Kostenerstattung für stationär durchgeführte Liposuktionen
Behandlungen in einem nicht zugelassenen Krankenhaus
Fehlender Primärleistungsanspruch
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Erstattung der Kosten für in den Jahren 2013/2014 bei der Versicherten stationär durchgeführte Liposuktionen
(= Absaugungen von Fettdepotansammlungen).
Die 1962 geborene (und 2017 verstorbene) Versicherte war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie litt unter anderem
an einem schmerzhaften Lipödem Stadium III insbesondere im Bereich der Arme und Beine. Am 15.11.2011 beantragte sie unter
Vorlage von Bescheinigungen des Facharztes für Chirurgie Dr. Z ... und des Facharztes für Innere Medizin X ... die Gewährung
einer Liposuktion und favorisierte dabei eine Vornahme des Eingriffs am Klinikum Y ... durch Dr. Z ... Dieser gab an, die
Versicherte leide an einem Lipödem Stadium III mit lymphatischer Stauung an beiden Beinen, einem Lipödem beider Arme sowie,
als Folgeerkrankung, einem massiven Übergewicht (BMI 73). Sie habe seit mehr als zehn Jahren erhebliche Beschwerden und Schmerzen,
welche mittlerweile selbst durch hochdosierte Analgetikagaben nicht mehr beherrschbar seien. Einziger verbleibender Therapieansatz
sei nunmehr eine lymphologische Liposuktion, die auf Grund des Schweregrades der Erkrankung und der vorhandenen Begleiterkrankungen
unter stationären Bedingungen mit einer mindestens einwöchigen Nachsorge in der Klinik durchzuführen sei. In einer ersten
Sitzung sollten bevorzugt die Arme behandelt werden, damit die Versicherte sich wieder selbständig waschen und kämmen könne.
Die Kosten hierfür beliefen sich nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auf 4.843,65 EUR. Facharzt X ... gab an, in den letzten Jahren sei eine deutliche Progredienz des Lipödems zu verzeichnen.
Die Behandlungen erfolgten nur noch im Wege des Hausbesuchs. Da stationäre Behandlungen in der Vergangenheit stets einen negativen
psychologischen Effekt auf die Antragstellerin gehabt hätten, sollte jetzt, da sie einen Arzt ihres Vertrauens gefunden habe,
dieser fachliche und psychologische Bonus nicht gefährdet werden.
Nachdem die Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage von Dr. W ..., Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin
im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Sachsen, eingeholt hatte, lehnte sie mit Bescheid vom 16.01.2012 die
Kostenübernahme für eine privatärztliche Behandlung durch Dr. Z ... mit der Begründung ab, die bei dem vorliegenden komplexen
Krankheitsbild unzweifelhaft dringend notwendige stationäre Krankenhausbehandlung solle vordergründig wohnortnah in einer
Vertragsklinik mit Fachkompetenz in den Bereichen Adipositas und Lymphödem, etwa in den Krankenhäusern U ... oder T ... durchgeführt
werden. Auf den hiergegen am 30.01.2012 eingelegten Widerspruch beauftragte die Beklagte Dr. V ... mit der Erstattung eines
Gutachtens nach Aktenlage und zog ergänzend einen Kurzbrief von Prof. Dr. S ..., Chefarzt am Krankenhaus T ..., bei. Dr. V
... führte am 06.03.2012 aus, die Versicherte leide an einer Adipositas per magna (Körpergröße 170 cm; Körpergewicht [geschätzt]
220 kg) sowie einem Lipödem Stadium III mit zahlreichen Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Die vorgelegten
Lichtbilder belegten lediglich die massive Adipositas, nicht jedoch die für ein Lipödem typischen Hämatome. Bei Lipödemen
gelte in späten Stadien die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) mit manuellen Lymphdrainagen und Kompressionsbehandlungen
als Mittel der Wahl. Die Liposuktion komme hingegen in der kosmetisch-ästhetischen Chirurgie zur Anwendung und sei nach den
Leitlinien der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e.V. (GÄCD) nicht zur Behandlung von Adipositas oder großflächigen
Fettansammlungen geeignet. Zudem sei die chirurgische Fettabsaugung mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen verbunden (z.
B. Fettschürzen, Hämatome, Infektionen, Abszesse, Gewebeverhärtung, Dellenbildung, Kreislaufschock, Nervenläsionen, Missempfindungen
und Lähmungen, Thrombosen, Fettembolien) und ihre Nachhaltigkeit nicht durch Studien belegt. Bei der Versicherten bestehe
vielmehr die Notwendigkeit eines stationären interdisziplinären (chirurgischen, internistischen, ernährungsmedizinischen und
psychotherapeutischen) multimodalen Behandlungskonzepts. Prof. Dr. S ... führte auf eine am 04.04.2012 durchgeführte vorstationäre
Behandlung aus, die Versicherte sei ihm bereits seit zehn Jahren durch von ihrem Vater veranlasste Vorstellungen bekannt.
Als zu Grunde liegende Erkrankung sei eine morbide Adipositas anzusehen, welche nur zum Teil aus einem Lipödem bestehe. Die
Situation werde durch eine psychische Fehlhaltung der Versicherten ihrer Haupterkrankung gegenüber erschwert, welche von ihrem
Vater in pathologisch-symbiotischer Weise verstärkt und verhärtet werde. Alle Versuche, das Problem der Adipositas in den
Vordergrund des Krankheitsgeschehens und damit aller therapeutischer Bemühungen zu rücken, würden abgewehrt und der Fokus
allein auf ein Lipödem und die Liposuktion als einzig mögliche Behandlungsform gerichtet. Er sei sich sicher, dass eine isolierte
Behandlung des Lipödems durch Liposuktion das Krankheitsgeschehen nicht durchbrechen könne; im Gegenteil: es gebe bei dem
in Rede stehenden Ausmaß der Erkrankung eingriffsbezogene Gefahren, die bei der Antragstellerin wahrscheinlicher seien als
bei anderen Patienten.
Darauf gab die Beklagte gegenüber der Versicherten mit Bescheid vom 09.05.2012 eine bis zum 08.08.2012 gültige Kostenübernahmeerklärung
für eine stationäre Krankenhausbehandlung im Klinikum Y ... ab. Diese umfasse die allgemeinen Krankenhausleistungen als Sachleistung
und schließe eine Kostenübernahme für sogenannte Wahlleistungen aus. Mit weiterem Bescheid vom 01.06.2012 erklärte sie sich
darüber hinaus bereit, die Kosten einer Liposuktion im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung als Sachleistung in
der vertragsärztlichen Versorgung bzw. in einem Vertragskrankenhaus nach dem Fallpauschalensystem der Diagnosis-Related-Groups
(DRG; hier: DRG K07Z) zu übernehmen. Kosten für eine privatärztliche Behandlung würden dabei nicht übernommen. Im Auftrag
der Beklagten untersuchten die Sachverständigen im MDK Sachsen Dr. V ... und Dipl.-Med. R ..., Fachärztin für Chirurgie, am
26.07.2012 die Versicherte im Rahmen eines Hausbesuchs und führten aus, diese leide an einer extremen generalisierten Adipositas
Grad IV (BMI 76), einem Lymphödem Stadium III sowie Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie,
Depression sowie Verdacht auf Fibromyalgie. Haupterkrankung sei die Adipositas per magna mit Begleiterkrankungen und sekundärem,
d. h. auch immobilitätsbedingtem, Lipödem, wobei die für ein Lipödem typische extremitätenbetonte Fettgewebsverteilung nicht
zu erheben sei. Die Fortbewegung erfolge nur noch im Rollstuhl. Einzige Wegstrecke sei der Transfer zum Toilettenstuhl. Waschen
und Körperpflege erfolgten im Liegen; die Grundpflege übernehme der Partner. Es bestehe eine deutliche Fixierung auf die beantragte
Operation, wobei der Vater der Antragstellerin im Wesentlichen für diese die Gesprächsführung übernehme. Die Adipositas als
Haupterkrankung stehe ganz im Vordergrund der weiterführenden Therapie im Sinne eines multimodalen Behandlungskonzepts. Die
Übernahme der Kosten für eine allenfalls nachrangig in Betracht kommende Liposuktion könne nicht empfohlen werden. Abgesehen
davon gewährleiste das von der Antragstellerin favorisierte Klinikum Y ... die Struktur- und Prozessqualität für die Behandlung
extrem adipöser Patienten nicht. Nachfolgend erneuerte die Beklagte mit Bescheid vom 08.08.2012 die bereits mit Bescheid vom
09.05.2012 abgegebene Kostenübernahmeerklärung für eine stationäre Krankenhausbehandlung, verlängerte deren Gültigkeit bis
zum 08.11.2012, und nannte als in Betracht kommende Vertragskrankenhäuser das Städtische Krankenhaushaus U ... und die Q ...kliniken
in O ... Nachdem die Versicherte an ihrem Widerspruch festgehalten hatte, wies die Antragsgegnerin diesen mit Widerspruchsbescheid
vom 26.09.2012 als unbegründet zurück und lehnte eine Übernahme der Kosten für eine stationäre Liposuktion ab.
Hiergegen hat die Versicherte am 25.10.2012 Klage zum Sozialgericht Dresden (SG) erhoben und zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt (S 15 KR 804/12 ER). Mit Beschluss vom 14.11.2012 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung abgelehnt, nachdem die Beklagte eine Kostenübernahmeerklärung
für eine stationäre Krankenhausbehandlung im Klinikum Y ... abgegeben habe, welche eine gegebenenfalls notwendige Liposuktionsbehandlung
einschließe, richte sich der fragliche Anordnungsanspruch nur noch auf die Verpflichtung der Beklagten, die Kosten für eine
durch Dr. Z ... durchzuführende Liposuktion zu übernehmen. Ein dahingehender Anspruch bestehe nach summarischer Prüfung nicht,
da Dr. Z ... nur über eine vertragsärztliche Zulassung zur ambulanten Behandlung gesetzlich Krankenversicherter als niedergelassener
Arzt verfüge und Behandlungen während einer - vorliegend notwendigen - stationären Krankenhausbehandlung nur privatärztlich
erbringen und abrechnen könne. Die privatärztliche Leistungserbringung durch Dr. Z ... sei nicht die einzige Behandlungsalternative
für die Versicherte, da auch Vertragskrankenhäuser stationär eine Liposuktion durchführen könnten. Ein Notfall oder ein Versagen
des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung GKV) liege damit nicht vor. Die Versicherte könne sich auch nicht auf das
Recht der freien Arztwahl berufen, da dieses für die ambulante ärztliche Behandlung geltende Recht nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) nicht auf die stationäre Krankenhausbehandlung übertragbar sei. Die Auswahl der Klinik obliege vielmehr dem einweisenden
Arzt oder der Vertragsklinik selbst.
Im Klageverfahren hat das SG u. a. einen Bericht von Dr. N ..., Facharzt für Allgemeinmedizin mit Praxis in M ... und am Klinikum Y ..., vom 21.11.2012
beigezogen. Dieser hat angegeben, die Versicherte leide an einer Adipositas (Körpergewicht 226 kg) durch übermäßige Kalorienzufuhr
sowie an einem sekundären Lipolymphödem beidseits sowie an weiteren Folgeerkrankungen der Überernährung. Seiner Ansicht nach
gebe es mehrere Gründe, die die Durchführung einer Liposuktion geradezu verbieten würden. Die weitgehende Immobilität der
Versicherten (zur Verbringung von der Wohnung in den Krankenwagen habe es mehrerer starker Männer bedurft) könne durch eine
Liposuktion nicht nennenswert gemindert werden. Die Untersuchung habe ein weiches, kaum druckschmerzhaftes Gewebe gezeigt,
so dass die geklagten Schmerzen nicht Ausdruck eines Lipödems seien und daher durch die begehrte Operation nicht beeinflusst
werden könnten. Voraussetzung für eine Liposuktion sei zudem eine mindestens ein Jahr lang durchgeführte konservative Therapie
bestehend aus KPE und Gewichtsreduktion. Die Versicherte benötige vorrangig Unterstützung bei der Gewichtsreduktion, beginnend
mit Ernährungsberatung bis zur Klärung der Möglichkeit einer bariatrischen Operation. Die von der Versicherten gewünschte
gutachterliche Stellungnahme zur Notwendigkeit einer Liposuktion als ultima ratio werde er nicht abgeben. Nachdem die Versicherte
ein im Erörterungstermin vor dem SG am 09.01.2013 von der Beklagten unterbreitetes Vergleichsangebot über die Kostenübernahme für eine stationäre Krankenhausbehandlung
im Krankenhaus U ... mit einer Generaluntersuchung durch ein Kompetenzteam zur Klärung der zu Grunde liegenden Grunderkrankung
und der Aufstellung eines Behandlungsplans, welcher gegebenenfalls auch die Durchführung einer nach den DRG-Vollpauschalen
abzurechnenden stationären Liposuktion einschließe, abgelehnt hatte, hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.03.2013 abgewiesen und zur Begründung auf die bereits im Beschluss vom 14. 11.2012
angeführten Gründe Bezug genommen und diese weiter vertieft.
Am 28.03.2013 hat die Versicherte Berufung eingelegt und am 15.05.2013 beim SG erneut die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt (S 15 KR 25 KR 553/13 ER). Mit Beschluss vom 24.05.2013 hat das
SG letztgenanntes Verfahren zuständigkeitshalber an das Sächsische LSG verwiesen (L 1 KR 113/13 ER). Die Versicherte trägt vor, sie leide vorrangig an einem "nicht abhungerungsfähigen" Lipödem, welches als Folgeerkrankung
u. a. ein massives Übergewicht verursacht habe. Einer Abklärung der Grunderkrankung durch ein sogenanntes Kompetenzteam bedürfe
es daher nicht. Sie habe über Jahre/Jahrzehnte die von der Beklagten vorgeschlagenen Behandlungsmethoden wie KPE, strenge
Diäten, Ernährungsumstellungen etc. durchgeführt, ohne dass dadurch die fortschreitende Immobilisierung habe aufgehalten werden
können. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten seien daher bei ihr ausgeschöpft. Dr. Z ... und Facharzt X ... hätten übereinstimmend
bestätigt, dass zunächst eine Liposuktion durchgeführt werden müsse, um durch eine dadurch bewirkte Verbesserung der Mobilität
überhaupt erst Maßnahmen der Gewichtsreduktion greifen zu lassen. Für die Behandlung von Lipödemen gebe es keine kausale Therapie.
Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (DGP) sei eine Reduktion des krankhaft vermehrten Fettgewebes
mittels physikalischer Kompressionstherapie nicht möglich. Allein zielführend sei danach die Liposuktion. Die Beklagte habe
kein geeignetes Vertragskrankenhaus benannt, welches bei ihr die Liposuktion durchführen könne. Das Klinikum L ... habe unter
dem 14.06.2012 schriftlich bestätigt, dass es die bei ihr erforderliche intensive begleitende Lymphdrainage über mehrere Stunden
täglich personell und apparativ nicht gewährleisten könne. Das Klinikum Y ... habe ebenfalls mitgeteilt, dass eine Liposuktion
in dem bei ihr erforderlichen Umfang dort nicht möglich sei. Dr. Z ... sei der einzige Behandler, der fachlich in der Lage
und aktuell bereit sei, die begehrte Operation zeitnah durchzuführen. Ohne rasches Handeln nähmen die Schmerzen und die Depression
rasant zu und folge in Kürze eine vollständige Bettlägerigkeit mit dem Verlust jeglicher Lebensqualität.
Mit Beschluss vom 01.07.2013 hat das Sächsische LSG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt und zur
Begründung u. a. ausgeführt:
"Der Senat geht mit dem SG davon aus, dass bereits das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht und damit nicht überwiegend wahrscheinlich
ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird entsprechend §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Beschluss vom 14. November 2012 (S 15 KR 804/12 ER) und im Gerichtsbescheid vom 11. März 2013 (S 15 KR 813/12) Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen, dass bereits umstritten ist, ob die Liposuktion (unabhängig davon, ob sie ambulant
oder stationär durchgeführt wird) zu Lasten der GKV erbracht werden kann. Zum einen wird vertreten, dass die stationäre Liposuktion
zum Leistungskatalog der GKV gehöre, da im Bereich der stationären Leistungserbringung die Kriterien der evidenzbasierten
Medizin nicht erfüllt seien müssten (Hessisches LSG, Urteil vom 5. Februar 2013 - L 1 KR 391/12 - juris Rn. 20). Zum anderen wird jedoch angenommen, die Liposuktion entspreche schon ganz grundlegend nicht den erforderlichen
Qualitätsanforderungen, die an eine zu Lasten der GKV durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen seien (LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 1. März 2013 - L 4 KR 3517/11 - juris Rn. 33). Diese Frage war im vorliegenden Verfahren über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend
zu beantworten, da jedenfalls nicht glaubhaft gemacht ist, dass die Antragstellerin bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen
Anspruch auf eine stationäre Liposuktion hat. Zwischen den im Falle der Antragstellerin in die medizinische Sachverhaltsermittlung
einbezogenen Ärzten besteht keine Einigkeit über die Reihenfolge der innerhalb eines umfassenden Behandlungsplans durchzuführenden
Maßnahmen. Der behandelnde Facharzt für Innere Medizin X ... und der für den operativen Eingriff vorgesehene bzw. diesen bereits
durchführende Facharzt für Chirurgie Dr. Z. gehen davon aus, dass es sich bei der Erkrankung der Antragstellerin überwiegend
um Lipödemanteile handele, bei der keine andere Methode als die operative Entfernung derselben mittels Liposuktion in Betracht
komme, und dass erst nach einer durch die chirurgischen Eingriffe ermöglichten Steigerung der Mobilität eine effektive Adipositastherapie
mit Reduzierung des massiven Übergewichts möglich sei. Demgegenüber vertreten die Sachverständigen des MDK Sachsen Dr. V ...
und Dipl. Med. R., der Chefarzt am Krankenhaus T ... Prof. Dr. S ... und der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. N ... die Auffassung,
dass ausgehend von den erhobenen Befunden als Grunderkrankung eine extreme generalisierte Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr
anzunehmen sei, die nur zum Teil aus einem (auch immobilitätsbedingten) Lipödem bestehe, so dass vorrangig eine Therapie der
Adipositas bzw. ein interdisziplinäres und multimodales Behandlungskonzept seien. Vor diesem Hintergrund ist es nach der gebotenen
summarischen Prüfung nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das in der Hauptsache geltend gemachte und auf eine möglichst
sofortige und vorzugsweise durch Dr. Z ... durchzuführende Liposuktion gerichtete Begehren Erfolg haben wird.
Abgesehen davon, dass aus den vorstehenden Gründen ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin fraglich ist, mangelt es jedenfalls
an einem Anordnungsgrund, mithin einer besonderen Eilbedürftigkeit. Nach Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung darf
das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und nicht im vollen Umfang das gewähren, was sonst nur mit der
Hauptsacheklage erreicht werden könnte (sog. Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache, s. o.). Ausnahmen von dem Verbot der Vorwegnahme
der Hauptsache sind im Hinblick auf das in Art.
19 Abs.
4 GG zum Ausdruck kommende Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (nur) dann geboten, wenn eine bestimmte Regelung notwendig
erscheint, um sonst zu erwartende unzumutbare und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigende Nachteile für den Antragsteller
zu vermeiden und gleichzeitig ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht (vgl. hierzu
Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 KR 133/10 ER - juris Rn. 21 ff. m. w. N ...). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Bei Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung,
soweit die Übernahme von Kosten künftiger Liposuktionsbehandlungen betroffen ist, läge im zu entscheidenden Verfahren eine
echte Vorwegnahme der Hauptsache vor. Hierfür liegt jedenfalls die erstgenannte Voraussetzung für eine Ausnahme vom Verbot
der Vorwegnahme der Hauptsache, nämlich die Vermeidung zu erwartender unzumutbarer und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu
beseitigender Nachteile für die Antragstellerin nicht vor. Hier war zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin im Erörterungstermin
vor dem SG am 9. Januar 2013 im Vergleichswege die Kostenübernahme für eine stationäre Krankenhausbehandlung im Krankenhaus U ..., welche
eine Generaluntersuchung durch ein Kompetenzteam zur Klärung der zu Grunde liegenden Erkrankung und die Aufstellung eines
Behandlungsplans (welcher gegebenenfalls auch die Durchführung einer nach DRG-Vollpauschalen abzurechnenden den stationären
Liposuktion einzubeziehen hatte) umfasste, abgegeben hatte. Dieses Angebot hat sie im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren
erneuert. Eine besondere Eilbedürftigkeit für die von der Antragstellerin begehrte stationäre Liposuktion, eine Ausnahme von
dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache und damit die Notwendigkeit einer vom Gericht auszusprechenden einstweiligen Anordnung
können hiernach nicht begründet werden. Zudem stehen nach Ansicht des Senates in Verfahren wie dem vorliegenden die Endgültigkeit
und die Tragweite der von der Antragstellerin begehrten Maßnahme, mit der zudem, wie von Prof. Dr. S ... und Dr. N ... eindrücklich
beschrieben und auch in den von der Antragstellerin zitierten Leitlinien der GÄCD erstellten Leitlinien zur Liposuktion (siehe
www.gacd.de/fileadmin/user upload/pdf/leitlinien liposuktion.pdf) unter Buchst. H aufgeführt, ein auch und gerade für die
Antragstellerin erhebliches Operationsrisiko verbunden ist, dem Erlass einer einstweiligen Anordnung entgegen."
Während des Berufungsverfahrens hat die Versicherte die begehrten Liposuktionsbehandlungen an den Armen (03.06.2013), den
Oberschenkeln und Knien (21.10.2013) und an den Ober-/Unterschenkeln (07.04.2014) stationär durch Dr. Z ... vornehmen lassen.
Dieser hat ihr hierfür privatärztlich 4.006,06 EUR (Rechnung vom 05.06.2013) sowie jeweils 5.004,55 EUR (Rechnungen vom 03.12.2013
und 07.05.2014) in Rechnung gestellt. Die Rechnungen sind jeweils vom Vater der Versicherten(Kläger zu 2.) beglichen worden.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. März 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2012 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen die Kosten
für die bei der Versicherten stationär von Dr. Z ... am 3. Juni 2013, 21. Oktober 2013 und 7. April 2014 durchgeführten Liposuktionen
in Höhe von insgesamt 14.015,16 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden
Instanzen im vorliegenden Verfahren, die Gerichtsakten in den Verfahren S 15 KR 804/12 ER, S 25 KR 553/13 ER und L 1 KR 113/13 ER sowie die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers (zu 2.) ist bereits unzulässig, da dieser nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann (§
54 Abs.
1 Satz 2
SGG) und folglich nicht klagebefugt ist. Die Klagebefugnis fehlt, wenn eine rechtlich anerkannte Rechtsposition des Klägers ausgeschlossen
werden kann (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 54 Rn. 10). So liegt es hier. Der Kläger ist nicht Sonderrechtsnachfolger
der Versicherten i. S. v. §
56 Abs.
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I), da er zuletzt weder mit dieser in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat noch von dieser wesentlich (finanziell) unterhalten
worden ist. Er ist auch nicht Rechtsnachfolger i. S. v. §
58 SGB I, da er das Erbe ausgeschlagen hat (§
1953 Abs.
1 Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB).
Die zulässige Berufung der Klägerin (zu 1.) als Sonderrechtsnachfolgerin ist unbegründet. Das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind im Ergebnis zu Recht ergangen. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt,
der Versicherten eine Liposuktion im Rahmen einer vollstationären Krankenhausbehandlung durch Dr. Z ... zu gewähren. Deshalb
hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die drei bei der Versicherten stationär durchgeführten
Liposuktionen, weil zu den für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkten, als sie sich die Operationen
selbst beschaffte (BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 - B 3 KR 17/16 R - juris Rn. 16 m. w. N.), die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nicht vorgelegen haben. Die streitgegenständliche
Liposuktion gehörte im Zeitraum der Behandlung (03.06.2013 bis 07.04.2014) nicht zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung
zu erbringenden Leistungen.
Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ist §
13 Abs.
3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V). Grundsätzlich erhalten Versicherte die Leistungen der Krankenkassen als Sach- und Dienstleistungen (§
2 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 SGB V). Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§
2 Abs.
2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das
SGB V oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) vorsieht (§
13 Abs.
1 SGB V). Nach §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht
abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse
in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach-
und Dienstleistungsanspruchs nach §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen
kann (BSG, Urteil vom 02.11.2007 - B 1 KR 14/07 R; Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - juris Rn. 10). Jedoch besteht ein Anspruch auf Kostenerstattung grundsätzlich nach beiden Tatbeständen des §
13 Abs.
3 S. 1
SGB V nur dann, wenn die Voraussetzungen des primären Sachleistungsanspruchs vorliegen, d. h., wenn die selbstbeschaffte Behandlung
zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben oder
wenn diese nur deswegen nicht erbracht werden kann, weil ein Systemversagen die Erfüllung des Leistungsanspruchs im Wege der
Sachleistung gerade ausschließt. Der Erstattungsanspruch reicht folglich nicht weiter als ein entsprechender - primärer -
Sachleistungsanspruch (st. Rspr.; vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 - B 3 KR 17/16 R - juris Rn. 15 m. w. N.). Die Selbstbeschaffung der Leistung muss außerdem zu einer (zivil-) rechtlich wirksamen Kostenlast
des Versicherten geführt haben (vgl. etwa BSG, Urteil vom 08.09.2015 - B 1 KR 14/14 R).
Davon ausgehend war die Versicherte vorliegend nicht berechtigt, zu Lasten der Beklagten die stationären Behandlungen in einem
nicht zugelassenen Krankenhaus in Anspruch zu nehmen.
Nach §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit im Sinne dieser Norm ist ein regelwidriger, vom
Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen
arbeitsunfähig macht (st. Rspr., vgl. z. B. BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 19/07 R - juris Rn. 10). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr,
dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet,
die entstellend wirkt (ebenfalls ständige Rechtsprechung des BSG, siehe nur Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 19/07 - juris Rn. 11 m.w.N.; Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R - juris Rn. 13). Bei der Versicherten bestand eine Krankheit im Sinne des §
27 Abs.
1 SGB V. Sie litt an einem behandlungsbedürftigen Lipödem insbesondere an den behandelten Extremitäten. Beim Lipödem handelt es sich
um eine schmerzhafte, symmetrische, anlagebedingte übermäßige Fettgewebsvermehrung an den Extremitäten. Zusätzlich bestehen
vermehrte Wassereinlagerungen in den betroffenen Regionen. Es führt zu einem Spannungs- und Druckgefühl und einer erhöhten
Berührungsempfindlichkeit in den betroffenen Regionen. Bagatelltraumen führen vermehrt zur Hämatombildung (https://www.g-ba.de/downloads/40-268-4768/2018-01-18
Erp-RL Liposuktion TrG.pdf).
Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die Krankenhausbehandlung (§
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V) durch zugelassene Krankenhäuser (§§
39 Abs.
1 Satz 2,
108 SGB V) und die ärztliche Behandlung (§
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Kostenerstattung wegen der Inanspruchnahme einer Leistung eines krankenversicherungsrechtlich
nicht zugelassenen Leistungserbringers grundsätzlich ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 2. November 2007 - B 1 KR 14/07 R - juris Rn. 32). Die durch Dr. Z ... im Klinikum Y ... durchgeführte Privatbehandlung erfolgte nicht als vollstationäre Behandlung
in einem zugelassenen Krankenhaus im Sinne von §
108 SGB V. Schon allein aus diesem Grund kommt die Kostenerstattung mangels eines entsprechenden Primärleistungsanspruchs nicht in
Betracht (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2016 - L 11 KR 3883/15 - juris Rn. 24).
Ferner unterliegt der Anspruch eines Versicherten auf eine Krankenhausbehandlung nach §
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V und eine ärztliche Behandlung nach §
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V den sich aus §
2 Abs.
1 und §
12 Abs.
1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er erfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen
nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen
die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§
12 Abs.
1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
entsprechen (§
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der
Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R -, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8, Rn. 15, juris). Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der
gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R -, 3. Juli 2012 - B 1 KR 6/11 R - und 7. Mai 2013 - B 1 KR 44/12 R - alle juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des
SGB V, §§
69 bis
140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Eine Behandlung der Versicherten im Wege der stationären Durchführung einer Liposuktion gehört(e) jedoch zum Zeitpunkt der
erfolgten Behandlungen nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung, weil die Liposuktion nicht dem Stand
der medizinischen Erkenntnisse entsprach (und weiterhin nicht entspricht). Der 1. Senat des Sächsischen LSG in seinem Urteil
vom 16. Januar 2014 (L 1 KR 229/10) diesbezüglich u. a. ausgeführt (juris Rn. 46 ff.):
"Gemäß §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen
und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.
Das Tatbestandsmerkmal des anerkannten Stands der medizinischen Erkenntnisse knüpft an den Maßstab der evidenzbasierten Medizin
an (vgl. Fahlbusch in jurisPK-
SGB V, 2. Auflage, § 2 Rn. 49; vgl. auch BSG, Urteil vom 1. März 2011 - B 1 KR 7/10 R - juris Rn. 65; siehe ferner Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März 2013 - L 4 KR 3517/11 - juris Rn. 32). Aus dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung werden solche Leistungen ausgeschlossen,
die nicht ausreichend erprobt sind (BT-Drucksache 11/2237 S. 157; Peters in Kasseler Kommentar, Stand Juni 2007,
SGB V, §
2 Rn. 3). Denn es ist nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, die medizinische Forschung zu finanzieren. Eine neue
Behandlungsmethode gehört deshalb erst dann zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn ihre Erprobung
abgeschlossen ist und über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen
möglich sind (Wagner in Krauskopf, Stand Juni 2008,
SGB V, §
13 Rn. 19, und dieselbe in Krauskopf, Stand Dezember 2004,
SGB V, § 2 Rn. 7). Dieser Maßstab gilt nach der Rechtsprechung des BSG nicht nur im Anwendungsbereich des §
135 SGB V (siehe insoweit BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - juris Rn. 29), sondern auch im Bereich des §
137c SGB V, und zwar unabhängig davon, ob ein Negativvotum des Gemeinsamen Bundesausschusses existiert (siehe insoweit BSG, Urteil vom 17. Februar 2010 - B 1 KR 10/09 R - Rn. 23; BSG, Urteil vom 21. März 2013 - B 3 KR 2/12 R - juris Rn. 16 bis 24; BSG, Urteil vom 7. Mai 2013- B 1 KR 44/12 R - juris Rn. 23 f.; vgl. auch BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 1 KR 21/04 R - juris Rn. 22). Erforderlich ist daher, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden
Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März 2013 - L 4 KR 3517/11 - juris Rn. 32 m.w.N.). Die einzige Ausnahme zu diesen Grundsätzen ist in §
137c Abs.
2 Satz 2
SGB V geregelt. Danach können Behandlungen im Rahmen der Durchführung klinischer Studien zur Förderung des medizinischen Fortschritts
stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden.
Demgegenüber vertritt das Hessische LSG die Auffassung, im Rahmen der stationären Behandlung müssten die Kriterien der evidenzbasierten
Medizin nicht erreicht werden, es genüge insoweit ein abgesenkter Maßstab (Urteil vom 5. Februar 2013 - L 1 KR 391/12 - juris Rn. 20). Bei der Liposuktion handele es sich nicht um eine Methode von experimentellem Charakter. Dies folge zum
einen aus den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie. Zum anderen könnten die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft
für ästhetische Chirurgie zur Liposuktion herangezogen werden, da ihnen eine umfassende medizinische Relevanz zukomme (a.a.O.
Rn. 18). Der abgesenkte Prüfmaßstab sei deshalb gerechtfertigt, weil im Bereich der ambulanten Versorgung bezüglich neuer
Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gelte, wohingegen bei der stationären Versorgung gemäß §
137c SGB V eine grundsätzliche Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt maßgeblich sei, so dass ein Anspruch nur dann ausgeschlossen sei, wenn
der Gemeinsame Bundesausschuss eine negative Stellungnahme abgegeben habe (a.a.O. Rn. 19). Dies sei bei einer stationär durchzuführenden
Liposuktion nicht der Fall (Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - juris Rn. 16). Der sachliche Grund für diese unterschiedliche rechtliche Behandlung bestehe darin, dass der Gesetzgeber
die Gefahr des Einsatzes zweifelhafter oder unwirksamer Maßnahmen wegen der internen Kontrollmechanismen und der anderen Vergütungsstrukturen
im Krankenhausbereich geringer einstufe als bei der Behandlung durch einzelne niedergelassene Ärzte (Hinweis auf BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - juris Rn. 21).
Die Argumentation des Hessischen LSG überzeugt allerdings nicht, weil sie zu Wertungswidersprüchen führt. Denn letztlich läuft
sie darauf hinaus, dass allein das Erfordernis einer stationär gebotenen Behandlung zu einer Leistungsverpflichtung der gesetzlichen
Krankenversicherung führen kann, und zwar unabhängig davon, ob die Wirksamkeit und Qualität der eigentlichen Behandlung dem
allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Derjenige Patient, der bestimmte Risikofaktoren erfüllt,
die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, hätte dann einen Anspruch auf eine Behandlung im stationären Rahmen,
obwohl sich für die Wirksamkeit einer bestimmten Methode keine bislang hinreichend wissenschaftlich gefestigten Anhaltspunkte
ergeben (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März 2013 - L 4 KR 3517/11 - juris Rn. 34, und SG Neubrandenburg, Urteil vom 18. April 2013 - S 14 KR 11/12 - juris Rn. 27, 30). Dieses Ergebnis ist mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz nicht vereinbar. Soweit das Hessische LSG aus den Leitlinien der Fachgesellschaften eine Erweiterung des Leistungsspektrums
der gesetzlichen Krankenversicherung herleitet, lässt sich dies mit der Rechtsprechung des BSG nicht in Einklang bringen. Denn danach bestimmen die Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften den Umfang der Leistungsansprüche
der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nicht (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - juris Rn. 47).
Qualität und Wirksamkeit der begehrten Liposuktion zur Behandlung des Lipödems entsprechen nicht dem Maßstab der evidenzbasierten
Medizin. Ausweislich des Gutachtens der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 "Methoden- und Produktbewertung" zum Thema "Liposuktion
bei Lip- und Lymphödemen" vom 6. Oktober 2011, das eine umfassende Auswertung der über den Einsatz von Liposuktion als Methode
zur Behandlung von Lipödemen veröffentlichten Studien vornimmt, gab es zum Zeitpunkt der Datenerhebung im Mai 2011 nur zwei
kontrollierte Studien, deren Aussagewert nicht ausreichte, um einen langfristigen Nutzen der Liposuktion zu belegen. Alle
übrigen im Mai 2011 zugänglichen Veröffentlichungen wiesen einen noch geringeren Aussagewert auf. Daraus folgt, dass die Methode
der Liposuktion zur Therapie des Lipödems zu diesem Zeitpunkt noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion war und weitere
randomisierte Studien erforderlich waren, um sie als eine den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechende Behandlungsmethode
qualifizieren zu können. Daran hat sich nichts geändert (siehe insoweit auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März 2013
- L 4 KR 3517/11 - juris Rn. 36, und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2012 - L 4 KR 595/11 - juris Rn. 37, außerdem Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 22. Januar 2013 - 5 LB 50/11 - juris Rn. 31)."
Dieser Argumentation schließt sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung an. Das BSG hat diese Rechtsprechung der Sache nach bestätigt. Im Falle einer stationären Behandlung, so das BSG, findet bis zum Erlass eines Verbots nach V retrospektiv eine Einzelfallprüfung statt. Dabei ist nach der BSG-Rechtsprechung der Vorschrift des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V der einheitliche Prüfungsmaßstab sowohl für den ambulanten als auch für den stationären Bereich zu entnehmen. Die Änderung
des §
137c SGB V und Einfügung der Regelung des §
137e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Art 1 Nr. 54 und Nr. 56 GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG - vom 22. Dezember 2011,
BGB. I S. 2011, 2983) hat an der bisherigen Grundkonzeption nichts geändert und lediglich Raum für den Gemeinsamen Bundesausschuss
(GBA) geschaffen, Richtlinien zur Erprobung nach V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des V ergibt, dass der Nutzen
einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet.
Abgesehen von der speziell geregelten Modifizierung durch die zeitlich begrenzte Erprobung (V) noch nicht dem allgemein anerkannten
Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender Methoden [Hervorhebung durch den Senat] verbleibt es auch im stationären
Sektor beim Qualitätsgebot des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V (BSG, Beschluss vom 15. Juli 2015 - B 1 KR 23/15 B - juris Rn. 7/8).
Die durch Art. 64 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl.
I S. 1211) mit Wirkung zum 23.07.2015 (Art. 20 GKV-VSG) erfolgte Änderung des §
137c SGB V ist im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen, da sie zum Zeitpunkt der Durchführung der Liposuktionen in 2013/2014 noch
nicht galt. Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass der GBA mit Beschluss vom 20.07.2017 die Änderung der Richtlinie
Methoden Krankenhausbehandlung sowie über die Einleitung von Beratungen zu einer Richtlinie zur Erprobung beschlossen hat
(BAnz. AT 17.10.2017 B3). In den tragenden Gründen heißt es: "Für die Methode "Liposuktion bei Lipödem" ist der Nutzen noch
nicht hinreichend belegt." In seinem Beschluss über eine Richtlinie zur Erprobung der Liposuktion beim Lipödem vom 18.01.2018
hat der GBA diese Auffassung bekräftigt (s. Tragende Gründe zu Beschluss, https://www.g-ba.de/downloads/40-268-4768/2018-01-18
Erp RL Liposuktion TrG.pdf). Demzufolge steht einer Leistungspflicht der Beklagten in Bezug auf die damals stationär durchgeführte
Liposuktion zur Therapie des Lipödems entgegen, dass die in den §§
2 und
12 SGB V definierten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit (weiterhin) nicht erfüllt sind. Dies gilt mit Blick auf die
Liposuktion auch unter Berücksichtigung der Annahme eines (bloßen) Potenzials dieser Behandlungsalternative (BSG, Urteile vom 24. April 2018 - B 1KR 13/16 R und B 1 KR 10/17 R - jeweils zitiert nach Terminbericht Nr. 15/18).
Es liegt schließlich auch kein Ausnahmefall vor, in dem die Liposuktion ausnahmsweise ohne positive Empfehlung des G-BA zu
Lasten GKV erbracht werden darf. Die Versicherte konnte sich nicht auf §
2 Abs.
1a SGB V (eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 GKV-VStG vom 22. Dezember 2011 [BGBl. I, S. 2983] mit Wirkung vom 1. Januar 2012) berufen, wonach Versicherte mit einer lebensbedrohlichen
oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein
anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von §
2 Abs.
1 S. 3
SGB V abweichende Leistung (und damit eine Leistung, deren Qualität und Wirksamkeit entsprechend dem allgemein anerkannten Stand
der medizinischen Erkenntnisse noch nicht feststeht) beanspruchen können, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht
auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Damit hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung
des BVerfG im "Nikolaus"-Beschluss vom 06.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5, juris) aufgegriffen und gesetzlich fixiert (vgl. zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 16 Rn. 12 ff m. w. N., juris). Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht
allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen G-BA bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder
regelmäßig tödlich verlaufende oder - nach der Rechtsprechung des BSG zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare - Erkrankung voraus (BSG, Urteile vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R -, vom 16.12.2008 - B 1 KR 11/08 R - und vom 07.05.2013 - B 1 KR 26/12 R). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen u.a. nur, wenn
eine notstandsähnliche Extremsituation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt,
wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist (vgl. dazu BSG, Urteil vom 05. Mai 2009 - B 1 KR 15/08 R - juris Rn. 17). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich
tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches kann für
den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten. Einen solchen
Schweregrad erreichte das Lipödem-Syndrom der Versicherten in den Jahren 2013/2014 nicht (vgl. hierzu auch: BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - juris). Hinzu kommt, dass vorliegend nicht das Lipödem, sondern vielmehr die Adipositas per magna bei der Versicherten
im Vordergrund des Krankheitsbildes und damit auch der orthopädischen therapeutischen Bemühungen gestanden hat. Der Senat
folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen und Einschätzungen von Dr. V., Prof. Dr. S ... und Dr. N ...
Ob konservative Therapien für die Versicherte als allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen
erfolgsversprechend zur Verfügung gestanden haben, bleibt ohne Belang. Denn die gesetzlichen Krankenkassen sind - wie bereits
dargelegt - von Verfassungs wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der
Gesundheit überhaupt verfügbar ist. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zunächst
auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie auf ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach
dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu prüfen, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der Krankenkasse
auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen (BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 - B 3 KR 17/16 R - juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.