Gründe
I.
Die Klägern nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Aufwandspauschale nach §
275 Abs.
1c Satz 3
SGB V a.F. (jetzt: §
275c Abs.
1 Satz 2
SGB V) in Anspruch.
Der bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte V. befand sich in der Zeit vom 15.09.2017 bis 17.09.2017 zur vollstationären
Behandlung in dem von der Klägerin betriebenen Plankrankenhaus und unterzog sich dort einem Eingriff an den Speicheldrüsen.
Die Klägerin kodierte die DRG D06C und berechnete der Beklagten einen Betrag von 2.947,24 EUR (Rechnung vom 28.09.2017). Die
Beklagte veranlasste im Hinblick auf das Erreichen bzw. die Überschreitung der Unteren Grenzverweildauer sowie hinsichtlich
der Kodierung der Nebendiagnosen eine Abrechnungsprüfung. In einer nach Aktenlage verfassten Stellungnahme vom 21.02.2018
vertrat der MDK die Auffassung, dass die Verweildauer nachvollziehbar sei. Allerdings sei als Nebendiagnose zusätzlich die
T81.8 ("Sonstige Komplikationen bei Eingriffen, anderenorts nicht klassifiziert.") zu kodieren. Eine Änderung des abgerechneten
Betrages ergebe sich daraus nicht. Die Begleichung der unter dem 29.03.2018 berechneten Aufwandspauschale von 300,00 EUR lehnte
die Beklagte ab, da sie bei korrekter und vollständiger Kodierung keine Überprüfung der Abrechnung eingeleitet hätte.
Das SG Düsseldorf hat die am 27.09.2018 erhobene Klage durch Urteil vom 23.03.2021 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen.
Die Beklagte sei nicht zur Zahlung der Aufwandspauschale verpflichtet, weil die Klägerin die Einleitung und Durchführung des
Prüfverfahrens durch eine unvollständige Abrechnung veranlasst habe. Dies folge aus der Rechtsprechung des BSG.
Mit ihrer hiergegen am 21.04.2021 erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin den Zulassungsgrund "grundsätzliche
Bedeutung" geltend. Seit der Einfügung des Satzes 4 in §
275 Abs.
1c SGB V zum 01.01.2016 sei die vom SG zitierte Rechtsprechung des BSG obsolet. Krankenkassen könnten sich zur Abwehr des Zahlungsverlangens folglich nicht mehr darauf berufen, dass Krankenhausträger
die Einleitung des Prüfverfahrens durch (angeblich) fehlerhafte bzw. unvollständige Angaben selbst veranlasst hätten. Das
ergebe sich aus zahlreichen Entscheidungen der Sozialgerichte. Angesichts dessen sei für das Entstehen des Zahlungsanspruchs
allein darauf abzustellen, ob die Abrechnungsprüfung zu einer Minderung des Rechnungsbetrages führe.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Berufung gegen das Urteil vom 23.03.2021 zu Recht nicht zugelassen.
1. Gemäß §
144 Abs.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage,
die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder bei einer Erstattungsstreitigkeit
zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn
die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Hier ist die Berufung nicht kraft Gesetzes
zugelassen, weil Streitgegenstand des Verfahrens allein der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale
nach §
275 Abs.
1c Satz 3
SGB V a.F. in Höhe von 300,00 EUR ist.
2. Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor. Nach §
144 Abs.
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2) das Urteil von einer Entscheidung
des LSG, des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
(3) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die
Entscheidung beruhen kann. Die Aufzählung der Zulassungsgründe ist abschließend. Liegt einer der Zulassungsgründe vor, muss
das SG oder auf Nichtzulassungsbeschwerde das LSG die Berufung zulassen. Liegt keiner der genannten Zulassungsgründe vor, darf die
Berufung nicht zugelassen werden. Andere Zulassungskriterien dürfen nicht herangezogen werden (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
144 Rn. 27).
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen
Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Klärungsbedürftigkeit),
und deren Klärung auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). Ein Individualinteresse genügt nicht
(Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
144 Rn. 28 f. m.w.N. aus der Rechtsprechung). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten
lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. z.B. BSG, Beschluss v. 15.05.1997 - 9 BVg 6/97 - zum im Wesentlichen gleichlautenden §
160 SGG; zum Ganzen vgl. LSG NRW, Beschluss v. 07.10.2011 - L 19 AS 937/11 NZB -, juris Rn. 17).
An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wirft die von der Klägerin in ihrer Beschwerde
dargelegte Fragestellung
"Ist der Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale nach §
275 Abs.
1c S. 3
SGB V a.F. / §
275c Abs.
1 S. 2
SGB V n.F. ausgeschlossen, wenn ein Kodierfehler vorliegt, auch wenn dieser nicht zu einer Änderung der Vergütung führt?"
nicht auf.
aa) Die hier streitige Fragestellung lässt sich unter Rückgriff auf die bisherige ständige Rechtsprechung des BSG beantworten und damit wirft keine darüber hinausgehende, bislang ungeklärte Frage auf. Abzustellen ist nach der Rechtsprechung
des BSG darauf, dass der Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale auch entfällt, wenn es im Rahmen der Prüfung zwar nicht zu einer
Minderung des Rechnungsbetrages kommt, die Einleitung des Prüfverfahrens jedoch durch eine fehlerhafte Abrechnung des Krankenhauses
veranlasst wurde (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 23.06.2015 - B 1 KR 13/14 R, Rn. 23 m.w.N). Die Frage, welche unter diesen Rechtssatz zu subsummierenden Sachverhalte eine "Veranlassung" im vorbezeichneten
Sinne darstellen, vermag eine grundsätzliche Bedeutung demgegenüber nicht zu begründen. Ebenso wie im Leistungsrecht nicht
jede - bislang durch die Rechtsprechung nicht abgehandelte - Behandlungsmethode eine grundsätzliche Bedeutung begründet werden
kann (vgl. BSG, Beschluss v. 12.02.2014 - B 1 KR 30/13 B), führt bei Fragestellungen zur Abrechnung der Aufwandspauschale nicht jeder eine Abrechnungsprüfung veranlassende Sachverhalt
zur Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung.
bb) Bei der Frage, durch welche Sachverhalte die Abrechnungsprüfung veranlasst wurde und ob auch eine (vermeintlich) fehlerhafte
Kodierung zum Entfallen der Aufwandspauschale nach §
275 Abs.
1 c Satz 4 bzw. §
275c Abs.
1 SGB V führt, handelt es sich nach Maßgabe der unter aa) skizzierten Überlegungen vielmehr um eine den Einzelfall betreffende tatrichterliche
Würdigung. Tatrichterliche Würdigungen können jedoch in aller Regel ebenso wenig wie Tatsachenfragen eine grundsätzliche Bedeutung
begründen (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
160 Rn. 7 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
cc) Dass die vom SG angewandte Rechtsprechung des BSG seit der Einfügung des Satzes 4 in §
275 Abs.
1c SGB V a.F. zum 01.01.2016 bzw. der Überführung der hier streitigen Regelungen in §
275c Abs.
1 SGB V obsolet geworden ist, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch den jeweiligen Gesetzesbegründungen entnehmen (vgl. z.B.
Ausschussbericht, BT-Drs. 18/6586, 118; Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/13397, 63).
b) Ein Fall des §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG (Divergenz) liegt ebenfalls nicht vor. Eine Divergenz i.S.d. §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG setzt voraus, dass einerseits ein abstrakter Rechtssatz der anzufechtenden Entscheidung und andererseits ein der Entscheidung
eines der in §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Gerichte zu entnehmender abstrakter Rechtssatz nicht übereinstimmen. Ein abstrakter Rechtssatz liegt nur vor bei
einer fallübergreifenden, nicht lediglich auf Würdigung des Einzelfalles bezogenen rechtlichen Aussage (vgl. nur Leitherer,
in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13 Aufl. 2020, § 160 Rn. 13 m.w.N. aus der Rspr. des BSG). Für die Annahme einer Divergenz genügt es nicht, dass die angefochtene Entscheidung deshalb unrichtig ist, weil sie nicht
den Kriterien entspricht, die das LSG, das BSG oder das BVerfG aufgestellt haben (Frehse, in: Jansen,
SGG, 4. Aufl. 2012, §
144 Rn. 18 m.w.N.).
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der von einem der in §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abweicht. Wie bereits ausgeführt, hat es vielmehr die vom BSG aufgestellten Grundsätze angewendet.
c) Anhaltspunkte für einen Verfahrensmangel (§
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG) liegen nicht vor und wurden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
197a Abs.
1 Satz 1 Hs. 3
SGG i.V.m. §
154 Abs.
2 VwGO.
4. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1 Hs. 1
SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
5. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG Düsseldorf rechtskräftig (§
145 Abs.
4 Satz 4
SGG).
6. Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).