Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die von ihm zu entrichtenden Prämien für die sog. Aufstockungsversicherung mit Mehrleistungsanspruch.
Der 1956 geborene Kläger war im deutschen Steinkohlenbergbau unter Tage beschäftigt. Seit dem 01.04.2006 bezog er eine Rente
für Bergleute i.H.v. zunächst 857,56 Euro (§
45 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VI). Er ist seit diesem Zeitpunkt bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gegen das Risiko Krankheit
versichert. In der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.03.2011 erhielt der Kläger unter Anrechnung der Rente für Bergleute Anpassungsgeld
(APG) an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus nach den Richtlinien vom 25.10.2005 von der Bundesrepublik Deutschland - Bundesamt
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Zudem bezog er von der Deutschen Steinkohle (DSK) einen monatlichen betrieblichen
Zuschuss. Seit dem 01.04.2011 erhält der Kläger Knappschaftsausgleichsleistung (KAL).
Der Kläger beantragte bei der Beklagten die Aufstockungsversicherung mit Mehrleistungsanspruch (Zweibettzimmerbehandlung und
Chefarztbetreuung). Mehrleistungen bei der Krankenhausbehandlung sah die Satzung der Beklagten in der seinerzeit geltenden
Fassung aufgrund der Ermächtigung in § 2 Abs. 1 der Verordnung über den weiteren Ausbau der knappschaftlichen Versicherung
vom 19.05.1941 (RGBl. I S. 287) vor. Danach stellt die Satzung Richtlinien für die Gewährung von Mehrleistungen auf. Diese
können für Arbeiter, Angestellte und Rentner unterschiedlich sein. Für mehrleistungsberechtigte Aktive (z.B. angestellte Arbeitnehmer,
APG-Bezieher ohne Rentenanspruch) sowie für freiwillig versicherte Rentner wurde bis zum 31.12.2008 ein zusätzlicher Beitrag
von 1,4 % erhoben. Für Mitglieder der KVdR war neben dem allgemeinen Beitragssatz bis zum 31.12.2008 ein Beitragssatz von
4,5 % zu entrichten.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass die Aufstockungsversicherung mit Mehrleistungsanspruch am 01.04.2006 beginne und
sich der monatliche Beitrag ab dem 01.07.2006 auf 38,59 Euro belaufe (Bescheid vom 09.05.2006). Sie führte weiterhin aus:
"Das Bundesamt für Wirtschaft zahlt für Sie die Beiträge mit Ausnahme des sich aus dem zusätzlichen Beitragssatz errechneten
Beitragsanteils. Der Zusatzbeitrag wird am Anpassungsgeld einbehalten."
In der Folge trug das BAFA die monatlichen Beiträge, die die Beklagte ausschließlich aus der Rente für Bergleute berechnete.
Anlässlich der Einführung eines einheitlichen Beitragssatzes für sämtliche Krankenkassen mit Wirkung zum 01.01.2009 und der
damit verbundenen Errichtung des Gesundheitsfonds wurde das Mehrleistungssystem beendet. Es besteht nur noch für Mitglieder,
die bereits zum 31.03.2007 Mehrleistungen in Anspruch nehmen konnten. Dementsprechend ordnet §
173 Abs.
2a des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB V) an, dass §
2 Abs.
1 der Verordnung über den weiteren Ausbau der knappschaftlichen Versicherung nicht für Versicherte gilt, die nach dem 31.03.2007
Versicherte der Beklagten werden. Die Beklagte änderte daraufhin ihre Satzung (Beschluss der Vertreterversammlung vom 14.11.2008
- Genehmigung durch das Bundesversicherungsamt [BVA] durch Bescheid vom 19.12.2008) und führte zur Finanzierung ihres Mehrleistungsanspruchs
mit Wirkung ab dem 01.01.2009 ein Prämiensystem ein. Nach der Neufassung des § 59 Abs. 5 der Satzung ist die monatliche Prämienhöhe
bei Versicherten, die nicht Rentner sind, bis zum 64. Lebensjahr nach dem Lebensalter in fünf Jahresschritten gestaffelt (Anlage
10 zu § 59 Abs. 5 der Satzung). Bei Rentnern, Rentenantragstellern sowie Mitgliedern ab Vollendung des 65. Lebensjahres bestimmt
sich die zu entrichtende Monatsprämie nach den Einkommensverhältnissen der Versicherten. Hierbei hat die Beklagte 500,00-Euro-Staffeln
festgelegt (Anlage 11 zu § 59 Abs. 5 der Satzung).
Die Beklagte wies ihre Versicherten mit einem Rundschreiben aus November 2008 auf die bevorstehenden Änderungen hin. Der Kläger
führte hierzu aus, dass die Beiträge zur Aufstockungsversicherung während des APG-Bezuges vom BAFA übernommen würden und er
daher keine Notwendigkeit sehe, die Beiträge selber zu zahlen. Die Beklagte teilte dem Kläger mit (Schreiben vom 16.12.2008),
dass der Beitrag für Mehrleistungen ab 01.01.2009 nach gegenwärtigem Stand nicht mehr vom BAFA übernommen werde. Eine Fortführung
des Mehrleistungsanspruchs über den 31.12.2008 sei mithin nur durch eine Beitragszahlung des Klägers möglich.
Die Beklagte legte sodann für die vom Kläger zu entrichtenden Prämien (nur) die Rente für Bergleute zu Grunde (Einkommen:
(1.000,00 Euro) und teilte ihm mit, dass sich die Prämie ab Januar 2009 auf monatlich 52,38 Euro belaufe (Bescheid vom 28.01.2009).
Mit seinem am 10.02.2009 eingelegten Widerspruch machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass eine Satzungsänderung nur
unter Berücksichtigung der APG-Empfänger hätte erfolgen dürfen. Durch die vorgenommenen Änderungen und der damit verbundenen
Beitragslast werde die Mehrleistung faktisch entzogen und bleibe nur noch aufgrund einer freiwilligen privaten Zahlung erhalten.
Zudem werde für die Gruppe der APG-Empfänger eine Benachteiligung in der Prämienhöhe sichtbar. Die Zuordnung der APG-Empfänger
zu der Gruppe der Rentner dürfe frühestens zum Zeitpunkt des KAL-Bezuges erfolgen. Schließlich müsse berücksichtigt werden,
dass die Beklagte bei der Prämiengestaltung eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung zwischen ehemals langjährig unter
Tage Beschäftigten und ehemals über Tage beschäftigten APG-Empfängern vornehme.
Den Widerspruch wies die Beklagte zurück und führte im Wesentlichen aus: Das Mehrleistungssystem unterliege sich ändernden
Rahmenbedingungen. Hierzu zählten zum einen die Einführung des allgemeinen Beitragssatzes zum 01.01.2009, zum anderen die
Schließung des Mehrleistungssystems für Neumitglieder unter Beibehaltung des vorhandenen Bestandes zum 31.03.2007. Aufgrund
der Einführung des allgemeinen Beitragssatzes sei die Möglichkeit entfallen, separate Beitragssätze für den Mehrleistungsanspruch
festzulegen. Darüber hinaus führe der Umstand, dass das System nur noch für Versicherte gelte, die bis zum 31.03.2007 mehrleistungsberechtigt
gewesen seien, zu einem immer kleiner werdenden Mitgliederbestand im Bereich der Mehrleistung. Gerade diese Gegebenheiten
hätten eine Umstellung der Finanzierung des Mehrleistungssystems erfordert. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) könne sich der Kläger sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da ein Vertrauen dahingehend, dass
Satzungsrecht für alle Zukunft unverändert bestehen bleibe, nicht bestehe. Dass das BAFA Prämien für die Mehrleistung nicht
übernehme, falle nicht in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Im Übrigen nehme die Satzung entgegen der Auffassung des
Klägers eine generelle Zuordnung der APG-Empfänger nicht vor. Die Prämienhöhe hänge vielmehr davon ab, ob aufgrund des APG-Bezuges
(und ggf. eines betrieblichen Zuschusses) eine freiwillige Krankenversicherung oder wegen des Bezuges eine Rente für Bergleute
eine Mitgliedschaft in der KVdR bestehe. Bei Rentenbezug und Mitgliedschaft in der KVdR werde die Prämie nach den Einkommensverhältnissen,
bei freiwilliger Versicherung nach dem Lebensalter bestimmt (Widerspruchsbescheid vom 09.11.2009).
Im Klageverfahren hat der Kläger an seiner an seiner im Widerspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten und
vorgetragen: Die Satzungsänderung verstoße gegen höherrangiges Recht, weil sie vergleichbare Versicherte bei der Prämiengestaltung
ungleich behandele. Denn für Rentner ergebe sich ein im Vergleich zu noch beschäftigten Versicherten ein um 312 % höherer
Beitrag.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2009 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides gestützt und entgegnet: Im Zuge der Neukonzeption der Finanzierung
des Mehrleistungssystems sei durch die einkommensabhängige Prämieneinstufung eine unter den freiwillig- und pflichtversicherten
Rentnern bestehende Ungleichbehandlung behoben worden. Denn freiwillig versicherte Rentner hätten lediglich einen 1,4 %-igen
Beitragssatz zu zahlen gehabt, wohingegen Mitglieder der KVdR einem Beitragssatz von 4,5 % unterworfen gewesen seien.
Durch Urteil vom 08.07.2010 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und ausgeführt: Die Beklagte sei mit der Umstellung von einem Beitragszuschlag zu einem Prämiensystem
berechtigt gewesen, im Rahmen ihrer Satzungsautonomie auch die Prämienhöhe und -berechnung neu zu gestalten. Insbesondere
habe sie die unterschiedliche Prämienbemessung für Versicherte, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und noch
im Erwerbsleben stehen und Rentnern nachvollziehbar begründet.
Gegen das ihm am 21.07.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.08.2010 Berufung eingelegt. Er hält an seiner erstinstanzlich
vertretenen Rechtsauffassung fest.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 08.07.2010 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2009 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beklagte hat die vom Kläger monatlich zu zahlenden Prämien für die Zeit ab 01.01.2011 auf 61,28 Euro erhöht (Bescheid
vom 19.01.2011). Der Kläger hat die Aufstockungsversicherung daraufhin mit Schreiben vom 25.03.2011 "gekündigt". Die Beklagte
hat die Aufstockungsversicherung sodann mit Wirkung zum 01.01.2011 beendet.
Die Beklagte hat den angefochtenen Bescheid in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Prämie für den Monat Januar 2009
aufgehoben.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Prämienbescheid ist rechtmäßig.
Gegenstand des Verfahrens ist lediglich der die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.12.2010 regelnde Bescheid vom 28.01.2009 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2009. Der Bescheid der Beklagten vom 19.01.2011 hat sich aufgrund der Beendigung
der Aufstockungsversicherung erledigt, so dass sich nicht die Frage stellt, ob dieser gemäß §
96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Im Hinblick auf den Monat Januar 2009 hat die Beklagte den Bescheid in der mündlichen
Verhandlung aufgehoben.
Der angefochtene Bescheid vom 28.01.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2009 findet seine Rechtfertigung
in § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Diese Regelung bestimmt: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes
mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft
aufzuheben. Eine Änderung in den rechtlichen Verhältnissen ist eingetreten, wenn die rechtliche Grundlage des Verwaltungsaktes
geändert worden ist und der Änderung Geltung für den Verwaltungsakt zukommen soll. Derartige Änderungen können durch Gesetzesänderungen,
Änderungen von Rechtsverordnungen und Satzungen sowie sonstiger - für den Erlass des Verwaltungsaktes bedeutsamer - Rechtsquellen
verursacht werden (Schütze in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 48, Rdn. 10 m.w.N.). Wesentlich ist die Änderung, wenn der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen rechtlichen Verhältnissen
so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden durfte (vgl. Schütze in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 48, Rdn. 12 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Formelle Rechtmäßigkeit ist gegeben. Insbesondere hat die Beklagte den Kläger gemäß § 24 Abs. 1 SGB X angehört. Denn die Beklagte hat die Versicherten - also auch den Kläger - mit ihrem Rundschreiben aus November 2008 über
die bevorstehenden Änderungen in Kenntnis gesetzt und insbesondere darüber informiert, dass ab 01.01.2009 für die Mehrleistung
eine individuelle Prämie nach Einkommensklassen zu zahlen sei. Der Kläger hat zu der beabsichtigten Änderung auch mit Schreiben
vom 03.12.2008 Stellung genommen; die Beklagte hat dieses Schreiben unter dem 16.12.2008 beantwortet.
Der angefochtene Bescheid ist inhaltlich hinreichend bestimmt. Zwar wird insbesondere im Bereich des SGB II und SGB XII die
Auffassung vertreten, dass im Falle der Rücknahme eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheides im Verfügungssatz der betreffende
Bescheid ausdrücklich zu benennen ist. Allerdings handelt es sich hier nicht um eine Rücknahme nach § 45 SGB X. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger deutlich erkennen konnte, ab welchem Zeitpunkt welche Prämie von
ihm verlangt wird und dies - wie sich dem geführten Schriftverkehr und dem Ablauf des Widerspruchsverfahrens entnehmen lässt
- auch tatsächlich erkannt hat. Dies reicht in Konstellationen der vorliegenden Art für die Annahme eines hinreichend bestimmten
Änderungsbescheides aus.
Auch materiell ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden.
Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der mit durch Satzung der Beklagten für die Zeit ab 01.01.2009 beschlossenen Ausgestaltung
des Mehrleistungssystems bestehen nicht. Die Vertreterversammlung der Beklagten hat die Satzungsänderung am 14.11.2008 beschlossen
(§§ 33a Abs.
1 Satz 1,
31 Abs.
1 Satz 1
SGB IV). Das BVA als Aufsichtsbehörde hat die Satzung durch Bescheid 19.12.2008 genehmigt. Die Satzungsänderung wurde sodann auch
öffentlich bekannt gemacht.
Eine Zusicherung der Beklagten i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X dergestalt, dass der Kläger während des APG-Bezuges von jeglicher Beitrags- bzw. Prämienlast befreit ist, liegt nicht vor.
Eine derartige Aussage ist dem Beitragsbescheid vom 09.05.2006 nicht zu entnehmen. Der Zusatz ist vielmehr als eine bloße
Information (§
15 SGB I) dahingehend zu verstehen, dass das BAFA - entsprechend der seinerzeit geübten ständigen Verwaltungspraxis - während des
APG-Bezuges die an sich vom Kläger zu tragenden Beiträge für die Aufstockungsversicherung übernimmt. Zudem lässt sich dem
Bescheid vom 09.05.2006 gerade nicht entnehmen, dass die Beklagte für den Fall, dass das BAFA Beiträge bzw. Prämien nicht
mehr übernimmt, den Kläger von der grundsätzlich ihm allein obliegenden Pflicht zur Zahlung von Beiträgen bzw. Prämien freistellen
wollte.
In den rechtlichen Verhältnissen, die dem Erlass des Beitragsbescheides vom 09.05.2006 zu Grunde lagen, ist mit der Neugestaltung
der Finanzierung des Mehrleistungssystems durch § 59 Abs. 5 der Satzung i.V.m. den Anlagen 10 und 11 eine Änderung eingetreten,
die es der Beklagten gestattet hat, die mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachten monatlichen Prämien zu erheben. Diese
- letztlich auf §
173 Abs.
2a SGB V beruhende - Satzungsänderung mit Wirkung vom 01.01.2009 unterliegt keinen materiell-rechtlichen Bedenken. Denn die Satzungsregelungen
verstoßen nicht gegen Grundrechte des Klägers.
Ein Verstoß gegen Art.
14 Abs.
1 GG (Eigentumsgarantie) ist nicht gegeben. Das Vermögen als solches ist durch Art.
14 Abs.
1 GG nicht gegen die Auferlegung öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten geschützt, soweit es dadurch nicht zu einer grundlegenden
Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse kommt. Diese Gefahr besteht hier nicht, weil es der Kläger selber in der Hand hatte,
die Aufstockungsversicherung zu beenden und diese auch tatsächlich beendet hat. Ungeachtet dessen ist mit der prämienbasierten
Umstellung des Mehrleistungssystems zwar für Rentner eine erhebliche Erhöhung der Zahlbeträge verbunden. Zu berücksichtigen
ist jedoch, dass Rentner auch nach alter Rechtslage bereits einen Beitrag von 4,5 % zu entrichten hatten. Bei einem Rentenbezug
von z.B. 1.000,00 Euro belief sich der Beitrag damit auf 45,00 Euro. Nach der neuen Beitragsstaffel in Anlage 11 zu § 59 Abs.
5 der Satzung war in dem hier streitigen Zeitraum ein Betrag von 77,11 Euro zu entrichten, was einem Beitragssatz von 7,71
% für die Aufstockungsversicherung entspricht. Dass ein solcher Beitragssatz, für den die Versicherten auch eine Gegenleistung
in Form von Leistungen (Zweibettzimmer und Chefarztbehandlung) erhalten, die üblicherweise nicht zum Leistungsgegenstand der
GKV gehören, keine erdrosselnde Wirkung entfaltet, liegt auf der Hand.
Ein Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Zwar werden durch die Satzungsregelungen die Prämien für Rentner, Rentenantragsteller und Mitglieder
ab Vollendung des 65. Lebensjahres anders - und in der Regel höher - als für erwerbstätige Mitglieder vor Vollendung des 65.
Lebensjahres berechnet. Diesbezüglich hat die Beklagte jedoch zutreffend darauf verwiesen, dass an sich eine einkommensbezogene
Prämienbildung für Rentner nicht zu beanstanden ist. Richtete sich demgegenüber die Prämienstaffelung für Rentner, Rentenantragsteller
und Versicherte ab Vollendung des 65. Lebensjahres nach dem Lebensalter, würden die Prämien zwangsläufig für ältere Mitglieder
gänzlich unbezahlbar.
Auch wenn trotz einkommensabhängiger Prämienbildung die Beiträge für Rentner im Vergleich zu Arbeitnehmern bis zur Vollendung
des 65. Lebensjahres erheblich höher ausfallen, ist dies letztlich nicht zu beanstanden. Denn die Beklagte konnte sich vor
dem Hintergrund der Rechtsentwicklung der letzten Jahrzehnte auch bei der Prämienbildung im Mehrleistungssystem von dem Grundgedanken
leiten lassen, erwerbstätige - in der Regel jüngere - Krankenversicherte von der Finanzierung eines höheren Aufwandes für
Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen. Das Bestreben
einer Entlastung der jüngeren versicherten Generation ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG SozR 4-2500
§ 248 Nr. 3, juris Rdn. 39; SG Dortmund, Urteil vom 26.01.2011 - S 8 KN 243/09 KR, juris Rdn. 30, jeweils m.w.N.). Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass Bezieher von APG, die neben dem APG noch
eine (allerdings auf das APG anzurechnende) Rente erhalten und die somit i.d.R. in der KVdR versichert sind, nur mit der Rente,
nicht aber mit dem APG, für die Prämien zur Aufstockungsversicherung herangezogen werden.
Die neu strukturierte Finanzierung des Mehrleistungssystems verletzt nicht Art.
2 Abs.
1 GG i.V.m. dem rechtstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die vom Kläger beanstandeten Regelungen greifen zwar mit Wirkung
für die Zukunft in ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis ein und gestalten dieses auf der beitragsrechtlichen
Ebene zum Nachteil für die betroffenen Versicherten um (sog. unechte Rückwirkung). Solche Regelungen sind verfassungsrechtlich
grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse
des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (BVerfG
SozR 4-2500 § 248 Nr. 3, juris Rdn. 43).
Die Beklagte hat dem Grundsatz des Vertrauensschutzes bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass sie das Mehrleistungssystem
für diejenigen Versicherten, die bereits am 31.03.2007 an der Aufstockungsversicherung teilgenommen haben, aufrecht erhalten
hat (vgl. auch BT-Drucks. 16/3100, S. 157). Überdies ist das Vertrauen der Versicherten auf den Fortbestand einer günstigen
Rechtslage zwar in der Regel hoch einzuschätzen (BVerfG SozR 4-2500 § 248 Nr. 3, juris Rdn. 44; BVerfGE 103, 392 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 39). Ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der für die Versicherten im Vergleich zum aktuellen
Prämiensystem i.d.R. günstigeren Beitragsregelung bestand jedoch nicht. Sowohl Gesetz- als auch Satzungsgeber haben in der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in der Vergangenheit wiederholt Änderungen hinsichtlich der Beitragspflichten angeordnet
(vgl. BSG, Urteil v. 10.05.2006 - B 12 KR 21/05 R -, juris Rdn. 35). Angesichts dessen konnte der Kläger weder darauf vertrauen, dass das BAFA die Beiträge für die Aufstockungsversicherung
trotz der zum 01.01.2009 eingetretenen Änderungen weiter übernimmt, noch darauf, dass das Mehrleistungssystem im Hinblick
auf die zu entrichtenden Beiträge unverändert bestehen bleibt.
Zwar sind mit der Aufstockungsversicherung insbesondere für Rentner, Rentenantragsteller und Versicherte, die das 65. Lebensjahr
vollendet haben, nicht unerhebliche finanzielle Mehrbelastungen verbunden. Allerdings hat die Beklagte eine einkommensabhängige
Staffelung der Prämien vorgenommen und hierdurch der finanziellen Leistungsfähigkeit der Versicherten Rechnung getragen. Im
Übrigen kann den Mehrbelastungen durch Beendigung der Aufstockungsversicherung begegnet werden, zumal es sich bei den versicherten
Leistungen (Zweitbettzimmer und Chefarztbehandlung) nicht um i.S.d. §
2 Abs.
4, 12 Abs.
1 SGB V notwendige Leistungen der GKV handelt. Nachdem das Mehrleistungssystem geschlossen wurde und nur noch für diejenigen Mitglieder
fortgesetzt wird, die bereits zum 31.03.2007 an der Aufstockungsversicherung teilgenommen haben, wird der Mitgliederkreis
(Rentnerquote: mehr als 50 % - Schriftsatz der Beklagten vom28.02.2011) immer kleiner und älter. Um dieses System aufrecht
erhalten zu können, ist es nicht zu beanstanden, im Rahmen einer typisierenden Betrachtung die Morbidität von Rentnern sowie
die daraus resultierende höhere Leistungsinanspruchnahme zu berücksichtigen und diese Aspekte bei der Kalkulation der Prämien
zu berücksichtigen. Dieser Gesichtspunkt der Finanzierbarkeit des nunmehr geschlossenen Systems überwiegt das Interesse der
Versicherten - also auch des Klägers - an der Beibehaltung eines lediglich beitragsfinanzierten - i.d.R. mit geringeren finanziellen
Lasten verbundenen - Mehrleistungssystems.
Die Beklagte war schließlich nicht verpflichtet, Übergangsregelungen zu treffen. Das BVerfG hat im Bereich der Krankenversicherung
bereits in der Vergangenheit Gesetze mit unechter Rückwirkung ohne Übergangsregelungen auch dann gebilligt, wenn diese mit
erheblichen Belastungen für die Versicherten verbunden waren (vgl. nur BVerfGE 69, 272; BVerfGE 103, 392).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG).