentenleistung noch
um eine verspätete oder zusammenfassende Zahlung zuvor entstandener laufender Rentenleistungen im Sinne von §
96 SGB VII handelt. Vielmehr stellt die Zahlung eine einmalige Leistung dar, zu deren Berechnung der in §
6 Abs.
6 S. 2
BKV genannte Vierjahreszeitraum zugrunde gelegt wird.
Gem. §
41 SGB I werden Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig. Den Zeitpunkt der Entstehung regelt bei gebundenen Entscheidungen
wie der im Streit stehenden Rentenzahlung §
40 Abs.
1 SGB I. Hiernach entstehen Ansprüche, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen.
Die Voraussetzungen für den Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Zahlung von Verletztenrente für den Zeitraum vom 01.01.2005
bis 30.06.2009 haben am 02.07.2009 vorgelegen, da dieser Anspruch gem. §
6 Abs.
6 S. 2
BKV gemeinsam mit dem Anspruch auf Gewährung laufender Rentenleistungen begründet worden ist.
In den Fällen der rückwirkenden Einführung bzw. Erweiterung eines BK-Tatbestandes gem. §
6 Abs.
1 bis 5
BKV, und damit auch dem hier vorliegenden, in §
6 Abs.
3 S. 2
BKV geregelten Fall der BK 4111 mit Erkrankung vor dem 01.01.1993, entsteht neben einem Anspruch auf laufende Rentenleistungen
gem. §
6 Abs.
6 S. 2
BKV zeitgleich auch ein Anspruch auf rückwirkende Leistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren. Der Zeitraum
ist vom Beginn des Jahres an zu rechnen, in dem der Antrag gestellt worden bzw. die Erkrankung eingetreten ist (vgl. zur entsprechenden
Auslegung BSG Urt. v. 17.05.2011 - B 2 U 19/10 R - [...] Rn. 23).
Soweit aufgrund der Sonderregelung des §
6 Abs.
6 S. 2
BKV nach ihrem Wortlaut "rückwirkende Leistungen" begründet werden, beeinflusst dies nicht den Zeitpunkt, zu dem der Anspruch
entsteht - hier den 02.07.2009. Die Vorschrift beinhaltet keine "echte" Rückwirkung im Sinne einer rückwirkenden Begründung
früherer laufender Ansprüche, sondern (lediglich) die Begründung eines (neuen) Zahlungsanspruchs, bei dessen Berechnung Zeiträume
vor Inkrafttreten der entsprechenden (Neu-)Regelung erfasst werden. §
6 Abs.
6 S. 2
BKV regelt nicht den durch Parlamentsgesetz in §
72 SGB VII bestimmten Rentenbeginn, dessen Modifikation der Verordnungsgeberin ohne gesetzliche Ermächtigung verwehrt ist. Sie räumt
vielmehr "lediglich" Zahlungsansprüche so ein, als wäre der Versicherungsfall bereits vor dem Tag seiner rechtswirksamen Aufnahme
in die BK-Liste, frühestens vier Jahre vor Beginn des Tages der Antragstellung bzw. der Änderung der
BKV, eingetreten (vgl. BSG Urt. v. 17.05.2011 - B 2 U 19/10 R - [...] Rn. 22, 23). Begründet wird daher kein früherer Anspruch, sondern lediglich ein Anspruch für frühere Zeiträume. Der
Anspruchsbeginn wird also nicht vorverlegt, sondern (zugunsten des Versicherten) dergestalt in der Höhe modifiziert, dass
auch Zeiten vor Anspruchsbeginn in die Berechnung einfließen. Festgelegt wird allein der Umfang des aufgrund der Inkraftsetzung
des neuen BK-Tatbestandes entstandenen Leistungsanspruchs (vgl. BSG Urt. v. 17.05.2011 - B 2 U 19/10 R - [...] Rn. 22).
3.)
a)
Ist der Zahlungsanspruch bezüglich der laufenden Rentenleistungen für Juli 2009 - wie unter 1.) ausgeführt - Ende Juli fällig
geworden, so ist dieser gem. §
44 Abs.
1 SGB I grundsätzlich nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Fälligkeit zu verzinsen. Bei sog. "nachschüssigen Zahlungen" wie
hier endet die Frist von einem Kalendermonat mit dem Tag des Kalendermonats, der dem Kalendermonat der Fälligkeit folgt (vgl.
auch Lilge,
SGB I, 3. Aufl. 2012, §
44 Rn. 34; Dalichau, SGB, Kommentar, §
44 SGB I Anm. II.3). Bei entsprechendem Fristende am 31.08.2009 begann die sich aus §
44 Abs.
1 SGB I ergebende Verzinsungspflicht am 01.09.2009. Für den Zahlungsanspruch bezüglich der laufenden Rentenleistungen für die Folgemonate
verschiebt sich der aus §
44 Abs.
1 SGB I resultierende Beginn der Verzinsung je um einen Monat, d.h. für den Monat August auf den 01.10.2009 und für den Monat September
auf den 01.11.2009.
b)
Ist der Zahlungsanspruch bezüglich der einmaligen Leistung für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2009 - wie unter 2.)
ausgeführt - am 02.07.2009 fällig geworden, so ist dieser gem. §
44 Abs.
1 SGB I ebenso wie der Anspruch auf Verletztenrente für den Monat Juli 2009 ab 01.09.2009 zu verzinsen. Lediglich ergänzend wird
darauf hingewiesen, dass eine Verzinsung gem. §
44 Abs.
1 SGB I auch dann am 01.09.2009 begonnen hätte, wenn sich die Fälligkeit des Anspruchs nach §
96 SGB VII richten würde. In diesem Fall wäre Fälligkeit - wie hinsichtlich des Anspruchs auf die laufende Rentenzahlung für Juli 2009
- Ende Juli eingetreten. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit verwiesen.
4.)
Der aufgrund der o.g. Fälligkeit der Leistungsansprüche grundsätzlich gem. §
44 Abs.
1 SGB I ab 01.09.2009 eingetretene Beginn der Verzinsungspflicht ist durch §
44 Abs.
2 1. Halbsatz
SGB I bis zum 01.01.2010 hinausgeschoben (dazu unter a). Ein Fall des §
44 Abs.
2 2. Halbsatz
SGB I liegt damit nicht vor; die Anwendung dieser Alternative würde im Übrigen aber auch nicht zu einem abweichenden Ergebnis führen
(dazu unter b).
a)
Geht es - wie hier - zwar um antragsunabhängige Leistungen, ist aber dennoch ein (nicht erforderlicher) Antrag gestellt worden,
liegen die Voraussetzungen der 1. Alternative des §
44 Abs.
2 SGB I vor und ist bei der Prüfung der Verzinsung immer von diesem Antrag auszugehen (vgl. BSG Urt. v. 26.06.1980 - 8a RU 62/79 [...] Rn. 19; Urt. v. 11.08.1983 - 5a RKnU 5/82 - [...] Rn. 11; Urt. v. 23.06.1982 - 9b/8 RU 6/81 - [...] Rn. 14; Urt. v. 30.01.1991 - 9a/9 RV 29/89 - [...] Rn. 15; vgl. auch Lilge, a.a.O., §
44 SGB I Rn. 45; Rolfs, a.a.O., Rn. 23; Timme, in LPK-
SGB I, 3. Aufl. 2014, §
44 Rn. 12 mwN; Giese/Krahmer, Sozialgesetzbuch, §
44 SGB I Rn. 7; Hänlein, a.a.O., Rn. 9; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, §
44 SGB I Rn. 6).
Von einem vollständigen Leistungsantrag im Sinne des §
44 Abs.
2 1. Halbsatz
SGB I ist entgegen der Auffassung des Klägers allerdings - auch vor dem Hintergrund der etwaigen Entbehrlichkeit eines Antrags
(dazu unter aa) bzw. ab 1998 erfolgter Antragstellungen (dazu unter bb) erst am 01.07.2009 (Wirksamwerden der für den Kläger
relevanten Änderung der
BKV) auszugehen (dazu unter cc).
aa)
Ein Leistungsantrag ist grundsätzlich vollständig im Sinne der Verzinsungsvorschrift des §
44 SGB I, wenn der Antragsteller den Sachverhalt umfassend dargelegt hat, seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist und der Leistungsträger
dadurch in die Lage versetzt wird, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen. Wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 20 SGB X, §
19 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB IV) bedeutet Vollständigkeit für den Antragsteller selbst lediglich, die Amtsermittlung des Leistungsträgers in dem ihm im Rahmen
seiner Mitwirkungspflichten zumutbaren Umfang vorzubereiten und zu ermöglichen (Bigge, a.a.O., Rn. 15 mwN; vgl. auch BSG Urt. v. 24.01.1992 - 2 RU 17/91 - [...] Rn. 15; vgl. auch Rolfs, a.a.O., Rn. 25; Mrozynski,
SGB I, 5. Aufl. 2014, §
44 Rn. 12, 14; Timme, a.a.O., Rn. 11; Giese/Krahmer, a.a.O.; Hänlein, a.a.O., Rn. 10, Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., Rn. 8;
Wagner, a.a.O., Rn. 27).
Handelt es sich - wie hier - um ein Verfahren zur Feststellung der Verletztenrente, das ausschließlich von Amts wegen geführt
wird und keines Antrags bedarf (§
19 S. 2
SGB IV), kann die Sechsmonatsfrist des §
44 Abs.
2 1. Halbsatz
SGB I nach der Rechtsprechung des BSG ggf. sogar schon dann zu laufen beginnen, wenn der Berechtigte durch eine Mitteilung der Behörde Kenntnis von einem zu einer
BK eingeleiteten Verwaltungsverfahren erhält. So mache diese Benachrichtigung - jedenfalls bezüglich der Verzinsung - einen
ausdrücklichen Leistungsantrag entbehrlich, weil anderenfalls nur eine formale Willenserklärung verlangt würde, die zwar auf
die Leistungsgewährung gerichtet, dafür aber in der Unfallversicherung nicht rechtserheblich sei. Vermittele der Versicherungsträger
dem Berechtigen zuverlässige Kenntnis davon, dass er eine umfassende Prüfung darüber durchführe, ob Rente zu gewähren ist,
so bestehe für den Versicherten kein Anlass, noch ausdrücklich auszuführen, er beantrage die ihm zustehenden - von Amts wegen
festzustellenden - Leistungen (vgl. BSG Urt. v. 11.08.1983 - 5a RKnU 5/82 - [...] Rn. 13; ebenso Dalichau, a.a.O., Anm. II.4; Mrozynski, a.a.O., Rn. 14a; Bereiter-Hahn/Mehrtens,
a.a.O.).
bb)
Darüber hinaus kann ein Leistungsantrag in bestimmten Erklärungen des Versicherten, wie ggf. einer von seinem Arbeitgeber
und ihm selbst unterzeichneten Unfallanzeige, jedenfalls aber in der Anmahnung der Leistungen beim Unfallversicherungsträger
liegen (vgl. BSG Urt. v. 23.06.1982 - 9b/8 RU 6/81 - [...] Rn. 13; vgl. auch Wagner, a.a.O., Rn. 33: Jegliche Kontaktaufnahme genügt, aus der für beide Seiten hinreichend deutlich
wird, dass nunmehr ein Verwaltungsverfahren zur Ermittlung etwaiger Leistungsansprüche einzuleiten ist). Entsprechend dürften
z.B. der Widerspruch des Klägers gegen den ablehnenden Bescheid vom 26.04.1999 oder die hiergegen erhobene Klage zum SG (S 7 KN 165/00 U) grundsätzlich als Leistungsanträge betrachtet werden können.
cc)
Weder eine Entbehrlichkeit des Antrags noch die als Anträge auszulegenden Erklärungen des Klägers vermögen jedoch als "vollständiger
Leistungsantrag" iSv §
44 Abs.
2 SGB I anzusehen sein und die dort genannte Sechsmonatsfrist (bereits) in Gang zu setzen. Vielmehr ist die Vorschrift nach ihrem
Sinn und Zweck einschränkend dahingehend auszulegen, dass der Fristlauf dann, wenn der Anspruch auf eine beantragte Leistung
erst durch eine (spätere) Rechtsänderung begründet wird, erst mit der Wirksamkeit dieser Rechtsänderung - hier mit dem Inkrafttreten
der
BKV am 01.07.2009 - beginnt.
Die Bestimmung des §
44 SGB I soll nach der Zielsetzung des Gesetzgebers Nachteile ausgleichen, die dadurch entstehen, dass soziale Geldleistungen, auf
die beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht und die in der Regel die Lebensgrundlage des
Leistungsberechtigten bilden, verspätet gezahlt werden, zumal Betroffene dann häufig darauf angewiesen sind, Kredite aufzunehmen,
Ersparnisse aufzulösen und die bisherige Lebensführung einzuschränken. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Vermeidung
von Regressansprüchen ist die Verzinsung nicht von einem Verschulden des Leistungsträgers abhängig, sondern nur vom Ablauf
einer Erfahrungs- und Durchschnittsfrist für die Sachbearbeitung, die mit dem Eingang des vollständigen Antrags beginnt. Dabei
wurde bewusst in Kauf genommen, dass sich der Fristablauf in einzelnen Fällen selbst bei möglichst schneller Bearbeitung nicht
vermeiden lässt (vgl. BT-Drucks 7/868 S. 30 zu § 44; BSG Urt. v. 28.05.1997 - 8 RKn 2/96 - [...] Rn. 18).
Die Gesetzesmaterialien machen zweierlei deutlich: Zum einen soll der Berechtigte ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden
des Leistungsträgers mit dem Einreichen des vollständigen Leistungsantrags eine Bearbeitungs- und Handlungsfrist in Gang setzen
(vgl. BSG Urt. v. 28.02.1990 - 2 RU 41/89 - [...] Rn. 22) und damit den Zinsbeginn bestimmen können (vgl. BSG Urt. v. 30.01.1991 - 9a/9 RV 29/89 - [...] Rn. 15). Zum anderen wird dem Leistungsträger mit dem Sechsmonatszeitraum eine ausreichende, aber auch notwendige
Bearbeitungszeit zur Feststellung der Anspruchsberechtigung und Leistungshöhe eingeräumt, um ihn vor ungerechtfertigten Zinsforderungen
zu schützen (vgl. BSG Urt. v. 28.05.1997 - 8 RKn 2/96 - [...] Rn. 19 mwN; Rolfs in Hauck/Noftz,
SGB I, §
44 Rn. 22; Wagner, a.a.O., Rn. 23 mwN). Hierbei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass ohne Verletzung der dem Leistungsberechtigten
obliegenden Mitwirkungspflichten (vgl. BT-Drucks aaO) in der Regel innerhalb eines Zeitraums von sechs Kalendermonaten über
den Leistungsantrag entschieden und die Geldleistung ausgezahlt werden kann (vgl. BSG Urt. v. 01.03.1984 - 4 RJ 55/83 - [...] Rn. 12).
Aus diesem Sinn und Zweck heraus kann ein Leistungsantrag i. S. des §
44 Abs.
2 1. Alt.
SGB I nur ab dem Zeitpunkt als "vollständig" angesehen werden, ab dem der zuständige Leistungsträger in der Lage ist, die gesetzlichen
Leistungsvoraussetzungen festzustellen und die begehrte Leistung zu bewilligen (vgl. BSG Urt. v. 01.03.1984 - 4 RJ 55/83 - [...] Rn. 12). Bei Leistungsansprüchen, die erst nach der Antragstellung durch eine Rechtsänderung entstehen, bestimmt
der Zeitpunkt der Rechtsänderung den Beginn der Verzinsungspflicht (Lilge, a.a.O., §
44 SGB I Rn. 40; Bigge, a.a.O., Rn. 17; vgl. auch Mrozynski, a.a.O., Rn. 16; BSG Urt. v. 13.10.1983 - 11 RA 49/82 - [...] Rn. 15; Urt. v. 27.08.1998 - B 9 V 26/97 R - [...] Rn. 15; Urt. v. 30.01.1991 - 9a/9 RV 29/89 - [...] Rn. 15). Denn auch in dem Fall, in dem ein zunächst unbegründeter Anspruch erst durch eine spätere Rechtsänderung
begründet wird, muss der Versicherungsträger ab der Rechtsänderung die nötige Zeit zur Feststellung der nunmehrigen Anspruchsberechtigung
und der Leistungshöhe haben. Für diesen (vom Gesetzgeber nicht bedachten) Fall darf daher entsprechend dem Grundgedanken des
§
44 Abs.
2 SGB I die Verzinsungspflicht ebenfalls (erst) nach Ablauf eines halben Jahres nach der Rechtsänderung einsetzen, wenn zu dieser
Zeit schon ein (im Übrigen) vollständiger Leistungsantrag vorlag (vgl. BSG Urt. v. 13.10.1983 - 11 RA 49/82 - [...] Rn. 15).
Ein dieser Auslegung entgegenstehender Wille des Gesetzgebers bzw. der Verordnungsgeberin konkret zur Behandlung von Zinsansprüchen
bei Anerkennung der BK 4111 gem. §
6 Abs.
3 S. 2
BKV ergibt sich auch nicht aus dem dieser Vorschrift zugrunde liegenden gesetzgeberischen Verfahren. Insbesondere ist nicht erkennbar,
dass neben der Bestimmung des Berechnungszeitraums in §
6 Abs.
6 BKV für materielle Ansprüche zusätzliche Zinsansprüche vor Anspruchsentstehung begründet werden sollten (BR-Drs 776/08 vom 22.10.2008,
BR-Plenarprotokoll 850, S. 373A - 373C und 242/09, S. 12 zu Nr. 2d vom 18.03.2009). Vielmehr wird gerade auf eine Begrenzung
der finanziellen Belastung der Unfallversicherungsträger durch die Vierjahresregelung hingewiesen (BR-Drs 776/08 vom 22.10.2008,
BR-Plenarprotokoll 850, S. 373A - 373C).
Soweit der Kläger geltend macht, dass die Zinsleistungen akzessorisch zur Hauptforderung seien, trifft dies zu (vgl. z.B.
BSG Urt. v. 28.02.1990 - 2 RU 41/89 - [...] Rn. 21), führt jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis, weil die Beklagte die Hauptforderung vor Beginn der Verzinsungspflicht
beglichen hat.
Lediglich ergänzend weist der Senat zum weiteren Vortrag des Klägers, ein vollständiger Antrag habe bereits im Jahr 1998 vorgelegen,
darauf hin, dass der geltend gemachte Zinsanspruch selbst bei Zugrundelegung dieser Auffassung nicht wie beansprucht ab 1999,
sondern lediglich für September 2009 zur Anerkennung käme. In diesem Fall würde der Beginn der Verzinsungspflicht nicht gem.
§
44 Abs.
2 SGB I hinausgeschoben, sondern verbliebe es bei der Verzinsungspflicht nach §
44 Abs.
1 SGB I ab 01.09.2009 (vgl. dazu oben 3). Die Verzinsungspflicht bezöge sich dann auch nicht auf den gesamten (Nach-)Zahlbetrag,
sondern auf einen Betrag ohne Berücksichtigung der Nachzahlung für die Monate August und September. Für diese ist die Verzinsungspflicht
gem. §
44 Abs.
1 SGB I erst im Oktober bzw. November eingetreten (vgl. dazu ebenfalls oben 3).
b)
Liegt ein vollständiger Leistungsantrag ab 01.07.2009 vor, bleibt für die Alternative des §
44 Abs.
2 2. Halbsatz
SGB I bereits kein Raum (vgl. Mrozynski, a.a.O., Rn. 16). Dahinstehen bleiben kann insoweit auch, ob schon die Anwendbarkeit des
§
44 Abs.
2 2. Halbsatz
SGB I grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn Leistungen - wie hier in der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. §
19 S. 2
SGB IV) - von Amts wegen zu erbringen sind (so Seewald in Kasseler Kommentar, §
44 SGB I Rn. 21; Wagner, a.a.O., Rn. 34; vgl. auch Hänlein, a.a.O., Rn. 13; differenziert Lilge, a.a.O, Rn. 45; Timme, a.a.O., Rn.
12 mwN; vgl. auch Rolfs, a.a.O., Rn. 32 ff.).
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich auch bei Anwendung des §
44 Abs.
2 2. Halbsatz
SGB I kein für den Kläger günstigeres Ergebnis ergäbe. Da ihm der leistungsbewilligende Bescheid vom 29.09.2009 frühestens Ende
September 2009 bekanntgeben worden ist, würde eine auf diese Vorschrift gestützte Verzinsungspflicht frühestens am 01.11.2009
und somit (ebenfalls) nach Erfüllung der Leistungspflicht durch die Beklagte beginnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) als gegeben angesehen.