Anspruch auf Sozialhilfe; Annahme des Einsetzens der Sozialhilfe; Schuldbeitritt im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis
mit dem Träger einer stationären Pflegeeinrichtung; Umfang der Zahlungspflicht eines Sozialhilfeträgers nach dem Tod des Hilfeempfängers
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Zahlung weiterer Heimkosten für die Zeiträume vom 22.08. bis 15.09.2005 und vom 19.10.2005 bis 31.01.2006.
Die Klägerin ist der Träger der Pflegeeinrichtung P B (Pflegeheim) und Rechtsnachfolgerin der P gGmbH. Die Pflegeeinrichtung
genießt Bestandsschutz gem. §
73 Abs.
3 und
4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI).
Die 1920 geborene und am 27.05.2006 verstorbene M J (Hilfeempfängerin) war ledig und wurde seit mindestens 2001 in ihrer eigenen
Wohnung von ihrer in einer anderen Wohnung lebenden Nichte gepflegt und erhielt von der Pflegekasse der Barmer Ersatzkasse
(BEK) ambulante Pflegeleistungen nach der Pflegestufe II. Mit Bescheid vom 24.10.2005 bewilligte die Pflegekasse Leistungen
der vollstationären Pflege ab 18.10.2005 nach der Pflegestufe II. Die Hilfeempfängerin bezog im hier streitigen Zeitraum eine
Altersrente von monatlich netto 746,46 € und verfügte über kein weiteres Einkommen oder über Vermögen. Sämtliche Erben der
Hilfeempfängerin haben das Erbe ausgeschlagen. Seit Februar 2006 war für sie ein Betreuer bestellt.
Die Hilfeempfängerin befand sich vom 18.08. bis 15.09.2005 zur Kurzzeitpflege in dem Pflegeheim, anschließend in stationärer
Krankenhausbehandlung bis 18.10.2005 und ab 18.10.2005 bis zu ihrem Tod zur vollstationären Pflege in dem Pflegeheim. Die
Pflegekasse zahlte für die Kurzzeitpflege insgesamt 1432,00 € und für die vollstationäre Pflege für Oktober 2005 884,10 €
sowie ab November 2005 monatlich 1279,00 € an das Pflegeheim.
Nach den mit dem Pflegeheim abgeschlossenen Wohn- und Dienstleistungsverträgen vom 18.08. und 18.10.2005 war die Hilfebedürftige
verpflichtet, einen täglichen Pflegesatz nach der Pflegestufe II in Höhe von (iHv) 51,96 €, ein tägliches Entgelt für Unterkunft
und Verpflegung iHv 21,03 €, tägliche Investitionskosten iHv 14,40 € und einen täglichen Beitrag für Ausbildungskosten iHv
0,89 € (insgesamt 88,28 €) zu zahlen.
Das Pflegeheim berechnete der Hilfeempfängerin ein Entgelt für die Kurzzeitpflege iHv 2560,12 € (Pflegesatz nach Pflegestufe
II [29 x 51,96 € = 1506,84 €], Unterkunft/Verpflegung [29 x 21,03 € = 609,87 €], Investitionskosten [29 x 14,40 € = 417,60
€], Ausbildungskosten [29 x 0,89 € = 25,81 €], d.h. täglich 88,28 €), für den Zeitraum vom 18. bis 31.10.2005 iHv 1235,92
€, für November 2005 iHv 2648,40 €, für Dezember 2005 und für Januar 2006 iHv jeweils 2736,68 €. Nach der mit dem Pflegeheim
bestehenden Vergütungsvereinbarung der Pflegekasse betrug der tägliche allgemeine Pflegesatz nach der Pflegestufe II 51,96
€, das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung 21,03 €, das Entgelt für Investitionskosten 10,32 € und für Ausbildungskosten
0,89 € (täglich 84,20 €).
Mit Schreiben vom 14.11.2005 erhielt die Nichte der Hilfeempfängerin eine "zweite Mahnung" des Pflegeheims über den Aufenthalt
der Hilfeempfängerin seit 18.08.2005 iHv 6.444,44 €. Sie wurde an das Versprechen vom 02.11.2005 zur Zahlung des Betrages
erinnert sowie an die Zusage, einen Sozialhilfeantrag bei der Kreisverwaltung zu stellen.
Am 22.08.2005 ging bei dem Beklagten per Fax ein von der P Unternehmensgruppe als Muster erstelltes Formularschreiben ein,
welches als "Mitteilung über Bewohnereinzug", Daten über das Pflegeheim und die Hilfeempfängerin, die Mitteilung der Aufnahme
zur Kurzzeitpflege vom 18.08. bis 31.08.2005, die voraussichtliche Pflegestufe II und das tägliche Heimentgelt von 84,20 €
enthielt. Das Formular war von der Residenzleitung des Pflegeheims unterschrieben und angekreuzt war die Bitte um Kostenübernahme.
Am 23.08.2005 erhielt der Beklagte ein Schreiben des Pflegeheims mit dem Betreff "Sozialhilfe für Frau M J, geb. 03.03.1920",
der Mitteilung über die Aufnahme zur Kurzzeitpflege am 18.08.2005 und der Bitte um Kostenzusage. Entsprechende Mitteilungen
über die Verlängerung der Kurzzeitpflege bis 15.09.2005 wurden dem Beklagten übermittelt. Am 19.10.2005 erhielt der Beklagte
ein erneutes Fax "Mitteilung über Bewohnereinzug" betr. die Aufnahme zur stationären Pflege ab 18.10.2005, am 20.10.2005 ein
entsprechendes Schreiben sowie am 27.10.2005 den Bescheid der Pflegekasse über vollstationäre Pflegeleistungen durch das Pflegeheim
übermittelt. Der Beklagte wies das Pflegeheim am 29.08., 19.09. und 19.10.2005 darauf hin, dass kein Sozialhilfeantrag vorliege.
Am 15.11.2005 ging bei dem Beklagten der von der Hilfeempfängerin ohne Datum unterschriebene Sozialhilfefragebogen, die Erklärung
über Vermögen, die Belehrung über die Folgen fehlender Mitwirkung und eine Auskunftsermächtigung mit einer Rentenmitteilung
und Kopien des Girokontos ein.
Der Beklagte zog daraufhin Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), Auskünfte des Grundbuchamtes,
der Sparkasse S sowie Kontoauszüge der Hilfeempfängerin bei und leitete die Altersrente der Hilfeempfängerin ab dem 01.02.2006
(Schreiben vom 05.01.2006, Mitteilung der Deutschen Post Rentenservice vom 16.01.2006) auf ihn über.
Mit Bescheid vom 09.01.2006 bewilligte der Beklagte der Hilfeempfängerin Hilfe zur stationären Pflege ab 01.11.2005 und einen
Barbetrag von 90,00 € und führte aus, dass alle folgenden Zahlungen als Weiterbewilligung für den jeweiligen Monat anzusehen
seien. Sie sei verpflichtet, die Altersrente iHv 746,46 € und die Leistungen der Pflegeversicherung zur Deckung des Bedarfs
einzusetzen. Die Leistungen würden direkt an das Pflegeheim überwiesen. Die Hilfe werde nach § 19 Abs. 5 Sozialgesetzbuch
Zwölftes Buch (SGB XII) als so genannte erweiterte Hilfe gewährt. Das Pflegeheim erhielt von der Beklagten am 05.01.2006 eine
"Kostenzusage für Heimunterbringung", in welcher ausgeführt war, dass die Heimkosten ab dem 01.11.2005 unter Anrechnung eines
Kostenbeitrages aus vorhandenem Einkommen übernommen würden. Der monatliche Barbetrag werde mit der einzusetzenden Rente verrechnet.
Da die monatliche Rente ab 01.02.2006 übergeleitet worden sei, erfolge ab diesem Zeitpunkt keine Einkommensanrechnung mehr.
Für November 2005 zahlte die Beklagte an das Pflegeheim 590,54 € (Pflegekosten 2526,00 € + Barbetrag 90,00 € - Leistung der
Pflegekasse 1.279,00 € - Einkommen Altersrente 746,46 €) und für Dezember 2005 sowie für Januar 2006 jeweils 674,74 € (Pflegekosten
2.610,20 € + Barbetrag 90,00 € - Leistung der Pflegekasse 1.279,00 € - Einkommen Altersrente 746,46 €). Die Hilfeempfängerin
legte Widerspruch ein. Die Klägerin führte das Widerspruchsverfahren nach dem Tod der Hilfeempfängerin weiter. Das Landesamt
für Soziales, Jugend und Versorgung wies den Widerspruch am 05.10.2007 - zugestellt am 09.10.2007 - zurück.
Mit der am 08.11.2007 bei dem Sozialgericht Mainz (SG) eingegangenen Klage hat die Klägerin die Gewährung von Leistungen für die Zeiträume vom 22.08. bis 15.09.2005 iHv 884,40
€, vom 19.10. bis 31.10.2005 iHv 263,35 € und vom 01.11.2005 bis 31.01.2006 iHv 2.239,38 € geltend gemacht. Mit Zugang ihrer
Schreiben vom 18.08. und 18.10.2005 bei dem Beklagten sei ein Sozialrechtsverhältnis begründet worden. Aufgrund eines Schuldbeitritts
habe der Beklagte die Pflegekosten zu tragen, ohne dass er Eigenanteile der Hilfeempfängerin in Abzug bringen dürfe.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 09.11.2009 abgewiesen. Für die Zeiträume vor dem 01.11.2005 fehle es an der Kenntnis des Beklagten
von dem Hilfefall im Sinne von § 18 SGB XII. Zwar setze die Gewährung von Sozialhilfe keine formelle Antragstellung voraus,
jedoch habe der Beklagte durch die Formularschreiben des Pflegeheims nur von einer Pflegebedürftigkeit, nicht aber von der
finanziellen Hilfebedürftigkeit der Hilfeempfängerin Kenntnis erlangt. Dies sei erst mit dem im November 2005 gestellten Antrag
der Fall gewesen. Ein Anspruch für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.01.2006 sei nicht gegeben, da der Beklagte eine erweiterte
Hilfe nach § 19 Abs. 5 und 6 SGB XII zu Recht erst ab dem 01.02.2006 bewilligt habe. Der Klägerin stünden keine Leistungen
ohne Berücksichtigung des Einkommens der Hilfeempfängerin zu.
Gegen das ihr am 09.12.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.01.2010 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, dass
sie den Beklagten durch ihre Schreiben vom 18.08. und 20.10.2005 unmissverständlich den Sozialhilfebedarf der Hilfeempfängerin
aufgezeigt habe. Eine genaue Darlegung der Höhe des Einkommens bzw. ein Vortrag über das Nichtvorliegen von Vermögenswerten
sei nicht erforderlich. Der Beklagte habe im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht tätig werden und ggf. die Hilfeempfängerin
befragen müssen. Einkommen habe die Hilfeempfängerin nicht einsetzen müssen, da der Beklagte ihr nach seinem Bescheid vom
09.01.2006 erweiterte Hilfe gewährt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 09.11.2009 - S 14 SO 84/07 - sowie den Bescheid des Beklagten vom 09.01.2006 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die Pflege der M J
für den Zeitraum vom 22.08. bis zum 15.09.2005 884,40 €, für den Zeitraum vom 19.10. bis zum 31.10.2005 263,35 € und für den
Zeitraum vom 01.11.2005 bis zum 31.01.2006 2.239,38 € zzgl. jeweils von Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug
genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Das SG hat die Leistungsklage (§
54 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar steht der Klägerin kein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung von weiteren Heimkosten
zu. Allerdings ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für den Zeitraum vom 22.08. bis 15.09.2005 einen neuen Bescheid
über die ihr zu erstattenden Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erteilen. Insoweit ist der Bescheid
des Beklagten vom 09.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2007 rechtswidrig und verletzt die Klägerin
in ihren Rechten.
Beklagter ist der Landrat der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße als beteiligtenfähige Behörde (§
70 Nr. 3
SGG; Behördenprinzip). Nach §
2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes zur Ausführung des
SGG vom 02.10.1954 (GVBl. 115) sind alle Behörden fähig, an Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit im Sinne des
§
70 SGG beteiligt zu sein. Dies ist vorliegend (§§
3 Abs.
2, 97, 98 SGB XII, §§ 21 Abs. 2 und 41 Abs. 1 der rheinland-pfälzischen Landkreisordnung vom 31.01.1994, GVBl. 188) der Landrat der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße (vgl. auch Bundessozialgericht [BSG], Urteil
vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R -, SozR 4-1300 § 44 Nr. 11).
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne den Rechtsnachfolger der Hilfebedürftigen zu dem Verfahren beizuladen (§
75 Abs.
2 1. Alternative
SGG). Sämtliche in Betracht kommenden Erben der Hilfeempfängerin haben das Erbe ausgeschlagen und weitere Erben (vgl. §
1953 Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB -) sind nicht bekannt. Eine Beiladung des Fiskus als gesetzlicher Erbe (§
1936 BGB) ist aufgrund der beschränkten Erbenhaftung (§
780 Abs.
2 Zivilprozessordnung -
ZPO -) und der Überschuldung des Nachlasses nicht erforderlich.
1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfeleistungen aufgrund des Anspruchsübergangs des § 19 Abs. 6
SGB XII (dazu 3.) bereits ab 22.08.2005 und - dem Grunde nach - ab 19.10.2005 zu.
Dem steht nicht der Kenntnisgrundsatz des § 18 Abs. 1 SGB XII entgegen. Nach dieser Vorschrift setzt die Sozialhilfe, mit
Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder
den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen.
Die Bewilligung von Sozialhilfe ist hiernach nicht formal von einem Antrag abhängig. Da § 18 SGB XII zum Schutz des Hilfebedürftigen
einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen will, ist es für die Annahme einer Kenntnis im Sinne dieser
Vorschrift ausreichend, dass die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder sonst wie erkennbar ist. Die weitere Sachverhaltsaufklärung
obliegt dann dem Sozialhilfeträger (§ 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X -; vgl. BSG, Urteil vom 26.08.2008 - B 8/9b SO 18/07 R -, SozR 4-3500 § 18 Nr. 1). Dem Sozialhilfeträger wird aber nicht
angesonnen, die Notwendigkeit der Hilfe zu "erahnen". Die Pflicht des Hilfesuchenden, bei der Feststellung seines Bedarfs
und seiner Bedürftigkeit mitzuwirken, befreit allerdings den Sozialhilfeträger nicht von seiner Aufklärungspflicht, so dass
von einem "Bekanntwerden" nicht erst dann gesprochen werden kann, wenn alle Voraussetzungen tatsächlicher Art dem Leistungsträger
entscheidungsreif bekannt sind. Abzustellen ist auf alle Besonderheiten des Einzelfalls (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG],
Beschluss vom 21.04.1997 - 5 PKH 2/97, Buchholz 436.0 § 5 BSHG Nr. 15).
Aus diesen Maßgaben ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass für eine Kenntnis nicht maßgeblich ist, dass der Sozialhilfeträger
aufgrund einer "Schlüssigkeitsprüfung" vom Vorliegen der materiellen Anspruchs-voraussetzungen überzeugt ist. Es ist für die
Anwendung des § 18 Abs. 1 SGB XII gerade nicht notwendig, dass die Voraussetzungen der Bedürftigkeit bereits mit Gewissheit
und vollständig bekannt sind. Entscheidend ist, ab welchem Zeitpunkt dem Sozialhilfeträger erstmalig die konkrete Möglichkeit
eines sozialhilferechtlichen Bedarfs bzw. hinreichende Anhaltspunkte für die Hilfegewährung bekannt gewesen sind. Die Kenntnis
des Sozialhilfeträgers muss sich dabei sowohl auf das Vorliegen eines bestimmten Bedarfstatbestandes beziehen als auch darauf,
dass sich der Hilfebedürftige nicht selbst helfen kann oder die Hilfe nicht von dritter Seite erhält. Insoweit muss die Kenntnis
inhaltlich qualifiziert sein. Die Art, in der dem Träger der Sozialhilfe diese Kenntnis vermittelt werden muss, ist nicht
vorgegeben. Dies kann beispielsweise auch durch einen Telefonanruf eines Dritten geschehen, wenn dieser die hauptsächlichen
anspruchsbegründenden Tatsachen eines Hilfefalls zum Inhalt hat (vgl. Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 16.09.2003 -
Au 3 K 03.889 -, NJW 2004, 1266).
Vorliegend war für den Beklagten aufgrund der Faxmitteilungen des Pflegeheims über den Bewohnereinzug vom 18.08.2005, 06.09.2005,
16.09.2005 und 19.10.2005 sowie der Schreiben vom 18.08.2005, 05.09.2005, 15.09.2005 und 18.10.2005 deutlich erkennbar, welchen
konkreten Bedarf die Hilfebedürftige geltend machte - Hilfe zur Pflege - und dass sie anscheinend die hierfür notwendigen
Mittel nicht selbst aufbringen konnte. Die Faxmitteilungen richteten sich an den Beklagten als Sozialhilfeträger, es war benannt,
dass es um Kurzzeitpflege bzw. dessen Verlängerung und um eine stationäre Pflege ging, die voraussichtliche Pflegestufe war
angegeben und der tägliche Pflegesatz/Heimentgelt in konkret bezeichneter Höhe aufgeführt. Außerdem war die ausdrückliche
Bitte um Kostenübernahme vorgebracht. In den anschließenden Schreiben war die Bitte um Kostenzusage wiederholt und unter Betreff
"Sozialhilfe für Frau M J" angegeben. Da nicht erforderlich ist, dass dem Sozialhilfeträger alle tatsächlichen Voraussetzungen
für die Hilfegewährung in entscheidungsreifer Weise bekannt sein müssen, genügt es vorliegend, dass aus den Mitteilungen des
Pflegeheims hervor ging, dass die Hilfeempfängerin zur Deckung der Heimkosten auf Sozialhilfe angewiesen war. Demgemäß muss
den Mitteilungen des Pflegeheims an den Beklagten eine (überschlägige) Bedürftigkeitsprüfung vorausgegangen sein, die zu dem
Ergebnis kam, dass die Hilfeempfängerin die Heimkosten nicht selbst, ggf. auch mit Hilfe Dritter, tragen kann. Dass die Klägerin
ihre "Mitteilungen über Bewohnereinzug" ohne eine solche Prüfung in jedem Fall einer Heimaufnahme an die Sozialhilfeträger
verschickt, ist nicht ersichtlich und wird auch von dem Beklagten nicht behauptet. Damit war dem Beklagten die konkrete Möglichkeit
eines sozialhilferechtlichen Bedarfs aufgezeigt worden und es bestand für ihn Veranlassung, eigene Ermittlungen zur Feststellung
des Leistungsanspruchs in die Wege zu leiten. Es war fehlerhaft, auf dem Eingang von Antragsunterlagen bzw. auf einen förmlichen
Antrag der Hilfebedürftigen zu bestehen. Dass die Klägerin die Nichte der Hilfeempfängerin mit der Mahnung vom 14.11.2005
zur Stellung eines Sozialhilfeantrags aufgefordert hatte, ist für die Frage des Zeitpunkts der Kenntnis des Beklagten ohne
Bedeutung.
2. Der Beklagte als Sozialhilfeträger ist ab dem 01.11.2005 aufgrund eines Schuldbeitritts als Gesamtschuldner an die Seite
der Hilfebedürftigen getreten.
Das Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe ist im Bereich der stationären und teilstationären Leistungen wie der Heimpflege
durch das so genannte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis geprägt, das die wechselseitigen Rechtsbeziehungen zwischen
dem Träger der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten und dem Leistungserbringer (Einrichtungsträger) sinnbildlich darstellt.
In diesem Verhältnis gehen die Aufgaben der Sozialhilfeträger weit über das reine Reagieren auf individuelle Bedürftigkeit
durch Gewährung von Geldleistungen hinaus; die gesetzlichen Regelungen statuieren vielmehr ein Sachleistungsprinzip in der
Gestalt einer Sachleistungsverschaffung in einem vorgegebenen gesetzlichen Rahmen, der zwar nicht wie im Recht der Gesetzlichen
Krankenversicherung ausgestaltet ist, sich dem aber nähert. Nach § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB XII soll der Träger der Sozialhilfe
zur Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe (Gewährleistungspflicht) eigene Einrichtungen und Dienste (zwar) nicht neu schaffen,
sondern - soweit vorhanden - auf geeignete Einrichtungen anderer (auch privater) Träger zurückgreifen. Werden die Leistungen
- hier Hilfe zur stationären Pflege gem. § 61 Abs. 2 SGB XII - durch eine Einrichtung erbracht, ist der Träger der Sozialhilfe
nach § 75 Abs. 3 SGB XII zur Übernahme der Vergütung (grundsätzlich nur) verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung
oder seinem Verband eine (generelle) Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Satz 1 Nr. 1, Leistungsvereinbarung),
die Vergütung (Satz 1 Nr. 2, Vergütungsvereinbarung) sowie die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen
(Satz 1 Nr. 3, Prüfungs-vereinbarung) besteht. Ist eine solche Vereinbarung nicht abgeschlossen, darf der Träger der Sozialhilfe
Leistungen durch diese Einrichtung lediglich in begrenzten Einzelfällen (§ 75 Abs. 4 SGB XII) erbringen, wobei auch insoweit
bestimmte individuelle Vereinbarungen vorgesehen sind. Das Gesetz sieht außerdem (§ 76 SGB XII) Regelungen über den Inhalt
der drei generellen Vereinbarungen und Rahmenverträge auf Landesebene vor (§ 79 SGB XII). Hierin kommt deutlich eine Gewährleistungspflicht
zum Ausdruck, mit Trägern von Einrichtungen ohne den Anlass einer aktuellen Hilfe in Kontakt zu treten und die erforderlichen
Vereinbarungen zu treffen. Auf diese Weise entstehen typische Dreiecksbeziehungen zwischen dem Sozialhilfeträger, dem Leistungserbringer
und dem Sozialhilfeempfänger. In Rheinland-Pfalz sind derartige Vereinbarungen in dem am 01.01.1999 in Kraft getretenen Rahmenvertrag
zur vollstationären Pflege zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen, dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung
für den überörtlichen Träger sowie dem Landkreistag und Städtetag Rheinland-Pfalz für die örtlichen Träger der Sozialhilfe
und den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen enthalten. Dieser Vertrag ist nach seinem Geltungsbereich für die
Klägerin als Träger der zugelassenen (§§
73 Abs.
3 und
4,
72 Abs.
1 Satz 1
SGB XI) vollstationären Pflegeeinrichtung unmittelbar verbindlich.
In diesem Dreiecksverhältnis erbringt der Sozialhilfeträger nach dem gesetzlichen Gesamtkonzept die ihm obliegende Leistung
grundsätzlich nicht als Geldleistung. Er zahlt gerade nicht an den Sozialhilfeempfänger (Grundverhältnis), um diesem die Zahlung
des im Heimvertrag vereinbarten Heimentgelts an den Einrichtungsträger (Erfüllungsverhältnis) zu ermöglichen; vielmehr ist
im Gesetzeskonzept eine Zahlung ohne Umweg über den Sozialhilfeempfänger direkt an die Einrichtung (Leistungsverschaffungsverhältnis)
zu entnehmen. Die normativen Regelungen zu den notwendigen generellen und individuellen Vereinbarungen lassen nur diesen Schluss
zu. Da der Sozialhilfeträger die Leistungen also nicht selbst erbringt, sondern über die Verträge mit Leistungserbringern
eine Sachleistung durch diese sicherzustellen hat, beschreibt der Begriff der Sachleistungsverschaffung die Konstellation
besser (BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R -, SozR 4-1500 § 75 Nr. 9).
Untrennbarer Bestandteil dieser Sachleistungsverschaffung ist die Übernahme der der Einrichtung zustehenden Vergütung. Übernahme
der Unterbringungskosten bedeutet Schuldübernahme durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung, allerdings in der Form des Schuldbeitritts
(kumulative Schuldübernahme), wodurch der Sozialhilfeträger als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistungen an die
Seite des Sozialhilfeempfängers tritt. Der Hilfeempfänger hat gegen den Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Zahlung des übernommenen
Betrags unmittelbar an die Einrichtung (BSG, aaO.; Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 20/07 R -, Juris). Damit steht in Übereinstimmung,
dass den Heimträgern bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen - wie hier - ein unmittelbarer vertraglicher Zahlungsanspruch gegen
die Pflegekasse bis zu den Höchstbeträgen nach §
43 SGB XI zusteht (vgl. §
87a Abs.
3 Satz 1
SGB XI), der sich nach §
87a Abs.
3 Satz 2
SGB XI in der Höhe an dem Leistungsbescheid der Pflegekasse bemisst und keine Geldleistung der sozialen Pflegeversicherung darstellt,
sondern den Heimträgern als Entgelt der Pflegekasse für erbrachte Sachleistungen gewährt wird (BSG, Urteil vom 01.09.2005
- B 3 P 4/04 R -, SozR 4-3300 § 43 Nr. 1).
Aus diesen Grundsätzen geht hervor, dass der Schuldbeitritt nur in Höhe der durch den Beklagten als Sozialhilfeträger der
Hilfeempfängerin bewilligten Leistungen bestehen kann. Vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid besitzt die Einrichtung
nämlich keinen Vergütungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger. Einen Anspruch auf die Übernahme des Heimentgelts gegenüber
dem Sozialhilfeträger besitzt auch nur der Sozialhilfebedürftige (Grundverhältnis), nicht die Einrichtung selbst (vgl. BSG,
Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R -, SozR 4-1500 § 75 Nr. 9 Rdnr. 27; Urteil vom 02.02.2010 - B 8 SO 20/08 R -, Juris).
Aus dem Schuldbeitritt kann die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung der der Hilfeempfängerin mit Bescheid vom 09.01.2006
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2007 ab 01.11.2005 bewilligten Leistungen geltend machen. Darüber besteht
vorliegend kein Streit. Dieser Anspruch ist erfüllt. Aus dieser Rechtsgrundlage kann die Klägerin jedoch keine weitergehenderen
bzw. höheren Leistungen beanspruchen.
3. Vielmehr stellt § 19 Abs. 6 SGB XII als gesetzlich geregelter Fall der Sonderrechtsnachfolge im Sinne einer cessio legis
(BSG, Urteil vom 13.07.2010 - B 8 SO 13/09 R -, Juris) die Rechtsgrundlage dar, um vorliegend Leistungen bereits ab dem 22.08.
bzw. ab dem 19.10.2005 (vgl. unter 1.) zu erhalten. Die Klägerin als Träger einer Einrichtung nach § 13 Abs. 1 und SGB XII
hatte der Hilfeempfängerin vollstationäre Leistungen erbracht und nach dem Tod der Hilfeempfängerin steht der Klägerin deren
Anspruch auf Hilfe zur Pflege zu. Durch diesen Anspruchübergang sollen u.a. die Träger einer Einrichtung, die Hilfe zur Pflege
erbracht haben, in ihrem Vertrauen auf die Gewährung von Leistungen geschützt werden, um das Kostenrisiko zu vermindern (BSG
aaO.). Eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf den Fall des Versterbens des Hilfebedürftigen
vor der Bewilligung (vgl. BSG aaO. RdNr. 16) kommt jedenfalls vorliegend nicht in Betracht, da noch die Hilfebedürftige gegen
den Bewilligungsbescheid Widerspruch eingelegt hat und damit keine bindende Bewilligung (§
77 SGG) eingetreten ist. Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift ist nach Auffassung des Senats insoweit nicht angezeigt,
da der Leistungserbringer gerade in diesem Fall nicht leer ausgehen soll.
Hieraus ergibt sich jedoch kein Anspruch der Klägerin auf Übernahme des vollen noch ausstehenden Heimentgelts. Der Übergang
der Sozialhilfeleistung auf die Klägerin findet nach § 19 Abs. 6 SGB XII nur statt, "soweit die Leistung den Berechtigten
erbracht worden wäre". Daraus folgt, dass im Zeitpunkt der Leistungserbringung alle Voraussetzungen des Anspruchs vorgelegen
haben müssen, wozu auch der Nachrang gehört, d.h. Einkommen und Vermögen des Hilfesuchenden selbst sind nach den gesetzlichen
Vorgaben zu berücksichtigen (vgl. Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 19 Rdnr. 66). Auch begründet § 19 Abs. 6 SGB XII keinen
originären eigenen Anspruch im Sinne eines subjektiven Rechts, sondern die dort genannten Personen treten bei Vorliegen der
in der Vorschrift geregelten Voraussetzungen in die Rechtsstellung des verstorbenen Hilfeempfängers ein (BSG, Urteil vom 13.07.2010
- B 8 SO 13/09 R -, Juris).
Der Beklagte hat zutreffend das Einkommen der Hilfeempfängerin bei der Leistungsgewährung berücksichtigt. Er hat der Hilfeempfängerin
Leistungen nicht in Form der erweiterten Hilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII ab 01.11.2005 gewährt bzw. ab 19.10.2005 zu gewähren.
Die erweiterte Hilfe bricht mit dem Netto- oder Zuschussprinzip der Sozialhilfe, indem dem Sozialhilfeberechtigten die zur
Beseitigung der Notlage benötigten Mittel in Form eines Zuschusses zu gewähren sind, aber eben nur, soweit ihm deren Aufbringung
aus eigenen Kräften und Mitteln nicht möglich bzw. nicht zumutbar ist. Grund der Regelung ist nicht die Verbesserung der Rechtsstellung
des Hilfesuchenden, sondern die Erleichterung der Abrechnung der Kosten von stationären Hilfen zwischen Einrichtung und Träger
der Sozialhilfe sowie die Verminderung des Risikos des Forderungsausfalls (vgl. Neumann aaO., Rdnr. 53). Eine solche Fallgestaltung
war vorliegend nicht gegeben.
Das SG hat ausführlich unter Auslegung auch des Schreibens vom 05.01.2006 an die Pflegeeinrichtung dargelegt, dass der Bescheid
vom 09.01.2006 keine Bewilligung von erweiterter Hilfe vor dem 01.02.2006 enthielt, da die Leistungen ausdrücklich von einem
monatlichen Einsatz des bezifferten Einkommens abhängig gemacht wurden. Weiterhin hat das SG zutreffend unter Berücksichtigung der Maßgaben für die bei § 19 Abs. 5 SGB XII anzustellende Ermessensentscheidung des Sozialhilfeträgers ausgeführt, dass ein Anspruch auf erweiterte Hilfe
vor dem 01.02.2006 nicht bestanden hat und dass sich auch aus der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.10.2008 aaO.) keine
anderen Vorgaben herleiten lassen. Dass die Hilfebedürftige ihr Einkommen jedenfalls ab 18.10.2005 in der Höhe der Altersrente
einzusetzen hatte, entsprach nach dem nicht zu beanstandenden Darlegungen des SG den Vorschriften der §§ 82 ff SGB XII. Insbesondere waren auch die Voraussetzungen für eine vollständige Heranziehung des Einkommens nach § 82 Abs.
4 Satz 2 SGB XII in der Fassung [idF] des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 09.12.2004,
BGBl. I S. 3305) erfüllt, da die Hilfeempfängerin keine weitere Person überwiegend unterhielt und ihr der Barbetrag verblieb (vgl. W. Schellhorn
in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl., § 82 Rdnr. 63). Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat insoweit
von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung insoweit als unbegründet zurück (§
153 Abs.
2 SGG).
Der Klägerin steht für den Zeitraum vom 19.10. bis 31.10.2005 kein Anspruch auf Übernahme der noch geforderten Heimkosten
iHv 263,35 € (13 Tage x 84,20 € = 1094,60 € - anteiliger Betrag der Pflegeleistungen von 831,25 €) zu, da die Altersrente
als Einkommen anteilig (746,46 € : 31 Tage = 24,07 € x 13 Tage = 313,03 €) zu berücksichtigen ist und dann kein Zahlbetrag
verbleibt. Für November und Dezember 2005 sowie Januar 2006 steht der Klägerin kein über die bereits gezahlten Beträge von
590,54 €, 674,74 € und 674,74 € hinausgehender Betrag zu.
4. Hinsichtlich des Zeitraums der Kurzzeitpflege vom 22.08. bis 15.09.2005 ist der Beklagte jedoch zu verpflichten, der Klägerin
einen neuen Bescheid über die zu erstattenden Kosten unter Beachtung der Rechtsaufassung des Senats zu erteilen. Die Möglichkeit
eines Grundurteils oder eines Bescheidungsurteils eröffnet das Prozessrecht auch für kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen
im Sinne von §
54 Abs.
4 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2008 - B 6 KA 45/07 R -, SozR 4-2500 § 106a Nr. 5) wie hier auf Zahlung von höherem Heimentgelt. Dem Beklagten steht nämlich ein Ermessenspielraum
hinsichtlich der Frage zu, in welcher Höhe der Hilfeempfängerin Hilfe zur Pflege (§ 61 Abs. 2 SGB XII) zu gewähren ist. Die
Hilfeempfängerin bezog eine monatliche Altersrente von netto 746,46 €, wobei ihr monatliches Einkommen damit unterhalb der
Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII lag (doppelter Eckregelsatz iHv 690,00 € zzgl. der auch während der Kurzzeitpflege
angefallenen angemessenen Kosten der Unterkunft). Ein Einsatz des Einkommens nach § 88 Abs. 1 SGB XII war angesichts der nicht
auf voraussichtlich längere Zeit zu erbringenden Leistungen (mind. 6 Monate: vgl. Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 88
Rdnr. 13) bei einer Kurzzeitpflege - andere Erkenntnisse hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer des Pflegebedarfs waren
nicht vorhanden - nicht vorzunehmen.
Allerdings kam nach § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII (idF des Gesetzes vom 09.12.2004 aaO.) ein Einsatz des Einkommens jedenfalls
in Höhe des Barbetrags nach § 35 Abs. 2 SGB XII in Betracht. Der Hilfeempfängerin stand auch während der Kurzzeitpflege (die
Dauer der Leistung ist unerheblich, vgl. W. Schellhorn aaO. § 35 Rdnr. 17) der Barbetrag des § 35 Abs. 2 SGB XII als Leistung
des Dritten Kapitels zu. Hiernach umfasst der weitere notwendige Lebensunterhalt insbesondere Kleidung und einen angemessenen
Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Es dürfen nur die tatsächlich entstandenen Einsparungen für den häuslichen Lebensunterhalt
und nicht lediglich fiktiv anzunehmende Einsparungen berücksichtigt werden. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Ersparnis durch
andere Mehrkosten aufgewogen wird. Die Höhe der erzielten Ersparnisse kann gem. §
202 SGG iVm §
287 Abs.
2 ZPO geschätzt werden (vgl. BVerwGE, Urteil vom 18.08.1977 - V C 61.76 -, FEVS 26, 133; W. Schellhorn aaO. § 82 Rdnr. 53; SG Düsseldorf, Urteil vom 15.01.2009 - S 17 (28) SO 11/07 -, Juris). Vorliegend
dürften der Hilfeempfängerin aufgrund der Lebenserfahrung zusätzliche Mehraufwendungen durch die Aufnahme in die Kurzzeitpflege
entstanden sein (vgl. W. Schellhorn aaO.; Lücking aaO. K § 92a Rdnr. 12), andererseits hat sie die Aufwendungen für den häuslichen
Lebensunterhalt erspart. Über die Höhe dieses anzurechnenden Betrags wird der Beklagte zu befinden haben.
5. Der Klägerin steht dem Grunde nach auch ein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen gemäß den §§
291 und
288 BGB zu. Ebenso wie Apotheker, Krankenpflegeunternehmen und andere Leistungserbringer im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung
ist die Pflegeeinrichtung zur Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs auf die zügige Begleichung ihrer Rechnungen angewiesen.
Daher gibt es zur Überzeugung des Senats keinen sachlichen Grund, bei Vergütungsansprüchen gegen die Sozialhilfeträger von
der Zahlung von Prozesszinsen abzusehen (vgl. zum Bereich der Krankenversicherung: BSG, Urteil vom 23.03.2006 - B 3 KR 6/05 R -, SozR 4-7610 § 291 Nr. 3; Urteil vom 03.08.2006 - B 3 KR 7/06 R -, SozR 4-2500 § 129 Nr. 3; Urteil vom 19.04.2007 - B 3 KR 10/06 R -, Juris). Eine abweichende vertragliche Regelung zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist nicht gegeben. Allerdings besitzt
das Pflegeheim vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid keinen Vergütungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger (vgl.
BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R -, SozR 4-1500 § 75 Nr. 9 Rdnr. 27), weshalb vor dem Erlass des Bewilligungsbescheides (§ 37 SGB X) auch kein Zinsanspruch wegen Verzugs entstehen kann. Ob ein Anspruch auf Verzugszinsen (§
286 Abs.
2 Nr.
4 BGB) überhaupt gegeben ist, kann vorliegend offen bleiben, da die Klägerin einen Anspruch auf Prozesszinsen geltend macht. Jedenfalls
dieser besteht seit Rechtshängigkeit - hier ab dem 08.11.2007 (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.2006 aaO.) -, wobei der Senat über
diesen Antrag nicht hinausgehen kann. Die Höhe des Zinsanspruchs richtet sich nach §
288 Abs.
2 BGB, da die Klägerin als Träger der Pflegeeinrichtung kein Verbraucher ist. Der Zinssatz beträgt damit 8 Prozentpunkte über dem
jeweiligen Basiszinssatz. Die Verzinsungspflicht endet mit dem Ablauf des Zahlungstages.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG (vgl. BSG, Beschluss vom 01.09.2008 - B 8 SO 12/08 B -, SozR 4-1500 § 183 Nr. 8; Urteil vom 13.07.2010 -B 8 SO 13/09 R -;
Juris).
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) zugelassen.