Bedarfsgemeinschaft; Berechnungsfaktoren; Differenz; Ende des Arbeitslosengeld I-Anspruchs; erstmalig; erstmalig nach dem
Endes des Bezuges von Arbeitslosengeld I; Zuschlag
Tatbestand:
Die Kläger und Berufungskläger (im Folgenden: Kläger) begehren die Gewährung höherer Leistungen durch die Bewilligung eines
weiteren Zuschlags nach § 24 Zweites Buch Sozialgesetzbuch in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung (SGB II a.F.) in Höhe von 182,00 EUR monatlich im Zeitraum vom 01.11.2006 bis 30.04.2007.
Die 1964 geborene Klägerin zu 1, ihr ebenfalls 1964 geborener Ehemann, der Kläger zu 2, und der am 04.08.1993 geborene gemeinsame
Sohn, der Kläger zu 3, beziehen seit Dezember 2005 laufend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten und Berufungsbeklagten (seit 01.01.2011: Jobcenter; im Folgenden: Beklagter). Die Klägerin zu 1 bezog bis 20.11.2005
Arbeitslosengeld I nach dem
Dritten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III), der Kläger zu 2 bis 30.05.2006. Bei der Leistungsberechnung gewährte der Beklagte der Klägerin zu 1 monatlich einen Zuschlag
nach § 24 SGB II a.F. in der jeweils geltenden Fassung in Höhe von 198,00 EUR und für den Kläger zu 2 in Höhe von 29,00 EUR bis 31.01.2007.
Die Kläger bewohnten seit November 2005 eine 76 qm große Wohnung (1. OG und DG) mit drei Zimmern, möblierter Küche und Bad,
für die sie insgesamt 504,16 EUR monatlich zu zahlen hatten. Für Abfall fielen Jahresgebühren von 98,00 EUR und für Müllmarken
9,00 EUR monatlich an. Ferner wurden Briketts zum Heizen gekauft. Ab 01.06.2006 war der Kläger zu 2 als Zahntechniker und
Betriebsleiter im Dentallabor N... K... in O... beschäftigt und erhielt laut Einkommensnachweis jeweils am 30. des laufenden
Monats Gehalt, und zwar von Juni bis September 2006 in Höhe von 1.400,00 EUR brutto und ab 01.10.2006 in Höhe von 1.100,00
EUR brutto bzw. 866,25 EUR netto. Laut Kontoauszug wurde ihm am 19.06.2006 eine Überweisung von N... K... mit Verwendungszweck
Lohn für Juni 2006 in Höhe von 1.105,50 EUR auf seinem Konto gutgeschrieben.
Mit Bescheid vom 25.10.2006 gewährte der Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2006 bis 30.11.2006 in
Höhe von 705,25 EUR, davon 379,35 EUR für Kosten der Unterkunft und Heizung. Der Klägerin zu 1 wurde ein Zuschlag in Höhe
von 165,00 EUR und dem Kläger zu 2 ein Zuschlag von 29,00 EUR bewilligt. Für die Zeit vom 01.12.2006 bis 30.04.2007 wurden
639,25 EUR monatlich gewährt, wobei der Klägerin zu 1 nur noch ein Zuschlag in Höhe von 99,00 EUR bewilligt wurde. Den Widerspruch
der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2006 zurück. Der Beklagte setzte Einkommen aus der Erwerbstätigkeit
des Klägers zu 2 mit einem anzurechnenden Betrag in Höhe von 596,25 EUR und das für den Kläger zu 3 gezahlte Kindergeld in
Höhe von 154,00 EUR an. Der Klägerin zu 1 sei ein Zuschlag zu gewähren, der sich nach Ablauf des ersten Jahres um 50 vom Hundert
vermindere. Sie habe letztmalig am 20.11.2005 Arbeitslosengeld I bezogen; bis Oktober 2006 sei ihr ein Zuschlag von 198,00
EUR gewährt worden. Für November 2006 sei der Zuschlag anteilig zu gewähren (198 : 30 Tage x 20 Tage + 99 : 30 Tage x 10 Tage);
im Dezember betrage der Zuschlag 99,00 EUR. Der Kläger zu 2 habe keinen Anspruch auf einen Zuschlag, weil der Anspruch auf
Arbeitslosengeld II der Bedarfsgemeinschaft der Kläger (ohne Anrechnung des Arbeitslosengeldes I vom Kläger zu 2) erstmalig
nach Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld I des Klägers zu 2 der Höhe nach über dem Arbeitslosengeld I-Betrag gelegen habe.
Somit ergebe sich für November ein Leistungsanspruch in Höhe von 705,25 EUR und für den Zeitraum 01.11.2006 bis 30.04.2007
in Höhe von 639,25 EUR monatlich. Der Bescheid vom 25.10.2006 begünstige die Kläger zu Unrecht.
Mit Änderungsbescheid vom 20.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2007 wurde die Bewilligung eines Zuschlags
an den Kläger zu 2 ab 01.02.2007 aufgehoben.
Am 10.01.2007 haben die Kläger beim Sozialgericht Chemnitz Klage erhoben. Sie begehrten zunächst einen höheren Regelleistungssatz
für den Kläger zu 3, ungekürzte Kosten der Unterkunft und Heizung, eine korrekte Berechnung der Warmwasserpauschale und bezogen
sich hinsichtlich des Zuschlags auf Urteile des Bundessozialgerichts vom 31.10.2007 ([BSG], B 14 AS 30/07 R und B 14/11b AS 5/07 R). Der Beklagte habe zu Unrecht eine fiktive Haushaltslage am 31.05.2006 zugrunde gelegt, statt die am 01.06.2006 tatsächlich
bestehende Haushaltslage zu berücksichtigen. Der Beklagte hat erwidert, der 31.05.2006 sei maßgeblich, da der Kläger zu 2
bis 30.05.2006 Arbeitslosengeld I bezogen habe. Werde zu Beginn des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II im gleichen Monat bezogenes
Arbeitslosengeld I auf den Bedarf angerechnet, bleibe bei der Berechnung des Zuschlags das anzurechnende Arbeitslosengeld
I außer Betracht. Der Bedarf von damals 1.306,43 EUR sei nur um das Kindergeld (154,00 EUR) zu mindern gewesen. Dies ergebe
einen Betrag in Höhe von 1.152,43 EUR. Da der Bedarf der gesamten Bedarfsgemeinschaft höher als das zuletzt bezogene Arbeitslosengeld
I (1.117,20 EUR) sei, stehe dem Kläger zu 2 kein Zuschlag zu.
Mit Änderungsbescheid vom 11.08.2010 hat der Beklagte den Klägern für November 2006 Leistungen in Höhe von 773,65 EUR wie
bisher gewährt, zusätzlich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich der Warmwasserpauschale
in Höhe von 506,40 EUR, für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.01.2007 in Höhe von 707,65 EUR und vom 01.02.2007 bis 30.04.2007
ohne einen Zuschlag für den Kläger zu 2.
In der mündlichen Verhandlung am 26.08.20010 haben die Kläger das Teilanerkenntnis des Beklagten bezüglich der Kosten der
Unterkunft und Heizung angenommen und zuletzt beantragt, den Beklagten unter Änderung der entgegenstehende Bescheide zu verpflichten,
für den Zeitraum November 2006 bis April 2007 dem Kläger zu 2 einen Zuschlag in Höhe von 182,00 EUR abzüglich des bereits
geleisteten Zuschlags zu gewähren.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.08.2010 abgewiesen. Die auf die Gewährung höherer Leistungen (ohne Kosten
der Unterkunft und Heizung) gerichtete Klage sei unbegründet, weil der Beklagte den Bedarf und die den Klägern zustehenden
Leistungen zutreffend berechnet habe. Die Bewilligung eines Zuschlags nach § 24 SGB II a.F. an die Klägerin zu 2 sei nicht zu beanstanden. Dem Kläger zu 2 stehe kein befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. zu, weil die Voraussetzungen dafür bei ihm nicht vorlägen, da er nicht erstmalig nach dem Bezug von Arbeitslosengeld
I am 30.05.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen habe, sondern bereits vorab Leistungsbezieher nach dem SGB II gewesen sei. Er habe als Mitglied seiner Bedarfsgemeinschaft bereits seit Ende 2005 Leistungen nach dem SGB II bezogen. Eine nach dem Willen des Gesetzgebers abzufedernde Übertrittssituation sei damit beim Kläger zu 2 überhaupt nicht
vorhanden. Er habe nicht erstmalig nach Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld I Leistungen nach dem SGB II bezogen.
Am 16.02.2011 haben die Kläger gegen das ihrem vormaligen Prozessbevollmächtigten am 20.01.2011 zugestellten Urteil Berufung
eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen. Sie tragen vor, es errechne sich auch für den Kläger zu 2 nach Auslaufen
des Alg I-Bezuges ein befristeter Zuschlag. Dass er bereits Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gewesen sei, spiele keine Rolle,
denn sonst könne der Partner, der als zweiter den befristeten Zuschlag beanspruchen wolle, diesen niemals erhalten. Es sei
lediglich vorgegeben, dass innerhalb von zwei Jahren nach dem Auslaufen des Alg I-Bezuges ein Anspruch auf Alg II bestehen
müsse, um eine Voraussetzung für den befristeten Zuschlag zu erfüllen. Das Urteil stehe nicht im Einklang mit der Entscheidung
des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen L 8 AS 215/06, wonach es für Zeiträume vor 2006 bei der ursprünglichen Regelung verbleibe. Die alte, bis 31.07.2006 geltende Fassung des
§ 24 SGB II beinhalte nicht das Wort "erstmalig". Es sei auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Alg I-Bezug abzustellen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 26.08.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 25.10.2006
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.12.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 14.02.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.08.2010 zu verpflichten, für den Zeitraum
November 2006 bis April 2007 dem Kläger zu 2 einen Zuschlag in Höhe von 182,00 EUR monatlich abzüglich des bereits geleisteten
Zuschlags zu gewähren.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge im vorliegenden und
im Berufungsverfahren L 7 AS 125/11 sowie die Leistungsakte des Beklagten (10 Heftungen) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben, soweit dem Kläger zu 2 kein (weiterer) Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. monatlich gewährt wurde. Insoweit ist der Bescheid des Beklagten vom 25.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 14.12.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2007
in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.08.2010 rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 2 in seinen Rechten (§
54 Abs.
2 SGG). Die genannten Bescheide sind entsprechend zu ändern. Der Beklagte ist zu verpflichten, dem Kläger zu 2 für den Zeitraum
November 2006 bis April 2007 einen Zuschlag in Höhe von 182,00 EUR monatlich abzüglich des ihm bereits geleisteten Zuschlags
zu gewähren.
Streitgegenstand ist vorliegend die Bewilligung von Mehrleistungen in Höhe von 182,00 EUR monatlich für die Zeit vom 01.11.2006
bis 30.04.2007 durch den Beklagten an die Kläger unter Anrechnung des dem Kläger zu 2 bereits für die Zeit vom 01.11.2006
bis 31.01.2007 gewährten Zuschlags in Höhe von monatlich 29,00 EUR. Die Kosten der Unterkunft und Heizung sind nicht mehr
streitig. Zulässigerweise haben die Kläger den Streitgegenstand daher schon vor dem Sozialgericht auf die Regelleistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Zuschläge im Bewilligungszeitraum vom 01.11.2006 bis 30.04.2007 beschränkt.
Eine weitere Beschränkung allein auf den Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. ist nicht möglich (vgl. BSG, Urteile vom 19.03.2008 - B 11b AS 33/06 R, RdNr. 11, und vom 27.02.2008 - B 14 AS 23/07 R, RdNr. 18, jeweils zitiert nach Juris, m.w.N.).
Da es sich jeweils um Individualansprüche der Kläger handelt, können die Kläger zu 1 und 3 schon keine eigene Rechtsverletzung
wegen der ihrer Ansicht nach zu niedrigen bzw. fehlenden Bewilligung eines Zuschlags nach § 24 SGB II a.F. an den Kläger zu 2 geltend machen. Ihre Berufung bleibt daher schon deswegen ohne Erfolg, weil nicht ersichtlich und
auch nicht vorgetragen ist, welche Mehrleistungen ihnen jeweils zustehen könnten.
Da die Kläger hilfedürftig i.S.d. § 9 Abs. 1 SGB II a.F. sind, weil sie ihren vom Beklagten und dem Sozialgericht zutreffend ermittelten Bedarf im streitigen Zeitraum nicht
ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern können, kann der Kläger zu 2 einen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. beanspruchen. Der Bezug von Arbeitslosengeld I endete beim Kläger zu 2 am 30.05.2006 und zwar während des Bezuges von
Arbeitslosengeld II, das die Bedarfsgemeinschaft der Kläger seit dem 01.12.2005 erhält. Die Frist des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. läuft kalendermäßig ab, § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 26 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Sie beginnt entsprechend §
187 Abs.
1 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) am Tag nach dem letzten Tag des Arbeitslosengeld I-Bezuges und endet nach §
188 Abs.
1 BGB mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist (vgl. BSG, Urteil vom 31.07.2007 - B 14/7b AS 42/06 R, RdNr. 25). Danach kommt für den Kläger zu 2 grundsätzlich ein Anspruch auf einen Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. für die Zeit vom 31.05.2006 bis zum 30.05.2008 und damit auch für den streitigen Zeitraum in Betracht, wenn die übrigen
Voraussetzungen für diese Leistung vorliegen.
Dem Kläger zu 2 steht der monatliche Zuschlag im streitigen Zeitraum in der beantragten Höhe zu, weil sich nach mehreren vom
Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der inzwischen außer Kraft getretenen Vorschrift getragenen Auslegungsmöglichkeiten
eine Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld I und dem der Bedarfsgemeinschaft zustehenden Arbeitslosengeld
II ergibt.
Nach § 24 Abs. 1 SGB II a.F. in der im maßgeblichen Zeitraum seit 01.08.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung
für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) erhält der erwerbsfähige Hilfebedürftige, soweit er innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld
I Arbeitslosengeld II bezieht, in diesem Zeitraum einen monatlichen Zuschlag. Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag
um 50 vom Hundert vermindert. Der Zuschlag beträgt zwei Drittel des Unterschiedsbetrages zwischen dem von dem erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld I und dem nach dem Wohngeldgesetz erhaltenen Wohngeld (Nr. 1) und dem dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen
erstmalig nach dem Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld zustehenden Arbeitslosengeld II nach § 19 SGB II oder Sozialgeld nach § 28 SGB II; verlässt ein Partner die Bedarfsgemeinschaft, ist der Zuschlag neu festzusetzen (Nr. 2).
Anders als die Kläger meinen, kommt es dabei nicht auf die Rechtslage nach dem SGB II zu dem Zeitpunkt an, als der Arbeitslosengeld I-Anspruch des Klägers zu 2 endete, hier: den 30.05.2006, sondern auf die Rechtslage,
die für den Zeitraum gilt, für den Leistungen beantragt werden. Denn die Ansprüche der Kläger unterliegen jeweils einer gesonderten
Prüfung der Voraussetzungen zu Beginn des jeweiligen Bewilligungsabschnittes. Diese Bewilligungsabschnitte beruhen nicht auf
demselben Entstehungsgrund i.S. eines Stammrechts wie bei wiederkehrenden und laufenden Leistungen, denen die Wiederholung,
die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam sind (vgl. BSG, Beschluss vom 22.07.2010 - B 4 AS 77/10 B, RdNr. 5). Vielmehr sind alle Voraussetzungen der Ansprüche in jedem Bewilligungsabschnitt voneinander unabhängig neu zu
prüfen. Der Anspruch entsteht jeweils neu. Er richtet sich nicht nach den Voraussetzungen, die zu Beginn des erstmaligen Leistungsbezugs
gegeben waren. Die Gleichartigkeit der wiederkehrenden Leistungen allein ist kein sachlicher Grund, der eine einheitliche
Ermittlung der Beschwer rechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom 18. 03.1982 - 7 RAr 50/80, SozR 4100 § 118 Nr. 10).
Zwar trifft es zu, dass in keiner der von 01.01.2005 bis 31.07.2006 geltenden Fassungen des § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB II a.F. die Formulierung "erstmalig" auftaucht. Darauf kommt es indes nicht an. Denn sowohl nach der Gesetzesbegründung (vgl.
BT-Drucks. 16/1410 S. 24) als auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handelt es sich jedenfalls insoweit um
eine Klarstellung und keine Neuregelung, soweit auf die Leistungshöhe zum Zeitpunkt des erstmaligen Bezugs nach dem Ausscheiden
aus dem Arbeitslosengeld I-Bezug abzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14 AS 30/07 R, RdNrn. 25 und 26). Sowohl aus der Wortwahl als auch der Zusammenschau beider Neuregelungen zum 01.08.2006 ist zu schließen,
dass nur im Falle des Ausscheidens eines Partners aus der Bedarfsgemeinschaft der befristete Zuschlag, der auf Grundlage des
erstmaligen Arbeitslosengeld II- bzw. Sozialgeldbezugs festgestellt worden ist, eine Änderung erfahren soll (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 5/07 R, RdNr. 28). Das bedeutet, dass ein Zuschlag nach § 24 SGB II a.F. anhand der Berechnungsfaktoren für den erstmaligen Bezug von Arbeitslosengeld II nach dem Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld
I in einer Bedarfsgemeinschaft ermittelt wird und eine Änderung der Einkommensverhältnisse der Bedarfsgemeinschaft danach
außer Betracht bleibt (vgl. auch Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 24 RdNr. 7; Brünner in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 24 RdNr. 11).
Abzustellen ist auf die Höhe des Arbeitslosengeld II-Anspruchs im Zeitpunkt des erstmaligen Bezuges von SGB II-Leistungen nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitslosengeld I-Bezug (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 5/07 R, RdNr. 20). Anspruch auf einen befristeten Zuschlag hat der Kläger zu 2 demzufolge nur dann, wenn sich bei Vergleich der
beiden Haushaltslagen, wie sie durch den Bezug von Arbeitslosengeld I und den Anspruch der Bedarfsgemeinschaft auf Arbeitslosengeld
II i.S.d. § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB II a.F. sowie Sozialgeld geprägt wurden, ein positiver Differenzbetrag ergibt. Gegenüber zu stellen ist also auf der einen Seite
das zuletzt vom Kläger zu 2 bezogene Arbeitslosengeld I in Höhe von 1.117,20 EUR; Wohngeld haben die Kläger nicht erhalten.
Streitig ist der Wert des gegenüber zu stellenden Betrages, nämlich des Arbeitslosengeldes II der Bedarfsgemeinschaft. Fraglich
könnte sein, zu welchem Zeitpunkt das der Bedarfsgemeinschaft zustehenden Arbeitslosengeld II als Vergleichsgröße zu betrachten
ist. Der Wortlaut des § 24 Abs. 2 Nr. 2 SGB II lässt hier mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu. Erstmalig nach dem Ende des Bezuges seines Arbeitslosengeldes I stand dem
Kläger zu 2 am 31.05.2006 Arbeitslosengeld II zu (so Knickrehm in Eicher/Spellbrink, a.a.O., RdNr. 24; Brünner in LPK-SGB II, a.a.O., RdNr. 14). Erstmalig stand dem Kläger zu 2 aber auch schon beim erstmaligen Bezug von Leistungen der Bedarfsgemeinschaft
nach dem SGB II im Dezember 2005 ein eigener Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu, wenn es darauf ankommt, dass die Berechnungsfaktoren grundsätzlich
verbindlich zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II festzustellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 19.03.2008 - B 11b AS 23/06 R, RdNr. 22). Erstmalig ab Juni 2006 stand dem Kläger zu 2 (und seiner Bedarfsgemeinschaft) Arbeitslosengeld II ohne Anrechnung
von Arbeitslosengeld I zu (vgl. Stark in Estelmann, SGB II, Loseblatt: Stand November 2007, RdNr. 28; BT-Drucks. 16/1410 S. 24). Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist zu
dieser Frage nichts zu entnehmen, da es dort immer um Fälle ging, in denen der Arbeitslosengeld I-Bezug der beiden Partner
einer Bedarfsgemeinschaft zwar zu unterschiedlichen Zeitpunkten, aber immer jeweils vor dem 01.01.2005 geendet hatte.
Eine fiktive Berechnung der Haushaltslage im Mai 2006, wie sie der Beklagte vorgenommen hat, ohne die bedarfsenkende Berücksichtigung
des dem Kläger zu 2 zugeflossenen Arbeitslosengeld I dürfte nicht in Betracht kommen. Zwar könnte die Gesetzesbegründung zu
der am 01.08.2006 in Kraft getretenen Fassung des § 24 Abs. 2 SGB II a.F. dafür sprechen, da für die Berechnung des Zuschlags das Arbeitslosengeld II/Sozialgeld zugrunde zu legen sei, das sich
ohne Berücksichtigung des letztmalig bezogenen Arbeitslosengeld I ermittelt (BT-Drucks. 16/1410, S. 24: zu Nummer 23 Buchstabe
a). Dies widerspräche aber zum einen der ursprünglichen Gesetzbegründung, wonach die Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen
Arbeitslosengeld I auf der einen Seite und dem im Einzelfall zu zahlenden Arbeitslosengeld II - unter Berücksichtigung von
Einkommen und Vermögen einschließlich etwaiger Freibeträge aus Erwerbstätigkeit nach § 30 SGB II - und dem ggf. an Angehörige der Bedarfsgemeinschaft zu zahlenden Sozialgeld auf der anderen Seite zu bilden ist (BT-Drucks.
15/1516, S. 58; Zu § 24 Absatz 2). Zum anderen ist sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts das an alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu zahlende Arbeitslosengeld II gegenüberzustellen (vgl.
z.B. BSG, Urteil vom 19.03.2008 - B 11b AS 33/06 R, RdNrn. 15 und 19, jeweils m.w.N.). An die Kläger zu zahlen waren aber nur Leistungen in Höhe des Betrages, der sich unter
Anrechnung des Einkommens aus Arbeitslosengeld I des Klägers zu 2 errechnete, und auch nur in dieser Höhe stand den Klägern
ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu. Nach der auch von den Klägern zitierten Rechtsprechung soll außerdem bei der Berechnung
des befristeten Zuschlags eine Bedarfsminderung durch Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit, die den Hilfebedarf mindert, honoriert
werden (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 5/07 R, RdNr. 21; Brünner, a.a.O., RdNr. 13). Zwar stammt das Arbeitslosengeld I nicht unmittelbar "aus einer Erwerbstätigkeit",
aber es kommt ihm die Funktion des Lohnersatzes für das ausgefallene Erwerbseinkommen zu und fließt als Versicherungsleistung
aus der früheren Erwerbtätigkeit zu.
Zudem ist das vom Kläger zu 2 im Zeitraum vom 01.05.2006 bis 30.05.2006 bezogene Arbeitslosengeld I nicht nur in diesem Zeitraum,
sondern gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22.08.2005, BGBl. I S. 2499) für den gesamten Monat Mai (also auch am 31.05.2006) zu berücksichtigendes Einkommen. Die Auslegung des Beklagten, auf den
31.05.2006 abzustellen und fiktiv den monatlichen Anspruch für Mai 2006 hochzurechnen, ohne das bezogene Arbeitslosengeld
I anspruchsmindernd zu berücksichtigen, würde dem Gesetzeszweck, nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I Arbeitsanreize zu schaffen,
um den Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu senken, zuwider laufen. Auch dürfte es praktisch kaum möglich sein, einen Arbeitgeber
zu finden, der Arbeitsverträge ab dem Tag nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeld I-Anspruchs, hier: ab 31.05.2006, schließt.
Die o.g. Gesetzesbegründung kann jedoch auch - für den Senat überzeugender - dahin verstanden werden, "dass für die Berechnung
des Zuschlages das Arbeitslosengeld II/Sozialgeld zugrunde zu legen ist, das sich ohne die Berücksichtigung des letztmalig
bezogenen Arbeitslosengeldes" für den ersten Monat nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I, vorliegend für den Juni 2006, ermittelt.
Damit würde "vermieden, dass sich alleine wegen des in der Regel im Übergangsmonat noch zufließenden und zu berücksichtigenden
Arbeitslosengeldes ein erhöhter befristeter Zuschlag ergibt". Diese Interpretation würde auch dem Zweck entsprechen, Arbeitsanreize
beim Übergang vom Arbeitslosengeld I zum Arbeitslosengeld II zu schaffen, um die Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 SGB II zu senken. Die Frage einer "fiktiven", nicht vom Gesetz gedeckten Berechnung des Arbeitslosengeld II-Anspruchs ergäbe sich
von vornherein nicht.
Davon ausgehend ergibt sich im vorliegenden Verfahren bei mehreren Varianten der Berechnung des Unterschiedsbetrages zwischen
Arbeitslosengeld I des Klägers zu 2 in Höhe von 1.117,20 EUR und dem an die Bedarfsgemeinschaft zu zahlenden Arbeitslosengeld
II ein Differenzbetrag, der dazu führt, dass dem Kläger zu 2 ein monatlicher Zuschlag in der beantragten Höhe im streitigen
Zeitraum zusteht: Im Dezember 2005 hatte die Bedarfsgemeinschaft der Kläger einen (Zahl-)Anspruch in Höhe von 81,80 EUR und
für Mai 2006 wurden ihnen Leistungen in Höhe von 83,30 EUR bewilligt (vgl. Änderungsbescheid vom 11.07.2006 und Widerspruchsbescheid
vom 22.09.2006) und zwar jeweils ohne den der Klägerin zu 1 zustehenden Zuschlag, der nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 2 Nr. 2 SGB II a.F. nicht in die Vergleichsbetrachtung einzustellen ist. Wegen des am 19.06.2006 zugeflossenen Lohnes in Höhe von netto
1.105,50 EUR sind im Juni 2006 richtigerweise nicht 1.375,00 EUR, sondern - wie z.B. im Juli 2006 - nur 606,50 EUR zu zahlen
(vgl. Änderungsbescheid vom 11.08.2010 für den Zeitraum 01.06.2006 bis 31.10.2006). Vor diesem Hintergrund kann der Senat
die Frage, welcher konkrete Zeitpunkt bei der Auslegung der Formulierung "erstmalig nach dem Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld
zustehenden Arbeitslosengeld II" richtigerweise zu wählen ist, offen lassen. Denn in allen Fällen ergibt sich ein 2/3-Betrag,
der über der Differenz zwischen dem der Klägerin zu 1 zustehenden Zuschlag von 198,00 EUR und dem für die Bedarfsgemeinschaft
der Kläger damals geltenden Maximalbetrag von 380,00 EUR gemäß § 24 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB II a.F. liegt.
Nach alledem hat die Berufung im tenorierten Umfang Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG entsprechend.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliege. Auslaufendes oder ausgelaufenes Recht kann in aller Regel keine grundsätzlichen Rechtsfragen mehr aufwerfen
(vgl. BSG, Beschluss vom 21.06.2011, RdNr. 5 mit Verweis auf Beschluss vom 26.04.2007 - B 12 R 15/06 B). Da sich die Rechtslage durch das Entfallen des § 24 SGB II a.F. zum 01.01.2011 geändert hat und nicht ersichtlich ist, dass Streitfälle wie der vorliegende noch in nennenswertem Umfang
zu entscheiden sein könnten, besteht kein Bedürfnis für eine revisionsgerichtliche Entscheidung.