Gründe
I.
Umstritten ist, ob die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, dem Antragsteller eine aktive
Neuroprothese zu gewähren.
Der 1956 geborene Antragsteller leidet infolge einer Multiplen Sklerose (MS) an einer Fußheberschwäche. Mit am 15.4.2016 eingegangenem
Schreiben beantragte die Ärztin Dr Q (Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums F ) für ihn bei der Antragsgegnerin
die Gewährung einer aktiven Neuroprothese. Sie führte aus: Ein "MyGait-Verfahren" sei auswärtig bereits getestet worden. Dabei
habe sich eine deutliche Verbesserung des Gehens gezeigt. Der Antragsteller habe ein Video vorgelegt und berichtet, dass sein
Gang-Standbild unter Stimulation deutlich sicherer werde. Er stolpere deutlich weniger und die Fußhebung gelinge ihm besser;
ebenso sei die Stabilität im Sprunggelenk gesteigert, weshalb bei ihm die Implantation einer aktiven Neuroprothese ("ActiGait"),
speziell im Hinblick auf seinen guten Zustand (mobil und arbeitsfähig), indiziert sei. Der Arzt im Medizinischen Dienst der
Krankenversicherung (MDK) K führte in seiner Stellungnahme nach Aktenlage vom 29.4.2016 aus: Die beantragte Versorgung könne
nicht nachvollzogen werden. Vorrangig sei die Versorgung mit einer konfektionierten Fußheberorthese; diese Versorgung sei
ausreichend und zweckmäßig. Durch Bescheid vom 3.5.2016 lehnte die Beklagte im Hinblick darauf die Gewährung der Neuroprothese
ab.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren veranlasste die Antragsgegnerin eine Begutachtung durch Arzt K /Orthopädietechniker
D vom MDK vom Juni 2016 (Hausbesuch am 9.6.2016). Der Antragsteller gab bei der Begutachtung an, eine konfektionierte Fußheberorthese
sei bei ihm erprobt worden; er habe diese aber nicht adäquat nutzen können; aufgrund von Schmerzen im Bereich des Fußes sei
es ihm nicht möglich, das Schuhwerk fest zu schnüren, sodass die Orthese zu locker im Schuh gesessen habe; auch sei die Orthese
nicht geeignet, um das Autofahren zu ermöglichen; hier müsse sie dann immer wieder ausgezogen werden. Die Gutachter gelangten
zu dem Ergebnis, bei der Neuroprothese handele es sich um eine nachrangige Versorgungsalternative zu einer Fußheberorthese;
eine Versorgung mit einer solchen sei bisher nicht durchgeführt worden; anamnestisch sei lediglich eine Erprobung erfolgt.
Darauf gestützt wies die Antragsgegnerin den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 20.9.2016 zurück.
Daraufhin hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Mainz Klage erhoben (S 12 KR 488/16) und am 4.10.2016 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung hat er vorgetragen: Mit Hilfe
einer Fußheberorthese werde kein flüssiges Gangbild sichergestellt; vielmehr werde lediglich das Gehen über kürzere Strecken
überhaupt ermöglicht. Bei einer solchen Versorgung fehle es an einer Stimulation des Muskels, der langfristig nicht mehr trainiert
werde und verkümmere. Eine Orthese sei zwar für multipel eingeschränkte und wenig aktive Personen geeignet. Er dagegen sei
sehr aktiv und engagiert im Berufsleben, wo er täglich Fußwege zurücklegen müsse. Er habe bereits den Versuch mit einer Orthese
unternommen. Bei deren Anwendung hätten sich in der Vergangenheit Probleme gezeigt, da die Schiene aufgrund einer akuten Schmerzsymptomatik
nicht ausreichend fest habe angelegt werden können. Durch die Neuroprothese würden ein erheblicher Trainingseffekt am Muskel
gewährleistet und Fehlhaltungen nahezu vollständig vermieden. Mit diesem System könne er auch wieder lange Gehstrecken zurücklegen.
Es sei versucht worden, äußerlich Elektroden zur Stimulierung der Muskeln aufzubringen; dabei sei es jedoch zu erkennbaren
allergischen Reaktionen gekommen. Er stütze sich auf die "C-Leg-Entscheidung" des Bundessozialgerichts (BSG), auf das Urteil des SG Aachen vom 21.5.2012 (S 14 KR 82/11) und das Urteil des SG Osnabrück vom 8.6.2016 (S 34 KR 251/14). Im Falle einer anderen als der beantragten Versorgung müsse er zum Ausgleich der Behinderung dauerhaft das Medikament Fampyra
einnehmen (Arzneimittel wegen Gehbehinderung bei MS; Kosten monatlich rund 200,-- €). Er sei nicht in der Lage, wegen der
Anschaffung der Neuroprothese finanziell in Vorleistung zu treten. Insbesondere sei es ihm auch nicht zuzumuten, sich der
Gefahr des Verlustes des Krankenversicherungsschutzes auszusetzen, den die Antragsgegnerin für den Fall der eigenmächtigen
Durchführung der Operation in Aussicht gestellt habe.
Der Antragsteller hat ein Arztschreiben des Facharztes für Neurochirurgie Dr M vom Mai 2016 vorgelegt, der ua ausgeführt hat:
Die Testung mit Oberflächenstimulation habe ein sehr gutes Stimulationsergebnis gezeigt. Vor allem habe der Antragsteller
ein wesentlich sichereres Gangbild mit deutlich reduzierter Sturzgefahr gezeigt. Dadurch könnten Stürze vermieden und somit
die Gefahr sekundärer Traumafolgen mit zum Teil sehr starken gesundheitlichen Einschränkungen verringert werden. Mit der Stimulation
könne der Antragsteller längere Strecken in kürzerer Zeit zurücklegen. Dies erleichtere den Alltag, nicht nur im privaten,
sondern maßgeblich auch im beruflichen Bereich. Es stelle sich ein Trainingseffekt ein, sodass die Muskelkraft mit der Länge
der Stimulation zunehme. Da es sich beim Antragsteller um eine nahezu isolierte Fußheberparese handele, sei er sehr gut für
die Nervus-peronaeus-Stimulation geeignet; Hüftbeugung und Kniestreckung seien sehr gut vorhanden; damit sei der Antragsteller
im Vergleich zu den meisten Schlaganfallpatienten, die eine Hemiparese hätten, für dieses Hilfsmittel sehr gut geeignet. Für
den Schlaganfall sei das Implantat schon zugelassen, für MS noch nicht. Außerdem hat der Antragsteller ein Schreiben der Firma
n Services GmbH vorgelegt, wonach diese Firma ab dem 1.1.2017 keine weiteren "ActiGait"-Systeme in den Verkehr bringen werde,
da ihre Suche nach einem strategischen Partner bisher gescheitert sei. Der Antragsteller hat das Protokoll der Sitzung des
SG Osnabrück vom 8.6.2016 vorgelegt, in der der dort gehörte Gutachter Prof Dr G zur Neuroprothese befragt worden war. Dieser
hat die Vorzüge der Versorgung mit einer aktiven Neuroprothese geschildert und ua mitgeteilt, das Implantat werde in der Regel
im Rahmen einer stationären Behandlung eingesetzt. In einem Kostenvoranschlag des Krankenhauses S sind die Kosten der Neuroprothese
einschließlich Implantation mit 25.548,25 € angegeben.
Durch Beschluss vom 26.10.2016 hat das SG Mainz den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung
ausgeführt: Ein Anordnungsanspruch in Bezug auf die Gewährung des beantragten Hilfsmittels nach §
33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) sei nicht glaubhaft gemacht. Vorliegend gehe es um den unmittelbaren Behinderungsausgleich, da die ausgefallene Funktion
durch Elektrostimulation von Muskel und Nerv ersetzt werde. Das in Rede stehende Hilfsmittel sei aber nicht für die Versorgung
von MS-Patienten zugelassen, sondern nur für die Versorgung von Schlaganfallpatienten. Unter Berücksichtigung der fehlenden
Zulassung und der über die reine Hilfsmittelversorgung hinausgehenden Behandlungsziele handele es sich um eine neue Behandlungsmethode.
Deshalb sei nach §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) notwendig (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - 8.7.2015 - B 3 KR 5/14 R), an der es fehle.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 7.11.2016 eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der vorträgt: Das SG habe zu Unrecht darauf abgestellt, dass die aktive Neuroprothese bei MS nicht zugelassen sei. Ausgeglichen werde mit dem
Hilfsmittel die Fußheberparese; welche Grunderkrankung für diese verantwortlich sei, sei unerheblich. Ebenso wie beim Schlaganfall
könne auch die MS zu einer Läsion des oberen Motoneuroms führen. Er verweise erneut auf die Äußerungen des Prof Dr G beim
SG Osnabrück. Im Übrigen handele es sich nicht um eine Behandlungsmethode, für welche es einer Empfehlung des GBA bedürfe,
sondern um die Gewährung eines Hilfsmittels. Es gebe keine über den Behinderungsausgleich hinausgehenden Behandlungs- und
Therapieziele. Ihm sei es nicht möglich, für die Kosten in Vorleistung zu treten. Er weise erneut darauf hin, dass die Antragsgegnerin
erklärt habe, etwaige Folgekosten der Operation nicht zu übernehmen. Sein Fall sei besonders dringlich, da die derzeit in
Deutschland einzige Firma, die das Produkt vertreibe, dessen Vertrieb Ende 2016 einstellen werde. Der Antragsteller hat das
Zulassungszertifikat des TÜV Rheinland vom 26.6.2012 sowie einen Auszug des von der Herstellerfirma des Produkts herausgegebenen
"Handbuchs für Chirurgen" vorgelegt und darauf hingewiesen, dass unter Ziffer 2 als "Verwendungszweck" die Behandlung von
erwachsenen Patienten mit Fußheberschwäche, die an einer Läsion des oberen Motoneurons leiden, angegeben sei.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des SG Mainz vom 26.10.2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
ihm eine aktive Neuroprothese zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor: Nach der Angabe des Herstellers des Produkts auf seiner Internetpräsenz sei dieses notwendig für
Patienten mit mindestens sechs Monate andauernder einseitiger Hemiparese aufgrund eines zerebrovaskulären Insults. Bei dem
vom Antragsteller begehrten Hilfsmittel handele es sich um ein Produkt der Risikoklasse 3 im Sinne von Anhang IX der EU-Richtlinie 93/42/EWG. Das begehrte Implantat habe das notwendige Konformitätsbewertungsverfahren nach § 19 Abs 2 Medizinproduktegesetz (MPG) durchlaufen und sei im Jahre 2006 für den europäischen Markt zugelassen worden. Es existierten aber keine klinischen Prüfungen
oder sonstigen wissenschaftlichen Nachweise darüber, dass es auch für die Behandlung von MS-Patienten geeignet sei. Deshalb
entspreche eine Versorgung mit diesem Implantat nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot der §§
12,
33 SGB V. Die Antragsgegnerin hat Unterlagen vorgelegt.
II.
Die nach §§
172,
173 SGG zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die begehrte einstweilige Anordnung (§
86b Abs
2 SGG) zu erlassen. Denn es fehlt an dem erforderlichen Anordnungsanspruch.
Der Antragsteller hat bei der gebotenen summarischen Prüfung des Sach- und Streitstandes keinen Anspruch auf das begehrte
Hilfsmittel. Nach §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung
zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach §
34 Abs
4 SGB V ausgeschlossen sind.
Die begehrte aktive Neuroprothese ist ein Hilfsmittel, das sowohl dem Zweck des unmittelbaren Behinderungsausgleichs (zu diesem
vgl BSG 25.2.2015 - B 3 KR 13/13 R, [...] Rn 19) dient als auch den Erfolg der Krankenbehandlung sichern soll. Nach der Produktbeschreibung von "ActiGait" handelt
es sich um einen einseitigen teilweise implantierten Stimulator des Nervus peronaeus, der die Unterschenkelmuskeln beim Gehen
aktiviert; das Implantat stimuliert den Nervus peronaeus communis unmittelbar proximal zum Kniegelenk. Diese Stimulation führt
zu einer Kontraktion der Muskeln zur Dorsalflexion und Eversion des Fußes, gefolgt von einer balancierten Dorsalflexion des
Fußes. Das Produkt bezweckt insoweit den unmittelbaren Behinderungsausgleich, als es das Gehen erleichtert und Sturzgefahren
vermindert. Der Erfolg der Krankenbehandlung ist betroffen, soweit es darum geht, einen Trainingseffekt zu erreichen, damit
die Muskelkraft dauerhaft zunimmt.
Der Senat braucht im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend entscheiden, ob ein Anspruch
auf Gewährung der Neuroprothese deshalb ausgeschlossen ist, weil es an einer Empfehlung des GBA (vgl §
135 SGB V) fehlt. Eine solche ist bei einem Hilfsmittel nur notwendig, wenn dieses den Erfolg der Krankenbehandlung sichern soll, nicht
aber bei einem Hilfsmittel, das dem Behinderungsausgleich dient (BSG 8.7.2015 - B 3 KR 5/14 R, [...] Rn 27). Soweit sowohl der Erfolg der Krankenbehandlung als auch der Behinderungsausgleich betroffen ist, kommt es
darauf an, ob das Hilfsmittel eine vom therapeutischen Nutzen unabhängige Funktion hat (BSG 8.7.2015 aaO Rn 46). Es spricht vieles dafür, dass dies vorliegend der Fall ist. Letztlich kann der Senat diese Frage aber
ebenso offenlassen wie die Frage, ob es einer Empfehlung des GBA deshalb nicht bedarf, weil die Neuroprothese im Rahmen einer
stationären Behandlung implantiert werden müsste, §
135 SGB V aber nur die ambulante Behandlung betrifft. Denn auch wenn eine Empfehlung des GBA nicht erforderlich ist, entbindet dies
das Gericht nicht von der Prüfung, ob es gesicherte medizinische Erkenntnisse für die Einhaltung des Qualitätsgebots nach
§
2 Abs
1 Satz 3
SGB V gibt. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nicht von anderen Fallgestaltungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
(vgl zur stationären Heilbehandlung BSG 18.7.2008 - B 1 KR 5/08 R, [...] Rn 52).
In Bezug auf die Qualität und Wirksamkeit des Einsatzes einer Neuroprothese bei MS-Kranken gibt es bislang bei summarischer
Prüfung der Sachlage keine ausreichenden Erkenntnisse. Für ein Medizinprodukt der Klasse III, wie es die aktive Neuroprothese
darstellt, sind klinische Prüfungen zum Nachweis der vom Hersteller vorgegebenen Leistungen, der Sicherheit und der Unbedenklichkeit
vorgeschrieben (vgl §§ 19 ff MPG; BSG 16.9.2004 - B 3 KR 20/04 R, [...] Rn 18). Zwar wurde hinsichtlich der aktiven Neuroprothese im Jahre 2006 das Konformitätsbewertungsverfahren nach §
19 Abs 2 MPG durchgeführt. Dieses bezog sich aber nur auf den Einsatz bei Schlaganfallpatienten. Dagegen existieren bisher keine klinischen
Prüfungen oder ausreichenden sonstigen wissenschaftlichen Nachweise dafür, dass es auch für die Behandlung von MS-Patienten
geeignet ist. Dafür spricht auch, dass in dem vom Antragsteller vorgelegten Auszug des von der Herstellerfirma des in Rede
stehenden Produkts herausgegebenen Handbuch die Behandlung von MS nicht explizit erwähnt ist. Entgegen der Auffassung des
Antragstellers kann nicht allein darauf abgestellt werden, es sei im vorliegenden Zusammenhang nicht plausibel, dass es auf
die für die Fußheberschwäche verantwortliche Grunderkrankung ankomme. Die Vor- und Nachteile einer Behandlung oder auch eines
Hilfsmittels können nicht allein aufgrund reiner Plausibilitätserwägungen beurteilt werden. Vielmehr bedarf es wissenschaftlicher
Erkenntnisse, insbesondere aufgrund klinischer Studien. Aus den vom Antragsteller vorgelegten medizinischen Unterlagen und
auch aus dem in einem Verfahren vor dem SG Osnabrück erstatteten Gutachten von Prof Dr G ergeben sich keine ausreichenden
Hinweise auf allgemeine Erkenntnisse über die Geeignetheit des Einsatzes der aktiven Neuroprothese bei MS-Kranken.
§
137c Abs
3 SGB V führt nicht zum Erfolg des Beschwerdeverfahrens. Auch wenn die Implantation der Neuroprothese im Rahmen einer stationären
Behandlung erfolgen müsste, ist fraglich, ob diese Vorschrift vorliegend überhaupt zur Anwendung kommen kann, weil es entscheidend
um die Verwendung der Neuroprothese als Hilfsmittel geht und die Implantation im Rahmen einer stationären Behandlung nur die
Voraussetzungen hierfür schafft. Unabhängig davon sind bei summarischer Prüfung der Sachlage auch keine ausreichenden Erkenntnisse
dafür ersichtlich, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative iSd §
137c Abs
3 SGB V bietet.
Von der Erfüllung der Voraussetzungen des §
2 Abs
1 Satz 3
SGB V kann auch nicht nach §
2 Abs
1a SGB V abgesehen werden. Denn es geht beim Antragsteller nicht um die Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen
Erkrankung oder eine mit einer solchen zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung. Erforderlich wäre insoweit eine
notstandsähnliche Situation (vgl BSG 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R, [...] Rn 23), an der es vorliegend fehlt.
Ohne Erfolg stützt sich der Antragsteller auf das die Versorgung mit einem C-leg betreffende Urteil des BSG vom 16.9.2004 (B 3 KR 20/04 R, [...] Rn 16). Anders als die aktive Neuroprothese ist das C-leg kein Medizinprodukt der Klasse III, bei dem es einer klinischen
Prüfung zum Nachweis der vom Hersteller vorgegebenen Leistungen, der Sicherheit und der Unbedenklichkeit bedarf (vgl BSG 16.9.2004 aaO Rn 18). Im Falle des C-leg lagen im Übrigen aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz des BSG - im Gegensatz zur vorliegenden Fallkonstellation - ausreichende Erkenntnisse über Qualität und Wirksamkeit des Hilfsmittels
vor. Den vom Antragsteller angegebenen Entscheidungen des SG Aachen (aaO) und des SG Osnabrück (aaO) folgt der Senat aus den
dargestellten Gründen nicht.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach §
14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) für einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Erwerbsleben wegen fehlender Weiterleitung des Antrags an den insoweit
zuständigen Rehabilitationsträger hat der Antragsteller keinen Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel. Die Gewährung eines
Hilfsmittels, für dessen Implantation eine Operation erforderlich ist und das vorrangig dem Behinderungsausgleich bzw der
Sicherung der Krankenbehandlung iSd §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V dient, ist nicht als Leistung zur Teilhabe möglich (vgl LSG Rheinland-Pfalz 15.9.2016 - L 5 KR 155/16). Unabhängig davon darf das Erfordernis gesicherter Erkenntnisse über den Qualität und Wirksamkeit eines Hilfsmittels nicht
dadurch ausgehöhlt werden, dass die Maßnahme als Leistung zur Teilhabe am Erwerbsleben qualifiziert wird (vgl aaO).
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des §
193 SGG.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Bundessozialgericht nicht zulässig (§
177 SGG).