Berücksichtigung von Jahresendprämien als weitere Arbeitsentgelte
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
Glaubhaftmachung des Zuflusses von Jahresendprämien
Darlegung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte
der Klägerin für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1977
bis 1983 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.
Der 1945 geborenen Klägerin wurde, nach einem Fachschul(abend-)studium in der Fachstudienrichtung Ingenieurökonomie an der
Ingenieurhochschule Z ... in der Zeit von September 1967 bis März 1973, mit Urkunde vom 16. März 1973 das Recht verliehen,
die Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom" zu führen. Sie arbeitete bereits seit dem 1. September 1965 als Sachbearbeiterin im
volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat Robotron und war vom 1. März 1972 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Gruppenleiterin
der Materialversorgung und (später) als Fachgebietsverantwortliche für Methodik/Analysen im VEB RAFENA-Werke Y ... bzw. im
- unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb - VEB Robotron Elektronik A ... beschäftigt. Sie erhielt keine Versorgungszusage und
war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 26. August 2004 beantragte die Klägerin, unter Vorlage von Entgeltbescheinigungen der Robotron W ... GmbH vom 17. Februar
1993 und der V ... Systemhaus GmbH vom 15. Juli 1999, die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Den Antrag lehnte
die Beklagte mit Bescheid vom 22. April 2005 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2005 ab.
Am 22. November 2006 beantragte die Klägerin erneut die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Die Beklagte stellte
daraufhin mit Bescheid vom 19. Dezember 2006 die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 1. März 1973 (unzutreffend, richtigerweise: 16. März 1973) bis 27. Mai 1974 sowie
vom 1. September 1975 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigungen der Robotron W ...
GmbH vom 17. Februar 1993 und der V ... Systemhaus GmbH vom 15. Juli 1999, fest. Zugleich hob sie den bisherigen Bescheid,
soweit er entgegenstand, auf.
Mit Überprüfungsantrag vom 23. Juni 2014 begehrte die Klägerin die Berücksichtigung von Jahresendprämien in Höhe von 70 Prozent
des Entgelts des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres als glaubhaft gemachtes Arbeitsentgelt und legte eine gemeinsame Erklärung
des ehemaligen Betriebsdirektors U ... und des ehemaligen Hauptbuchhalters T ... des ehemaligen VEB RAFENA-Werke A ... bzw.
des Nachfolgebetriebes VEB Robotron Elektronik A ... von November 2007 vor. In dieser ist ausgeführt, dass alle ehemaligen
Mitarbeiter des Betriebes seit März 1969 eine Jahresendprämie jährlich in Höhe eines durchschnittlichen Monatsgehaltes erhielten.
Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. September 2014 ab. Den hiergegen am 29. September 2014 erhobenen
Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus:
Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht
worden. Die Zeugenerklärungen enthielten keine konkreten Angaben zu den Höhen der Prämien. Die Höhe der Jahresendprämien des
Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen
werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 19. Dezember 2014 Klage zum Sozialgericht Dresden, mit der sie konkretisierend die Berücksichtigung
von Jahresendprämien für die Jahre 1977 bis 1990 (Zuflussjahre) geltend machte. Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit
Urteil vom 2. März 2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin nicht in den Anwendungsbereich des AAÜG einbezogen sei, da sie keine Versorgungsurkunde oder tatsächliche nachträgliche Einbeziehung erhalten habe. Der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) hinsichtlich der Möglichkeit des Bestehens einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft sei nicht zu folgen. Höhere Arbeitsentgelte
oder weitere Prämien seien daher von vornherein nicht zu berücksichtigen.
Gegen das am 8. März 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. März 2017 Berufung eingelegt, mit der sie zunächst ihr
Begehren nach Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Jahre 1977 bis 1990 (Zuflussjahre) weiterverfolgte, dieses jedoch
mit Schriftsatz vom 2. Februar 2018 auf die Jahre 1977 bis 1983 (Zuflussjahre) beschränkte. Das Sozialgericht habe die Rechtsprechung
des BSG missachtet. Die Jahresendprämienzahlungen seien dem Grunde nach durch die Zeugenaussagen glaubhaft gemacht worden. Bei der
Höhe der Prämien müsse zumindest die Mindesthöhe berücksichtigt werden.
Die Klägerin beantragt - sinngemäß und sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. März 2017 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 19.
September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2014, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom
19. Dezember 2006 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1977 bis 1983 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der
nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis, nicht allerdings in der Begründung, für zutreffend.
Das Gericht hat eine schriftliche Auskunft der Zeugin C ... vom 22. Februar 2018 eingeholt sowie arbeitsvertragliche Unterlagen
zur Klägerin beigezogen.
Mit Schriftsätzen vom 28. März 2018 (Klägerin) und vom 4. April 2018 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis
zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des
Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden
erklärt haben (§
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II. Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen
hat. Denn die Klägerin hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihr in den Jahren 1977 bis 1983
zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid
vom 19. Dezember 2006 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen
und ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit sie darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte begehrt,
ist die Berufung unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen war. Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1984 bis 1990
begehrt die Klägerin ausdrücklich und ausweislich ihres klarstellenden Schriftsatzes vom 2. Februar 2018 inzwischen nicht
mehr; insoweit hat sie ihre Berufung bereits zurückgenommen (§
156 Abs.
1 SGG).
Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 19. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2014
ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§
54 Abs.
2 Satz 1
SGG), weil mit ihm das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist
(§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. März 2017 (teilweise)
abzuändern, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 19. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember
2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 19. Dezember 2006 dahingehend abzuändern, dass
für die Jahre 1977 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits
festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und
ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen sind.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt
oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt,
auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für
die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid vom 19. Dezember 2006 ist teilweise rechtswidrig.
Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren
(§
149 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat
die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 13. März 2001 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der
Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§
256a Abs.
2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des
Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt,
dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§
256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem
"aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen
unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall
mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen
der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag
der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung
mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit
Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben
galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I
1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als
Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie.
Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv,
dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen
Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger
des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger
die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog.
Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit,
betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).
Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung
zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem
einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen,
also tatsächlich gezahlt, worden ist.
Gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem
Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens
weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der
glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat die Klägerin den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen,
jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die zur Auszahlung an sie gelangten,
hat sie zwar nicht nachgewiesen, zum Teil allerdings, und zwar für die Zuflussjahre 1977 bis 1983 in einer Mindesthöhe glaubhaft
machen können (dazu nachfolgend unter 2.).
1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter
a), jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):
a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an die Klägerin geflossene Prämienzahlungen konnte sie nicht vorlegen. Sie selbst verfügt auch über keine Unterlagen,
mit denen sie die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie sie selbst ausführte.
Nachweise zu an die Klägerin gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch [SGB IV]), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsüberprüfungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus
Office Systems GmbH abgesehen hat.
b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an die Klägerin ist aber im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein
einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar
durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges,
absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es
genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten
ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht
zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer
Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).
Dies zu Grunde gelegt, hat die Klägerin im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen
(§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie in den geltend gemachten Jahren vorlagen und sie jeweils eine Jahresendprämie
erhalten hat:
aa) Die Klägerin war in den Jahren 1976 bis 1982 während des gesamten Planjahres Angehörige des VEB RAFENA-Werke A ... bzw.
des Rechtsnachfolgebetriebes VEB Robotron Elektronik A ... (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten
arbeitsvertraglichen Unterlagen (Bl. 60-62 sowie Bl. 77-84 der Gerichtsakte) sowie aus den Eintragungen in ihrem Ausweis für
Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 59 der Gerichtsakte) ergibt.
bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv,
dem die Klägerin jeweils angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1
DDR-AGB). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung
war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend
vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht
[der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in
Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag
zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag
in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar
1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S.
810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur-
und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30,
S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung
über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom
9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die
in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag
festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass
ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen,
unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen
des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz
3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).
Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte
vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem
Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die 'leere Hülle' ist tot - wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung]
2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden
können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge
seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten
Einzelfall nicht eingesehen werden können.
cc) Ausgehend von den schriftlichen Auskünften der Zeugen U ..., T ... und C ... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist
zudem glaubhaft gemacht, dass die Klägerin und das Arbeitskollektiv, dem sie angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien
in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).
In der von der Klägerin (und auch von der schriftlich befragten Zeugin C ... nochmals) vorgelegten gemeinsamen Erklärung des
ehemaligen Betriebsdirektors U ... und des ehemaligen Hauptbuchhalters T ... des ehemaligen VEB RAFENA-Werke A ... bzw. des
Nachfolgebetriebes VEB Robotron Elektronik A ... von November 2007 (Bl. 12 der Verwaltungsakte und Bl. 73 der Gerichtsakte)
wird ausgeführt, dass alle ehemaligen Mitarbeiter des Betriebes seit März 1969 eine Jahresendprämie jährlich in Höhe eines
durchschnittlichen Monatsgehaltes erhielten. Die Jahresendprämie war an die kontinuierliche und erfolgreiche Planerfüllung
gebunden, die in den Jahresabschlussdokumenten durch die Staatliche Finanzrevision bestätigt wurden. Dies betraf insbesondere
folgende Zielstellungen: - sortimentsgerechte Warenbereitstellung, - termingerechte Überleitung von neu entwickelten Erzeugnissen,
- Erfüllung aller Exportverpflichtungen, - Produktion von Erzeugnissen mit dem Gütezeichen "Q", - Erfüllung der staatlichen
Auflagen für die Entwicklung und Produktion elektronischer Rechentechnik für Inland und Export, - Zusatzproduktion hochwertiger
Konsumgüter, - Erfüllung aller betriebswirtschaftlicher Kennziffern, insbesondere im Bereich Rationalisierung und Einführung
neuer Technologien. Die Erfüllung dieser Aufgaben wurde im Rahmen des betrieblichen Wettbewerbes zur Basis für die Ermittlung
und Zahlung der Jahresendprämie in Höhe eines Monatsverdienstes unter Regie der Gewerkschaft. Die Auszahlung erfolgte auf
der Grundlage von Prämienlisten in den Abteilungen im besonderen Rahmen einer Veranstaltung zum Jahresende. In der Regel erhielten
die Mitarbeiter kein besonderes betriebliches Dokument über die ausgezahlten Prämien. Insofern gibt es auch keine betrieblichen
gesondert archivierten Prämienunterlagen der Betriebe. Der ehemalige Betriebsdirektor und der ehemalige Hauptbuchhalter, die
für die Ordnungsmäßigkeit und Gewährung der Jahresendprämien verantwortlich waren, erklärten, dass die Darlegungen für alle
ehemaligen Mitarbeiter und somit auch für den Antragsteller, sofern er Mitarbeiter der Betriebe war, als Basis für die Einbeziehung
der Jahresendprämien dienen können. Inwieweit einzelne Mitarbeiter keine Jahresendprämienzahlungen erhalten haben, sei nicht
mehr nachvollziehbar, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit könne jedoch von der Zahlung der Jahresendprämien nach den in der
gemeinsamen Erklärung dargestellten Berechnungsmodus an alle Mitarbeiter ausgegangen werden.
In ihrer vom Berufungsgericht mit Schreiben vom 6. Februar 2018 (Bl. 67-68 der Gerichtsakte) eingeholten schriftlichen Erklärung
vom 22. Februar 2018 (Bl. 69-71 der Gerichtsakte) bestätigte die Zeugin C ..., die die Klägerin seit dem Jahr 1965 aus der
betrieblichen Zusammenarbeit kannte, mit ihr zusammenarbeitete und seit dem Jahr 1986 als ihre Vorgesetzte fungierte, diese
Angaben, bezog sich ausdrücklich auf diese gemeinsame Erklärung von November 2007 (Bl. 73 der Gerichtsakte) und führte aus,
dass die Klägerin als ihr bekannte sehr gewissenhafte und kompetente Mitarbeiterin jährlich Jahresendprämien, wie alle Beschäftigten
im Betrieb, erhalten hatte. Zum Prozedere der Jahresendprämiengewährung im Betrieb teilte sie mit: Für alle Abteilungen wurden
Prämienlisten für die Jahresendprämie erstellt, in denen jeder Mitarbeiter erfasst wurde. Die Berechnung der Höhe der Jahresendprämie
erfolgte tabellarisch auf der Grundlage des durchschnittlichen Monatsgehalltes zum Prozentsatz (ca. 89 bis 100 Prozent) unter
Berücksichtigung der Ausfalltage (zum Beispiel Tage der Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung) und einer Stimulierung für
gute Leistungen. Den Entwurf einer solchen Prämienliste für das Planjahr 1986 vom 8. Januar 1987 konnte die Zeugin noch vorlegen
(Bl. 72 der Gerichtsakte). Diese Listen wurden vom Abteilungsleiter und dem Vertreter der Gewerkschaft unterschrieben. Die
Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte in der Abteilung in einer Besprechung unter Anwesenheit aller Mitarbeiter. Jeder
Mitarbeiter erhielt die Jahresendprämie vom Abteilungsleiter im Umschlag in bar ausgezahlt und quittierte den Empfang auf
der Prämienliste. Er erhielt dazu kein eigenes betriebliches Dokument. Die Plankennziffern des Betriebes wurden jedes Jahr
erfüllt, sodass die Jahresendprämien jedes Jahr vom Betrieb gezahlt werden konnten. Die Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte
jeweils am Jahresanfang für das vorangegangene Jahr.
Unzulänglichkeiten der Klägerin, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben
können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben der Zeugin C ...
sind vor dem Hintergrund der beigezogenen Leistungsbeurteilungen und Arbeitseinschätzungen des Betriebes über die Klägerin
plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass die Klägerin die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte.
So wird unter anderem im Arbeitszeugnis der Robotron-W ... GmbH A ... vom 31. Januar 1991 (Bl. 85 der Gerichtsakte), das über
den gesamten Beschäftigungszeitraum der Klägerin im Betrieb seit 1963 Auskunft gibt, ausgeführt, dass die Klägerin - die ihr
übertragenen Aufgaben stets mit großer Sorgfalt und Umsicht zur vollsten Zufriedenheit ausführte, - anerkennenswerten Fleiß
zeigte, - ihre Mitarbeiter vorbildlich anleitete und - im Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeiter sich stets korrekte
zeigte.
Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise der Klägerin weiterhin durch
die ihr vom Betrieb verliehenen Auszeichnungen als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen Arbeit" in den Jahren 1970,
1973, 1976, 1978, 1979, 1980, 1981, 1982 und 1983 (vgl. die Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung auf
Bl. 57 der Gerichtsakte sowie die Urkunden teilweise auf Bl. 86-92 der Gerichtsakte). Mit diesen Auszeichnungen wurden unter
anderem beispielgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen Mitglieds des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb,
also konkret auch der Klägerin, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen
Verteidigung des Ehrentitels 'Kollektiv der sozialistischen Arbeit'", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über
die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.]
war). Darüber hinaus wurde ihr im Jahr 1970 die Auszeichnung als "Aktivist der sozialistischen Arbeit" verliehen (vgl. die
Eintragung im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung auf Bl. 57 der Gerichtsakte sowie die Urkunden auf Bl. 91 der Gerichtsakte).
Auch mit dieser Auszeichnung wurden unter anderem hervorragende und beispielgebende Arbeitsleistungen gewürdigt (vgl. dazu:
§ 1 der "Ordnung über die Verleihung des Ehrentitels 'Aktivist der sozialistischen Arbeit'", die Bestandteil der "Bekanntmachung
der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck
Nr. 952, S. 1 ff.] waren). Im Jahr 1983 wurde sie zudem vom Betrieb mit einer Auszeichnungsreise nach Budapest belohnt (vgl.
die Eintragung im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung auf Bl. 57 der Gerichtsakte).
Insgesamt ergeben sich daher keinerlei Zweifel daran, dass die Klägerin und ihr Arbeitskollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskennziffern
jährlich erfüllt hatten.
2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die geltend gemachten Planjahre (1976 bis 1982) in den Zuflussjahren 1977
bis 1983 zur Auszahlung an die Klägerin gelangten, konnte sie zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für
die im Berufungsverfahren - nach teilweiser Berufungsrücknahme nur noch geltend gemachten - Zuflussjahre 1977 bis 1983 zum
Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b).
a) Die der Klägerin für die geltend gemachten Planjahre (1976 bis 1982) in den Jahren 1977 bis 1983 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge
sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:
Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an die Klägerin geflossene Prämienzahlungen konnte sie nicht vorlegen. Sie selbst verfügt auch über keine Unterlagen,
mit denen sie die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie sie selbst ausführte.
Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnte auch die Zeugin nicht vorlegen.
Soweit die Zeugin C ... den Entwurf einer Prämienliste für das Planjahr 1986 vom 8. Januar 1987 verlegte, in dem für die Klägerin
ein Prämienbetrag in Höhe von 1.200,00 Mark vermerkt ist (Bl. 72 der Gerichtsakte), ist darauf hinzuweisen, dass das Planjahr
1986 bzw. das Zuflussjahr 1987 wegen der teilweisen Berufungsrücknahme der Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten
vom 2. Februar 2018 nicht mehr streitgegenständlich ist.
Nachweise zu an die Klägerin gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsüberprüfungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office
Systems GmbH abgesehen hat. Von einer Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort - wie
aus entsprechenden Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde - lediglich statistische Durchschnittwerte der in den
Kombinaten gezahlten durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden
sind, die keinerlei Rückschluss auf die individuelle Höhe der an die Klägerin in einem konkreten Kombinatsbetrieb gezahlten
Jahresendprämienhöhe erlauben.
b) Die konkrete Höhe der an die Klägerin für die geltend gemachten Planjahre (1976 bis 1982) in den Jahren 1977 bis 1983 zugeflossenen
Jahresendprämienbeträge ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa). Allerdings sind die für die
Planjahre 1976 bis 1982 in den Zuflussjahren 1977 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge zumindest zum Teil, nämlich
in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):
aa) Den Angaben der Klägerin sowie der Zeugen kann lediglich entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie am Monatsgehalt
des jeweiligen Werktätigen orientierte. Die Klägerin selbst tätigte keinerlei Angaben zu den ungefähren oder gar konkreten
Höhen der Jahresendprämienbeträge. Sie konnte lediglich angeben, dass Basis der Berechnung der jeweils einzelnen individuellen
Jahresendprämien das Monatsgehalt des jeweiligen Beschäftigten war und die Prämienbeträge auf der Grundlage der Planerfüllung
und des Monatsgehalts berechnet wurden. Auch die Zeugen konnten lediglich angeben, dass bei Planerfüllung die Jahresendprämien
gezahlt wurden, individuelle Beträge festgelegt wurden und sich der Betrag am jeweiligen individuellen Monatsgehalt orientierte.
Die Zeugin C ... gab an, die Klägerin habe jeweils eine Jahresendprämie in Höhe eines durchschnittlichen Monatsgehaltes (ca.
89 bis 100 Prozent) erhalten. Angaben dazu in welcher Höhe die Klägerin Jahresendprämien erhielt, konnte keiner der Zeugen
machen. Die Glaubhaftmachung einer bestimmten Höhe ist mit der Angabe, das sich die Jahresendprämie ungefähr am Monatsgehalt
orientierte, nicht verbunden, denn es handelt sich um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine - vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) - Schätzung hinausläuft, die nicht zu Grunde gelegt werden kann.
Auch soweit die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten im Verfahren vortragen ließ, die Jahresendprämien seien mindestens
in Höhe von 70 Prozent des monatlichen Durchschnittsverdienstes des vorangegangenen Kalenderjahres gezahlt wurden, genügt
dies nicht zur Glaubhaftmachung einer bestimmten oder bestimmbaren Höhe, da jegliche nachvollziehbaren Grundlagen und Hinweistatsachen
fehlen, die ausgerechnet diese "versicherte" Höhe bzw. Mindesthöhe überwiegend wahrscheinlich werden lassen. Denn auch bei
dieser angegebenen Mindesthöhe der Klägerin handelt es sich im Ergebnis um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine
- vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) - Schätzung hinausläuft und damit nicht zu Grunde gelegt werden
kann. Konkretere oder präzisierende Angaben konnten nämlich gerade weder von den Zeugen noch von der Klägerin getätigt werden.
In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben der Klägerin und der Zeugin zur Höhe der an die Klägerin geflossenen Jahresendprämienbeträge
insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs
immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten
Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des von der Klägerin angegebenen Prozentsatzes eines Bruttomonatslohns
abzugeben geeignet ist.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis grundsätzlich (zu den Ausnahmen nachfolgend unter bb) an einem geeigneten
Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämien beurteilt werden kann und der von der
Klägerin und der Zeugin behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten
des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:
Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die
Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie - Erläuterungen
zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke
"Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die
Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann
individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.
Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung
der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest,
wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO
1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben,
die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten
und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO
1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen
Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen
Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO
1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt
haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten
waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972] vom 24.
Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen
Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich
1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne
Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz
2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982),
wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete
Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I
1982, Nr. 34, S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986,
Nr. 6, S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader
in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§
6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§
6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen
Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch
die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag
getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der
den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB
zur Prämienfond-VO 1982).
Weder zu den individuellen Leistungskennziffern der Klägerin noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe
maßgeblichen Faktoren konnten die Klägerin oder die Zeugin nachvollziehbare Angaben tätigen.
Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße
Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien
berücksichtigt worden sind - etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten -, genügen nicht, um den Zufluss
von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an die Klägerin glaubhaft zu machen. Denn hierfür
wäre - wie ausgeführt - erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des von der Klägerin geltend gemachten Zeitraumes eine
entsprechende Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich
der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.
bb) Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl.
II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen
und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl.
II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und
Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und
- der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO
1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember
1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde
nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.
Für diese Zeiträume legten - § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968, - § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und - § 6 Abs. 1 Nr.
1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung
der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines
(durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie
durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten
werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5
Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung,
dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes"
nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe
des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier
vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als generelle Anknüpfungstatsachen heranzuziehen
(vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19) und bestätigen - im Zeitraum ihrer Geltung - zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages
jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die Beklagte meint, bei dem
in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen
Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt habe, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung
beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften
sowie des Sinn und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst"
bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst"
bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO
1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des,
also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Zutreffend
ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung
in Form von Jahresendprämie nur dann besteht, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen
Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte
weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür ist, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie"
dem Grunde nach haben, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte.
Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes der Klägerin in den betroffenen Jahresendprämienjahren
diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil
die Klägerin sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen
Jahresendprämienjahren erfüllte. Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten
Einzelfall dem Grunde nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach
von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond
den Mindestbetrag in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im
Mindestumfang überhaupt für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob die Klägerin dem Grunde nach überhaupt Anspruch
auf Jahresendprämien gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen,
Zirkelschluss (sog. petitio principii).
Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein
derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt
werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen
Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen
(bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb
festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde
in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO'en 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe
noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten
Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren,
die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr
1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.
Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben diese Regelungen damit für die geltend gemachten Planjahre 1976 bis 1982
und damit für die Zuflussjahre 1977 bis 1983 Bedeutung, weil die Klägerin in diesen Jahren den Zufluss von Jahresendprämien,
und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat. Die Mindesthöhe ist auch konkret
berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst der Klägerin, ausgehend von den im Feststellungsbescheid der
Beklagten vom 19. Dezember 2006 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften der ehemaligen Beschäftigungsbetriebe
bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stellen (Entgeltbescheinigungen der Robotron W ... GmbH vom 17. Februar 1993 und der
V ... Systemhaus GmbH vom 15. Juli 1999) basierenden Entgelten, hinreichend individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten
bei der so zu Grunde gelegten Bestimmung des durchschnittlichen Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes,
der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes
und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551,
berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes
und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt
in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete, trägt die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung
sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben
könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes
galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen
zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1.
Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschläge,
zusätzliche Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen
bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie
Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der im Feststellungsbescheid
der Beklagten vom 19. Dezember 2006 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes
bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Entgeltbescheinigungen der Robotron W ... GmbH vom 17. Februar 1993 und der V
... Systemhaus GmbH vom 15. Juli 1999) basierenden Entgelte sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden Blickwinkel.
Dies zu Grunde gelegt, sind für die Klägerin Jahresendprämienzahlungen für die in den Planjahren 1976 bis 1982 erwirtschafteten
und in den Zuflussjahren 1977 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämien wie folgt zu berücksichtigen:
JEP-An-spruchsjahr
|
Jahresarbeits-verdienst
|
Monatsdurch-schnitts-verdienst
|
JEP-Mindest-betrag (= 1/3)
|
davon 5/6 (exakt)
|
JEP-Zuflussjahr
|
1976
|
4.641,85 M
|
386,82 M
|
128,94 M
|
107,45 M
|
1977
|
1977
|
6.738,28 M
|
561,52 M
|
187,17 M
|
155,97 M
|
1978
|
1978
|
9.158,64 M
|
763,22 M
|
264,41 M
|
220,34 M
|
1979
|
1979
|
11.016,94 M
|
918,08 M
|
306,03 M
|
255,02 M
|
1980
|
1980
|
11.409,54 M
|
950,80 M
|
316,93 M
|
264,11 M
|
1981
|
1981
|
12.085,59 M
|
1.007,13 M
|
335,71 M
|
279,76 M
|
1982
|
1982
|
13.945,29 M
|
1.162,11 M
|
387,37 M
|
322,81 M
|
1983
|
3. Die (in der Mindesthöhe in den Jahren 1977 bis 1983 glaubhaft gemachten) zugeflossenen Jahresendprämien als Arbeitsentgelt
im Sinne der §§
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des §
17 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr.
13). Es handelt sich vielmehr um gemäß §
19 Abs.
1 des
Einkommensteuergesetzes (
EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge
und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.