Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob zugunsten des Klägers ein weiterer Zeitraum als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen
Altersversorgung der technischen Intelligenz mit den dabei erzielten Entgelten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festzustellen ist.
Dem am ... 1950 geborenen Kläger wurde im Februar 1975 durch die Ingenieurhochschule M. die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung
"Hochschulingenieur" zu führen. Danach war er bis zum 30. Juni 1990 wie folgt beruflich tätig:
01. März 1975 bis zum 28. Februar 1978: Fertigungstechnologe beim VEB Büromaschinenwerk S ...
01. März 1978 bis zum 31. Dezember 1983: Projektant bei dem VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung H ...
01. Januar 1984 bis zum 31. Juli 1987: Projektant bei dem VEB Gummiwerke B. - Standort H ...
01. August 1987 bis zum 15. Januar 1988: Leitprojektant bei dem VEB Synthesewerk S ...
16. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990: wissenschaftlich-technischer Mitarbeiter bei dem VEB Rationalisierung Elektro- und
Stahlbau H ...
Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung entrichtete der Kläger nicht. Zur Zeit der DDR hat er eine schriftliche
Versorgungszusage nicht erhalten.
Nach erfolglosem Verwaltungsverfahren (Antrag am 08. Juni 1999, Ablehnungsbescheid vom 09. Juli 2002 und Widerspruchsbescheid
vom 07. Januar 2003) hatte der Kläger Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. In diesem Verfahren (S 12 RA 158/03) unterbreitete die Beklagte ein Vergleichsangebot, wonach auf den Kläger § 1 Abs. 1 AAÜG anwendbar sei, und sie verpflichtete sich, ihm nach Abschluss des Verfahrens einen rechtsbehelfsfähigen Feststellungsbescheid
über die berücksichtigungsfähigen Pflichtbeitragszeiten zu erteilen. Dieses Angebot nahm der Kläger an. Damit hatte sich dieser
Rechtsstreit erledigt.
Mit Feststellungsbescheid vom 24. März 2005 erkannte die Beklagte die Zeiträume vom 01. März 1975 bis zum 28. Februar 1978
und vom 01. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 als nachgewiesene Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung
der Intelligenz mit den dabei erzielen Verdiensten an. Der Zeitraum vom 01. März 1978 bis zum 31. Dezember 1983 (Beschäftigung
beim VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung H.) könne nicht anerkannt werden, weil diese Tätigkeit nicht im Geltungsbereich
des Zusatzversorgungssystems verrichtet worden sei. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 15. April 2005 Widerspruch ein.
Sein Betrieb habe zum Kombinat Plast- und Elastverarbeitung gehört. In diesem seien verschiedene Spritzgussteile aus Kunststoff
und Teile aus Elastomeren hergestellt worden. Sein Betrieb habe dafür Konstruktionsarbeiten und Arbeiten zur Produktionsvorbereitung
und Produktionsdurchführung erbracht, den Bau von Maschinen und Fertigungsmitteln betreut und in der Fertigung zum Einsatz
gebracht. Die Mitarbeiter hätten dabei konstruktive und technische Leistungen erbracht. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai
2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei dem VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung H. habe es sich weder
um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt.
Dieser Betrieb sei keinem Industrieministerium unterstellt gewesen. Sein Hauptzweck habe auch nicht in der industriellen Fertigung
und Herstellung von Sachgütern bestanden. Der Betrieb sei der Wirtschaftsgruppe 63 310 zugeordnet gewesen. Dabei habe es sich
um Projektierung ohne Bauprojektierung gehandelt.
Daraufhin hat der Kläger am 15. Juni 2005 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Das SG hat vom Amtsgericht Halle-Saalkreis die Registerakte des VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung beigezogen und
in Kopie als Beiakte zu dem Verfahren genommen. Ferner hat es von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben
Unterlagen beigezogen und in einem Erörterungstermin den Kläger befragt sowie Unterlagen aus einem anderen Gerichtsverfahren
an die Beteiligten übergeben. Der Kläger hat Unterlagen über seinen Betrieb einschließlich einer Aufstellung der produzierten
Ersatz- und Verschleißteile eingereicht. Mit Urteil vom 12. September 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, in dem VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung H. habe
keine serienmäßige industrielle Sachgüterproduktion stattgefunden. Vielmehr seien dort Spezialmaschinen entwickelt, konstruiert
und gebaut worden. Auch nach den Angaben des Klägers habe es sich dabei um Kleinserien mit deutlich unter 100 Stückzahlen
gehandelt. Sie seien auch auf spezielle Bedürfnisse der Auftraggeber zugeschnitten gewesen. Eine Massenproduktion von Sachgütern
nach dem fordistischen Produktionsmodell habe demgemäß nicht stattgefunden. Bei der Produktion von Ersatzteilen habe es sich
um nachrangige Produktion gehandelt.
Gegen das am 09. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06. November 2008 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
eingelegt. Bei dem VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung H. habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb
gehandelt. Es seien Produktionsmaschinen mechanisch und elektrisch vorbereitet und hergestellt worden. Dabei habe es sich
um Serienproduktion gehandelt. Auch seien Ersatzteile in Serienfertigung hergestellt worden. Dabei habe es sich um die Massenherstellung
von gleichwertigen Produkten gehandelt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. September 2008 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2005 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2005 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, auch den Zeitraum vom 01.
März 1978 bis zum 31. Dezember 1983 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
mit den dabei erzielten Entgelten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. September 2008 zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidungen und das sie bestätigende Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat in einem Erörterungstermin Herrn K., einen Kollegen des Klägers und Berufungsführer in einem Parallelverfahren
vor dem Landessozialgericht, zu dem Betrieb angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Niederschrift verwiesen.
Ferner hat er von Herrn B. K. und Herrn Dr. C. K. die schriftlichen Auskünfte vom 21. Juni 2011 und 27. Juni 2011 eingeholt.
Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu einer
fiktiven Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem der DDR nicht folgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der
Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Sie ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 24. März 2005, soweit darin die Anerkennung des Zeitraumes vom 01.
März 1978 bis zum 31. Dezember 1983 abgelehnt worden ist, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2005 rechtmäßig
ist und den Kläger nicht im Sinne der §§
157,
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des §
1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech
- Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen
im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung
oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 09. April
2002 - B 4 RA 31/01 R -, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden, noch ist
er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug
einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.
Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit
zu einem Zusatzversorgungssystem auch im Wege der Unterstellung (bzw. Auslegung von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG) vorliegen kann (siehe nachfolgend unter 1.). Aber auch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung wären die Voraussetzungen
für eine fiktive Einbeziehung nicht erfüllt (nachfolgend 2.).
1. Der Senat ist nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 01. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom
09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R -, aaO., S. 12; nunmehr BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 5 RS 3/09 R - juris, Rdnr. 22, 23). Die vom BSG vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats
die sich aus Art.
20 Abs.
2 und
3 Grundgesetz (
GG) ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene erweiternde Auslegung nicht hergibt. Es ist deshalb auch nicht angezeigt, die bei einem unklaren
oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen weiteren Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19.
Februar 2009 - B 10 EG 1/08 R - juris, Rdnr. 19). Im Übrigen waren dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG auch nach der Auffassung des früheren 4. Senats des BSG nur zwei Tatbestände zu entnehmen, die zu einer Anwendbarkeit des
AAÜG führen. Entweder war der Betreffende tatsächlich Inhaber einer Versorgungsanwartschaft oder er hatte diese durch Ausscheiden
vor dem Leistungsfall wieder verloren (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - juris, Rdnr. 17, 16).
Selbst wenn man wegen des verwendeten Begriffs "Zugehörigkeit" zu einem Verständnis der Norm gelangen würde, welches nicht
allein auf die tatsächliche Einbeziehung abstellt, sondern auch eine fiktive Einbeziehung erfasst (so nunmehr der 5. Senat
des BSG, siehe Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 5 RS 3/09 R - juris, Rdnr. 23, 24, 27), verbietet sich dieses Ergebnis bei Berücksichtigung der weiteren Auslegungskriterien (Sinn
und Zweck, Entstehungsgeschichte und Systematik, siehe zu den Auslegungskriterien z. B. BVerfG, Beschluss vom 08. Februar
1999 - 1 BvL 25/97 - juris). In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung
oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 09. April
2002 - B 4 RA 31/01 R -, aaO., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II
A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen.
Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch
unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405,
S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die
Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung
von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den
Bund beziehen (aaO., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei
der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine
darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Es trifft auch nicht zu, dass bereits durch den EVertr das Neueinbeziehungsverbot modifiziert worden ist (so aber BSG, Urteil
vom 19. Oktober 2010 - B 5 RS 3/09 R - juris, Rdnr. 22). In Art. 17 EVertr wurde die Absicht bekräftigt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um Personen,
die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer rechtsstaats- und verfassungswidrigen gerichtlichen
Entscheidung geworden sind, rehabilitieren zu können. Hier ist schon fraglich, ob einer bloßen Absichtserklärung überhaupt
ein Regelungsinhalt entnommen werden kann. Darüber hinaus ist dem Wortlaut von Art. 17 EVertr nicht zu entnehmen, wie die
Rehabilitierung im Einzelfall erfolgen sollte und insbesondere auch nicht, dass diese unter Durchbrechung des Neueinbeziehungsverbotes
durch Einbeziehung in ein Versorgungssystem möglich sein sollte. Dementsprechend ergeben sich aus dem Rehabilitierungsgesetz
vom 06. September 1990 (RehabG, GBl. I S. 1459) Hinweise, dass das Neueinbeziehungsverbot auch bei Rehabilitierungsmaßnahmen
zu berücksichtigen war (zur Heranziehung des RehabG zum Verständnis des Art. 17 EVertr siehe Bundesverwaltungsgericht, Urteil
vom 21. Januar 1999 - 3 C 5/98 - juris, dort Rdnr. 21). Nach § 9 Nr. 2 RehabG waren nämlich Zeiten des Freiheitsentzuges bei einem Rehabilitierten nur dann
als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anzurechnen, wenn er vor Beginn des Freiheitsentzuges dem Zusatzversorgungssystem
angehörte. Es geht also nicht um eine Neueinbeziehung, sondern um die Feststellung weiterer Zeiten, vergleichbar der Regelung
des § 5 Abs. 2 AAÜG. Auch dem Wortlaut von Art. 19 Satz 2 EVertr ist eine Modifizierung des Neueinbeziehungsverbots nicht zu entnehmen. Darüber hinaus behandelt er, soweit
danach untergegangene Versorgungszusagen wieder aufleben können (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 5 RS 3/09 R - aaO.), keine Fälle der Neu-, sondern der Wiedereinbeziehung. Art. 17 EVertr und Art. 19 EVertr lassen damit nur Schlussfolgerungen
für die Fälle zu, in denen bereits, im Gegensatz zu der fiktiven Einbeziehung nach der Rechtsprechung des BSG, eine durch
Zusage oder dergleichen dokumentierte Beziehung zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem vorlag.
Den Senat überzeugt auch nicht, dass aus § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei. In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein
Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit
zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, aaO., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem"
(BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405,
S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung
wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an,
dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt
(Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im
Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. M. Bunge, BTDrs. 16/13916
vom 21. August 2009).
2. Aber auch wenn man der Rechtsprechung des BSG folgen würde, hätte das Begehren des Klägers keinen Erfolg. Danach hängt
der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche
Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950
(GBl. der DDR I, Nr. 93 S. 844 - im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung
zur VO-AVItech (GBl. der DDR I, Nr. 62 S. 487 - im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen
müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für
Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche
Voraussetzung).
Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte der Kläger in dem noch umstrittenen Zeitraum vom 01. März 1978 bis zum 31. Dezember
1983 keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech. Der Kläger erfüllte nicht die abstrakt-generellen
und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R -, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems der AVItech.
Zwar war der Kläger berechtigt, den akademischen Grad eines Ingenieurs zu führen (persönliche Voraussetzung) und er hat in
den streitigen Zeiträumen auch eine entsprechende ingenieurtechnische Tätigkeit (Projektant) tatsächlich ausgeübt (sachliche
Voraussetzung). Er war aber während dieser Zeiten nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie
oder des Bauwesens im Sinne der Rechtsprechung des BSG und auch nicht in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Denn
der VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung H. erfüllt nicht die Vorgaben des BSG zum Produktionsbetrieb im Sinne
der AVItech. Danach liegt ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens dann vor, wenn der Hauptzweck
des VEB in der industriellen Fertigung von Sachgütern oder Bauwerken bestand. Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion
bzw. zum Bauwesen hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck des VEB
muss auf die industrielle, massenhafte und standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern
oder Bauleistungen ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 -, aaO.). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, dass auf stark standardisierter Massenproduktion
und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte. Der Massenausstoß standardisierter
Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen. Nur eine derartige Massenproduktion
im Bereich der Industrie oder des Bauwesens war für eine Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech von maßgeblicher
Bedeutung (BSG, Urteile vom 23. August 2007 - B 4 RS 23/06 R - m.w.N. und vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R -, zitiert nach juris).
Der Senat konnte sich auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der durchgeführten Ermittlungen nicht davon überzeugen, dass
in dem VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung H. als Hauptzweck eine Massenproduktion in diesem Sinne stattgefunden
hat.
Zwar wurde in dem Betrieb auch produziert. Dabei handelte es sich zum einen um die Herstellung von Sondermaschinen für die
Plast- und Elastverarbeitung (Sondermaschinenbau) und zum anderen um die Herstellung von Ersatz- und Verschleißteilen. Soweit
es um die Produktion von Sondermaschinen geht, hat es sich nicht um eine industrielle, massenhafte und standardisierte Herstellung
von Sachgütern gehandelt. Dabei hat es zwar offensichtlich auch Serienfertigungen gegeben. Der Senat ist nach den vorliegenden
Unterlagen aber davon überzeugt, dass diese nicht massenhaft im Sinne der Rechtsprechung des BSG hergestellt worden sind.
Nach den im Erörterungstermin vor dem SG übergebenen Auftragslisten und den dort dargestellten Stückzahlen sind in den Jahren 1977 bis 1986 fast ausschließlich Einzelstücke
der Sondermaschinen ausgeliefert worden, wobei auch dort verschiedentlich Sonderausfertigungen - also keine Serienfertigungen
- dokumentiert sind. Bei Stückzahlen von deutlich weniger als 10 pro Monat kann aber von einer Massenproduktion nicht einmal
ansatzweise die Rede sein. Vielmehr hat der streitbefangene VEB komplexe und komplizierte Sondermaschinen hergestellt, die
dem von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Begriff der Massenproduktion nicht entsprechen. Auch der Kläger hat bekundet,
dass unter dem Begriff der Serienproduktion allenfalls die Produktion von Kleinserien zu verstehen war.
Auch die Geschichte des Betriebes belegt, dass ihm die Massenproduktion nicht das Gepräge gegeben hat. Der Betrieb wurde im
Jahre 1970 mit den Geschäftsbereichen Projektierung - Entwicklung und Konstruktion/Musterbau gegründet. Im Jahr 1975 wurde
dem VEB die frühere Firma S. aus L. mit den Geschäftsbereichen Investitionsrealisierung und Sondermaschinenbau angegliedert.
Dabei handelte es sich bei dem Sondermaschinenbau um den Bau von Plast- und Elastmaschinen. Der Betrieb beschäftigte einen
Direktor für Projektierung und einen Direktor des Ingenieurbüros für Rationalisierung. Übergeordnetes Organ war das Ministerium
für Chemische Industrie. Zum Ende des hier streitbefangenen Zeitraumes (31. Dezember 1983) wurde der VEB Ingenieurbetrieb
Plast- und Elastverarbeitung H. in den VEB Gummiwerke B. als dessen Rechtsnachfolger eingegliedert. Örtlich verblieb der Bereich
Sondermaschinen H. in H. und wurde zum 01. April 1990 wieder aus dem VEB Gummiwerke B. ausgegliedert und in den juristisch
selbständigen VEB Plast- und Elastmaschinen mit Sitz in H. umgewandelt, der weiter Sondermaschinen produzierte.
Bei der Produktion von Ersatz- und Verschleißteilen hat es sich - wie das SG zutreffend dargestellt hat - um eine nachrangige Produktion gehandelt, die an dem Hauptzweck dieses Betriebsteils, der Herstellung
von Sondermaschinen, nichts geändert hat. Schließlich war der Betrieb im Betriebsregister der Staatlichen Zentralverwaltung
für Statistik der DDR auch mit der Wirtschaftsgruppenschlüsselziffer 63310 erfasst, die für Projektierungsbetrieb ohne Bauprojektion
steht.
Der VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung H. war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der
2. DB, denn ein derartiger Betrieb ist dort nicht genannt. Insbesondere hat es sich auch nicht um ein Forschungsinstitut gehandelt.
Denn dies waren Forschung betreibende selbständige Einrichtungen der Wirtschaft, deren Hauptzweck die zweck- und betriebsbezogene
wissenschaftliche Forschung und Entwicklung war (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 40/04 R -, zitiert nach juris). Zwar dürften in dem Betrieb - wie insbesondere der Zeitungsartikel aus der Zeitschrift "blick"
vom 21. Oktober 1983 zeigt - auch Forschungstätigkeiten durchführt worden sein. Dabei hat es sich jedoch nicht um den Hauptzweck
des VEB Ingenieurbetrieb Plast- und Elastverarbeitung H. gehandelt. Die in der genannten Vorschrift enthaltene Aufzählung
ist abschließend (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R -, aaO.), so dass auch eine entsprechende Anwendung auf den früheren Betrieb des Klägers ausscheidet.
Die Entscheidung wird auch nicht dadurch zu Gunsten des Klägers beeinflusst, dass die Beklagte in gleichgelagerten Fällen
Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech festgestellt hat. Darauf kann sich der Kläger selbst bei gleicher Sachlage nicht berufen.
Denn auf einen rechtwidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht
und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art.
20 Abs.
3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher (rechtswidriger) Weise
entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die deutsche Rechtsordnung nicht (BVerfG,
Beschluss vom 17. Januar 1979 - 1 BvL 25/77 -, BVerfGE 50, 142, 166).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.