Tatbestand:
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte
des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1978
bis 1990 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1949 geborenen Kläger wurde, nach einem Hochschulstudium in der Fachrichtung Landtechnik an der Technischen Universität
(TU) Y ..., mit Zeugnis vom 3. Juli 1974 das Recht zuerkannt, die Berufsbezeichnung "Hochschulingenieur" zu führen; mit Urkunde
vom 5. November 1974 wurde ihm der akademische Grad "Diplomingenieur" verliehen. Er war vom 1. September 1974 bis 31. Januar
1977 als wissenschaftlicher Assistent an der TU Y ... und vom 1. Februar 1977 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als
Konstrukteur, Arbeitsgruppenleiter Steuerungs- und Regelungstechnik sowie Konstruktion und Abteilungsleiter Konstruktion im
volkseigenen Betrieb (VEB) Bodenbearbeitungsgeräte A ... bzw. - im unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb - VEB Kombinat "Fortschritt"
Landmaschinen (Betrieb Bodenbearbeitungsgeräte A ...) beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der
Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 22. Oktober 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte unter anderem eine
Entgeltbescheinigung der Firma X ... GmbH im Auftrag der LTZ-Abwicklungs-GmbH vom 17. September 2001 für den Beschäftigungszeitraum
von Februar 1977 bis Juni 1990 vor. Mit Bescheid vom 16. April 2002 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten des Klägers
vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, unter anderem auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der Firma
X ... GmbH im Auftrag der LTZ-Abwicklungs-GmbH vom 17. September 2001, fest.
Mit Überprüfungsantrag vom 18. Februar 2014 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Jahre 1975
bis 1990, erklärte, über keine Nachweise zu verfügen und reichte - im Laufe des Verfahrens - eine schriftliche Erklärung des
Zeugen Dr. C ... vom 10. November 2014 ein. Dieser gab an, der Kläger habe vom VEB Bodenbearbeitungsgeräte A ..., wie jeder
andere Mitarbeiter auch, regelmäßig jährlich eine Jahresendprämie ausgezahlt erhalten.
Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Juli 2014 ab. Den hiergegen am 31. Juli 2014 erhobenen Widerspruch
wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der
begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die
Zeugenerklärung enthielte keine konkreten Angaben zu den Höhen der Prämien. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei
von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden
könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.
Hiergegen erhob der Kläger am 6. Februar 2015 Klage zum Sozialgericht Leipzig und begehrte die Berücksichtigung von geschätzten
Jahresendprämien (fünf Sechstel von 70 Prozent eines Zwölftels des nachgewiesenen Jahresgehalts) nach Maßgabe der neueren
Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts als glaubhaft gemachte Entgelte für die Zuflussjahre 1978
bis 1990. Das Sozialgericht Leipzig hat die Klage mit Urteil vom 11. Oktober 2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Jahresendprämien seien kein berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt, da diese Prämien nach DDR-Recht steuer- und betragsfrei
gewesen seien. Der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), das die Jahresendprämien als AAÜG-relevantes Entgelt anerkenne, sei nicht zu folgen.
Gegen das am 27. November 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Dezember 2017 Berufung eingelegt, mit der er sein
Begehren nach Feststellung von Jahresendprämien für den Zeitraum von 1978 bis 1990 (Zuflussjahre) weiterverfolgt. Das Urteil
des Sozialgerichts verstoße gegen materielles Recht, denn es habe die Rechtsprechung des BSG missachtet. Er habe alle Bezugsvoraussetzungen für die Zahlung der Jahresendprämien erfüllt. Die Jahresendprämienzahlungen
seien dem Grunde nach durch die Zeugenaussage glaubhaft gemacht worden. Die Höhe der Prämien könne aus den Eintragungen in
seinem Parteibuch der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) berechnet werden, da in diesem in den Monaten März
1978, April 1979, Mai 1980 und 1981 sowie April 1982 bis 1989 jeweils höhere Parteibeiträge eingetragen seien. Er legte sein
SED-Parteibuch mit Beitragseintragungen von Januar 1971 bis Dezember 1989 vor.
Der Kläger beantragt - sinngemäß und sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 11. Oktober 2017 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom
15. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2015, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom
16. April 2002 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1978 bis 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen
Zusatzversorgungszeiten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis, nicht allerdings in der Begründung, für zutreffend.
Das Gericht hat eine schriftliche Auskunft des Zeugen Dr. C ... vom 31. August 2018 eingeholt sowie arbeitsvertragliche Unterlagen
vom Kläger beigezogen.
Mit Schriftsätzen vom 26. September 2018 (Beklagte) und vom 8. Oktober 2018 (Kläger) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis
zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des
Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden
erklärt haben (§
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet, weil das Sozialgericht Leipzig die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen
hat. Denn der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihm in den Jahren 1979 bis 1983
zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid
vom 16. April 2002 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen
und ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit er darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie
solche für die Zuflussjahre 1978 sowie 1984 bis 1990 begehrt, ist die Berufung unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen
war. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 15. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2015 ist
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§
54 Abs.
2 Satz 1
SGG), weil mit dem Feststellungsbescheid vom 16. April 2002 das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen
worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren das Urteil des
Sozialgerichts Leipzig vom 11. Oktober 2017 (teilweise) abzuändern, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 15. Juli 2014
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid
vom 16. April 2002 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1979 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender
Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen sind.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt
oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt,
auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für
die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid vom 16. April 2002 ist teilweise rechtswidrig.
Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren
(§
149 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat
die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 16. April 2002 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der
Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§
256a Abs.
2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des
Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt,
dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§
256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem
"aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen
unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall
mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen
der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag
der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung
mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit
Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben
galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I
1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als
Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie.
Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv,
dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen
Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger
des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger
die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog.
Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit,
betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).
Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung
zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem
einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen,
also tatsächlich gezahlt, worden ist.
Gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem
Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens
weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der
glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen,
jedoch (für die Zuflussjahre ab dem Jahr 1979, nicht jedoch auch für das Zuflussjahr 1978) glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend
unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die zur Auszahlung an ihn gelangten, hat er zwar nicht nachgewiesen, zum
Teil allerdings, und zwar für die Zuflussjahre 1979 bis 1983 in einer Mindesthöhe glaubhaft machen können; eine Schätzung
hingegen ist nicht möglich (dazu nachfolgend unter 2.).
1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter
a), jedoch (für die Zuflussjahre ab dem Jahr 1979) glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):
a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit
denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch [SGB IV]), weshalb bereits die Beklagte zu Recht im Verwaltungsüberprüfungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an
die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat.
b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger ist aber im vorliegenden Fall (für die Zuflussjahre
ab dem Jahr 1979) glaubhaft gemacht. Für das Zuflussjahr 1978 ist der Zufluss von Jahresendprämienzahlungen hingegen bereits
dem Grunde nach nicht glaubhaft gemacht.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein
einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar
durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges,
absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es
genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten
ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht
zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer
Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).
Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen
(§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie für die Zuflussjahre ab dem Jahr 1979 vorlagen und er jeweils eine
Jahresendprämie erhalten hat:
aa) Der Kläger war in den Jahren 1978 bis 1989 jeweils während des gesamten Planjahres Angehöriger des VEB Bodenbearbeitungsgeräte
A ... bzw. des - unmittelbaren Rechtsnachfolgebetriebes - VEB Kombinat "Fortschritt" Landmaschinen (Betrieb Bodenbearbeitungsgeräte
A ...) (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten arbeitsvertraglichen Unterlagen (Bl. 92-95 der
Gerichtsakte) sowie aus den Eintragungen in seinem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 97-114 der Gerichtsakte)
ergibt.
Im Planjahr 1977 hingegen war er nicht während des gesamten Planjahres Betriebsangehöriger des Betriebs, da er erst zum 1.
Februar 1977 in den VEB Bodenbearbeitungsgeräte A ... eintrat. Für dieses Planjahr (1977) ist daher der Zufluss einer Jahresendprämie
im Jahr 1978 bereits dem Grunde nach nicht glaubhaft gemacht.
bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv,
dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB).
Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung
war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend
vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht
[der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in
Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag
zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag
in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar
1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S.
810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur-
und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30,
S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung
über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom
9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die
in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag
festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass
ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen,
unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen
des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz
3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).
Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte
vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem
Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die 'leere Hülle' ist tot - wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung]
2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden
können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge
seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten
Einzelfall nicht eingesehen werden können.
cc) Ausgehend von den schriftlichen Auskünften des Zeugen Dr. C ... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist zudem glaubhaft
gemacht, dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten
Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).
Der Zeuge Dr. C ..., der den Kläger seit 1978 kannte und dessen Arbeitskollege und später dessen Vorgesetzter war, gab in
seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 10. November 2014 (Bl. 31 der Verwaltungsakte) an, dass der Kläger in der Zeit seiner
Beschäftigung im VEB Bodenbearbeitungsgeräte A ... jedes Jahr eine Jahresendprämie vom Betrieb ausgezahlt erhielt. Als Vorgesetzter
des Klägers musste der Zeuge der Festlegung der Jahresendprämie zustimmen. Auf die schriftliche Anfrage des Berufungsgerichts
vom 27. August 2018 (Bl. 69 der Gerichtsakte) bestätigte er diese Angaben in seiner schriftlichen Erklärung vom 31. August
2018 (Bl. 70 der Gerichtsakte) und führte aus, dass Grundlage der Zahlung der Jahresendprämie die Planerfüllung des Betriebes
war. Die Planerfüllung war in der Regel gewährleistet, sodass die nach dem Betriebskollektivvertrag vereinbarte Summe, die
sich am monatlichen Lohnfonds des Betriebes orientierte (eventuell mit einem Plus der Übererfüllung des Plans) zur Auszahlung
gelangte. Die Verteilung der Jahresendprämie erfolgte nach den Struktureinheiten und ihrer Kollektivstärke. Basis der Zuführung
für das Kollektiv der Abteilung war der Monatslohn der einzelnen Mitarbeiter. Es wurde eine Leistungsbewertung der einzelnen
Kollektivmitglieder vorgenommen. Weniger gut arbeitende Kollegen erhielten einen Abschlag zu Gunsten der besser arbeitenden
Kollegen. Die Auszahlung erfolgte auf Wunsch in bar, ansonsten auf das Gehaltskonto. Der Kläger ist dem Zeugen als sehr guter
Abteilungsleiter und vorbildlicher Konstrukteur in Erinnerung, sodass er immer mit einer Jahresendprämie "um sein Monatsgehalt"
vergütet wurde. Als Abteilungsleiter war der Kläger dem Zeugen direkt unterstellt, sodass er dessen Leistung zu bewerten hatte.
Die Plankennziffern wurden sowohl im Betrieb, als auch im konkreten Arbeitskollektiv des Klägers erfüllt; war dies einmal
nicht der Fall, wurde der Plan korrigiert. Jahresendprämien wurden an den Kläger - wie an jeden anderen Mitarbeiter im Betrieb
auch - jedes Jahr gezahlt. Die Auszahlung erfolgte stets zu Beginn des Jahres für das vorherige Planjahr.
Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben
können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben des Zeugen Dr.
C ... sind vor dem Hintergrund der beigezogenen arbeitsvertraglichen Unterlagen plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme,
dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte. So wird beispielsweise im betrieblichen Arbeitszeugnis
vom 19. März 1991 (Bl. 19 der Verwaltungsakte sowie Bl. 95 der Gerichtsakte), das Auskunft über den gesamten Beschäftigungszeitraum
des Klägers im Betrieb von Februar 1977 bis Februar 1991 gibt, ausgeführt, dass der Kläger - charakterlich ausgeglichen, aufrichtig
und aufgeschlossen war, - hilfsbereit und einsatzfreudig war, - über eine schnelle Auffassungsgabe verfügte und ein schnelles
Reaktionsvermögen besaß, - zu seinem Kollektiv ein gutes kollegiales Verhältnis unterhielt, - die ihm übertragenen Aufgaben
zur vollsten Zufriedenheit erledigte, - über solide theoretische Kenntnisse und langjährige Berufs- und Betriebserfahrungen
verfügte, - ein hohes Maß an Fleiß an den Tag legte, - innerhalb und außerhalb des Betriebes als geachteter Fachmann angesehen
wurde und - sich bei der Einführung moderner Bürocomputer engagierte und dadurch erhebliche Rationalisierungseffekte erzielt
werden konnten.
Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise des Klägers weiterhin durch
die ihm vom Betrieb mit Urkunden für die Jahre 1977 und 1978 (Bl. 90 der Gerichtsakte), 1979 und 1980 (Bl. 91 der Gerichtsakte)
sowie 1985 (Bl. 87 der Gerichtsakte) jeweils verliehenen Auszeichnungen als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen
Arbeit". Mit diesen Auszeichnungen wurden unter anderem beispielgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen
Mitglieds des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb, also konkret auch des Klägers, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung
über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels 'Kollektiv der sozialistischen Arbeit'",
die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen"
vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war). Darüber hinaus wird die vorbildliche Arbeitsweise des Klägers
auch bestätigt durch die ihm vom Betrieb mit Urkunden vom 7. Oktober 1981 (Bl. 89 der Gerichtsakte) und vom 1. Mai 1984 (Bl.
88 der Gerichtsakte) jeweils verliehenen Auszeichnungen als "Aktivist der sozialistischen Arbeit". Mit diesen Auszeichnungen
wurden jeweils unter anderem hervorragende und beispielgebende Arbeitsleistungen gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über
die Verleihung des Ehrentitels 'Aktivist der sozialistischen Arbeit'", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über
die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.]
waren).
Zusammenfassend wird damit bestätigt, dass der Kläger die ihm übertragenen Aufgaben stets hervorragend erledigte, sodass sich
keinerlei berechtigte Zweifel an der Erfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien aufdrängen.
2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1978 bis 1989) in den
Zuflussjahren 1979 bis 1990 zur Auszahlung an den Kläger gelangten, konnte er zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter
a), jedoch für die Zuflussjahre 1979 bis 1983 zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend
unter b). Die Höhe einer dem Grunde nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf - entgegen der bisherigen Rechtsprechung
des erkennenden Senats des Sächsischen Landessozialgerichts - allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).
a) Die dem Kläger für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1978 bis 1989) in den Jahren 1979 bis 1990 zugeflossenen
Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:
Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit
denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.
Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnte auch der Zeuge Dr. C ...
nicht vorlegen.
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte zu Recht im Verwaltungsüberprüfungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus
Office Systems GmbH abgesehen hat. Von einer Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort
- wie aus entsprechenden Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde - lediglich statistische Durchschnittwerte der
in den Kombinaten gezahlten durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren
vorhanden sind, die keinerlei Rückschluss auf die individuelle Höhe der an den Kläger in einem konkreten Kombinatsbetrieb
gezahlten Jahresendprämienhöhe erlauben.
b) Die konkrete Höhe der an den Kläger für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1978 bis 1989) in den Jahren
1979 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa).
Allerdings sind die für die Planjahre 1978 bis 1982 in den Zuflussjahren 1979 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge
zumindest zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):
aa) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Glaubhaftmachung der Jahresendprämien - entgegen der vorgetragenen Ansicht des
Klägers - nicht aus den Beitragseintragungen in seinem SED-Parteibuch (Bl. 48-53 und 56-61 der Gerichtsakte) folgt. Nach der
gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats ist die Behauptung, erhöhte Beiträge, die im Mitgliedsbuch der SED eingetragen
sind, resultieren aus gezahlten Jahresendprämien, nicht geeignet den Zufluss dieses zusätzlichen Arbeitsentgelts glaubhaft
zu machen, wenn den Beitragseinträgen nicht entnommen werden kann, auf welchen konkreten Lohnbestandteil die erhöhten Beiträge
entrichtet wurden (vgl. dazu ausführlich und dezidiert: Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 7. August 2012 - L 5 RS 45/10 - JURIS-Dokument, RdNr. 26-31; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. August 2012 - L 5 RS 480/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 29-37; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. August 2012 - L 5 RS 572/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 29-34; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. August 2012 - L 5 RS 88/10 - JURIS-Dokument, RdNr. 28-33; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 2. Oktober 2012 - L 5 RS 362/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 34-44; ebenso und ausdrücklich im Anschluss an die Urteile des erkennenden Senats: LSG Sachsen-Anhalt,
Urteil vom 12. Dezember 2013 - L 1 R 387/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 25; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Februar 2014 - L 1 RS 28/13 - JURIS-Dokument, RdNr. 27; Thüringer LSG, Urteil vom 27. Mai 2014 - L 6 R 1280/12 - JURIS-Dokument, RdNr. 23; LSG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 9. Oktober 2014 - L 33 R 151/13 - JURIS-Dokument, RdNr. 41-45). Dies ist vorliegend der Fall. Zwar sind in den vom Kläger geltend gemachten Zuflussjahren
teilweise auch separate erhöhte Parteibeiträge im SED-Mitgliedsbuch eingetragen. Woraus diese allerdings resultieren bzw.
worauf diese separaten Beiträge entrichtet worden sind, ist dort nicht vermerkt und daher nicht hinreichend plausibilisiert.
Hinsichtlich der Höhe der gezahlten Jahresendprämien kann auch den Angaben des Klägers sowie des Zeugen lediglich entnommen
werden, dass sich die Jahresendprämie am Monatsgehalt des jeweiligen Werktätigen orientierte. Der Kläger selbst tätigte keinerlei
Angaben zu den ungefähren oder gar konkreten Höhen der Jahresendprämienbeträge. Er konnte lediglich angeben, dass Basis der
Berechnung der jeweils einzelnen individuellen Jahresendprämien das Monatsgehalt des jeweiligen Beschäftigten war und die
Prämienbeträge auf der Grundlage der Planerfüllung und des Monatsgehalts berechnet wurden. Der Zeuge Dr. C ... gab lediglich
an, die Höhe der Jahresendprämie habe "ca. ein Monatsgehalt" betragen (Zeugenerklärung vom 10. November 2014) bzw. habe sich
"um sein Monatsgehalt" bewegt (Zeugenerklärung vom 31. August 2018). Konkrete Angaben dazu, in welcher konkreten Höhe der
Kläger Jahresendprämien erhielt, konnte er hingegen nicht machen. Die Glaubhaftmachung einer bestimmten Höhe ist mit den circa-
bzw. etwa-Angaben des Zeugen nicht verbunden, denn es handelt sich um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine - vom
BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) - Schätzung hinausläuft, die nicht zu Grunde gelegt werden kann.
Konkretere oder präzisierende Angaben konnten nämlich gerade weder vom Zeugen noch vom Kläger getätigt werden.
In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben des Klägers sowie des Zeugen Dr. C ... zur Höhe der an den Kläger geflossenen Jahresendprämienbeträge
insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs
immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten
Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des vom Kläger angegebenen Prozentsatzes eines Bruttomonatslohns
abzugeben geeignet ist.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis grundsätzlich (zu den Ausnahmen nachfolgend unter bb) an einem geeigneten
Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämien beurteilt werden kann und der vom Kläger
und dem Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts
gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:
Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die
Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie - Erläuterungen
zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke
"Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die
Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann
individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.
Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung
der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest,
wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO
1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben,
die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten
und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO
1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen
Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen
Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO
1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt
haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten
waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972] vom 24.
Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen
Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich
1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne
Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz
2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982),
wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete
Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I
1982, Nr. 34, S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986,
Nr. 6, S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader
in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§
6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§
6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen
Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch
die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag
getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der
den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB
zur Prämienfond-VO 1982).
Weder zu den individuellen Leistungskennziffern des Klägers noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe
maßgeblichen Faktoren konnten der Kläger oder der Zeuge nachvollziehbare Angaben tätigen.
Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße
Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien
berücksichtigt worden sind - etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten -, genügen nicht, um den Zufluss
von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an den Kläger glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre
- wie ausgeführt - erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des vom Kläger geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende
Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung
der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.
bb) Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl.
II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen
und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl.
II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und
Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und
- der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO
1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember
1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde
nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.
Für diese Zeiträume legten
- § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968,
- § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und
- § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter
Differenzierung der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen
ein Drittel seines (durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden
Jahresendprämie durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur
dann unterschritten werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle
des § 5 Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die
Formulierung, dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen
Durchschnittsverdienstes" nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht
an eine generelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen
Regelungen sind im hier vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als generelle Anknüpfungstatsachen
heranzuziehen (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19) und bestätigen - im Zeitraum ihrer Geltung - zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages
jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die Beklagte meint, bei dem
in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen
Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt habe, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung
beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften
sowie des Sinn und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst"
bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst"
bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO
1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des,
also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Zutreffend
ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung
in Form von Jahresendprämie nur dann besteht, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen
Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte
weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür ist, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie"
dem Grunde nach haben, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte.
Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes des Klägers in den betroffenen Jahresendprämienjahren
diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil
der Kläger sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren
erfüllte. Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde
nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des
durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag
in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt
für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob der Kläger dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien
gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss
(sog. petitio principii).
Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein
derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt
werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen
Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen
(bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb
festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde
in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO’en 1968, 1971 und 1972 weder eine
Mindesthöhe noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten
Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren,
die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr
1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.
Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben diese Regelungen damit für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre
1978 bis 1982 und damit für die Zuflussjahre 1979 bis 1983 Bedeutung, weil der Kläger in diesen Jahren den Zufluss von Jahresendprämien,
und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat. Die Mindesthöhe ist auch konkret
berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst des Klägers, ausgehend von den im Feststellungsbescheid der Beklagten
vom 16. April 2002 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der
Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Entgeltbescheinigung der Firma X ... GmbH im Auftrag der LTZ-Abwicklungs-GmbH vom 17.
September 2001) basierenden Entgelten, hinreichend individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten bei der so zu
Grunde gelegten Bestimmung des durchschnittlichen Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes, der sich
nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und
über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt
in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes
und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt
in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete, trägt die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung
sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben
könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes
galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen
zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1.
Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschläge,
zusätzliche Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen
bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie
Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der im Feststellungsbescheid
der Beklagten vom 16. April 2002 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes
bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Entgeltbescheinigung der Firma X ... GmbH im Auftrag der LTZ-Abwicklungs-GmbH
vom 17. September 2001) basierenden Entgelte sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden Blickwinkel.
Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die in den Planjahren 1978 bis 1982 erwirtschafteten
und in den Zuflussjahren 1979 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämien wie folgt zu berücksichtigen:
JEP-An-spruchsjahr
|
Jahresarbeits-verdienst
|
Monatsdurch-schnitts-verdienst
|
JEP-Mindest-betrag (= 1/3)
|
davon 5/6 (exakt)
|
JEP-Zuflussjahr
|
1978
|
10.060,30 M
|
838,36 M
|
278,79 M
|
232,32 M
|
1979
|
1979
|
13.234,10 M
|
1.102,84 M
|
367,61 M
|
306,34 M
|
1980
|
1980
|
14.117,45 M
|
1.176,45 M
|
392,15 M
|
326,79 M
|
1981
|
1981
|
15.171,27 M
|
1.264,27 M
|
421,42 M
|
351,18 M
|
1982
|
1982
|
14.708,70 M
|
1.225,73 M
|
408,58 M
|
340,48 M
|
1983
|
c) Weil der Kläger den Bezug (irgend-)einer Jahresendprämie für die Planjahre 1983 bis 1989 in den Zuflussjahren 1984 bis
1990 dem Grunde nach nur glaubhaft gemacht hat, deren Höhe aber weder nachweisen noch glaubhaft machen konnte, kommt eine
Schätzung der Höhe dieser Prämienbeträge nicht in Betracht (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer
Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen
sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung
des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die
Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit §
256b Abs.
1 und §
256c Abs.
1 und
3 Satz 1
SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist
hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung
im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale
Schätzbefugnis gemäß §
287 ZPO, die nach §
202 Satz 1
SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht
ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen,
ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des §
287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die
mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene
Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter
ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen
derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung
in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen
Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).
3. Die (in der Mindesthöhe in den Jahren 1979 bis 1983 glaubhaft gemachten) zugeflossenen Jahresendprämien als Arbeitsentgelt
im Sinne der §§
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des §
17 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr.
13). Es handelt sich vielmehr um gemäß §
19 Abs.
1 des
Einkommensteuergesetzes (
EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge
und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.