Alleinerziehung; Betreuungsbeitrag; gemeinsames Sorgerecht; Mehrbedarf; Minderjährige; Prozessführungsbefugnis; temporäre
Bedarfsgemeinschaft
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein erstinstanzliches Hauptsacheverfahren, in dem sie
die Gewährung höherer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.03.2013 geltend machen, nämlich Sozialgeld in voller Höhe für die Klägerin zu 2 und den
Mehrbedarf für Alleinerziehende in voller Höhe für die Klägerin zu 1.
Die 1970 geborene Klägerin zu 1 ist die leibliche Mutter der am ....1999 geborenen Klägerin zu 2. Beide lebten zunächst zusammen
in der Wohnung der Klägerin zu 1 und bezogen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Für die 58,57 m² große Drei-Zimmer-Wohnung hatte die Klägerin zu 1 im o.g. Zeitraum monatlich 253,76 € Nettomiete und Vorschüsse
für Betriebskosten in Höhe von 47,88 € und für Heizkosten in Höhe von 96,14 € zu zahlen. Der Vater der Klägerin zu 2, O...
K... (im Folgenden: O.K.), ist selbständiger Rechtsanwalt. Nach der Sorgeerklärung vom 28.04.2011 üben die Eltern das Sorgerecht
gemeinsam aus.
Im Dezember 2011 erhielt das beteiligte Jobcenter Kenntnis davon, dass sich die Klägerin zu 2 überwiegend bei ihrem Vater
aufhalte, aber noch bei der Klägerin zu 2 schlafe, im April 2012, dass sie seit Januar 2012 bei ihm lebe. Im Weiterbewilligungsantrag
der Klägerin zu 1 vom 11.05.2012 wurde die Klägerin zu 2 weiterhin als in ihrem Haushalt lebend angegeben. Der Beteiligte
hob mit Änderungsbescheid vom 14.05.2012 den zuvor zugunsten beider Klägerinnen ergangenen Bewilligungsbescheid vom 30.11.2011
für die Zeit vom 01.06.2012 bis 31.07.2012 teilweise auf und bewilligte nur noch der Klägerin zu 1 ab 01.06.2012 monatliche
Leistungen. Bis zur endgültigen Klärung, ab wann sich die Klägerin zu 2 tatsächlich beim Vater aufgehalten habe, werde sie
vorläufig ab 01.06.2012 aus der Berechnung heraus genommen. Zugleich wurde die Klägerin zu 1 zum Aufenthalt der Klägerin zu
2 angehört. Sie gab an, die Klägerin zu 2 halte sich nicht ausschließlich bei ihrem Vater auf. Sie, die Klägerin zu 1, koche
für sie und kleide sie ein.
Mit vorläufigem Bescheid vom 03.07.2012 bewilligte der Beteiligte der Klägerin zu 1 monatliche Leistungen in Höhe von 771,78
€ inklusive der tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 397,78 € für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.03.2013. Die Bewilligung
erfolge vorläufig, da die Unterhaltsansprüche und die Aufenthaltsbestimmung der Tochter noch ungeklärt seien.
Am 10.07.2012 ging die Betriebskostenabrechnung der Vermieterin der Klägerin zu 1 für 2011 ein, die eine am 01.08.2012 fällige
Nachzahlung in Höhe von 255,79 € und eine neue Miete ab 01.09.2012 in Höhe von 413,40 € ausweist. Mit Schreiben vom 12.07.2012
verzichtete die Vermieterin auf die Anpassung der Vorauszahlung für die Nebenkosten, so dass unverändert eine Gesamtmiete
von 397,78 € verlangt wurde. Im Änderungsbescheid vom 29.08.2012, mit dem der Bescheid vom 03.07.2012 aufgehoben wurde, berücksichtigte
der Beteiligte zunächst den höheren Bedarf für Unterkunft und Heizung. Einen Vorläufigkeitsvermerk enthielt dieser Änderungsbescheid
nicht.
Am 19.07.2012 legte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 1 gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 03.07.2012
Widerspruch ein (W 2232/12). Darin wird geschildert, dass O.K., nachdem er zunächst jahrelang keinen Kontakt zu seiner Tochter gehalten habe, plötzlich
die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge beantragt und wegen deren Verunsicherung die Zustimmung der Klägerin zu
1 hierzu erwirkt habe. Danach habe er die Klägerin zu 1 vor deren Tochter herabgewürdigt und mit der Zeit systematisch seinen
Einfluss auf die Klägerin zu 2 verstärkt. Dadurch habe diese den Respekt vor ihrer Mutter verloren. Zugleich sei eine Drucksituation
für die Klägerin zu 2 entstanden, in der sie keine Gelegenheit gefunden habe, zur Mutter zu finden. Umgang zur Mutter habe
nur unter Kontrolle des O.K. stattgefunden. Seit sich die Klägerin zu 2 beim Vater aufhalte, habe sie sich geritzt. Seit Pfingsten
2012 sei die Klägerin zu 2 wieder regelmäßig bei der Klägerin zu 1 und gehe nur zum Schlafen zum Vater. Die Klägerin zu 1
komme für die Klägerin zu 2 auf; O.K. zahle keinen Unterhalt und beteilige sich nicht an den Kosten.
Am 23.08.2012 ging eine Erklärung der Klägerin zu 1 und des O.K. beim Beteiligten ein, wonach sie sich die Betreuung und Versorgung
der Klägerin zu 2 seit Mai des Jahres teilten. Am 28.08.2012 sprach die Klägerin zu 1 beim Beteiligten vor und schilderte
den Tagesablauf ihrer Tochter (Blatt III/59 der Leistungsakte). Mit Schreiben vom 03.09.2012 teilte die Klägerin zu 1 mit,
dass die Klägerin zu 2 bei ihr gemeldet sei und sich ab Mai 2012 an den Wochenenden tagsüber ab 9.00 Uhr bei ihr aufhalte
und abends (22.00 Uhr bzw. 20.00 Uhr) von ihrem Vater abgeholt werde.
Mit Änderungsbescheid vom 11.09.2012 hob der Beteiligte den Bescheid vom 03.07.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 29.08.2012 teilweise auf und gewährte den Klägerinnen als temporärer Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum vom 01.08.2012
bis 31.03.2013 monatliche Leistungen in unterschiedlicher Höhe in Abhängigkeit von den Anwesenheitszeiten der Klägerin zu
2 am Wochenende im Haushalt der Klägerin zu 1. In der Begründung des Bescheides ist ausgeführt, für die Dauer des Aufenthaltes
der Klägerin zu 2 von mehr als zwölf Stunden im Haushalt der Klägerin zu 1 bestehe Anspruch auf den anteiligen Regelsatz und
den Mehrbedarf für Alleinerziehende. Die übrige Zeit sei die Klägerin zu 2 dem Haushalt des Vaters zuzurechnen. Das Kindergeld
für die Klägerin zu 2 werde bei der Klägerin zu 1 als Einkommen angerechnet, da es nicht an deren Vater weitergeleitet werde.
Ab Juni würden aus programmtechnischen Gründen die Kosten der Unterkunft hälftig auf die Klägerinnen aufgeteilt. Dabei erhalte
die Klägerin zu 1 die gesamten hälftigen Unterkunftskosten angerechnet. Somit würden die Unterkunftskosten von monatlich 397,78
€ berücksichtigt. Zugleich wurde der Gesamtbetrag der zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 60,50 € für die
Monate August und September 2012 von der Klägerin zu 1 zurückgefordert. Dieser Bescheid sei Gegenstand des Widerspruchverfahrens.
Hinsichtlich der Zeit vom 01.01.2012 bis 31.05.2012 erging am 08.11.2012 ein Neuberechnungs- und Rückforderungsbescheid.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2012 wies der Beteiligte den Widerspruch W 2232/12 gegen den Bescheid vom 03.07.2012 nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 11.09.2012 zurück. Hinsichtlich der Vorläufigkeit
sei dem Beteiligten zum Zeitpunkt der Entscheidung aufgrund widersprüchlicher Angaben der Klägerin zu 1 und des Kindsvaters
nicht bekannt gewesen, wo sich die Klägerin zu 2 aufgehalten habe. Es habe lediglich ein Leistungsanspruch der Klägerin zu
1 festgestellt werden können. Erst nach dem persönlichen Gespräch mit der Klägerin zu 1 und der schriftlicher Erklärung vom
03.09.2012 habe auch ein Leistungsanspruch für die Klägerin zu 2 ermittelt werden können. An den Wochenenden halte sich die
Klägerin zu 2 länger als zwölf Stunden im Haushalt der Klägerin zu 1 auf. Für die so ermittelten Tage errechnete der Beteiligte
anteilig einen Anspruch auf Sozialgeld für die Klägerin zu 2. Zusätzlich bestehe an diesen Tagen ein anteiliger Mehrbedarf
für Alleinerziehung bei der Klägerin zu 1. Bei der Klägerin zu 1 bestehe zusätzlich Anspruch auf die tatsächlichen Unterkunftskosten
einschließlich der Betriebskostennachzahlung im August 2012. Als Einkommen wurde das Kindergeld in Höhe von 184,00 € monatlich
abzüglich der Versicherungspauschale von 30,00 € berücksichtigt. Im August bestehe zudem Anspruch auf 70,00 € Schulbedarf.
Somit errechnete der Beklagte im August 2012 eine Überzahlung in Höhe von 5,11 € und im September 2012 in Höhe von 55,39 €,
zusammen 60,50 €.
Am 27.11.2012 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 08.11.2012 Widerspruch eingelegt (W 3751/12) und im Wesentlichen vorgetragen, es sei keineswegs so, dass sich die Klägerin zu 2 nur wenige Stunden bei ihr befunden habe.
Vielmehr verbringe sie die wesentliche Zeit des Tages bei ihr im Haushalt. Bei ihrem berufstätigen Vater nächtige sie praktisch
nur. Die Klägerin zu 1 halte es daher für völlig falsch, nur auf die genaue zeitliche Anwesenheit in der Wohnung abzustellen.
Da ihre Tochter - außer in der Schule - wesentliche Zeiten ausschließlich bei ihr verbringe, habe diese nach wie vor ihren
eigentlichen Aufenthalt bei ihr, so dass ihr volle Leistungen für die Tochter und der volle Alleinerziehendenzuschlag zustünden,
denn die tägliche Erziehung und Betreuung obliege im Wesentlichen ihr.
Am 21.12.2012 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 1 für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft beider Klägerinnen
beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben, mit der sich die Klägerin zu 1 im Wesentlichen dagegen wende, dass die Klägerin
zu 2 nur temporär als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ihrer Mutter geführt werde. Aufgrund der besonderen Lebensumstände
könne hier nicht nur von einer umgangsweisen temporären Bedarfsgemeinschaft für die Wochenenden und die Ferienzeit ausgegangen
werden. Tatsächlich halte sich die Klägerin zu 2 auch an den Wochentagen während der Schulzeit regelmäßig mehr als zwölf Stunden
außerhalb des väterlichen Haushaltes auf. Rein rechnerisch möge sie nicht täglich zwölf Stunden bei der Klägerin zu 1 verbracht
haben, weil sie auch ihrer Schulpflicht nachkomme. Auf die Stellungnahme der Klägerin zu 1 auf Blatt III/117 der Leistungsakte
werde verwiesen (= Widerspruch der Klägerin zu 1 vom 27.11.2012 W 3751/12). Zugleich hat er die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse der Klägerin zu 1 vom 19.12.2011 nebst einigen Belegen vorgelegt.
Mit Beschluss vom 19.07.2013 hat das Sozialgericht (17. Kammer) die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Klage
keine Aussicht auf Erfolg habe. Die zeitweise oder temporäre Bedarfsgemeinschaft bestehe in der Regel für jeden Tag, an dem
sich das Kind länger als zwölf Stunden im Haushalt des umgangsberechtigten Elternteils aufhalte. Die Klägerinnen trügen selbst
vor, dass sich die Klägerin zu 2 wesentlich kürzer als zwölf Stunden am Tag, nämlich nur von den Mittags- bis in die Abendstunden
bei der Klägerin zu 1 aufhalte. Gründe, warum auch die Schulzeit der Klägerin zu 2 zur Aufenthaltszeit bei der Mutter zu rechnen
sei, seien nicht ersichtlich. Im Gegenteil trage die kalendertageweise Bemessung der zeitweisen Bedarfsgemeinschaft und die
daran ausgerichtete Berechnung des Leistungsanspruchs den normativen Vorgaben des SGB II eher Rechnung als die Bemessung anhand der während der Umgangszeit eingenommenen Mahlzeiten, zumal aus dem Gedanken der Pauschalierung
der Regelleistungen auch kein Abschläge für Bedarfe folgen, die in der temporären Bedarfsgemeinschaft regelmäßig oder gar
typischerweise nicht zu decken sind (Bekleidung, Haushaltsgeräte etc.). Der Kalendertag sei die kleinste im Gesetz vorgesehene
zeitliche Einheit, für die Ansprüche auf Leistungen für den Lebensunterhalt bestünden und entsprechende Leistungen bemessen
werden könnten. Zeiträume von weniger als zwölf Stunden könnten daher nicht berücksichtigt werden.
Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 25.07.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 26.08.2013 beim Sozialgericht
und am 03.09.2013 beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingegangene Beschwerde der Klägerinnen. Er trägt im Wesentlichen
vor, der Rechtsmeinung des Sozialgerichts könne - jedenfalls nicht ohne weitere Beweisaufnahme - nicht zugestimmt werden.
Der übliche Tagesablauf sehe vor, dass die Klägerin zu 2 sich nach der Schule bis in die Abendstunden bei der Klägerin zu
2 aufhalte. Lediglich bedingt durch die Teilnahme am Schulunterricht halte sie sich nicht den gesamten Tag im Haushalt der
Klägerin zu 1 auf, so dass allein aus diesem Grund die von der Rechtsprechung des BSG geforderte Mindestaufenthaltszeit nicht erreicht werde. Die entscheidende Frage sei daher, welchem Elternteil hier die Zeit
des Schulbesuchs einschließlich der Wegezeit zugerechnet werde. Diese Zeit müsse zwingend dem Aufenthalt im mütterlichen Haushalt
zugerechnet werden, da sich die Klägerin zu 2 in Abstimmung mit dem Vater plan- und regelmäßig nach dem Schulbesuch im Haushalt
der Klägerin zu 1 aufhalte und dort im Rahmen der Erziehungspflicht auch betreut werde. Der Schwerpunkt der Betreuung liege
im mütterlichen Haushalt, wo auch das Gros der Kosten für die tägliche Betreuung und Versorgung entstanden sei und von der
Klägerin zu 1 allein getragen werde. Auch müsse die Zuordnung des Schulbesuchs zu einem elterlichen Haushalt erfolgen, weil
sonst bei einem Sachverhalt wie hier bei einem Leistungsbezug beider Elternteile niemals eine Bedarfsgemeinschaft angenommen
werde, was darauf hinausliefe, den Hilfebedarf des Kindes nicht erfüllen zu können.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 19.07.2013, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, aufzuheben
und den Klägerinnen für das beim Sozialgericht Dresden zum Aktenzeichen S 28 (17) AS 8662/12 geführte Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie das Prozesskostenhilfebeiheft
und die Leistungsakte des beteiligten Jobcenters (3 Bände; insbesondere Band III Bl. 1-179) verwiesen. Jetzt wird das Verfahren
in der 28. Kammer des Sozialgerichts Dresden geführt.
II.
Die Beschwerde der Klägerinnen ist statthaft; die der Klägerin zu 2 ist jedoch nicht zulässig. Die Beschwerde der Klägerin
zu 1 ist zulässig und begründet.
Die Beschwerde der Klägerinnen ist gemäß §
172 Abs.
1, Abs.
3 Nr.
2 Buchst. b)
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft. Begehrt werden im erstinstanzlichen Hauptsacheverfahren vom Beteiligten die Gewährung des vollen Sozialgeldes
für die Klägerin zu 2 sowie des vollen Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung für die Klägerin zu 1 für die Zeit vom 01.08.2012
bis 31.03.2013, so dass in der Summe Mehrleistungen von mehr als 750,00 € geltend gemacht werden. Die von den beiden Klägerinnen
im Wege der subjektiven Klagehäufung geltend gemachten Ansprüche sind bei der Berechnung des Beschwerdewertes i.S.d. §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG zusammen zurechnen (§
202 Satz 1
SGG i.V.m. §
5 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Die Beschwerde der Klägerin zu 1 ist unzulässig, weil sie selbst nicht prozessfähig ist und auch nicht wirksam durch die Klägerin
zu 1 vertreten wird.
Im sozialgerichtlichen Verfahren bedarf es der Vertretung des minderjährigen, beschränkt geschäftsfähigen Kindes, weil dieses
nicht selbst prozessfähig i.S.d. §
71 Abs.
1 und
2 SGG und die Geltendmachung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.d. §
107 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.12.2013 - B 14 AS 50/12 R, juris, RdNr. 15). Die Klägerin zu 2 wird als nicht prozessfähige Minderjährige aufgrund der Sorgeerklärung vom 28.04.2011
durch ihre Eltern, die Klägerin zu 1 und O.K., gemeinschaftlich vertreten (§
1629 Abs.
1 Satz 2
BGB). Da der Klägerin zu 1 weder das Recht zur alleinigen Vertretung der Klägerin zu 2 im vorliegenden Verfahren durch eine familiengerichtliche
Entscheidung übertragen worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R, juris, RdNr. 11), noch derzeit eine Zustimmung oder Genehmigung des sorgeberechtigten Vaters zur Prozessführung erteilt
wurde, kann die Klägerin zu 1 allein - vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten - keine Prozesshandlungen für die Klägerin
zu 2 vornehmen. Die Beschwerde der Klägerin zu 2 ist damit nicht wirksam erhoben worden. Ggf. kann die Genehmigung der Prozessführung
im Klageverfahren noch (z.B. durch familiengerichtliche Entscheidung) erwirkt werden.
Die zulässige Beschwerde der Klägerin zu 1 ist teilweise begründet.
Soweit die Klägerin zu 1 Sozialgeld gemäß § 20 Abs. 2 SGB II für die Klägerin zu 2 als eigene Leistung begehrt, ist sie nicht aktiv legitimiert. Zwar werden ein für die Klägerin zu 2
bewilligte Leistungen gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB II an die Klägerin zu 1 als Antragstellerin ausbezahlt und sie ist aufgrund dieser gesetzlichen Regelung auch berechtigt, die
Leistungen für die Klägerin zu 2 entgegenzunehmen. Dennoch steht das Sozialgeld nach §§ 19 Abs. 1 Satz 2, 23 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 SGB II nur der Klägerin zu 2 als eigener Anspruch zu, soweit sie leistungsberechtigt ist. Denn die Ansprüche auch der Mitglieder
einer mehrköpfigen Bedarfsgemeinschaft sind im SGB II als Individualansprüche ausgeformt und ein familieneinheitlicher Leistungsanspruch im Gesetz nicht angelegt, so dass innerhalb
einer Familie unterschiedlich geartete Existenzsicherungsansprüche bestehen können (ständige Rechtsprechung; vgl. nur BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 14 AS 171/10 R, juris, RdNr. 17).
Die Beschwerde der Klägerin zu 1 ist allerdings hinsichtlich des ihr ggf. zustehenden Anspruchs auf Mehrbedarf als Alleinerziehende
gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II begründet.
Gemäß §
73a Abs.
1 SGG i.V.m. §
114 ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das Gericht kann sich mit einer
vorläufigen Prüfung der Erfolgsaussichten begnügen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.05.1997 - 1 BvR 296/94, NJW 1997, 2745-2746; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 58. Aufl., §
114 RdNr. 80). Der Erfolg braucht also nicht gewiss zu sein, er muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für sich haben. Die hinreichende Erfolgsaussicht ist zu verneinen, wenn sich aus den Verfahrensunterlagen unter Berücksichtigung
des Vorbringens der Beteiligten keine konkreten Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Entscheidung ergeben.
Wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag weitere Ermittlungen von Amts wegen erforderlich sind,
ist die Erfolgsaussicht häufig, aber nicht immer gegeben. Prozesskostenhilfe kann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der
Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. SächsLSG, Beschluss
vom 27.02.2012 - L 7 AS 474/11 B PKH)).
Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Bezug auf die Klägerin zu 1 zu Unrecht abgelehnt, denn die
Erfolgsaussichten des dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden gerichtlichen Klageverfahrens sind jedenfalls hinsichtlich
des von ihr geltend gemachten Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 3 SGB II hinreichend im prozesskostenhilferechtlichen Sinn. Das Sozialgericht hat die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls
nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere hat es außer Acht gelassen, dass die Klägerin zu 1 im Verhältnis zur Klägerin
zu 2 nicht nur umgangs- sondern (gemeinsam mit O.K.) ebenfalls sorgeberechtigt ist.
Streitgegenstand des zugrundeliegenden Klageverfahrens dürften (neben dem Sozialgeld für die Klägerin zu 2) nur der Regelbedarf
der Klägerin zu 1 einschließlich des Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung sein, da der tatsächliche Bedarf für Unterkunft und
Heizung vom Beteiligten für den streitigen Bewilligungszeitraum vom 01.08.2012 bis 31.03.2013 bereits bewilligt wurde. Nach
der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, stellen die Leistungen für Unterkunft und Heizung
einen abtrennbaren Streitgegenstand dar (z.B. BSG, Urteile vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R - und vom 04.06.2013 - B 14 AS 42/13 R). Leistungen für Mehrbedarfe sind demgegenüber Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und können
nicht isoliert geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteil vom 11.02.2015 - B 4 AS 26/14 R, RdNr. 10 m.w.N.).
Die Anspruchsvoraussetzung der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" i.S.d. § 21 Abs. 3 SGB II liegt nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG vor, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen
Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen, wobei allein
auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist (vgl. nur BSG, Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 167/11 R, juris, RdNr. 14). Darüber hinaus wurde bereits entschieden, dass eine Alleinerziehung außerdem vorliegen kann, wenn sich
geschiedene und getrennt wohnende Eltern bei der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes in größeren, mindestens eine
Woche umfassenden Intervallen abwechseln und sich die anfallenden Kosten in etwa hälftig teilen (Stichwort: Wechselmodell;
vgl. BSG, Urteile vom 03.03.2009 - B 4 AS 50/07 R - und vom 02.07.2009 - B 14 AS 54/08 R, RdNr 16). In diesen Fällen hat das BSG im Wege einer teleologischen Reduktion einen hälftigen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung zuerkannt. Darüber hinaus kann die
Rechtsprechung des BSG auf andere Gestaltungen, bei denen ein tatsächlich abweichender Anteil der Pflege- und Erziehungsaufgaben praktiziert wird,
nicht übertragen werden (so BSG, Urteil vom 11.02.2015, aaO., RdNr. 13).
Vorliegend sind die tatsächlichen Verhältnisse im streitigen Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.03.2013 nicht vollständig aufgeklärt,
da nach wie vor unklar ist, in welchem Umfang die Klägerin zu 1 und der Vater der Klägerin zu 2 tatsächlich Pflege- und Erziehungsaufgaben
wahrnehmen und ob die Klägerin zu 1 als hilfebedürftiger Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil
in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Hierfür sind die konkreten
Umstände des Einzelfalles (ggf. unter Berücksichtigung der Hintergründe des Handelns des O.K.) zu ermitteln und sodann zu
würdigen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Klägerin zu 1 kein bloßes Umgangsrecht wahrnimmt, sondern ebenfalls sorgeberechtigt
ist, so dass die Grundsätze, die das BSG zum Aufenthalt beim umgangsberechtigten Elternteil aufgestellt hat (zwölf Stunden am Tag), ggf. nicht oder nur entsprechend
anzuwenden sein könnten. Fraglich ist ferner, ob die vom BSG aufgestellten Grundsätze zur hälftigen Betreuung im wöchentlichen Intervall auf den Fall einer hälftigen Betreuung pro Kalendertag
- wie vielleicht hier - übertragen werden könnten. Ob es darüber hinaus zutrifft, dass - wie der Prozessbevollmächtigte der
Klägerinnen meint - die durch die Schulpflicht oder die Freizeitaktivitäten der Klägerin zu 2 bedingten Abwesenheitszeiten
von beiden Haushalten jedenfalls einem der elterlichen Haushalte zuzuordnen sind, ist ebenfalls offen. Damit ist der Ausgang
des Hauptsacheverfahrens insoweit zumindest offen, sodass Prozesskostenhilfe zur Klärung zu gewähren ist. Zu alldem besteht
weiterer Aufklärungsbedarf.
Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei gemäß §
183 SGG. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§
202 SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).