Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung eines Pflichtteilsanspruchs aus einer Erbschaft als Einkommen
oder Vermögen; Rücknahme und Aufhebung von Verwaltungsakten; Nachholung einer Anhörung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die Klägerin für die Zeit vom 01.09.2008 bis 31.12.2008 Anspruch auf Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) hatte und insbesondere darüber, ob ein Pflichtteilsanspruch als Einkommen oder als Vermögen zu berücksichtigen ist.
Die 1975 geborene Klägerin lebte im streitgegenständlichen Zeitraum zusammen mit ihren drei Töchtern in einer Bedarfsgemeinschaft.
Ihre Großmutter war am 01.10.2003 verstorben, wovon sie mit einem Schreiben des Amtsgerichts B vom 29.10.2007 Kenntnis erhalten
hatte. In dem notariellen Testament ihrer Großmutter, der Witwe M B , geb. am 1923, vom 14.05.2003 hatte die Erblasserin ihre
Tochter D P , geb. B , ersatzweise deren Tochter J P , geb. am 1984, zu ihrer alleinigen Erbin eingesetzt. Die beiden anderen
Kinder der Großmutter, Frau E S , und der vorverstorbene Vater der Klägerin, Herr K K sind in der notariellen Urkunde nicht
erwähnt.
Mit Bescheid vom 07.12.2007 und Änderungsbescheiden vom 19.12.2007 hatte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
für die Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 gewährt. Aufgrund des am 6. Juni 2008 gestellten Weiterbewilligungsantrags waren
der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 18.06.2008 weiterhin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2008 bis zum 31.12.2008 bewilligt worden. Einen Vermerk über die Aufgabe zur Post enthält der Bescheid
nicht. Mit Bescheid vom 02.07.2008 erfolgte durch den Beklagten eine Abänderung bezüglich der Leistungshöhe für den genannten
Zeitraum.
Im Juni 2008 erhielt der Beklagte Kenntnis davon, dass der Klägerin aus einer Erbschaft ein Betrag in Höhe von 7.282,83 EUR
zugeflossen sein solle. Er forderte daraufhin bei der Klägerin einen entsprechenden Nachweis an. Diese legte zwei an sie adressierte
Rechtsanwaltsschreiben vom 16.06.2008 vor. Eines dieser Schreiben enthält die Abrechnung von Rechtsanwaltsgebühren, woraus
sich nach Abzug der erhaltenen Zahlungen i.H.v. 7.282,83 EUR ein Guthabensbetrag i.H.v. 6.538,61 EUR ergab. In dem zweiten
Schreiben vom 16.06.2008 erhielt die Klägerin die Mitteilung, dass in der Anlage ein Verrechnungsscheck i.H.v. 6.538,61 EUR
beigefügt sei. Die Klägerin hat den Scheck am 18.06.2008 erhalten; der Betrag wurde nach Einlösung auf ihrem Konto am 19.06.2008
gutgeschrieben.
Mit Bescheid vom 11.08.2008 änderte der Beklagte sodann die Bewilligungsleistungen für den Zeitraum vom 01.09.2008 bis zum
31.12.2008. Er bewertete die Auszahlung "des Erbes" i.H.v. 6.538,61 EUR als Zufluss von Einkommen, das auf 12 Monate zu verteilen
sei, woraus sich für den genannten Zeitraum ein monatlich anrechenbarer Betrag i.H.v. 544,89 EUR ergebe. Den hiergegen erhobenen
Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2008 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.11.2008 Klage beim Sozialgericht Koblenz (SG) erhoben und geltend gemacht, sie habe erstmals durch ein Schreiben des Amtsgerichts B vom 29.10.2007 vom Tod ihrer Großmutter
am 01.10.2003 Kenntnis erhalten. Der Erbfall sei aber bereits mit dem Tod eingetreten und die Erbschaft damit schon zu einem
Zeitpunkt zugeflossen, als sie vom Beklagten noch keine Leistungen erhalten habe. Nach der Erbauseinandersetzung habe ihr
Rechtsanwalt mit Schreiben vom 16.06.2008 den ihr zustehenden Geldbetrag mitgeteilt. Bei dem Geld aus der Erbschaft handele
es sich um Vermögen im Sinne von § 12 SGB II.
Das SG hat mit Urteil vom 10.06.2009 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht mit Bescheid
vom 11.08.2008 für die Zeit vom 01.09.2008 bis 31.12.2008 eine Änderung der der Klägerin zustehenden Leistungen gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verfügt. Der aus der Erbschaft zugeflossene Betrag i.H.v. 6.538,61 EUR sei als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II einzustufen und deshalb in zutreffender Anwendung der Regelung in § 2 Abs. 4 S. 3 Arbeitslosengeld II - /Sozialgeldverordnung auf einen angemessenen Zeitraum aufgeteilt und mit einem Teilbetrag
i.H.v. 544,89 EUR in Ansatz gebracht worden. Als Einkommen sei nach der Rechtsprechung sowohl des Bundesverwaltungsgerichts
als auch des Bundessozialgerichts (BSG) alles zu qualifizieren, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig zusätzlich erhalte, dagegen sei Vermögen alles, was der
Betreffende zu Beginn der Bedarfszeit bereits habe. Die Klägerin könne nicht damit gehört werden, dass der aus der Erbschaft
stammende Betrag ihr bereits im Zeitpunkt des Todes der Großmutter am 01.10.2003 zugeflossen sei. Es sei vielmehr auf den
tatsächlichen Zufluss abzustellen, auf das Schicksal der Forderung komme es nicht an. In Kenntnis der Rechtssprechung des
BSG bezüglich einer Einkommenssteuererstattung sei daher auch bezüglich des Zuflusses eines Geldbetrages aus einer Erbschaft
davon auszugehen, dass es nicht auf den Zeitpunkt des Erbfalls, sondern auf den tatsächlichen Zeitpunkt des Zuflusses des
Geldbetrages ankomme.
Gegen die Entscheidung des SG hat die Klägerin mit Zustimmung der Beklagten vom 02.07.2009 die vom SG mit Beschluss vom 08.07.2009 zugelassene Sprungrevision eingelegt. Sie rügt die Verletzung von § 11 Abs. 1 SGB II. Aus der Definition von Einkommen und Vermögen durch den 4. und 14. Senat des BSG im Zusammenhang mit Entscheidungen über die Rückerstattung von Einkommenssteuern lasse sich ersehen, dass Einkommen grundsätzlich
alles das sein solle, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhalte, Vermögen solle das sein, was jemand vor Antragstellung
bereits gehabt habe. Diese Definition werde jedoch nicht allen Fallgestaltungen gerecht, die Abgrenzung zwischen Einkommen
und Vermögen sei zu statisch. Einkommen sei als regelmäßige, jedenfalls relativ häufig wiederkehrende Einnahme zu definieren.
Demgegenüber stelle eine Zahlung aus einem Erbe eine Einmalzahlung dar. Deshalb sei ein Erbe unabhängig vom Zeitpunkt der
Antragstellung ein Vermögenswert. Schließlich sei das Zuflussprinzip unrichtig angewendet worden, denn mit dem Tod eines Erblassers
gehe die Erbschaft unmittelbar und von selbst auf den Erben kraft Gesetzes über. Das Erbe sei der Klägerin also bereits zum
Zeitpunkt des Todes ihrer Großmutter zugeflossen, ungeachtet der Tatsache, dass die Klägerin weder von dem Tod ihrer Großmutter
noch von ihrem Erbrecht zunächst überhaupt Kenntnis gehabt habe.
Das BSG hat der zulässigen Sprungrevision im Sinne der Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung an das Landessozialgericht
(LSG) stattgegeben (Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 45/09 R -). Es könne nicht abschließend entschieden werden, ob und aufgrund welcher Rechtsgrundlage der Beklagte den ursprünglichen
Leistungsbescheid für den Zeitraum vom 01.09.2008 bis 31.12.2008 ändern und in welcher Höhe er ggf. Leistungen habe neu festsetzen
können. In verfahrensrechtlicher Hinsicht komme als Rechtsgrundlage für den Änderungsbescheid § 48 SGB X bzw. § 45 SGB X in Betracht. Mangels tatsächlicher Feststellungen des SG könne indes nicht entschieden werden, ob nach Erlass des Verwaltungsakts, der aufgehoben werden solle, eine wesentliche Änderung
in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eingetreten sei (Anwendung des § 48 SGB X) oder der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen sei (Anwendung des § 45 SGB X).
Erlassen sei ein Verwaltungsakt nach der Rechtsprechung des BSG in dem Zeitpunkt, in dem er dem Adressaten bekannt gegeben und damit wirksam geworden sei. Die Bekanntgabe eines schriftlichen
Verwaltungsakts erfolge mit dessen Zugang.
Der als auslösendes Ereignis angesehene Zufluss von 6.538,61 EUR habe nach dem SG "im Juni 2008, ca. am 19.06.2008" stattgefunden. Wann der Bescheid vom 18.06.2008 der Klägerin zugegangen und damit als Verwaltungsakt
wirksam geworden sei, ergebe sich aus den Feststellungen nicht. Angesichts des zeitlichen Ablaufs spreche einiges dafür, dass
der Zugang des Verwaltungsakts nach dem Zufluss des Geldes erfolgt sei, so dass als Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme
der Bewilligungsbescheide vom 18.06.2008 bzw. 02.07.2008 § 45 SGB X zugrunde zu legen gewesen wäre.
Allein die Tatsache, dass der Beklagte seinen Bescheid vorliegend auf § 48 SGB X gestützt habe, würde allerdings nicht zum Erfolg der Klage führen. Soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang
oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert
werde, sei das Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage zulässig. Da die §§ 45, 48 SGB X dasselbe Ziel, nämlich die Änderung bzw. Aufhebung eines Verwaltungsakts hätten, sei das Auswechseln der genannten Rechtsgrundlage
grundsätzlich zulässig. Sofern § 45 SGB X einschlägig sei, sei zu prüfen, ob bei der Klägerin ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes vorgelegen
habe. In diesem Fall sei insbesondere zu prüfen, ob der Klägerin nach ihren individuellen Möglichkeiten und ihrer persönlichen
Einsichtsfähigkeit grobe Fahrlässigkeit deshalb anzulasten sei, weil sie den Zufluss der 6.538,61 EUR dem Beklagten nicht
mitgeteilt habe.
Ob in der Sache der Leistungsbescheid vom 18.06.2008 rechtswidrig gewesen sei, weil dem dort errechneten Bedarf zu berücksichtigendes
Einkommen oder Vermögen gegenübergestanden habe, könne ebenfalls nicht abschließend entschieden werden.
Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II sei grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhalte, und Vermögen das, was er vor Antragstellung
bereits gehabt habe. Auszugehen sei vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich werde ein anderer Zufluss als maßgeblich
bestimmt. Nicht entscheidend sei das Schicksal der Forderung.
Ob es sich bei den von dem Beklagten berücksichtigten Geldbeträgen überhaupt um eine Erbschaft handele, bei der sich die von
der Klägerin in ihrer Revisionsbegründung dargestellten Abgrenzungsfragen zwischen Einkommen und Vermögen stellten, lasse
sich auf der Grundlage der Feststellungen des SG nicht entscheiden. Ob tatsächlich nach dem Tod der Großmutter bei der Klägerin als Enkelin eine Erbschaft im Sinne der Legaldefinition
des §
1922 Abs.
1 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) angefallen sei, erschließe sich vorliegend nicht. Denkbar sei ebenso, dass die Klägerin die zugeflossene Summe als Einzelzuwendung
im Wege eines Vermächtnisses und damit als Forderung gegen den Nachlass erlangt habe. Wenn feststehe, dass die Klägerin als
(Mit-)Erbin die Gesamtrechtsnachfolge nach ihrer Großmutter angetreten habe, sei entgegen der Auffassung des SG davon auszugehen, dass einzig aus dem Erbe ergebender Geldbetrag als Vermögen einzuordnen sei. Im Fall der Gesamtsrechtsnachfolge
gehe die Erbschaft unmittelbar kraft Gesetzes auf die Erben über unbeschadet der Tatsache, dass wegen des Ausschlagungsrecht
ein Erbe erst mit Annahme erworben werde. Bereits mit dem Erbfall könne der Erbe über seinen Anteil am Nachlass verfügen,
ohne dass es auf die Durchsetzung von Ansprüchen etwa gegen die Miterben ankomme. Bereits diese Verfügungsmöglichkeit bedeute
einen Zufluss im Sinne der dargestellten Rechtssprechung. Maßgebend sei im Falle der Gesamtsrechtsnachfolge also, dass der
Erbfall mit dem Tod der Großmutter bereits am 01.10.2003 und damit jedenfalls vor der (ersten) Antragstellung eingetreten
sei. Der Zufluss des Geldbetrages im Juni 2008 aus diesem Erbe stelle sich in diesem Fall als "versilbern" bereits vorhandenen
Vermögens dar und sei somit weiterhin als Vermögen zu qualifizieren. Es wäre als solches zu verwerten, wenn es in einer Höhe
anfalle, die zur (vorübergehenden) Beendigung der Hilfebedürftigkeit führe. Ob dies der Fall sei, sei ggf. anhand der Freibetragsregelung
in § 12 Abs. 2 SGB II und damit anhand der den Hilfebedürftigen zustehenden Freibeträge zu entscheiden. Sofern die Klägerin mit dem Erbfall lediglich
Inhaberin einer Forderung gegen den Nachlass geworden sei, seien Freibeträge nicht zu berücksichtigen, weil es sich in diesem
Fall im Zeitpunkt des Zuflusses des Geldbetrages um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II handele.
Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung sei nach § 45 SGB X zu beurteilen. Das Schreiben mit dem beigefügten Verrechnungsscheck sei der Klägerin nach der Mitteilung der damaligen Bevollmächtigten
am 16.06.2008 zugegangen. Der Bescheid vom 18.06.2008 sei von dem Beklagten frühestens am 19.06.2008 auf den Postweg gegeben
worden, so dass nach der gesetzlichen Fiktion ein Zugang spätestens zum 22.06.2008 festzustellen sei. Da der 22.06.2008 ein
Sonntag gewesen sei, sei eine Zustellung entsprechend erst am 23.06.2008 möglich gewesen, also zu einem Zeitpunkt, der nach
dem Zugang des Schecks gelegen habe. Der Verwaltungsakt sei daher bereits bei seinem Erlass rechtswidrig gewesen und habe
daher nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden dürfen. Die Klägerin habe erst am 18.06.2008 die Geldzahlung erhalten und damit definitiv Kenntnis
von dem Zufluss des Geldes gehabt. Schon aus zeitlichen Gründen sei ihr eine rechtzeitige Information des Beklagten deshalb
nicht möglich gewesen und ihr Verhalten nicht als grob fahrlässig zu beurteilen. Bei dem Geldzufluss handele es sich weder
um eine Erbschaft im engeren Sinne, noch um ein Vermächtnis, sondern um einen Pflichtteilsanspruch. Erblasser sei Frau M B
, die Großmutter der Klägerin, gewesen, die am 01.10.2003 verstorben sei. Frau B habe drei Kinder gehabt, Frau E S , Herrn
K K , den Vater der Klägerin, sowie Frau D P Laut notariellem Testament der Erblasserin vom 14.05.2003 (Urkundenrolle Nr.
296/03) sei Frau D P zur Alleinerbin eingesetzt worden. Dementsprechend stünden den Stämmen der beiden anderen Kinder der
Erblasserin Pflichtteilsansprüche zu, wozu auch die Klägerin zusammen mit ihren beiden Brüdern gehöre. Der Klägerin habe aus
dem Nachlass ihrer Großmutter somit ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/18 des Nachlasses zugestanden. Zu klären sei daher
die Frage, ob eine Pflichtteilszahlung "eine Erbschaft" oder "ein Vermächtnis" sei. Bereits aus der gesetzlichen Regelung
des §
2317 BGB ergebe sich, dass ein Pflichtteilsberechtigter auch "Erbe" im Sinne der maßgeblichen Definition sei. Genau wie das Erbe entstehe
der Anspruch unmittelbar mit dem Erbfall. Der Anfall des Pflichtteils entfalte unmittelbar dingliche Wirkung; im Gegensatz
hierzu habe ein Vermächtnisnehmer lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung gegen den Erben - ein Pflichtteilsberechtigter
sei, zumindest in Bezug auf die Quote seines Pflichtteils, Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Er könne gemäß §
2317 BGB über seinen Anspruch verfügen, d.h. ihn z.B. übertragen oder selbst vererben. Deshalb stelle auch ein Pflichtteilsanspruch
Vermögen im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II dar. Dies habe das BSG in seiner Entscheidung vom 06.05.2010 (B 14 AS 2/09 R) ausdrücklich festgestellt. Auch der Bundesgerichtshof habe bereits im Jahr 1993 (BGHZ 123,183) festgestellt, dass der
Pflichtteilsanspruch nach §
2317 Abs.
1 BGB bereits mit dem Erbfall als Vollrecht begründet sei. Deshalb könne auch ein Pflichtteilsberechtigter sofort, d.h. in der
logischen Sekunde des Erbfalles, über sein Pflichtteilsrecht verfügen und es z.B. veräußern. Aufgrund der der Klägerin und
ihren Kindern zustehenden Freibeträge liegen kein einzusetzendes Vermögen vor. Der im Jahr 2008 33 Jahre alten Klägerin stünde
ein Freibetrag von 33 X 150, mithin in Höhe von 4.950,00 EUR zu. Hinzu kämen die Freibeträge der mit der Klägerin in Bedarfsgemeinschaft
lebenden drei Kindern i.H.v. mindestens jeweils 3.000,00 EUR, die der Klägerin ebenfalls zuzurechnen seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 10.06.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 11.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 04.11.2008 aufzuheben,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das BSG sei in seiner Entscheidung vom 24.02.2011 lediglich für den Fall der Gesamtrechtsnachfolge und dem damit verbundenen unmittelbaren
Übergang des Vermögens des Erblassers auf den Rechtsnachfolger zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erbe bereits zum Zeitpunkt
des Erbanfalls Vermögensinhaber in Form des Nachlasses werde und ein Zufluss bereits mit dem Erbfall eintrete. Ein unmittelbarer
Übergang des Vermögens kraft Gesetzes trete jedoch im Fall der Pflichtteilsberechtigung gerade nicht ein. Das Gesetz sehe
die Pflichtteilsberechtigung lediglich als persönliche Geldforderung des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben an. Eine
unmittelbare Vermögensnachfolge bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls könne daher ausgeschlossen werden. Die Verfügungsmöglichkeit
des Pflichtteilsberechtigten nach §
2317 BGB stelle keine sofortige Verfügungsmöglichkeit im Sinne der Entscheidung des BSG vom 24.02.2011 und daher keinen vergleichbaren Zufluss in diesem Sinne dar. Fließe ein Geldbetrag aus der Forderung einer
Pflichtteilsberechtigung erst nach Antragstellung, handele es sich nicht um eine "Versilberung" von Vermögen, sondern vielmehr
um die Realisierung einer Geldforderung. Unter Anwendung der Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung einer
Forderung und deren Erfüllung nach Antragstellung aufgestellt habe und der sich auch die zuständigen Senate des BSG angeschlossen hätten, liege im Fall der Gesamtrechtsnachfolge bereits vor Antragsstellung Vermögen vor, welches durch die
Auszahlung nach Antragstellung lediglich "versilbert" werde. Der tatsächliche Zufluss liege jedoch bereits zum Zeitpunkt des
Erbfalls vor. Die Pflichtteilsberechtigung dagegen stelle lediglich eine Forderung dar, so dass allein auf die tatsächlich
erfolgte Auszahlung des Geldes abzustellen sei. Schließlich habe die Klägerin ihren Pflichtteilsanspruch erst mittels anwaltlicher
Hilfe gegen die Erbin realisieren können. Da als Vermögen im Sinne des § 12 SGB II auch Forderungen in Betracht kämen, stelle ein vor Antragstellung erworbener Anspruch aus einem Vermächtnis grundsätzlich
Vermögen im Sinne des § 12 SGB II dar. Das Bundessozialgericht differenziere jedoch in der Entscheidung vom 24.02.2011 weiter danach, ob es sich um einen Vermögenswert
handele, der im Zusammenhang mit einer Erbschaft im Sinne der Legaldefinition des §
1922 BGB angefallen sei oder lediglich um einen erbrechtlichen Anspruch in Form einer Forderung gegen den Nachlass. Das Gesetz ordne
den Pflichtteilsanspruch zusammen mit dem Vermächtnis lediglich als Forderung gegen den Nachlass ein und grenze beide aufgrund
ihrer Rechtsnatur von der Gesamtrechtsnachfolge nach §
1922 BGB ab. Die Erfüllung der Pflichtteilsforderung durch den Erben stelle eine "Realisierung" der Forderung dar und nicht die "Versilberung"
einer dinglichen Vermögensposition, welche bereits vor Antragstellung unmittelbar auf den Erben übergegangen sei. Nicht maßgebend
sei, dass der Pflichtteilsanspruch auch bereits vor Antragstellung zum Vermögen der Klägerin gehört habe. Entscheidend sei
vielmehr die Auszahlung der Forderung, welche jedenfalls ein Einkommenszufluss nach Antragstellung darstelle. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 24.02.2011 klargestellt, dass nur bei einem Erbfall Vermögen begründet werde, welches auch
noch dessen Verwertung nach Antragstellung lediglich "versilbert" werde und daher kein Einkommenszufluss vorliege, was bei
Forderungen gegen den Nachlass gerade nicht der Fall sei. Die Klägerin habe zumindest grob fahrlässig weder in dem Leistungsantrag
vom 06.06.2008 den bestehenden Pflichtteilsanspruch noch später den Zufluss des Betrages i.H.v. 6.538,61 EUR mitgeteilt.
Der Senat hat die Korrespondenz der damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, dier Rechtsanwälte G und F , bezüglich der Geltendmachung
und Realisierung des Pflichtteilsanspruchs der Klägerin gegenüber ihrer Tante D P in Höhe von 7.287,83 EUR beigezogen. Es
handelt sich im Einzelnen um ein Beratungsschreiben der Bevollmächtigten vom 14.11.2007, ein Schreiben der Bevollmächtigten
vom 18.12.2007 an das AG Bottrop mit dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht, Mitteilung der Ergebnisse durch die Bevollmächtigten
mit Schreiben vom 26.03.2008 mit der Anfrage, ob Auskunft und Zahlung (in Höhe von 7.354,00 EUR) eingefordert werden soll,
ein Schreiben der gegnerischen Anwälte mit der Bitte um Bezifferung des Anspruch vom 30.04.2008, ein Schreiben der Bevollmächtigten
vom 13.05.2008, ob der Anspruch nunmehr beziffert werden soll, ein Schreiben der Bevollmächtigten an die Gegenseite vom 27.05.2008
mit der Aufforderung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 10.931,74 EUR unter Fristsetzung zum 10.06.2008, das Schreiben
der Gegenseite vom 03.06.2008, in dem ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 7.287,83 EUR errechnet war mit der Bitte, das Zahlungsziel
um eine Woche zu verlängern sowie das Schreiben der Bevollmächtigten vom 16.06.2008 zur Übersendung des Verrechnungsschecks
an die Klägerin. Diese hat schließlich den Computerausdruck der Bank über die Gutschrift des Betrages in Höhe von 6.538,61
EUR am 19.06.2008 vorgelegt.
Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2012 persönlich angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte des Bundessozialgerichts
(B 14 AS 45/09 R) sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung (§
170 Abs.
4 S. 2
SGG) ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 11.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2008 ist
rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
1. Beteiligt ist auf Klägerseite im vorliegenden Verfahren nur die Klägerin selbst. Sie lebt zwar mit ihren drei Töchtern
in einer Bedarfsgemeinschaft, hat aber das Klageverfahren von Anfang an allein betrieben, ohne dass es einen Hinweis darauf
gab, dass sie als gesetzliche Vertreterin auch Ansprüche ihrer Töchter geltend machen wollte. Soweit die Anrechnung der der
Klägerin zugeflossenen Summe als Einkommen auch Auswirkungen auf die Ansprüche der Töchter gehabt hat, hätten diese ihre Recht
selbst geltend machen müssen (BSG, Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 45/09 R).
Bei dem Jobcenter handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44 b Abs. 1 S. 1 SGB II i.d.F. des Gesetzes vom 03.08.2010, BGBl. I S.1112), die mit Wirkung vom 01.01.2011 kraft Gesetzes entstanden ist und die
im laufenden gerichtlichen Verfahren als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (vgl. § 76 Abs. 3 S.1 SGB II) tritt. Das Jobcenter ist gemäß §
70 Nr.
1 SGG beteiligtenfähig (BSG, Urteil vom 24.02.2011, a.a.O.).
2. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 11.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2008,
mit dem der Beklagte den Leistungsbescheid vom 18.06.2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 02.07.2008 wegen nachträglichen
Zuflusses von aus seiner Sicht bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigendem Einkommen geändert und bei der Neuberechnung
die Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2008 bis 31.12.2008 um einen monatlich anrechenbaren Betrag i.H.v. 544,89 EUR vermindert
hat.
3. Entgegen der Auffassung des SG und des Beklagten kann die Aufhebungsentscheidung nicht auf § 48 SGB X gestützt werden. Der rechtliche Maßstab für die Aufhebungsentscheidung ist vielmehr § 45 SGB X (a). Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung mit Wirkung für die Zukunft liegen vor, da die Leistungsbewilligung
rechtswidrig erfolgte (b) und auch die Voraussetzungen für eine gebundene Entscheidung gegeben sind (c). Jedoch mangelt es
an der Anhörung zu den diesbezüglichen tatsächlichen Voraussetzungen (d).
a) Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem
Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender
Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze
2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. § 45 SGB X findet also Anwendung, wenn der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen geändert
werden soll. Beide Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts, der
aufgehoben werden soll, ab (BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 22/10 R-, [...]). Erlassen ist ein Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt, in dem er dem Adressaten bekannt gegeben und damit wirksam
geworden ist. Die Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakts erfolgt mit dessen Zugang (BSG, Urteil vom 24.02.2011, a.a.O.)
Da der Zeitpunkt des Zugangs des Bescheids vom 18.06.2008 nicht ermittelt werden kann und mangels Abgangsvermerks auch die
Zugangsfiktion (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X) nicht eingreift, kann nicht festgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt der Bescheid erlassen wurde. Daher kann der Bescheid
jedenfalls - da eine persönliche Übergabe weder vorgetragen noch in den Akten dokumentiert ist - nicht vor dem 19.06.2008
zugegangen sein. Zu diesem Zeitpunkt war aber die Zahlung aus dem Pflichtteilsanspruch bereits zugeflossen, wobei offen bleiben
kann, ob auf den Erhalt des Verrechnungsschecks am 18.06.2008 (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. § 11 Rdnr. 12) oder auf die Kontogutschrift am 19.06.2008 abzustellen ist, da diese nicht nach, sondern allenfalls gleichzeitig
mit dem Zugang des Bescheids vom 18.06.2008 erfolgt ist: Daher ist die Aufhebungsentscheidung in jedem Fall an § 45 SGB X zu messen (vgl. zur gleichzeitigen Bekanntgabe und Zufluss: BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R -, [...]).
b) Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender
Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2-4 ganz oder teilweise
mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Ein rechtswidriger Verwaltungsakte darf (auch für die Zukunft) nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den
Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an der Rücknahme
schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 S. 1 SGB X). Nach § 45 Abs. 2 S. 2 SGB X ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition
getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann.
Ob die Bewilligungsentscheidung vom 18.06.2008 rechtswidrig war, beurteilt sich danach, ob die Klägerin in dem Umfang hilfebedürftig
war, wie in dem Bescheid vorausgesetzt. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 23.12.2007, BGBl. I 3254) i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 20.07.2007, BGBl. I 1706) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung
in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen
Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen
und Vermögen (Nr. 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern
anderer Sozialleistungen erhält.
Insofern ist das SG, die Auffassung des Beklagten bestätigend, im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Leistungsbewilligung zumindest
für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ab September 2008 aufgrund des Zuflusses von Einkommen in Höhe des zu berücksichtigenden
Einkommens rechtswidrig ist.
Der der Klägerin aus dem Erbfall ihrer Großmutter zugeflossene Geldbetrag i.H.v. 6.538,61 EUR im Juni 2008 stellt Einkommen
(§ 11 Abs. 1 SGB II) dar, das als einmaliges Einkommen nach näherer Maßgabe von § 2 Abs. 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld -Verordnung) bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen war.
Wie die für die Grundsicherung für Arbeitssuchende zuständigen Senate des BSG zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen bereits entschieden haben, ist Einkommen dabei grundsätzlich alles, was jemand
nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Auszugehen ist vom tatsächlichen
Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (st Rspr. BSG, Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 76/07 R-, SozR 4-4200 § 11 Nr. 17; Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 45/09 R- , SozR 4- 4200 § 11 Nr. 36; Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 101/11 R -, [...]).
Ein solcher rechtlich maßgeblicher anderer Zufluss ergibt sich bei einem Erbfall aus §
1922 Abs.
1 BGB, nach dem mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben übergeht (Gesamtrechtsnachfolge). Bereits
ab diesem Zeitpunkt kann ein Erbe aufgrund seiner durch den Erbfall erlangten rechtlichen Position über seinen Anteil am Nachlass
verfügen (§
2033 Abs.
1 S. 1
BGB), ohne dass es auf die Durchsetzung von Ansprüchen etwa gegen die Miterben ankommt. Bereits diese Verfügungsmöglichkeit bedeutet
einen Zufluss im Sinne der dargestellten Rechtssprechung. Der Zeitpunkt des Erbfalls ist maßgeblich für die Beurteilung, ob
eine Erbschaft Einkommen oder Vermögen ist (BSG, Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 101/11 -, [...]). Maßgebend ist im Falle der Gesamtrechtsnachfolge also, ob der Erbfall bereits vor der (ersten) Antragstellung
eingetreten ist (BSG, Urteil vom 24.02.2011- B 14 AS 45/09 R - unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 62/08 R -, [...]).
Der Zufluss des Geldbetrages aus einem Erbe würde sich in diesem Fall als "versilbern" bereits vorhandenen Vermögens darstellen
und wäre weiterhin als Vermögen zu qualifizieren (BSG, Urteil vom 24.02.2011, a.a.O., unter Bezugnahme auf BSG; Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7 b AS 66/06 R -, BSGE 99,77 = SozR 4 - 4200 § 12 Nr. 5). Sofern die zugeflossene Summe als Einzelzuwendung im Wege eines Vermächtnisses
und damit lediglich als Forderung gegen den Nachlass erlangt wird, sind Freibeträge nicht zu berücksichtigen, weil es sich
in diesem Fall zum Zeitpunkt des Zuflusses des Geldbetrags um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II handelt (BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 62/08 R- [...] ).
Bei dem zugeflossenen Geldbetrag handelt es sich vorliegend weder um eine Erbschaft, noch um die Erfüllung eines Vermächtnisses,
sondern um die Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches. Die Zuwendung des Pflichtteils ist keine eindeutige Verfügung des Erblassers,
sondern kann dreierlei bedeuten:
Erbeinsetzung auf die Pflichtteilsquote oder Enterbung (§
1938 BGB) durch Verweisung auf den Pflichtteilsanspruch oder Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils. Insoweit ist entscheidend, ob der
Erblasser den Bedachten begünstigen oder ihm nur das belassen wollte, was er ihm nach dem Gesetz nicht entziehen konnte. Die
Auslegungsregel des §
2304 BGB, wonach die Zuwendung des Pflichtteils im Zweifel nicht als Erbeinsetzung anzusehen ist, besagt nur negativ, dass sie im
Zweifel nicht Erbeinsetzung ist, lässt aber offen, ob dann positiv eine Vermächtnisanordnung oder eine Verweisung auf das
gesetzliche Pflichtteilsrecht anzunehmen ist. Durch Auslegung (§
2084 BGB) ist daher zu ermitteln, was der Erblasser mit der Verweisung auf den Pflichtteil gewollt hat (Weidlich in Palandt,
BGB, 71. Auflage, §
2304, Rn. 1 f.). Vorliegend ergibt die Auslegung des notariellen Testamentes der Witwe M B , geb. am 1923, vom 14.05.2003, dass
es sich in Bezug auf den der Klägerin zugeflossenen Geldbetrag um die Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches handelt. In dem
notariellen Testament hat die Erblasserin ihre Tochter D P , geb. B , ersatzweise deren Tochter J P , geb. am .1984, zu ihrer
alleinigen Erbin eingesetzt. Sie hat damit ihren übrigen Kinder Frau E S und dem Stamm des verstorbenen Vaters der Klägerin
Herrn K - K keine unmittelbaren Rechte am Nachlass und Mitsprache bei dessen Verwaltung und Verteilung eingeräumt. Da sich
aus der notariell beurkundeten letztwilligen Verfügung der Erblasserin nicht ergibt, dass diese den übrigen Kindern etwas
zuwenden wollte, ist davon auszugehen, dass sie diese vom Erbe nur ausschließen wollte, woraus sich deren Pflichtteilberechtigung
ergibt.
Der Pflichtteilsanspruch stellte zunächst Vermögen der Klägerin dar, da der Erbfall bereits am 01.10.2003 vor der ersten Antragstellung
der Klägerin vom 30.08.2004 eingetreten ist.
Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 08.07.1993 - IX ZR 116/92 -, BGHZ 123,183), wonach der Pflichtteilanspruch nach §
2317 Abs.
1 BGB bereits mit dem Erbfall als Vollrecht begründet ist, geht das BSG davon aus, dass der Pflichtteilsanspruch aus §
2303 Abs.
1 BGB zum Vermögen nach § 12 SGB II zählt (BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 2/09 R-, SozR 4-4200 § 12 Nr. 15). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Nach § 12 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen, dazu können bewegliche Sachen ebenso gehören
wie Immobilien und Forderungen. Dass der 14. Senat des BSG in seinem Urteil vom 24.02.2011 an der im Urteil vom 06.05.2010 (a.a.O.) vertretenen Auffassung nicht länger festhalten wollte,
lässt sich dieser Entscheidung nicht entnehmen. Der 14. Senat hat in dem Urteil vom 24.02.2011 weder ausdrücklich seine diesbezügliche
Rechtsauffassung aufgegeben, noch ergibt sich dies durch Bezugnahme auf das Urteil vom 06.05.2010 (a.a.O.). Insofern hat das
BSG in der Revisionsentscheidung zum vorliegenden Fall lediglich eine Unterscheidung zwischen einem aus dem Erbe ergebenen Geldbetrag
sowie einer Einzelzuwendung im Wege eines Vermächtnisses und damit als Forderung gegen den Nachlass vorgenommen.
Hiervon zu unterscheiden ist indes die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs gemäß §
2317 BGB in dem maßgeblichen Zeitraum nach Antragstellung. Da es sich bei dem Pflichtteilsanspruch, der mit dem Tod des Erblassers
entsteht und sich gegen den Erben oder die Erbengemeinschaft richtet, um eine gewöhnliche Geldforderung handelt (Weidlich
in Palandt,
BGB, §
2317 Rn. 2), die vererblich und übertragbar ist, handelt es sich im Zeitpunkt des Zuflusses des Geldbetrags um Einkommen (vgl.
Urteil vom 24.02.2011, a.a.O.). Diese Beurteilung steht nicht in Widerspruch zu der Qualifizierung des Pflichtteilsanspruchs
als Vermögen. Insoweit weist das BSG (Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 185/10 R -, [...]) zutreffend darauf hin, dass die schuldrechtliche Unterscheidung zwischen der auf Zahlung eines Betrages gerichteten
Forderung - der Pflichtteilsanspruch- und der Erfüllung der Forderung durch Auszahlung nicht zu einer Konkurrenz dergestalt
führt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären.
Eine Forderung kann - als ein nicht bereites Mittel - ein Vermögensgegenstand sein (BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 2/09 R-, SozR 4-4200 § 12 Nr. 15). Mit Auszahlung der Forderung handelt es sich - im Rahmen des tatsächlichen Zuflusses - um bereite
Mittel im Sinne von Einkünften. Auf das Schicksal der Forderung kommt es - wie das BSG in der Entscheidung vom 24.02.2011 (a.a.O.) nochmals betont hat - gerade nicht an (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.1999 - 5 C 35/97 -, BVerwGE 108, 296). Die in der Rechtsprechung hiervon anerkannten Ausnahmen, wie im Falle von freiwillig angespartem Vermögen (BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R -, SozR 4- 4200 § 11 Nr. 16 ), sind vorliegend nicht gegeben.
Das danach zu berücksichtigende Einkommen ist nach § 2 Abs. 4 Alg II-V in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung bei der Bedarfsberechnung grundsätzlich ab dem Monat des Zuflusses, vorliegend
nach der zweiten Alternative ab dem Folgemonat zu berücksichtigen und auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen (§ 2 Abs. 4 S. 2, S. 3 Alg II-V). Nach Maßgabe dessen ist die Anrechnung als Einkommen ab September 2008 in Bezug auf den streitgegenständlichen Zeitraum
nicht zu beanstanden, auch wenn die Anrechnung eigentlich mit dem Monat Juli zu beginnen hätte. Die Beklagte ist insoweit
zu Recht davon ausgegangen, dass das in Teilbeträgen anzurechnende Einkommen den Bedarf entsprechend der Berechnung in dem
angefochtenen Bescheid gemindert hätte.
c) Allein der Umstand, dass der Beklagte den angefochtenen Bescheid auf § 48 SGB X gestützt hat, ist nicht klagebegründend. Denn das sogenannte "Nachschieben von Gründen" (richtigerweise: Stützen der Entscheidung
auf eine andere Rechtsgrundlage) ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsgehalt oder seinem
Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert
wird (BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 - , BSGE 108, 258 m.w.N.).
Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen
grundsätzlich zulässig (BSG, Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 69/01 R -, [...]).
Dass der angefochtene Bescheid wie oben ausgeführt nach § 45 SGB X zu beurteilen ist, kann indes bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nur dann unbeachtet bleiben, wenn es einer Ermessensentscheidung
nicht bedurfte, denn eine Ermessensentscheidung wurde von dem Beklagten - in Anwendung des § 48 SGB X - nicht getroffen.
Nach § 330 Abs. 2 SGB II, auf den § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II verweist, ist eine Ermessensentscheidung bei Vorliegen der in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen entbehrlich. §
330 Abs.
2 SGB III entlastet in diesem Fall die Behörde von Ermessenserwägungen, wenn die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen und
zwar sowohl bei der Rücknahme für die Zukunft als auch bei Rücknahme für die Vergangenheit (vgl. Pilz in Gagel, SGB II/SGB
III, § 330 Rn. 21, Stand 2012).
Nach dem Ergebnis der persönlichen Anhörung durch den Senat spricht vorliegend vieles dafür, dass eine grob fahrlässige Verletzung
der Mitteilungspflicht durch die Klägerin vorliegt, die es unterlassen hat, den Beklagten von dem Zufluss der Einnahmen aus
dem Pflichtteilsanspruch in Kenntnis zu setzen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Hierbei stehen unrichtigen oder unvollständigen Angaben im Sinne der Vorschrift unterlassene Mitteilungen wesentlicher
Änderungen gegenüber dem Antrag bis zum Bescheiderlass gleich. Die Rechtswidrigkeit des VA muss hierauf beruhen; Vorsatz bzw.
grobe Fahrlässigkeit brauchen sich jedoch nicht auf die Rechtswidrigkeit zu beziehen. Eine Mitursächlichkeit oder eine mittelbare
Verursachung ist ausreichend (Steinwedel in Kasseler-Kommentar, § 45 Rn. 38, Stand Oktober 2011). Die vorausgesetzte Kausalität
für die Rechtswidrigkeit des VA liegt vor, wenn die Entscheidung der Behörde gerade auf der Fehlerhaftigkeit der Angaben beruht.
Der Begünstigte muss hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit der Angaben entweder vorsätzlich gehandelt, d.h. wissentlich den Tatbestand
bei vollständiger Kenntnis aller Umstände verwirklicht haben oder grob fahrlässig gewesen sein (Hesse in Beck'scher-Online-Kommentar,
SGB X § 45 Rn. 23). Insofern mangelte es vorliegend nicht an der vorausgesetzten Kausalität, da der Klägerin spätestens Anfang Juni
durch ein ihr zur Kenntnisnahme übermitteltes Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 05.06.2008 bekannt war, dass die Gegenseite
die Zahlung in Höhe von 7.287,83 EUR bis zum 17.06.2008 in Aussicht gestellt hatte. Auch die grobe Fahrlässigkeit dürfte,
ebenso wie in der ebenfalls einschlägigen Alternative des Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X der Regelung, zu bejahen sein.
Diese Vorschrift enthält die auch in anderen Zusammenhängen maßgebende Legaldefinition der groben Fahrlässigkeit. Sie liegt
nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn der Betroffene mit dem relevanten Umstand (z.B. der Rechtswidrigkeit) lediglich
"rechnen" musste. Vorausgesetzt wird vielmehr, dass er ihn aufgrund einfachster und (ganz) naheliegender Überlegungen "hätte
erkennen können bzw. "dasjenige unbeachtet geblieben ist, was in gegebenem Falle "jedem hätte einleuchten müssen". Hierbei
sind auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit und das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen (subjektiver
Fahrlässigkeitsbegriff). Für die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des VA im Sinne des Abs. 2
S. 3 Nr. 3 ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verwaltungsakts maßgebend. Unerheblich ist insbesondere, ob die Behörde den
Begünstigten durch einen späteren Hinweis - z.B. im Rahmen eines Anhörungsverfahrens - von der Rechtswidrigkeit in Kenntnis
gesetzt hat (vgl. Steinwedel, a.a.O., § 45 Rn. 41). Danach ist die Klägerin zwar seit Kenntnis vom Tod ihrer Großmutter durchgehend
davon ausgegangen, dass es sich bei dem schließlich im Juni 2008 zugeführten Geldbetrag um Vermögen innerhalb der Freibetragsgrenzen
(§ 12 Abs. 1, Abs. 2 SGB II) handelte, dementsprechend ihrem Leistungsanspruch und der Bewilligung nicht entgegenstehe und daher auch nicht anzugeben
sei. Allerdings beruhte diese Annahme, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, auf Informationen
aus dem Internet. Ob trotz des Umstands, dass das Internet von immer breiteren Kreisen in der Bevölkerung zu Recherchezwecken
genutzt wird, eine hierdurch erlangte Information per se anzuzweifeln ist, kann offen bleiben. Jedenfalls konnte die Klägerin
nicht mehr angeben, ob sie allein fremden Bewertungen der Rechtslage vertraut hat oder sie selbst das von ihr zitierte Urteil
des SG Aachen gelesen hat. Von grober Fahrlässigkeit wäre jedenfalls dann auszugehen, wenn sie ungeprüft fremde Bewertungen
übernommen hätte, ohne sich diese durch Einholung einer rechtskundigen Beratung bestätigen zu lassen. Unabhängig davon ist
die Klägerin aber davon ausgegangen, das der Beklagte die Einnahmen aus der Erbschaft anrechnen würde. Auch diese Annahme
dürfte den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit sowohl hinsichtlich der Verletzung der Mitteilungspflicht als auch hinsichtlich
der Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des Bescheides begründen. Denn in jedem Fall hätte die Klägerin eine diesbezügliche
Prüfung durch die Beklagte ermöglichen müssen. Nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck ist auch von der
notwendigen Einsichtsfähigkeit der Klägerin auszugehen, dieses Erfordernis zu erkennen.
d) Der angefochtene Rücknahmebescheid ist indes wegen des Verstoßes gegen die Anhörungspflicht nach § 24 SGB X rechtwidrig. Dieser Verfahrensmangel ist auch nicht nach § 41 Abs. 1 S. 3 SGB X durch Nachholung geheilt worden
Eine wirksame Nachholung setzt voraus, dass diese den Anforderungen an eine Anhörung nach § 24 SGB X entspricht und insbesondere der Beteiligte über die entscheidungserheblichen Tatsachen in Kenntnis gesetzt wurde sowie Gelegenheit
zur Äußerung hatte (BSG, Urteil vom 07.07.2011 - B 14 AS 144/10 R -, [...]). Mit der Regelung über die Anhörung beabsichtigt der Gesetzgeber, allgemein das Vertrauensverhältnis zwischen
dem Bürger und der Sozialverwaltung zu stärken und die Stellung des Bürgers insbesondere durch den Schutz vor Überraschungsentscheidungen
zu stärken. Insbesondere soll der Betroffene Gelegenheit erhalten, durch sein Vorbringen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt
die bevorstehende Verwaltungsentscheidung zu beeinflussen. Die genannten Zwecke können zwar ohnehin in vollem Umfang nur erfüllt
werden, wenn die Anhörung vor Erlass des belastenden Verwaltungsaktes durchgeführt wird. Darüber hinaus kann eine Heilung
des Verfahrensmangels nach den mit der Anhörung verfolgten Funktionen noch während des Widerspruchsverfahrens erfolgen, wenn
dem Betroffenen während des Vorverfahrens - z.B. durch Einlegung des Widerspruchs - hinreichende Gelegenheit gegeben worden
ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 37/09 -, SozR 4 -1300 § 41 Nr. 2). Danach war eine Heilung des Verfahrensmangels durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens
zwar grundsätzlich möglich. Jedoch war es der Klägerin mangels entsprechender Begründung des auf § 48 SGB gestützten Aufhebungsbescheids nicht möglich, zu tatsächlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X und insbesondere zu dem Fahrlässigkeitsvorwurf Stellung zu nehmen. Selbst wenn der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom Vorliegen
des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X ausgegangen ist, war dies dem angefochtenen Bescheid vom 11.08.2008 gerade nicht zu entnehmen. Eine Anhörung hierzu ist daher
im Widerspruchsverfahren nicht nachgeholt worden.
Für eine Heilung im Gerichtsverfahren, die bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz möglich ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X) genügt nicht die schlichte Klageerhebung ggf. in Verbindung mit der Klageerwiderung. Vielmehr ist ein eigenständiges, nicht
notwendigerweise förmliches Verwaltungsverfahren notwendig (BSG, Urteil vom 07.07.2011, a.a.O.). Eine solche nachholende Anhörung ist im Laufe des Gerichtsverfahrens vor dem SG und LSG nicht erfolgt. Der Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz ausdrücklichen Hinweises durch den Senat
auf die fehlende Anhörung und nach Scheitern einer vergleichsweisen Regelung im Hinblick auf weitere, nicht streitgegenständliche
Bewilligungszeiträume keinen Antrag nach der mit § 41 Abs. 2 SGB X korrespondierenden Vorschrift des §
114 Abs.
2 Satz 2
SGG zur Heilung des Verfahrensmangels gestellt. Eine Heilung des Verfahrensfehlers war daher nicht mehr möglich, so dass offen
bleiben kann, ob die Rechtsprechung des BSG zur Nachholung einer Anhörung im wieder eröffneten Berufungsverfahren (BSG, Urteil vom 07.07.2011, a.a.O.) auch im Falle einer Zurückverweisung nach einer Sprungrevision gilt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Revisionszulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 liegen nicht vor.