Gründe
I.
Streitig ist die Vergütung eines Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz (JVEG), wobei nur noch die Vergütung für den geltend gemachten erhöhten Hygieneaufwand in Höhe von 7,63 EUR brutto im Streit steht.
Der Antragsteller, der mit dem Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz einen Vertrag nach § 14 JVEG geschlossen hat, ist durch Beweisbeschluss des Senats vom 20.02.2020 zum Sachverständigen ernannt worden.Für die Erstellung
seines Gutachtens vom 29.05.2020 aufgrund einer ambulanten Untersuchung hat der Antragsteller mit Schreiben vom 29.05.2020
zunächst einen Betrag von 1.475,24 EUR geltend gemacht. Darin enthalten sind neben der Gutachtenpauschale laut Vertrag in
Höhe von 1.150,00 EUR, Transportkosten in Höhe von 6,00 EUR, Schreibgebühren in Höhe von 23,40 EUR und Laborkosten in Höhe
von 9,00 EUR sowie 51,30 EUR. Mit Schreiben vom 03.08.2020 wurde der geltend gemachte Betrag um die Kosten eines erhöhten
Hygieneaufwands durch die Covid-19 Pandemie entsprechend Nr. 245 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) um 6,41 EUR nebst darauf entfallender Umsatzsteuer (1,22 EUR) erhöht.
Die Kostenbeamtin des LSG zahlte den ursprünglich geltend gemachten Betrag aus (1.475,24 EUR). Für den geltend gemachten Hygienezuschlag
sehe das JVEG keine Erstattung vor. Mit Schreiben vom 13.08.2020 beantragte der Antragsteller richterliche Festsetzung. Es treffe zu, dass
das JVEG einen Hygieneaufschlag nicht vorsehe. Allerdings sehe das JVEG Ersatz für Aufwendungen vor, sofern sie notwendig seien und die üblichen Gemeinkosten überschritten (§§ 7, 12 Abs. 1 JVEG). Die Durchführung der Untersuchungen im Rahmen der Begutachtungen für die Sozialgerichtsbarkeit Rheinland-Pfalz könne derzeit
nur durcherheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwand geleistet werden. Von der Bundesärztekammer (BÄK) sei deshalb
zeitlich befristet bis zum 30.09.2020 die analoge Abrechnung der Nr. 245 GOÄ vorgesehen.
In einer Stellungnahme des Antragsgegners vom 11.09.2020 vertrat dieser die Ansicht, das JVEG sehe zwar keine pauschalierte Vergütung vor, jedoch sei bei Bezifferung der angefallenen Kosten der über den üblichen Aufwand
hinausgehende Betrag auf Antrag erstattungsfähig. Mit Schreiben vom 20.09.2020 legte der Antragsteller seinen durch die Pandemie
bedingten Mehrbedarf an Hygieneartikeln dar. Er erklärte sich damit einverstanden, einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 7,00
EUR netto zu akzeptieren. In einer weiteren Stellungnahme des Antragsgegners vom 15.10.2020 errechnete dieser unter Berücksichtigung
der Darlegungen des Antragstellers zusätzliche pandemiebedingte Hygienekosten in Höhe von 6,30 EUR netto.
II.
Die Entscheidung über den Antrag ergeht durch den Senat, da die Einzelrichterin das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung
dem Senat übertragen hat (§ 4 Abs. 7 S. 1 und 2 JVEG).
Der Antrag auf richterliche Festsetzung der Entschädigung ist nach § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG zulässig und in der Sache begründet. Die dem Antragsteller zu gewährende Entschädigung ist auf 1.482,87 EUR festzusetzen.
Die Entscheidung der Kostenbeamtin war entsprechend abzuändern. Die anteilige Vergütung für den erhöhten Hygieneaufwand war
hierbei antragsgemäß auf 6,41 EUR netto (zzgl. Umsatzsteuer von 1,22 EUR) festzusetzen.Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch
des Antragstellers ist neben dem JVEG die zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Sachverständigen nach § 14 JVEG getroffene Vereinbarung über die Entschädigung von Sachverständigenleistungen. Die Vereinbarung vom 22.09.2015 in der vorliegend
einschlägigen Fassung vom 16.07.2019, die alle bisherigen Vereinbarungen ersetzt (Ziffer XII der Vereinbarung), gilt für alle
ab dem 01.05.2019 in Auftrag gegebenen Gutachten (Ziffer IX der Vereinbarung), somit auch für das vorliegende, mit Beweisbeschluss
des Senats vom 20.02.2020 in Auftrag gegebene Gutachten des Antragstellers.
Nach Ziffer I der Vereinbarung erhält der Antragsteller für jedes vom LSG Rheinland-Pfalz in Auftrag gegebene und von ihm
erstattete schriftliche Gutachten nach ambulanter oder stationärer Untersuchung ohne Rücksicht auf dessen Umfang und den Zeitaufwand
als Entschädigung einen Grundbetrag in Höhe von 1.150,00 EUR. Mit diesem Grundbetrag ist der erforderliche Zeitaufwand abgegolten
für die vorbereitenden Arbeiten einschließlich der Durchsicht der Akten und des Literaturstudiums, die Erhebung der Vorgeschichte,
die körperliche Untersuchung, die Auswertung, Beurteilung und Zusammenfassung aller für die Beantwortung des Beweisthemas
erheblichen Fremdbefunde (z.B. Beurteilung fremder Röntgenaufnahmen), die Abfassung, das Diktat und die Korrektur des Gutachtens
und eine Fotodokumentation (Ziffer II der Vereinbarung). Mit dem Grundbetrag wird folglich lediglich Zeitaufwand abgegolten.
Daneben kann der Antragsteller seinen Aufwand für Transport, Porto und Verpackung pauschal in Höhe von 6,00 EUR abrechnen
(Ziffer IV der Vereinbarung). Weitere, vorliegend relevante Vergütungsregelungen enthält die getroffene Vereinbarung nicht.
Hinsichtlich sämtlicher weiterer in Betracht kommender Vergütungsbestandteile ist auf die Regelungen des JVEG zurückzugreifen. Dies ergibt sich explizit aus Ziffer VI der Vereinbarung, in der es heißt: "Im Übrigen wird die Vergütung
nach den gesetzlichen Bestimmungen festgesetzt".
Neben dem in der Vereinbarung geregelten Grundbetrag und der Transportpauschale können nach den insoweit maßgebenden Regelungen
des JVEG unstreitig auch die nachfolgend aufgeführten Vergütungsbestandteile abgerechnet werden, die dem Antragsteller bereits erstattet
worden sind:
Schreibauslagen (Ersatz für besondere Aufwendungen, § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 JVEG) 23,40 EUR
Laborkosten Blutentnahme (Honorar für besondere Leistungen, § 10 Abs. 1 JVEG,
Anlage 2, Abschnitt 3 Ziffer 307) 9,00 EUR
Laborkosten Blutuntersuchung (Honorar für besondere Leistungen, § 10 Abs. 1 JVEG,
Anlage 2, Abschnitt 3 Ziffer 302) 51,30 EUR
Umsatzsteuer (Ersatz für besondere Aufwendungen, § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG)
235,54 EUR
Die vom Antragsteller geltend gemachten Aufwendungen für einen erhöhten Hygieneaufwand sind zusätzlich als "notwendige besondere
Kosten" im Sinne des § 12 Abs.1 S. 2 Nr. 1 JVEG zu ersetzen. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 JVEG sind mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 JVEG auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene
Aufwand abgegolten, soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Nach § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG werden die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich
der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge gesondert
ersetzt.
§ 12 Abs. 1 JVEG bezweckt eine möglichst vollständige Abgeltung aller dort genannten im Einzelfall anfallenden Nebenkosten des Sachverständigen,
soweit dieser sie tatsächlich gehabt hat (Weber, in: Hartmann/Toissant, Kostenrecht, 50. Auflage 2020, § 12 JVEG, Rn. 4). Die Regelung des § 12 Abs. 1 S. 1 JVEG gilt nur "soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist". Mit dem Wort "einschließlich" in § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG wird verdeutlicht, dass die dort genannten Fallgruppen, zu denen die "verbrauchten Stoffe und Werkzeuge" gehören, nicht abschließend
zu verstehen sind, so dass die Regelung weit, d.h. im Sinne einer Auffangklausel, zu verstehen ist.
Das Gesetz definiert den Begriff der Gemeinkosten gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 JVEG nicht. Nach der amtlichen Begründung der gesetzlichen Regelung des § 12 JVEG gehören zu den üblichen Gemeinkosten insbesondere die Aufwendungen des Sachverständigen für Alterssicherung und Krankheitsvorsorge
und die mit dem allgemeinen Bürobetrieb verbundenen Kosten sowie die Aufwendungen, die sich aus einer angemessenen Ausstattung
mit technischen Geräten und fachbezogener Literatur ergeben (BT-Drs 15/1971, 184). Zu diesen Kosten sind daher insbesondere
die Miete und Nebenkosten für die Büro- und Arbeitsräume, Heizung-, Strom- und Wasserkosten, Telefongrundgebühren und die
Kosten für eine angemessene Ausstattung mit notwendiger Technik und Literatur zu rechnen. Diese sollen bereits im Stundensatz
des Sachverständigen und Dolmetschers oder im Übersetzungshonorar berücksichtigt sein (Schneider, JVEG, 3. Aufl. 2018, § 12, Rn.2).
Hygieneverbrauchsmittel fallen zwar typischerweise unter die üblichen Gemeinkosten. Seit Auftreten der Covid-19 Pandemie sind
aber umfangreichere Hygienemaßnahmen erforderlich, wie z.B. Handdesinfektion beim Betreten der Räume, umfassende Maskenpflicht
für das gesamte Praxispersonal, zusätzliche Maßnahmen der Flächendesinfektion. Diese zusätzlichen Maßnahmen sind ausschließlich
durch die Pandemie veranlasst und dienen speziell deren Eindämmung. Nach Ende der Pandemie und damit dem Wegfall der besonderen
Gefahrenlage werden diese zusätzlichen Maßnahmen und die dadurch verursachten Aufwendungen voraussichtlich wieder entfallen.
Ein neuer allgemeingültiger erhöhter Hygienestandard wird daher nicht etabliert. Allein der Umstand, dass alle Begutachtungen
während der Pandemie erhöhten Aufwand erfordern, macht diesen nicht zu einem neuen "üblichen Gemeinbedarf". "Besondere Kosten"
im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG sind zur Überzeugung des Senats nicht zwingend nur die in einem besonderen Einzelfall entstandenen Kosten. Ein Einzelfallbezug
erscheint dann nicht erforderlich und eine Erstattungsfähigkeit gleichwohl möglich, wenn - wie vorliegend - eine besondere
Situation wie eine Pandemie einen unüblichen Aufwand erfordert, der in einer Vielzahl von Einzelfällen situationsbedingt zwingend
anfällt.Hinsichtlich der Frage, ob die vom Antragsteller aufgeführten Hygieneverbrauchsmittel - zu denen zwar auch, aber nicht
ausschließlich - Desinfektionsmittel zählen, zu den üblichen Gemeinkosten zu rechnen sind, ist daher eine differenzierte Betrachtung
angezeigt. Zwar ist es zutreffend, dass Hygienemittel zu den Stoffen und Werkzeugen zählen, die der Antragsteller in seiner
Praxis auch ohne aktuelle Pandemie vorhält und benutzt (vgl. Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 17.09.2020 - S 2 R 250/19, juris Rn. 15). Allerdings gehören zum einen nicht sämtliche Hygieneverbrauchsmittel "in jedem Falle" zu den Stoffen und
Werkzeugen, die ein Sachverständiger in seiner Praxis "auch ohne aktuelle Pandemie" vorhält und benutzt, da beispielsweise
FFP2 Masken und Spuck-Gesichtsmasken nicht ausnahmslos in jedem Falle in jeder ärztlichen Praxis ungeachtet der Pandemie vorgehalten
werden. Zum anderen ist ein pandemiebedingter Mehrverbrauch von Desinfektionsmitteln gegeben. Dass in Zeiten der COVID-19
Pandemie einem beauftragten Sachverständigen mit unmittelbarem Arzt-Patienten-Kontakt, d.h. bei angeordneter persönlicher
ambulanter oder stationärer Untersuchung, ein erhöhter Hygieneaufwand anfällt, steht für den Senat damit auch ohne entsprechende
detaillierte Darlegungen außer Zweifel. Sachverständige, die Gutachten für die Gerichte erstatten, müssen ihre Aufgaben unter
Beachtung der für Ärzte geltenden und in Pandemiezeiten entsprechend erhöhten Hygienestandards erfüllen.Da andere Bestimmungen
des JVEG (§§ 5 bis 7, 8 bis 11 JVEG) keinen Ersatz für besondere (hier: durch die Covid-19 Pandemie bedingte) erhöhte Aufwendungen für Hygiene vorsehen, können
grundsätzlich auch pandemiebedingte notwendige besondere Aufwendungen in Abgrenzung zu den "üblichen" Gemeinkosten unter §
12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG fallen.
Über § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG ist das hier erkennbar vorrangig geltend gemachte Hygieneverbrauchsmaterial abrechnungsfähig, wenn es, wie vorliegend, pandemiebedingt
ist und deshalb seiner Art nach in Praxen entweder bisher nicht vorgehalten wurde oder es vorgehalten wurde, die Verbrauchskosten
jedoch die bisher üblichen Aufwendungen übersteigen, sofern die Aufwendungen notwendig waren. Über die Notwendigkeit entscheidet
der Sachverständige unter Berücksichtigung des Auftragsinhalts nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. Binz, in: Binz/Dornhöfer/Zimmermann,
GKG/FamGKG/JVEG, 4. Auflage 2019, § 12 JVEG Rn 3), welches nur in diesen Grenzen überprüfbar ist (Weber, in: Hartmann/Toissant, a.a.O., Rn 2). Kosten sind insoweit nicht
zu entschädigen, als sie überflüssig waren (Binz, a.a.O.). Zu diesen Kosten gehören nicht die Kosten für die geltend gemachten
Werkzeuge (Luftreinigungsgerät und berührungsloses Fieberthermometer). Deren Berücksichtigung steht bereits entgegen, dass
das Gesetz nach seinem Wortlaut für die Erstattung ausdrücklich einen "Verbrauch" verlangt, was einen erheblichen Substanzverlust,
eine erhebliche Wertminderung oder eine Beeinträchtigung der Brauchbarkeit voraussetzt (vgl. Schneider, a.a.O. Rn. 33).Was
die Höhe des dem Antragsteller in Zeiten der Covid-19 Pandemie zuzubilligenden Kostenersatzes angeht, finden sich Kriterien
zur Konkretisierung der notwendigen besonderen Kosten im JVEG nicht. Die mit dem Antragsteller getroffene Vereinbarung regelt dies ebenfalls nicht. Der Begriff der "notwendigen besonderen
Kosten" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Kontrolle; im Ausnahmefall können diese Kosten
auch pauschaliert oder geschätzt werden (Bleutge, in: BeckOK, Kostenrecht, Dörndorfer/Nelle/Wendtland/Gerlach, 31. Auflage,
§ 12 JVEG, Rn. 8 unter Verweis auf LSG Hessen, Beschluss vom 30.06.2014 - L 2 R 106/13 B, juris). Einen solchen Ausnahmefall, in dem eine Pauschalierungs-/Schätzungsbefugnis besteht, sieht der Senat im vorliegenden
Fall als gegeben an. Es würde einen unverhältnismäßig hohen Ermittlungsaufwand erfordern, wenn in jedem einzelnen Abrechnungsfall
von den beteiligten Kostenstellen verlangt würde, zeit- und kostenaufwendige Ermittlungen zu Kleinstbeträgen im einstelligen
Eurobereich oder darunter für verbrauchte Hygienestoffe anzustellen. Vorliegend wären dies entsprechende Ermittlungen zu Ausgaben
für beispielsweise FFP2 Masken, Überziehschuhe, Einmalhandschuhe, Flächendesinfektionsmittel, Händedesinfektionsmittel, chirurgische
OP-Hauben und Spuck-Gesichtsmasken, deren Kosten in Zeiten der Pandemie stark variieren. Diese Feststellungen würde die Prüfung
der Notwendigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG mit der im Einzelfall schwierigen tatsächlichen Abgrenzung zu üblichen Gemeinkosten und der Berücksichtigung des pflichtgemäßen
und nur in diesen Grenzen überprüfbaren Ermessens beinhalten. Dazu kommt noch, dass dem Sachverständigen umfassende Dokumentationspflichten
über sein Hygieneverbrauchsmaterial abverlangt werden würden. Es ist zur Überzeugung des Senats nicht angemessen, vom Sachverständigen
einen zeit- und kostenaufwändigen Einzelnachweis der gutachtenbezogenen zusätzlichen Hygieneaufwendungen und damit eine konkrete
Bezifferung der Kosten für die jeweilige Untersuchung zu verlangen. Dies würde die Anforderungen an die Darlegungspflichten
des Sachverständigen überspannen, die bei lebenspraktischer Sicht an ihn gestellt werden können. Zur Konkretisierung des unbestimmten
Rechtsbegriffs "notwendige besondere Kosten" im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG ist daher zur Überzeugung des Senats auf einen pauschalierenden Ansatz zurückzugreifen und in entsprechender Anwendung des
§
287 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls eine Schätzung vorzunehmen (so auch LSG Hessen, Beschluss vom 30.06.2014,
a.a.O., Rn. 51; LG Hamburg, Urteil vom 16.11.2018 - 306 S 49/17, juris Rn. 28).
Im Rahmen dieses Ansatzes zieht der Senat zur Bestimmung der konkreten Höhe jener Kosten im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG die Nr. 245 GOÄ im Wege einer pauschalierten Schätzung in Höhe von 6,41 EUR (1-facher Satz) netto heran, die in einer Gemeinsamen Analogabrechnungsempfehlung
von der BÄK, dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) und den Beihilfekostenträgern des Bundes und der Länder
für die Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen im Rahmen der Covid-19 Pandemie pro Sitzung bei unmittelbarem Arzt-Patienten-Kontakt
als berechnungsfähig angesehen wird.
Den Ansatz jener Pauschale, die die bislang geforderte einzelfallbezogene Konkretisierung der Höhe der Kosten und die Vorlage
der Nachweise entbehrlich macht und ersetzt, hält der Senat sowohl aus Praktikabilitätserwägungen als auch aus Gründen einer
möglichst landesweiten Vereinheitlichung von Maßstäben für zweckmäßig. Über eigene Erfahrungswerte bei der Bestimmung der
konkreten Höhe der besonderen Kosten für die Erfüllung erhöhter Hygienemaßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie im
Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG verfügt der Senat nicht, weshalb er sich diese zu eigen macht.Der Senat hält es auch für sachgerecht, sich hinsichtlich des
Geltungszeitraums der pauschalierten Schätzung an der Laufzeit jener Abrechnungsempfehlungen zu orientieren. Die ursprüngliche
Abrechnungsempfehlung, die initial bis zum 30.06.2020 befristet war, sollte nach der Verlängerung zum 30.09.2020 zunächst
auslaufen. Aufgrund der Entwicklung des aktuellen Infektionsgeschehens wird die Regelung nach Nr. 245 GOÄ analog (zum 1-fachen Satz) in Höhe von 6,41 EUR netto vorerst bis zum Jahresende (31.12.2020) fortgeführt.
Insgesamt ist die Vergütung des Antragstellers daher unter Berücksichtigung besonderer Aufwendungen für erhöhten Hygieneaufwand
in Höhe von 6,41 EUR nebst der darauf entfallenden Umsatzsteuer in Höhe von 1,22 EUR auf einen Betrag von 1.482,87 EUR festzusetzen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).