Echte Leistungsklage; öffentlich-rechtlicher Vertrag; Provisionsvereinbarung; Vermittlung; Eigengeschäft; Verflechtung; Entscheidungsträger;
Prozesszinsen; Gleichordnungsverhältnis
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rückzahlung einer Vermittlungsprovision in Höhe von 2.000 EUR.
Der Kläger ist Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Die Beklagte betreibt u. a. gewerblich die Vermittlung von Arbeitslosen in Beschäftigungsverhältnisse.
Die Beteiligten schlossen am 9. Oktober 2008 eine Provisionsvereinbarung ab. Danach verpflichtete sich der Kläger, im Zeitraum
7. Oktober 2008 bis 6. Januar 2009 für die Vermittlung der Frau H ..., nachfolgend Arbeitnehmerin, an die Beklagte eine Vermittlungsprovision
iHv insgesamt 2.000 EUR zu zahlen. Die erste Rate der Vermittlungsprovision iHv 1.000 EUR war nach sechswöchiger Beschäftigungsdauer
und die zweite Rate iHv 1.000 EUR war nach sechsmonatiger Beschäftigungsdauer fällig.
Am 23. September 2008 schlossen die Beklagte und die Arbeitnehmerin eine Vermittlungsvereinbarung ab, die für die Arbeitnehmerin
kostenfrei war. Hierin verpflichtet sich die Beklagte die Arbeitnehmerin in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis, vorzugsweise
als Reinigungskraft, zu vermitteln und die Arbeitnehmerin bei allen Aktivitäten vor und während der Arbeitsaufnahme zu unterstützen.
Die Beklagte vermittelte die Arbeitnehmerin in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis als Reinigungskraft
im Umfang von 30 Wochenstunden bei der V ... V ..., V ... u ... I ... GmbH, C ...-I ...-Straße ..., 0 ... H ... (S ...), nachfolgend
Arbeitgeberin. Die Vergütung betrug 800 EUR monatlich. Der unbefristete Arbeitsvertrag datiert vom 10. Oktober 2008 und begann
am 13. Oktober 2008.
Die Arbeitgeberin bestätigte dem Kläger die Vermittlung der Arbeitnehmerin durch die Beklagte bzw. die Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses
über sechs Monate hinaus. Auf Antrag der Beklagten vom 26. November 2008 und vom 25. Mai 2009 zahlte der Kläger am 9. Dezember
2008 und am 27. Mai 2009 die beiden Raten der Vermittlungsprovision iHv jeweils 1.000 EUR an die Beklagte aus.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 machte der Kläger die Rückforderung der gezahlten Provision u. a. für die Vermittlung
der hier vermittelten Arbeitnehmerin gegen die Beklagte geltend. Es liege keine Vermittlung sondern ein Eigengeschäft vor,
weil die Beklagte mit der Arbeitgeberin verflochten sei. Die Verflechtung leite sie aus den folgenden Gesellschaftsverhältnissen
her: Gesellschafter der Beklagten sind mit einem Gesellschaftsanteil von 9,8% Herr M ... R ... und zu 90,2% die R ... R ...
S ... B ... mbH. Gesellschafter dieser R ... R ... S ... B ... mbH wiederum sind Herr R ... S ... mit einem Anteil von 10%
und die A ... V ... mbH mit einem Anteil von 90%. Alleingesellschafter der A ... V ... mbH ist Herr R ... S ... Gesellschafter
der Arbeitgeberin, der V ... GmbH, ist mit einem Anteil von 30% Herr R ... S ..., mit einem Anteil von 40% die R ... R ...
S ... B ... mbH (deren Gesellschafter im Ergebnis s.o. zu 100 % Herr R ... S ... ist) sowie mit einem Anteil von 30% Herr
B ...
Zudem sei die Beklagte zum Zeitpunkt der Vermittlung nicht im Besitz einer gültigen Gewerbeanmeldung für eine Tätigkeit als
Arbeitsvermittler gewesen. Über die notwendige Gewerbeanmeldung als Arbeitsvermittlerin verfüge die Beklagte erst seit dem
24. Mai 2011. Zu diesem Datum habe sie die Tätigkeit "private Arbeitsvermittlung" neu ausgeübt und angemeldet (Gewerbeummeldung
vom 24. Mai 2011). Die weiter ausgeübten und bereits zuvor angemeldeten Tätigkeiten der Beklagten lauteten: "Die Vorbereitung,
Begleitung und Abrechnung von Projekten zur Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Wissenschaftsförderung; Personalmanagement; die
Bereitstellung von Informationen und Analysen; die Durchführung von Recherchen; die Erstellung von Wissenschaftsdatenbanken;
die Erbringung von Akquisitionsleistungen und die Vermittlung von Kooperationspartnern".
Am 23. Dezember 2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) gegen den Beklagten auf Rückforderung der Vermittlungsprovision u. a. in Bezug auf die Arbeitnehmerin H. erhoben.
Diese Klage begründet er wie folgt: Es bedurfte einer direkten Klage gegen die Beklagte, ein Verwaltungsakt hätte nicht erlassen
werden können, weil dies im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nicht möglich sei. Das Bundessozialgericht stütze
sich im Rahmen seiner Rechtsprechung zur Rückforderung nach Vermittlungsgutscheinen auf die Rechtsprechung zur Verflechtung.
Der Rechtsprechung lasse sich nicht entnehmen, dass diese auf Rückforderungsfälle nach Provisionsvereinbarungen nicht gelten
solle. Der Kläger habe ebenso wie der Arbeitslose ein Interesse an der Vermittlung. Es sei nicht erforderlich, dass Herr S
... Alleingesellschafter der Beklagten und der Arbeitgeberin sei. Ausreichend sei eine beherrschende Stellung. Es handele
sich wegen der wirtschaftlichen Verflechtung von Beklagter und Arbeitgeberin um ein sog. Eigengeschäft. Es liege ein Fall
der sog. echten Verflechtung vor. Herr S ... - seinerzeit auch Betriebsleiter des Klägers - übe eine beherrschende Stellung
in den Unternehmen aus. In den Beratungen des Kreistages angesichts der Bestellung von Herrn S ... zum Betriebsleiter des
Klägers seien keinesfalls sämtliche Beteiligungen von Herrn S ... an den Unternehmen und deren Umfang erörtert worden. Vielmehr
sei hinsichtlich der Beteiligungen von Herrn S ... auf das Internet verwiesen worden. Herr S ... habe angegeben, eigene wirtschaftliche
Interessen für seine Unternehmen mit der Position bei dem Kläger nicht zu verfolgen. Auf eine Nachfrage eines Kreistagsmitglieds
habe Herr S ... mitgeteilt, persönlich nicht operativ tätig zu sein. Herr S ... habe selbst die Provisionsvereinbarungen unterzeichnet
und damit hausintern die Verantwortung für die ausgebrachten Zahlungen getragen. Ihm sei die wirtschaftliche Verflechtung
bekannt gewesen. Es sei fraglich, ob nicht die Beklagte den Kläger über die beherrschende Stellung des Herrn S ... in Kenntnis
hätte setzen müssen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Zahlung der Provision sei mit Rechtsgrund erfolgt. Die Rechtsprechung zur
Verflechtung sei nicht übertragbar. Hintergrund dieser Rechtsprechung sei der Interessenkonflikt zwischen Makler und Auftraggeber.
Im Gegensatz zur Provision nach einem Vermittlungsgutschein komme es nicht auf die Interessenlage des Arbeitslosen an, sondern
nur auf diejenige des Vertragspartners der Provisionsvereinbarung. Die Interessen des Klägers - Vermittlung von Arbeitslosen
- sind nicht verletzt, sondern gewahrt worden. Da in diesem Fall durch eine Verflechtung des Vermittlers mit dem Auftraggeber
eine Interessenverletzung des Klägers nicht eintreten könne, sei die Rechtsprechung des BGH zur Verflechtung hier schon nicht
übertragbar. Herr S ... sei zudem nicht Alleingesellschafter der Beklagten, sondern nur Inhaber eines Gesellschaftsanteils.
Es könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass lediglich die Interessen des Auftraggebers berücksichtigt worden
seien. Die Rückforderung der Provision stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar. Denn dem Kläger hätten bereits zum Zeitpunkt
der Zahlung der Vermittlungsprovisionen sämtliche Informationen über die Beteiligung des Herrn S ... an der Beklagten und
der Arbeitgeberin vorgelegen. Bereits bei Beginn der Tätigkeit des Herrn S ... als Behördenleiter im Jahr 2004 seien angesichts
der unternehmerischen Tätigkeit Zweifel an der Geeignetheit als Behördenleiter aufgekommen. Vom Kreisausschuss und dem Landrat
sei Herr S ... aufgefordert worden, sämtliche Beteiligungen offenzulegen und die entsprechenden Firmen zu benennen. Dies habe
Herr S ... im Rahmen einer Präsentation selbst getan. In einem nichtöffentlichen Teil dieser Sitzung seien sämtliche Beteiligungen
erörtert worden. Der Kläger habe daher "sehenden Auges" Provisionen ausgezahlt.
Das SG hat die Klagen hinsichtlich des Anspruchs auf Rückzahlung der Vermittlungsprovision für weitere Arbeitnehmer mit Beschlüssen
vom 13. September 2012 abgetrennt und die Beklagte nach öffentlicher Sitzung mit Urteil vom 8. April 2013 antragsgemäß verurteilt:
Dem Kläger stehe ein Rückzahlungsanspruch nach §
812 Abs.
1 Satz 1, 1. Alt. der
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) iVm § 61 des Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zu. Die Beklagte habe die Vermittlungsprovision ohne rechtlichen Grund erlangt. Der Provisionsanspruch bestehe wegen der
wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der Beklagten und der Arbeitgeberin nicht. Sowohl die Beklagte als auch die Arbeitgeberin
seien durch Herrn S ... als Hauptgesellschafter kontrolliert worden.
Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 24. April 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch ihre Prozessbevollmächtigten
am 15. Mai 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Da sich hier der Anspruch des Klägers direkt aus einem
öffentlich-rechtlichen Vertrag ergebe, könne die Rechtsprechung zur "Verflechtung" von Vermittler und Arbeitgeber bei Vermittlungsgutscheinen
keine Anwendung finden. Diese sei auch nicht auf diesen Fall übertragbar. Selbst wenn die Rechtsprechung angewendet würde,
läge kein Fall der Verflechtung vor. Denn der Geschäftsführer und Entscheidungsträger der Beklagten sei nicht identisch mit
dem der Arbeitgeberin. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung handele über ihre Geschäftsführer nicht über die Gesellschafter.
Herr S ..., der Gesellschafter beider Unternehmen sei, sei kein Geschäftsführer gewesen. Zudem seien die Interessen des Klägers,
eine Vermittlung von Arbeitnehmern vorzunehmen, gewahrt worden. Es treffe auch nicht zu, dass der Beklagten aus der Vermittlung
ein wirtschaftlicher Vorteil erwachsen sei. Denn die Vermittlung sei defizitär gewesen, da die Beklagte eigene Mitarbeiter
für die Vermittlung habe bezahlen müssen. Darüber hinaus dürfe sich der Kläger auf die Verflechtung als Grund für eine Rückforderung
nicht berufen, weil diese ihm bekannt gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. April 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Er hat die Klage insoweit zurückgenommen, als er den Zinsanspruch auf 5 % über dem Basiszins
begrenzt hat.
Der Kläger verteidigt im Übrigen das erstinstanzliche Urteil. Die Einwände der Beklagten gingen ins Leere. Die Rechtsprechung
zur "Verflechtung" beziehe sich auf alle Vermittlungen im Sozialrecht. Sie betreffe den Begriff der Vermittlung selbst. Einen
unterschiedlichen Maßstab an Vermittlungen aus Vermittlungsgutscheinen und an Vermittlungen aus Vermittlungsverträgen anlegen
zu wollen, stelle die ungerechtfertigte Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes dar. Herr S ... habe die Beklagte
und die Arbeitgeberin auch beherrscht. Befinde sich jemand in der Rolle des beherrschenden Gesellschafters beherrsche er auch
das Unternehmen wirtschaftlich, unabhängig davon, oder er tatsächlich die Geschäfte führt oder nicht. Es kommt allein auf
die Rechtsmacht an, nicht ob und in welchem Umfang diese ausgeübt werde. Entgegen der Darstellung der Beklagten habe Herr
S ... seine Aktivitäten und damit die Grundlagen für die Verflechtung auch nicht umfassend dargelegt. Soweit es darauf ankommen
sollte, werde bestritten, dass die Vermittlung für die Beklagte defizitär gewesen sei.
Beide Beteiligte haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Die Gerichtsakte, einschließlich der von dem Kläger zur Akte gereichten Verwaltungsvorgänge, hat vorgelegen und war Gegenstand
der Beratung des Senates. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf
den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten gem. §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung ist - nach Teilklagerücknahme in Bezug auf den Zinsanspruch - insgesamt nicht begründet.
Es handelt sich um eine echte Leistungsklage. Nach §
54 Abs.
5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn
ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Ein Rechtsschutzinteresse bzw. eine Klagebefugnis für eine solche echte Leistungsklage
besteht nur im Gleichordnungsverhältnis, bei der eine Leistung durch die Behörde nicht durch Verwaltungsakt einseitig festgesetzt
werden darf. Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Kläger und die Beklagte haben eine gesonderte Provisionsvereinbarung geschlossen,
aus der der Anspruch der Beklagten resultieren sollte. Hierbei handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S.
der §§ 53 ff SGB X. Ebenso wie die Verpflichtung aus der Vereinbarung bewegt sich auch die Rückforderung dieser Provisionszahlung im Gleichordnungsverhältnis.
Die Voraussetzungen für einen Rückforderungsanspruch liegen vor.
Nach § 61 SGB X finden auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag neben den §§ 53 ff SGB X die Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend Anwendung. Dies gilt auch für die Rückabwicklung der Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Während
für Ansprüche gegen die Behörde z. T. auch ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch angenommen wird, greift
für Ansprüche der Behörde gegen den Bürger bei einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung die Regelung der ungerechtfertigten
Bereicherung nach §§
812 ff.
BGB entsprechend (vgl. Becker in Hauck/Noftz, § 61 SGB X Rn. 130; vgl. auch BSG, Urteil vom 3. August 2006 - B 3 KR 7/06 R - zitiert nach juris).
Vorliegend bestehen die Voraussetzungen für eine rechtsgrundlos erlangte Leistung der Beklagten. Die Provisionsvereinbarung
bietet keinen Grund für das Behaltendürfen der beiden Provisionszahlungen für die Beklagte. Denn die Voraussetzungen für einen
Provisionsanspruch lagen nicht vor. Voraussetzung für den Anspruch auf die Provision aus der Vereinbarung ist eine Vermittlung
in ein sozialversicherungsrechtliches Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich.
Eine solche Vermittlung hat hier nicht vorgelegen. Denn es hat sich um ein Eigengeschäft gehandelt.
Für eine Vermittlung ist erforderlich, dass der Vermittler als Dritter in Kontakt sowohl mit dem Arbeitsuchenden als auch
dem Arbeitgeber tritt und durch seine Tätigkeit aktiv die Abschlussbereitschaft beider derart fördert, dass ein Arbeitsvertrag
geschlossen wird (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 - B 11 AL 10/10 R - zitiert nach juris). Er muss sich ein Bild über die Leistungsfähigkeit des Arbeitsuchenden als auch die Anforderungen des
vermittelten Arbeitsplatzes gemacht haben (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/7a AL 8/07 R - zitiert nach juris). Die vom BSG zum Vermittlungsgutschein herangezogene zivilgerichtliche Rechtsprechung zum Maklerrecht und den Voraussetzungen für eine
Vermittlung ist auch für den Vermittlungsbegriff in der betreffenden Provisionsvereinbarung heranzuziehen. Die Vermittlung
von Arbeitslosen bzw. SGB II-Empfängern in ein sozialversicherungsrechtliches Arbeitsverhältnis ist gleich, ob es sich um eine Vermittlung mittels eines
Vermittlungsgutscheines handelt oder um eine Vermittlung aufgrund einer gesonderten Provisionsvereinbarung. Es wird in beiden
Fällen die gleiche Tätigkeit honoriert, nämlich die Vermittlungsaktivität die zu einer Einstellung des Arbeitnehmers führt.
Die Arbeitgeberin ist jedoch im Verhältnis zur Beklagten kein Dritter, sondern es liegt eine wirtschaftliche "Verflechtung"
der Unternehmen vor, weshalb eine honorierbare Vermittlung nicht vorliegt. Der Begriff der Vermittlung bezieht sich auf ein
zivilrechtliches Maklergeschäft. Auch auf sozialgerichtliche Vermittlungsmaklerverträge ist die zivilgerichtliche Rechtsprechung
zur Verflechtung anzuwenden (BSG, Urteil vom 6. April 2006 - B 7a AL 56/05 R - Rn. 17, zitiert nach juris). In der zivilrechtlichen Rechtsprechung ist anerkannt,
dass dem Makler kein Vergütungsanspruch zusteht, wenn durch seine Tätigkeit ein Hauptvertrag mit einer Person oder Gesellschaft
zustande kommt, mit der der Makler, gesellschaftsrechtlich oder auf andere Weise "verflochten" ist. Hierfür hat das BSG unter Heranziehung der zivilrechtlichen Rechtsprechung folgende Grundsätze entwickelt: Eine echte Verflechtung liegt vor,
wenn zwischen dem Makler und dem vorgesehenen Vertragspartner eine so enge Verbindung besteht, dass entweder der Wille des
einen von dem des anderen oder der Wille beider von einem Dritten bestimmt wird (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/7a AL 8/07 - zitiert nach juris). Bei der unechten Verflechtung fehlt es an einem solchen Beherrschungsverhältnis;
die Verbindung des Maklers mit der Gegenseite ist jedoch derart, dass sich der Makler in einem Interessenkonflikt befindet,
der ihn zur sachgerechten Wahrnehmung der Interessen seines Auftraggebers ungeeignet erscheinen lässt. Eine solche unechte
Verflechtung wird vom BGH ua. dann angenommen, wenn es sich sowohl bei dem Makler als auch bei dem Dritten um Kapitalgesellschaften
handelt, die von derselben Person wirtschaftlich beherrscht werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1985 - IVa ZR 211/83 - und Urteil vom 13. März 1974 - IV ZR 53/73 - jeweils zitiert nach juris). Maßgebliche Voraussetzung für das Entstehen eines Provisionsanspruches ist es insoweit, dass
der Makler und der Dritte die Fähigkeit zu einer selbständigen und unabhängigen Willensbildung besitzen (vgl. BGH, Urteil
vom 19. Februar 2009 - III ZR 91/08 - zitiert nach juris). Die Verflechtungsrechtsprechung verfolgt den Zweck, eine Gefährdung der dem Makler vom Auftraggeber
übertragenen Wahrung seiner Interessen infolge der bei der Verflechtung auf der Hand liegenden Interessenkollision zu verhindern.
Für die Beurteilung der gesellschaftsrechtlichen oder wirtschaftlichen Verflechtung kommt es auf die wirklich bestehenden
gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse innerhalb der beteiligten Gesellschaften an. Nicht die Eintragung in das Handelsregister,
sondern die gesellschaftsrechtliche Stellung ist entscheidend.
Eine solche Verflechtung liegt hier vor, weil sowohl die Beklagte als auch die Arbeitgeberin denselben Mehrheitsgesellschafter
haben, Herrn S ... Letztlich hält Herr S ... 90,2 % der Gesellschaftsanteile von der Beklagten. Denn die einzige natürliche
Person die Gesellschafter der R. S. Beteiligungsgesellschaft ist, ist Herr S ..., sei es auch über den Umweg, dass er zu 100
% Gesellschafter der A ... V ... mbH ist. Über seine Beteiligungen an "Unter"gesellschaften kontrolliert Herr S ... 90,2 %
der Stimmanteile. Nur 9,8 % der Gesellschaftsanteile unterliegen nicht der Kontrolle von Herrn S ... Auch die Arbeitgeberin,
die V ... GmbH, kontrolliert Herr S ... zu 70 %. Nur 30 % der Anteile sind in der Hand einer von Herrn S ... verschiedenen
Person.
Hat Herr S. mit einer "seiner" Firmen die Arbeitnehmerin in eine andere "seiner" Firmen vermittelt, liegt kein honorierungsfähiges
Rechtsgeschäft vor. Durch Herr S ..., als in beiden Firmen identischer Mehrheitsgesellschafter, kann dieser Einfluss auf die
Willensbildung der jeweiligen Gesellschaft nehmen und eine Interessenkollision besteht.
Dabei ist es unbeachtlich, in welchem Umfang Herr S ... tatsächlich an den Rechtsgeschäften der Beklagten und der Arbeitgeberin
beteiligt war und wer der sog. "Entscheidungsträger" war. Es reicht aus, dass er die Rechtsmacht gehabt hätte, dieses zu tun
und wirtschaftlich von dem Geschäftsabschluss profitiert hat. Es ist unbeachtlich, dass zunächst die Entscheidung, wer eingestellt
wird in das Tagesgeschäft des jeweiligen Geschäftsführers fällt. Es kommt auf die wirtschaftliche Interessenvermengung an.
In seiner Entscheidung vom 30. Juni 1976 (Az. IV ZR 28/75 - zitiert nach juris) hat der BGH ausdrücklich eine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Bejahung einer Verflechtung nicht
gefordert, sondern auf die wirtschaftliche Beteiligung des Gesellschafters abgestellt. Wer an dem zu erwartenden Gewinn des
Vertragspartners mit 40 % beteiligt sei, laufe Gefahr, sich bei der Vermittlung nicht in dem erforderlichen Maße für seinen
Auftraggeber einzusetzen. Die objektive Gefährdung der Interessen des Auftraggebers rechtfertige es, dem Makler den Provisionsanspruch
auch dann zu versagen, wenn er als Mitgesellschafter am Gewinn des Vertragsgegners seines Auftraggebers beteiligt sei. In
einer Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 31. März 1995 (Az. 15 U 180/94 - zitiert nach juris) wird differenziert: Ist der Vertragsgegner des Maklerkunden an dem Unternehmen des Maklers ohne Beherrschungsmöglichkeit
beteiligt, liegt eine provisionsschädliche Verflechtung nicht vor. Eine solche Verflechtung ist nur dann zu bejahen, wenn
der Vertragsgegner des Maklerkunden an dem Unternehmen des Maklers mit Beherrschungsmöglichkeit oder der Makler an dem Unternehmen
des Vertragsgegners seines Kunden mit oder ohne Beherrschungsmöglichkeit beteiligt ist. Herr S ... war sowohl an dem Makler
als auch dem Vertragsgegner (Arbeitgeberin) mit Beherrschungsmöglichkeit beteiligt.
Dem Bereicherungsanspruch steht nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Der Gesichtspunkt von Treu und
Glauben wird in §
814 BGB aufgegriffen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn
der Leistende gewusst hat, dass er nicht zur Leistung verpflichtet war. Weiß der Leistende schon bei der Leistung, dass er
auf einen Nichtschuld leistet, ist er auch nicht schützenswert (Ausfluss des Rechtsgedankens des Verbots widersprüchlichen
Verhaltens). Voraussetzung ist hier, dass eine positive Kenntnis der Rechtslage bestand, es ist noch nicht ausreichend, dass
dem Leistenden die Tatsachen für die Nichtschuld bekannt waren (Buck-Heeb in Erman
BGB Kommentar, §
814 Rn. 7). Es müsste seitens des Klägers bewusst entschieden worden sein, in Kenntnis des Umstandes keine Provisionszahlung
erbringen zu müssen, gleichwohl die Leistung zu erbringen. Dafür, dass ein Mitarbeiter, der Beklagten, insbesondere der Mitarbeiter,
der Leistungsauszahlung veranlasst hat, Kenntnis im vorgenannten Sinne hatte, fehlt jeder Anhaltspunkt. Zudem scheidet eine
Berufung auf §
814 BGB aus, wenn sich der Berufende selbst nicht vertragstreu verhalten hat (Buck-Heeb in Erman a.a.O., Rn. 1). Dies ist hier der
Fall.
Der Zinsanspruch folgt auch §
291,
288 Abs.
1 BGB i. V. m. § 61 SGB X, ab Rechtshängigkeit, hier gem. §
94 SGG mit Anhängigkeit, also am 23. Dezember 2011. Die Vorschrift über die Prozesszinsen ist für öffentlich-rechtliche Verträge
anwendbar (BSG, Urteil vom 23. März 2006 - B 3 KR 6/05 R - zitiert nach juris), insoweit bestehen keine speziellen Vorschriften im Sozialrecht. Die Anwendbarkeit von Verzugszinsen
würde hier keinen früheren Zinsbeginn begründen. Die Vorschrift über die Prozesszinsen verweist für die Höhe auf §
288 BGB. Der Verzugszinssatz beträgt nach §
288 Abs.
1 BGB für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG, i. V. m. §
155 Abs.
1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Der abgewiesene Zinsanspruch ist nicht so geringfügig, dass er nach §
155 Abs.
1 Satz 3
VwGO zu einer vollständigen Kostentragung der Beklagten führt. Die Ablehnung eines Zinsanspruches stellt ein Teilunterliegen dar,
welches in der Kostenquote berücksichtigt werden kann, soweit es erheblich ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1992 - IX ZR 149/91 - Rn. 108, zitiert nach juris).
Gründe für die Zulassung der Revision i. S. des §
160 Abs.
2 SGG bestehen nicht.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §
197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.