Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einstiegsgeld - Ablehnung des Verlängerungsantrags - abschließende Entscheidung über Förderzeitraum
bei Erstbewilligung - Überprüfungsantrag - Erforderlichkeit der Förderung für die Arbeitsaufnahme - Kausalität
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Weiterbewilligung von Einstiegsgeld ab September 2015 für weitere sechs Monate von dem Beklagten.
Die am ... 1965 geborene Klägerin lebte mit drei Kindern seit 2005 als Alleinerziehende in einer 113,80 qm großen 4-Zimmer-Wohnung
in H.. Sie ist gelernte Backwarenfacharbeiterin und absolvierte vom 19. April bis zum 6. August 2010 eine Qualifizierung zur
Fachkraft Gesundheits- und Sozialdienstleistungen. Die am ... 1990 geborene Tochter J1 studierte seit 2013 und bezog Leistungen
nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) in Höhe von 422 € monatlich. Die am ... 1999 geborene Tochter A und die am ... 2004 geborene Tochter J2 gingen zur
Schule. Die Klägerin und ihre jüngsten beiden Töchter bezogen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die Bewilligungen erfolgten in den Bewilligungsabschnitten vom 1. November 2014 bis zum 30. April 2015 und vom 1. Mai bis
zum 31. Oktober 2015. Die Klägerin arbeitete von 2010 bis zum 25. Februar 2015 in einer geringfügigen Beschäftigung bei der
Volkssolidarität als Sozialassistentin (Essen auf Rädern) und erzielte ein Einkommen zwischen 140 € und 280 € monatlich. Für
die Wohnung waren 2015 monatlich eine Grundmiete in Höhe von 428,13 €, Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 100 € (ab 1. Mai
2015: 140 €) und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 90 € (ab 1. Mai 2015: 80 €) zu entrichten. Nach dem Bescheid des Beklagten
vom 8. Mai 2015 entfiel auf die Klägerin im August 2015 ein Bedarf in Höhe von 628,86 €.
Am 17. Februar 2015 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Einstiegsgeld für die beabsichtigte Arbeitsaufnahme
am 1. März 2015 bei der R-Stiftung als Betreuerin mit einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 749 €. Nach dem anliegenden
Arbeitsvertrag endet die befristete Tätigkeit als zusätzliche Betreuungskraft im Bereich Haushaltsgemeinschaften für Menschen
mit Demenz mit 20 Wochenstunden im Zwei-Schicht-Dienst am 29. Februar 2016. Auf der Rückseite des Antrages auf Einstiegsgeld
sind Hinweise des Beklagten abgedruckt, wonach die Förderung maximal für die Dauer von 24 Monaten erfolgen und Einstiegsgeld
nur gewährt werden kann, wenn dies vor Beginn der beruflichen Tätigkeit beantragt wird. Mit undatiertem Bescheid bewilligte
der Beklagte der Klägerin Einstiegsgeld in Höhe von 299,25 € pro Fördermonat für den Zeitraum vom 1. März bis zum 31. August
2015. Die gewährte Leistung unterstütze die Klägerin bei der Aufnahme ihrer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und
könne erbracht werden, wenn es für erforderlich gehalten werde, um ihre Hilfebedürftigkeit prognostisch dauerhaft zu überwinden.
Dabei seien Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Sie gehöre zur besonders geförderten Personengruppe
der Alleinerziehenden im Rahmen des lokalen Arbeitsmarktprogramms. Daher könnten in Bezug auf die pauschale Bemessung die
Regelungen des § 2 der Verordnung zur Bemessung von Einstiegsgeld (ESGV) in Anspruch genommen werden. Dieser Bescheid war
mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, wonach hiergegen ein Widerspruch erhoben werden könne.
Am 4. August 2015 stellte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Einstiegsgeld für die bekannte Arbeitsaufnahme am 1. März
2015. Mit undatiertem Bescheid lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Voraussetzungen für eine Weitergewährung des Einstiegsgeldes
lägen nicht vor. Die Klägerin habe für die Arbeitsaufnahme am 1. März 2015 für sechs Monate Einstiegsgeld gezahlt bekommen,
damit sie ihre Arbeitslosigkeit beende. Außerdem sollte sie Erwerbs- und Berufserfahrungen erwerben und damit ihre Marktfähigkeit
steigern. Diese Ziele seien erreicht.
Hiergegen legte die Klägerin am 15. September 2015 Widerspruch ein. Sie habe nur 528 Stunden in den sechs Monaten gearbeitet
und den Beruf vorher nicht ausgeübt, weshalb sie noch nicht alle Fähigkeiten erworben haben könne. Sie verstehe auch nicht,
was diese Frage mit dem Einstiegsgeld zu tun habe, wo es auf die wirtschaftliche Situation ankomme. Ihr sei bekannt, dass
Sozialversicherte, die zu wenig Geld verdienten und deren Lebensunterhalt das Jobcenter abdecke, für mindestens ein Jahr Einstiegsgeld
bekämen. Es sei für sie auch nicht verständlich, weshalb erst Einkommensnachweise usw. angefordert worden seien und dann der
Anspruch abgelehnt worden sei. Es sei schon vorher bekannt gewesen, dass es sich um einen Jahresvertrag handele und sie zwischen
600 € und 640 € monatlichen Verdienst erhalte. Sie müsse alles für ihre Kinder finanzieren und befinde sich in einer finanziellen
Notlage.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Förderung durch Einstiegsgeld
könne nur im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit
und bei Arbeitslosigkeit der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten erfolgen. Die Erbringung von Einstiegsgeld sei nicht über
den bewilligten Zeitraum hinaus erforderlich. Das Einstiegsgeld diene einem Anreizzweck, dieser sei bereits durch die Bewilligung
für den Zeitraum März bis August 2015 erfüllt worden. Der Bewilligungsbescheid über die Bewilligung sei bestandskräftig geworden
und werde von der Klägerin nicht beanstandet. Wäre sie mit dem Bewilligungszeitraum nicht einverstanden gewesen, hätte sie
bereits gegen den Bewilligungsbescheid Widerspruch einlegen können. Die Klägerin sei auch mit ihrem monatlichen Einkommen
weiterhin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes angewiesen, weshalb auch nicht die begründete Aussicht bestehe,
dass die Leistungsberechtigte mit der Erwerbstätigkeit in absehbarer Zeit nicht mehr auf Arbeitslosengeld II angewiesen sei.
Das Einstiegsgeld verfolge nicht das Ziel, den Lebensunterhalt abzusichern.
Die Klägerin hat hiergegen am 27. Oktober 2015 Klage vor dem Sozialgericht (SG) H. erhoben. Sie habe aufgrund der Kindererziehung lange Jahre keine sozialversicherungspflichtige Arbeit gefunden, weil
es keine angemessenen Arbeitszeiten für Familien gegeben habe. Es sei immer die Rede gewesen, dass sie eine sozialversicherungspflichtige
Arbeit finden müsse und dann zusätzlich zum Lohn und den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts eine finanzielle Unterstützung
bekäme für einen Zeitraum von einem Jahr. Für die jetzige Arbeit habe sie sich vom 19. April bis zum 6. August 2010 qualifiziert.
Da sie seit mehreren Jahren alleinerziehend sei, habe sie die Arbeit aufgrund von Schichtdienst, insbesondere Schichten an
Wochenenden und Feiertagen nicht fortführen können. Aber nun arbeite sie in der Hausgemeinschaft für Menschen mit Demenz für
20 Stunden in der Woche, an Feiertagen, in zwei Schichten und am Wochenende. Sie sei nicht stutzig geworden, als man ihr Einstiegsgeld
für ein halbes Jahr bewilligt habe, weil im Jobcenter immer nur Gelder für sechs Monate bewilligt würden. Der Hinweis, sie
hätte gegen den Bewilligungsbescheid in Widerspruch gehen müssen, sei „eine schlechte Ausrede“. Das Amt bewillige alles nur
für sechs Monate. Außerdem stehe in dem Bescheid nicht, dass sie das Geld nur für sechs Monate bekomme und keinen weiteren
Antrag stellen dürfe. Es müsse doch Kriterien geben, wonach zu entscheiden sei, ob eine Bewilligung nur für sechs Monate statt
für ein Jahr erfolge. Bei dem neuen Antrag habe sie eine Ablehnung bekommen, obwohl sich nichts geändert habe. Im Bescheid
stehe, dass man 24 Monate Unterstützung bekommen könne. Sie stelle sich die Frage, wer dies bekomme. So sei sie Teil einer
Bedarfsgemeinschaft mit vier Personen, sie sei alleinerziehend, die 25 Jahre alte Tochter studiere, die 16 Jahre alte Tochter
gehe in die Oberstufe des Gymnasiums und die 11 Jahre alte Tochter besuche die 6. Klasse des Sportgymnasiums. Zudem sei sie
langzeitarbeitslos. Sie kämpfe um Gerechtigkeit und es gehe hier ums Prinzip. Es gehe um Absprachen mit den Mitarbeitern des
Beklagten. Wenn es die Aussagen der Bearbeiter über die Bewilligung für mindestens ein Jahr nicht gegeben hätte, würde sie
nicht klagen.
Der Beklagte hat darauf verwiesen, dass die weitere Beantragung von Einstiegsgeld am 4. August 2015 entgegen den gesetzlichen
Anforderungen nicht im Zusammenhang mit bestehender Arbeitslosigkeit und der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen
Tätigkeit stehe, da die Klägerin ununterbrochen seit dem 1. März 2015 ihr Arbeitsverhältnis ausübe.
Im Erörterungstermin vom 4. Januar 2017 hat die Klägerin ergänzend erläutert, sie sei bei ihrem Sachbearbeiter gewesen und
da sei ihr gesagt worden, dass mindestens ein Jahr Einstiegsgeld möglich sei.
Mit Urteil vom 2. Mai 2017 hat das SG der Klage auf Aufhebung des ablehnenden Bescheides und Neubescheidung des Antrages auf Weitergewährung des Einstiegsgeldes
unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts stattgegeben. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Bewilligung
von Einstiegsgeld hätten zum Zeitpunkt der zweiten Antragsstellung vorgelegen. Es liege im Hinblick auf den Zeitraum der Höchstförderungsdauer
von 24 Monaten noch ein enger zeitlicher Zusammenhang zur Aufnahme der Tätigkeit vor. Das Einstiegsgeld sei für die Eingliederung
auch erforderlich. Die Klägerin habe immer noch zur Gruppe der Alleinerziehenden gehört, die nach der Auffassung des Beklagten
(im ersten Bewilligungsbescheid) besonders förderungswürdig seien. Die Entscheidung über den weiteren Antrag auf Verlängerung
der Förderung bleibe dem Beklagten vorbehalten. Dieser habe noch kein Ermessen ausgeübt, weil er davon ausgegangen sei, dass
die Tatbestandsvoraussetzungen für die weitere Förderung nicht gegeben seien. Hier erscheine eine Gesamtförderungsdauer von
12 Monaten ausreichend zu sein.
Gegen die ihm am 30. Mai 2017 zugestellte Entscheidung hat der Beklagte am 16. Juni 2017 Berufung eingelegt. Die Leistungsvoraussetzungen
für die Bewilligung von Einstiegsgeld lägen nicht vor, weil die von der Klägerin aufgenommene sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung prognostisch nicht zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit gedient habe. Hierzu sei eine exante-Betrachtung anzustellen.
Auch wenn nur der individuelle Bedarf der Klägerin berücksichtigt würde, sei prognostisch das zu berücksichtigende Einkommen
nicht geeignet gewesen, die Hilfebedürftigkeit zu überwinden. Die Klägerin habe in den letzten sechs Monaten ein durchschnittliches
Bruttomonatsentgelt von 761,63 € bzw. netto von 626,36 € erzielt. Im September 2015 habe jedoch allein die Klägerin einen
individuellen Bedarf nach dem SGB II in Höhe von 626,36 € gehabt. Im Hinblick auf die abzusetzenden Freibeträge sei der Bedarf durch das Einkommen nicht gedeckt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Mai 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat im Erörterungstermin am 2. November 2017 ausgeführt, dass sie immer noch bei derR-Stiftung arbeite, unverändert mit
einem Bruttoverdienst in Höhe von 749 €. In ihrer Einrichtung sei auch keine höhere Stundenzahl möglich. Sie versuche zurzeit
in einem anderen Heim dieser Stiftung noch zusätzliche Stunden zu übernehmen, um auf 30 Stunden zu kommen. Sie beziehe unverändert
ergänzend SGB II-Leistungen. Ihr sei damals von der Sachbearbeiterin im Jobcenter gesagt worden, dass sie Einstiegsgeld für ein Jahr bekommen
könne. Die Stelle hätte sie auf jeden Fall angenommen. Aber aufgrund dieser Aussage sei sie davon ausgegangen, Einstiegsgeld
für ein Jahr zu bekommen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der Verwaltungsakten dem Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes –
SGG)
Die Berufung ist gemäß §§
143,
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG statthaft. Die Klägerin begehrt weiteres Einstiegsgeld für weitere sechs Monate in Höhe von monatlich 299,25 €, so dass die
Berufungsbeschwer 750 € übersteigt. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
worden (§
151 SGG).
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Urteil des SG ist aufzuheben. Der Beklagte hat die Erbringung von Einstiegsgeld i. S. des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis 31. Juli 2016 geltenden Fassung an die Klägerin mit undatiertem Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19. Oktober 2015 zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Neubescheidung ihres Antrages auf die Weiterbewilligung
von Einstiegsgeld für sechs Monate vom 1. September 2015 bis zum 29. Februar 2016.
Die Klägerin macht ihr Begehren mit einer Anfechtungs- und Bescheidungsklage i. S. des § 54 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §
131 Abs.
2 Satz 2, Abs.
3 SGG geltend. Die Klage ist auf die Aufhebung des ablehnenden Bescheides des Beklagten und Neubescheidung im Sinne der Erbringung
von Einstiegsgeld unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichtet.
Es fehlen bereits die Leistungsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Einstiegsgeld i. S. des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. Nach der genannten Vorschrift kann zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die
arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht
werden, wenn dies zu Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist.
Der Antrag der Klägerin auf Weiterbewilligung des Einstiegsgeldes über den 31. August 2015 hinaus kann wohl schon deshalb
keinen Erfolg haben, weil der Beklagte, mit dem undatierten Bescheid von März 2015 bestandskräftig über die Leistungsdauer
entschieden hatte.
Zum Teil wird in der Rechtsprechung und Literatur dagegen angenommen, dass bei einer Bewilligung von Einstiegsgeld für einen
Zeitraum von sechs Monaten, bei Ablauf dieses Zeitraumes über die Verlängerung bis längstens zum Erreichen der Förderungshöchstdauer
von 24 Monaten entschieden werden könne (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 10. Dezember 2020 – L 3 AS 841/19 – juris Rn. 78 f.; vgl. auch Hannes in: Gagel, SGB II/SGB III, § 16b Rn. 73 [Stand: Februar 2021]). Eine Verlängerung der
Förderdauer, das heißt Anpassung einer Bewilligungsentscheidung an veränderte Umstände, sei nicht mit einer neuen Bewilligung
von Einstiegsgeld nach einer bereits aufgenommenen Tätigkeit gleichzusetzen. Die Möglichkeit zur Anschlussförderung folge
nicht zuletzt auch daraus, dass die Leistungsdauer nach § 16b SGB II auf einen maximalen Zeitraum von 24 Monaten begrenzt, eine Mindestdauer jedoch nicht vorgesehen sei (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 6. Juni 2013 – L 7 AS 1884/12 – juris Rn. 38). Dabei müssten die Tatbestandsmerkmale aber lediglich bezogen auf den Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung
von Einstiegsgeld vorliegen (LSG B.-B., Urteil vom 31. Januar 2018 – L 32 AS 1345/16 – juris Rn. 45).
Dem kann nicht pauschal gefolgt werden. Allenfalls wenn die erste Entscheidung so auszulegen ist, dass keine abschließende
Entscheidung über die Dauer der Förderung getroffen werden sollte, sondern zunächst eine Bewilligung von z. B. sechs Monaten
erfolgen sollte, kann eine weitere Entscheidung über die Fortdauer der Förderung (durch die Verwaltung selbst) eröffnet sein.
Dies ist insbesondere bei Einstiegsgeld für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit denkbar. Dort kann es für die Verwaltung
sinnvoll sein, bei der ersten Entscheidung nur einen Teilzeitraum zu bewilligen und später im Rahmen einer einzelfallbezogenen
Ermessensentscheidung über die Weitergewährung zu entscheiden (auch die zitierten Entscheidungen in Bezug auf die Zulässigkeit
eines Verlängerungsantrages betreffen jeweils die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit; die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur
für Arbeit zu § 16b SGB II, Stand 14. August 2020, sehen in Rn. 47 vor, dass die Förderentscheidung einmalig für den gesamten Bewilligungsabschnitt
des Einstiegsgeldes zu treffen ist). Bei einer Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung ist dies in der Regel eher fernliegend.
Eine unabhängig von der Verwaltungsentscheidung bereits gesetzlich eingeräumte Möglichkeit für einen Antragsteller, einen
Verlängerungsantrag zu stellen, besteht hingegen nicht. Eine Bindung an Bewilligungsabschnitte für einen Anspruch auf Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 41 SGB II (aktuell Abs. 3 Satz 1) besteht nicht. Das Einstiegsgeld ist nicht mehr im Abschnitt 2: „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes“
verortet (anders noch die Vorgängervorschrift § 29 SGB II a. F.). Dementsprechend folgt die Bewilligung auch nicht den Bewilligungsabschnitten für die Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes. Es handelt sich auch nach der systematischen Einordnung in Kapitel 3, Abschnitt 1 des SGB II um eine Leistung zur Eingliederung in Arbeit. Es bestehen gerade keine speziellen gesetzlichen Regelungen über die Bewilligung
der Leistung und deren Weiterbewilligung. So ist im Gegensatz dazu etwa in §
94 Abs.
2 SGB III für den Gründungszuschuss ausdrücklich geregelt, dass dieser für weitere neun Monate geleistet werden kann, wenn die geförderte
Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Gerade wenn die Verwaltung bei ihrer Ermessensentscheidung
über die gesamte Dauer der Förderung entscheidet, kommt eine Weiterbewilligung nicht in Frage.
Vorliegend hat der Beklagte den Antrag auf Förderung der Aufnahme der Tätigkeit bei der R-Stiftung für den Zeitraum vom 1.
März bis zum 31. August 2015 bewilligt. Es gibt für die Klägerin als Bescheidempfängerin auch keine Anhaltspunkte dafür, dass
hier nicht eine abschließende Entscheidung getroffen werden sollte, auch wenn Ausführungen zu einer Ermessensentscheidung
in Bezug auf die Dauer der Förderung fehlen. Die Entscheidung folgte auch nicht zufällig den Bewilligungsabschnitten für Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes (hier vom 1. November 2014 bis zum 30. April 2015 und vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2015).
Eine bestandskräftige Entscheidung kann dann nur noch mit einem Überprüfungsantrag gem. § 44 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) angefochten werden, der auch konkludent in einem Weiterbewilligungsantrag liegen kann.
Letztlich kann die Frage der Auslegung der ersten Entscheidung von März 2015 jedoch dahinstehen. Auch unabhängig davon besteht
für die Klägerin kein Leistungsanspruch, weil bereits tatbestandlich die Fördervoraussetzungen nicht vorliegen.
Voraussetzung für die Bewilligung von Einstiegsgeld ist, dass diese Leistung zur Eingliederung von Leistungsberechtigten in
den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Bei dem Merkmal der Erforderlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten
Rechtsbegriff, der einer vollumfänglichen gerichtlichen Prüfung unterliegt. Hierbei geht es darum, ob die Eingliederung des
Hilfebedürftigen in den allgemeinen Arbeitsmarkt nur durch die Erbringung des Einstiegsgeldes – als ultima ratio – bei der
Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2015 – B 4 AS 46/14 R – juris Rn. 23). Es ist mithin danach zu fragen, ob beim Hilfebedürftigen Eingliederungshemmnisse gegeben sind, die eine
Förderung durch das Einstiegsgeld erforderlich machen, um ihn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch auf Dauer eingliedern
zu können. Es fehlt der geforderte kausale Zusammenhang zwischen der Förderung und der Eingliederung in den Arbeitsmarkt,
wenn der Antragsteller auch ohne die Förderung in den Arbeitsmarkt eingegliedert worden wäre (vgl. BSG, Urteil vom 4. März 2021 – B 4 AS 59/20 R – juris Rn. 21). Dies kann z. B. der Fall sein, wenn der Antrag auf Gewährung von Einstiegsgeld am selben Tag gestellt,
wie der Arbeitsvertrag unterzeichnet wurde.
In dem Fall der Klägerin war die Zahlung des Einstiegsgeldes in diesem Sinne nicht erforderlich. Die Förderung war keine unabdingbare
Voraussetzung für die Aufnahme der Tätigkeit, auch wenn die Klägerin ihren Antrag bereits zehn Tage vor der Unterzeichnung
des Arbeitsvertrages gestellt hat. Denn die Klägerin war ohnehin fest entschlossen, die Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dies
hat sie im Erörterungstermin am 2. November 2017 ausdrücklich bekräftigt: „Die Stelle hätte ich auf jeden Fall angenommen.“
Die Klägerin hat dargestellt, dass sie schon 2010 nur deshalb nicht weitergearbeitet habe, weil die Schicht-, Wochenenddienste
usw. ihr dies als Alleinerziehende in der damaligen Situation nicht erlaubten. Sie ist in einem Beruf tätig, bei dem Arbeitskräfte
gesucht werden. Damals war ihr jüngstes Kind, J2, 6 Jahre alt und das ältere, A, 11 Jahre alt. Bei der jetzigen Arbeitsaufnahme
war J2 bereits 10 Jahre alt und nach Abschluss der Förderung im August 2015 bereits 11 Jahre alt und A 16 Jahre alt. Nunmehr
hat die Klägerin einen 2-Schicht-, Wochenend- und Feiertagsdienst akzeptiert, insoweit stand den betreffenden Diensten wohl
ihre persönliche Situation nicht mehr im Wege. Bei dieser persönlichen Situation wäre es auch nicht nachvollziehbar, dass
sie um die betreffende Beschäftigung aufzunehmen einen zusätzlichen Anreiz brauchte.
Dabei kann das Argument der Klägerin, sie sei als Alleinerziehende besonders auf das Geld angewiesen, nicht durchgreifen,
weil es hierauf nach der gesetzlichen Regelung und ihrem Zweck nicht (allein) ankommt. Ihr Verständnis, dass Personen, die
eine Arbeit aufnehmen und besonders bedürftig sind, eine zusätzliche Unterstützung erhalten, passt nicht mit den gesetzlichen
Voraussetzungen für das Einstiegsgeld zusammen. Das Einstiegsgeld ist nicht als Korrektur für allgemein zu niedrig gehaltene
Freibetragsregelungen für Erwerbseinkommen im SGB II gedacht (vgl. Leopold/Harks in: jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 16b Rn. 61 [Stand 16. August 2021]). Es dient auch nicht der Erhöhung von Leistungen für besonders schützenswerte Personengruppen
(z. B. Alleinerziehende), die eine Arbeit aufnehmen. Vielmehr handelt es sich um eine Leistung, um die Eingliederung in Arbeit
zu fördern. Mit den Schwierigkeiten der Eingliederung in Arbeit haben diese Gesichtspunkte aber nichts zu tun.
Es liegt auch keine behördliche Zusicherung von Leistungen für ein Jahr gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor. Danach bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen oder zu
unterlassen, zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ging es bei den Äußerungen
zu dem Einstiegsgeld in der Behörde nur darum, dass es solche Leistungen gebe und diese für ein Jahr gezahlt werden könnten.
Hierbei handelt es sich um eine Auskunft über mögliche Leistungen. Eine rechtsverbindliche Zusage, dass der Klägerin solche
Leistungen zu zahlen sind, liegt darin nicht, weshalb es auf die weiteren Voraussetzungen, wie die fehlende Schriftlichkeit
usw. nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.