Kostensenkungsaufforderung; KdU; Vermögen; Vermögensschutz; Kostensenkungsmaßnahme; Heizkosten; Gesamtkostenbetrachtung bei
Eigenheimen; selbst genutztes Hausgrundstück; unangemessene Heizkosten; fehlende Kostensenkungsmöglichkeit bei Verbleib in
der Unterkunft; Abweichung von den Wohnflächengrenzwerten nach dem II. WoBauG
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der der Klägerin zu gewährenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in der Zeit von Mai bis Oktober 2010. Der Streit ist beschränkt auf die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Die 1949 geborene Klägerin wohnt allein in einem Haus in Z ... Sie ist nach einer Erbschaft seit 1996 Eigentümerin des 271
qm großen Hausgrundstücks. Die Wohnfläche beträgt 102,23 qm, die auf vier Zimmer, Küche und Bad entfallen. Das halbunterkellerte
Haus wurde um das Jahr 1890 erbaut. Eine Dämmung zum Keller hin besteht nicht. In den Jahren 1992 und 1993 war die Dämmung
der Außenwände und des Daches erfolgt. Die Doppel-Holzfenster waren im verfahrensgegenständlichen Zeitraum etwa 40 Jahre alt.
Die Beheizung der Räume erfolgt über eine im Jahr 1995 eingebaute zentrale Gasheizung. Auch die Aufbereitung des Warmwassers
wird zentral vorgenommen.
Über Einnahmen - neben den Leistungen nach dem SGB II - verfügte die Klägerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht. Ihr Vermögen beschränkte sich auf das Hausgrundstück.
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fielen wie folgt an (Angaben in EUR; Zahlung von 99 EUR Abschlägen auf Wärmeenergieversorgung
für 11 Monate mit Abrechnung im Dezember): Tabelle nicht darstellbar - Seit Januar 2005 bezieht die Klägerin Leistungen nach
dem SGB II durch den Beklagten beziehungsweise dessen Rechtsvorgänger. In diesem Rahmen erhielt sie Einmalzahlungen für Erhaltungsaufwendungen
in den Jahren 2006 in Höhe von 103 EUR (Fenster), 2007 in Höhe von 893,93 EUR (Anschluss neuer Zählerschrank, Reparatur Elektrik
- nicht durchgeführt), 2008 in Höhe von 1.012,40 EUR (Heizung, Spülkasten WC), 2011 in Höhe 2.610 EUR (Austausch Therme),
2012 in Höhe von 29,40 EUR (Austausch Untertischspeicher/Warmwasser-Unterboiler) und 2014 in Höhe von 1.442,39 EUR (Reparatur
der Heizung).
Während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II informierte der Beklagte die Klägerin mehrmals - zum Teil in Bescheidtexten, zum Teil in gesonderten Anschreiben - über die
seines Erachtens nach unangemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (Änderungsbescheid vom 18. Januar 2006: Betriebskosten:
840 EUR/Jahr, Heizkosten 672 EUR/Jahr; Ablehnungsbescheid vom 23. Januar 2007: Betriebskosten und Heizkosten 1.464 EUR/Jahr;
Informationsschreiben vom 3. April 2007: Betriebskosten: 600 EUR/Jahr, Heizkosten 840 EUR/Jahr mit der Möglichkeit des Ausgleichs
beider Positionen; Informationsschreiben vom 16. Juli 2008: Betriebskosten: 600 EUR/Jahr, Heizkosten 882 EUR/Jahr mit dem
Hinweis, zu den Heizkosten werde eine gesonderte Prüfung erfolgen; Änderungsbescheid vom 19. August 2008: Heizkosten 73,50
EUR/Monat; Informationsschreiben vom 9. April 2009: Betriebskosten: 576 EUR/Jahr, Heizkosten 600 EUR/Jahr mit der Möglichkeit
des Ausgleichs beider Positionen, aber nicht des Ausgleichs von zu hohen Schuldzinsen; Bewilligungsbescheid vom 19. Januar
2010: Betriebskosten: 48 EUR/Monat, Heizkosten 50 EUR/Monat, also insgesamt 1.176 EUR/Jahr). Die Möglichkeit der Senkung der
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Verkauf des Hausgrundstücks stellte der Beklagte der Klägerin nicht dar.
In einem internen Vermerk des Beklagten vom 22. Januar 2007 ist festgehalten: "In Anbetracht des Alters des Hauses kann man
davon ausgehen, dass die Heizkosten durch Frau T. nicht zu beeinflussen sind. Ausschlaggebend für die Gewährung der vollen
Kosten ist aber, dass diese im Gesamtaufwand wesentlich unter den anerkannten Kosten für eine Mietwohnung für eine Person
liegen.". Seit September 2008 senkte der Beklagte die bei der Anspruchsberechnung berücksichtigten Aufwendungen für Heizung
ab.
Am 27. April 2010 teilte der Beklagte der Klägerin mit, seine Verwaltungsrichtlinie zur Feststellung der Leistungen für Unterkunft
und Heizung sei durch den B. überarbeitet worden: Im Zuge dessen seien die der Klägerin zu gewährenden Kosten für Unterkunft
und Heizung neu zu überprüfen. Hierfür mache sich jedoch eine Datenerhebung erforderlich. Die Klägerin werde aufgefordert,
an dieser Erhebung umgehend mitzuwirken. Mit Schreiben vom selben Tag erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin, als angemessen
gälten Betriebskosten in Höhe von 49 EUR/Monat sowie Heizkosten in Höhe von 52 EUR/Monat. Bei der Klägerin würden 50 EUR Heizkosten/Monat
berücksichtigt und ihr werde empfohlen, ihre monatlichen Kosten ab sofort durch einen sparsamen Verbrauch zu senken.
Mit Bescheid vom 27. April 2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Monate Mai bis Oktober 2010 in Höhe von jeweils 456,56 EUR im Mai und August 2010 sowie 443 EUR monatlich für Juni,
Juli, September und Oktober 2010. Dabei berücksichtigte er neben der Regelleistung Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe
von 97,56 EUR beziehungsweise 84 EUR/Monat. Nach Einreichung von Nachweisen über die Höhe der Wohngebäudeversicherung erhöhte
der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 10. Mai 2010 die Bewilligungsbeträge auf jeweils 526,41 EUR im Mai und August 2010
sowie 450,20 EUR monatlich für Juni, Juli, September und Oktober 2010. Dabei berücksichtigte er neben der Regelleistung Kosten
für Unterkunft und Heizung in Höhe von 167,41 EUR beziehungsweise 91,20 EUR. Nach Einreichung von Nachweisen über die Höhe
der Kosten für den Schornsteinfeger, die Grundsteuer und die Heizungswartung erhöhte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom
13. September 2010 für die Monate Juni und August 2010 die Bewilligungsbeträge auf 598,52 EUR im Juni 2010 und 543,59 EUR
im August 2010. Dabei berücksichtigte er neben der Regelleistung Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 239,52 EUR
beziehungsweise 184,59 EUR. In allen vorgenannten Beträgen für die Kosten der Unterkunft und Heizung sind 57,20 EUR Heizkosten
enthalten.
Bereits gegen den Bescheid vom 10. Mai 2010 hatte die Klägerin Widerspruch eingelegt: Nach dem Richtpreis des Beklagten für
eine 50 qm große Wohnung sei eine Grundmiete von 217,50 EUR angemessen. An die Stelle dieser Grundmiete träten bei Hauseigentümern
die Aufwendungen für Zinsen und dauernde Lasten. Solche Aufwendungen habe sie nicht. Nach der Produkttheorie sei es aber möglich,
Betriebskosten zu Lasten einer geringen Grundmiete auszugleichen. Zudem seien Heizkosten lediglich dann nicht erstattungsfähig,
wenn sie bei sachgerechter und wirtschaftlicher Beheizung der Höhe nach nicht erforderlich erscheinen würden. Das setze eine
konkrete Prüfung im Einzelfall voraus, die der Beklagte nicht vorgenommen habe. Vielmehr habe er ohne konkrete Prüfung eine
typisierte Kürzung aufgrund einer verwaltungsrechtlichen Pauschale vorgenommen. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid
vom 26. Oktober 2010 zurück: Zwar seien nach seiner seit dem 1. April 2010 geltenden Verwaltungsrichtlinie 217,50 EUR Schuldzinsen,
0,98 EUR/qm Betriebskosten und 1,04 EUR/qm Heizkosten, mithin insgesamt 318,50 EUR für einen Ein-Personen-Haushalt und 50
qm Wohnfläche angemessen. Den Heizkostenbetrag habe er wegen der nicht isolierten Fenster um monatlich 5,20 EUR erhöht. Eine
weitere Erhöhung der Betriebs- und Heizkosten unter Einbeziehung des vorgesehenen Schuldzinsanteils sei aber nicht möglich
und in der Verwaltungsrichtlinie auch nicht vorgesehen.
Am 26. November 2010 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Halle erhoben und zur Klagebegründung zunächst darauf verwiesen,
dass ihre hohen Heizkosten auf der fehlenden Isolierung der Fenster beruhten. Weiter hat sie erklärt, eine ordnungsgemäße
Kostensenkungsaufforderung sei nie erfolgt. Der Beklagte hat mitgeteilt, mehrmals deutlich gemacht zu haben, dass er die tatsächlichen
Heizkosten der Klägerin für unangemessen halte und eine formelle Kostensenkungsaufforderung daher nicht erforderlich sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Halle am 5. Februar 2014 hat die Klägerin erklärt, es gehe ihr nur um
die Kosten der Unterkunft und Heizung. Der Beklagte hat erklärt, er werde der Klägerin monatlich weitere 11,97 EUR gewähren.
Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen. Ein weiteres Teilanerkenntnis über die Gewährung um 15,89 EUR höherer Leistungen
im Mai 2010 (Grundsteuer) hat die Klägerin am 15. Mai 2014 angenommen.
Mit Urteil vom 14. Oktober 2014 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen: Mit Ausnahme der Heizkosten habe der Beklagte
alle Aufwendungen der Klägerin für ihr Eigenheim anerkannt. Zu höheren Leistungen wegen der Heizkosten sei der Beklagte nicht
zu verurteilen. Die den monatlichen Betrag von 69,17 EUR übersteigenden Heizkosten seien unangemessen. Zwar sei bei der Klägerin
eine Einzelfallbetrachtung geboten. Die Abschläge von monatlich 99 EUR indizierten aber unangemessene Heizkosten, was die
Klägerin nicht habe widerlegen können. Ausreichend sei eine Wohnfläche von 50 qm. Bei Heranziehung des 2010 veröffentlichen
Heizspiegels des B. aus dem Jahr 2009 ergebe sich ein Höchstwert von 16,60 qm. Multipliziert mit 50 qm errechne sich ein Jahreswert
von 830 EUR, was einem Monatsbetrag von 69,17 EUR entspreche. Die darüber hinausgehenden Kosten seien unangemessen. Die Klägerin
habe keine personenbezogenen Gründe für höhere Heizkosten angegeben, sondern nur bauliche Gründe benannt. Solche Gründe seien
aber bereits dadurch berücksichtigt, dass auf den Wert für "extrem hohe Heizkosten" nach dem Heizspiegel abgestellt werde.
Die tatsächlichen Heizkosten seien auch nicht für eine Übergangszeit von sechs Monaten zu übernehmen. Es könne zunächst offen
gelassen werden, ob der Klägerin eine Senkung der Heizkosten möglich oder zumutbar gewesen sei. Sie sei bereits mit Schreiben
vom 9. April 2009 auf die Unangemessenheit ihrer Heizkosten hingewiesen worden. Damit sei die Sechs-Monats-Frist im verfahrensgegenständlichen
Zeitraum bereits abgelaufen. Im Übrigen habe die Klägerin zu ihren Kostensenkungsmaßnahmen allein ausgeführt, sich um sparsames
Heizen bemüht zu haben. Einen Wohnungswechsel habe sie nicht in Betracht gezogen. Dieser sei ihr in Anbetracht der deutlich
überhöhten Heizkosten aber zumutbar gewesen. Das gelte auch bei einem Renteneintritt der Klägerin im Jahr 2015. Insgesamt
habe sie im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 415,02 EUR Heizkosten und 881,01 EUR Kosten für die Unterkunft erhalten. Das
entspreche einem Monatsbetrag von 216,01 EUR. Für vier Jahre belaufe sich der Gesamtbetrag auf 10.368,48 EUR. Demgegenüber
hätte der Beklagte bei einem Umzug in eine Mietwohnung nach dem Wohngeldgesetz (zuzüglich Sicherheitszuschlag) monatlich 338,80 EUR Unterkunftskosten und 69,17 EUR Heizkosten übernehmen müssen. Das seien
insgesamt 19.582,56 EUR. Hinzuzurechnen seien die Umzugskosten für einen - aufgrund der Kürzung der Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung in der Leistungsberechnung - erforderlichen Umzug. Diesen Kosten stünden zunächst die Vier-Jahres-Kosten bei Beibehaltung
der Unterkunft von 10.368,48 EUR gegenüber. Hinzuzuaddieren seien die im Jahr 2011 gewährten 2.610 EUR für den Austausch der
Therme. Zwar ergäbe sich dann noch immer eine Differenz von 6.604,08 EUR. Aber die Kammer sei überzeugt, dass die Klägerin
prognostisch in dem Vier-Jahres-Zeitraum ab 2010 das Einfamilienhaus jedenfalls zu einem Preis (mehr als 16.500 EUR) habe
verwerten können, der derart erheblich über diesem Differenzbetrag liege, dass auch unter Berücksichtigung der Vermögensfreibeträge
ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II entfiele. Damit koste der Umzug der Klägerin im Ergebnis den Beklagten und den Steuerzahler weniger als ein Verbleib der
Klägerin in der Unterkunft unter Berücksichtigung der vollen Aufwendungen.
Die Berufung gegen sein Urteil hat das Sozialgericht Halle zugelassen.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 26. November 2014 zugestellte Urteil haben diese für die Klägerin am 18. Dezember
2014 Berufung eingelegt. Mit Bescheiden vom 29. Dezember 2014 und 14. Januar 2015 hat der Beklagte die beiden erstinstanzlich
abgegebenen und angenommenen Teilanerkenntnisse umgesetzt. Er hat im Ergebnis Leistungen wie folgt bewilligt: Mai 2010 (Bescheid
vom 14. Januar 2015): 554,27 EUR (126,10 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung), Juni 2010 (Bescheid
vom 29. Dezember 2014): 610,49 EUR (182,32 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung), Juli 2010 (Bescheid
vom 29. Dezember 2014): 462,17 EUR (34 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung), August 2010 (Bescheid
vom 29. Dezember 2014): 555,56 EUR (127,39 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung), September und Oktober
2010 (Bescheid vom 29. Dezember 2014): 462,17 EUR (34 EUR Kosten für Unterkunft und 69,17 EUR Kosten für Heizung).
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 9. September 2016 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer
Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Die Klägerin ist der Ansicht, für eine umzugsbezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung sei nicht maßgeblich, ob und in welchem Zeitraum
das selbstgenutzte Wohneigentum nach einem fiktiven Umzug verwertet werden könne. Es komme allein auf die Kosten vor und nach
einem Umzug an. Außerdem sei das Haus nicht verwertbar.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14. Oktober 2014 aufzuheben sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 26. Oktober
2010 unter Einbeziehung des Bescheids vom 29. Dezember 2014 für Juni bis Oktober 2010 sowie des Bescheids vom 14. Januar 2015
für Mai 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für Mai bis Oktober 2010 Bedarfe für Unterkunft und Heizung
in tatsächlicher Höhe zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum möglichen Ausgleich unangemessen hoher Heizkosten
mit niedrigen Aufwendungen für die Unterkunft gelte nur für Mietwohnungen und lasse sich nicht auf Wohneigentum übertragen.
Es komme auf die durch ihn zu berücksichtigenden Unterkunftskosten nach einem Umzug an. Diese seien niedriger, weil das Hausgrundstück
nach einem Umzug nicht mehr geschützt sei und das Vermögen der Klägerin dazu führe, dass ihr keine Leistungen nach dem SGB II zu gewähren seien.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der Verwaltungsakten ergänzend verwiesen. Entscheidungsgründe:
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§
143,
144 Abs.
1 Satz 1 Halbsatz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) eingelegte Berufung ist zulässig. Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die Berufung ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat in den Monaten Mai 2010 und Juli bis Oktober 2010 Anspruch auf höhere
Leistungen nach dem SGB II in Form von Leistungen für Unterkunft und Heizung als bislang durch den Beklagten bewilligt. Denn in die Leistungsberechnung
sind die vollen monatlichen Abschläge für die Heizkosten, abzüglich eines Kostenabzugs für die zentrale Aufbereitung des Warmwassers,
einzustellen. Insoweit sind angegriffenen Entscheidungen teilweise rechtswidrig, verletzen die Klägerin in ihren Rechten und
waren höhere Leistungen nach dem SGB II zuzusprechen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist noch der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 26. Oktober 2010 unter Einbeziehung
des Bescheids vom 29. Dezember 2014 für Juni bis Oktober 2010 sowie des Bescheids vom 14. Januar 2015 für Mai 2010. Mit diesen
Bescheiden hat der Beklagte seine Teilanerkenntnisse umgesetzt. Sie sind gemäß §§
153 Abs.
1,
96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Da die Bescheide vom 29. Dezember 2014 und 14. Januar 2015 in den vorgenannten
Monaten im Vergleich zu den vorangegangenen Bescheiden vom 27. April 2010, 10. Mai 2010 sowie 13. September 2010 die höchsten
Leistungen bewilligen, haben sich die Bescheide aus dem Jahr 2010 gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) erledigt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. August 2015 - B 14 AS 13/14 R - juris, Rn. 8). Die Klägerin hat zudem den Streitgegenstand bereits im erstinstanzlichen Verfahren zulässig auf die Höhe
der Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt (vgl. zur Abtrennbarkeit des auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung
bezogenen Verfügungssatzes: BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - juris, Rn. 19 f.; Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 48/08 R - juris, Rn. 11). Hingegen kommt eine weitere Disposition der Beteiligten über den Streitgegenstand - hier als Begrenzung
auf die Leistungen für Heizung - nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, Rn. 13).
Die Beschränkung des Streitgegenstands auf abtrennbare Verfügungssätze der angefochtenen Bescheide des Beklagten führt indes
nicht zu einer Beschränkung der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 70/08 R - juris; Rn. 11). Es bleibt also weiter zu prüfen, ob die Klägerin überhaupt leistungsberechtigt, insbesondere hilfebedürftig
ist. Das ist hier der Fall.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung erhielten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige).
Die 1949 geborene Klägerin hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum das Lebensalter von 65 Jahren und drei Monaten noch
nicht vollendet. Sie war erwerbsfähig und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Mithin erfüllte
sie die Voraussetzungen der § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II.
Die Klägerin war auch hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden
Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von
Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Im Fall der Klägerin steht eigenes Vermögen der Hilfebedürftigkeit nicht entgegen. Seine Berücksichtigung ist zwar nicht nach
§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, aber nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II ausgeschlossen.
Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende
Eigentumswohnung.
Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II bezieht sich die Angemessenheit auf die Größe des Hausgrundstücks ("Hausgrundstück von angemessener Größe"; vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 24, 28). Das Grundstück selbst ist mit 271 qm nicht unangemessen groß. Denn Grundstücksgrößen bis zu 500 qm
werden schon im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt. Weil aber neben der Größe des Grundstücks die
Größe des Hauses selbst - im Sinne der bewohnbaren Fläche - in die Betrachtung des Vermögensschutzes nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II einzubeziehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - juris), unterfällt die durch die Klägerin genutzte Immobilie nicht § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II.
Zunächst maßgeblich ist im Fall der alleinstehenden Klägerin der Wohnflächengrenzwert von 130 qm, verringert wegen der Anzahl
der Bewohner auf 90 qm (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 32). Dieser Grenzwert kann jedoch nicht als quasi normative Größen herangezogen werden. Es muss Entscheidungsraum
für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen im Einzelfall bestehen bleiben (st. Rspr. des BSG, vgl. zuletzt: Urteil vom 18. September 2014 - B 14 AS 58/13 R - juris, Rn. 19). Die angenommenen Werte orientieren sich am "Durchschnittsfall" und können eine Anpassung nach oben, aber
auch nach unten erfordern (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 2/05 R - juris, Rn. 22).
Anders als § 90 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - führt § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II keine wertbildenden Faktoren auf. Das Bundessozialgericht hat die nach § 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II für die Angemessenheit maßgeblichen Lebensumstände während des Bezugs von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende
als Korrekturmöglichkeit zu einer allein auf die Größe reduzierten Angemessenheitsprüfung anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 2/05 R - juris, Rn. 15). Im Rahmen des § 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II ist die Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine Harmonisierung der Vermögensschutzvorschriften im SGB II und im SGB XII zu beachten. Daher scheidet die generelle Annahme eines Gleichlaufs der Angemessenheitsbegriffs von selbst genutzten Immobilien
im Rahmen des SGB II auf der einen und nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII auf der anderen Seite aus (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 44).
Im Ergebnis kann es aber erforderlich sein, eine Überschreitung des abstrakt angemessenen Wohnflächengrenzwerts aus § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II über § 12 Abs. 3 Nr. 6 Alt. 2 SGB II zuzulassen. Nach dieser Vorschrift sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung
für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII eine Orientierung bieten (so BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 49). Dies gilt jedenfalls, wenn - wie bei der Klägerin - keine Änderung der Lebensumstände bis zum Eintritt
in das Rentenalter zu erwarten sind und das selbst genutzte Wohneigentum dem (aufstockenden) Bezug von Leistungen nach dem
Vierten Kapitel des SGB XII nicht entgegenstünde.
Nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bestimmt sich die Angemessenheit nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger
Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks
einschließlich des Wohngebäudes. Jedes Einzelkriterium kann dabei durch ein anderes oder mehrere andere aufgewogen werden
(vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2015 - B 8 SO 12/14 R - juris, Rn. 16).
Für das Hausgrundstück der Klägerin ist dazu festzustellen, dass das Grundstück selbst nur etwa halb so groß ist, wie dies
im städtischen Bereich in aller Regel als angemessen anerkannt wird. Es verfügt weder über eine Garage noch über einen Stellplatz.
Angesichts der Grundstücksfläche ist auch zweifelhaft, ob entweder tatsächlich oder unter Einhaltung von baurechtlichen Abstandsflächen
eine Errichtung möglich ist. Das Haus hat keinen Balkon, keine Loggia, keine Terrasse und keinen Wintergarten. Die Heizungsanlage
war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 15 Jahre alt. Die Fenster sind nicht isoliert.
Die Gesamtbewertung aller dieser Umstände führen zu der Schlussfolgerung, dass das Haus der Klägerin dem Schutz des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unterfiele. Weil im konkreten Fall die modifizierte Übertragung des Vermögensschutzes nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII auf eine vergleichbare Fallkonstellation im Rahmen der Härtefallprüfung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 2 SGB II (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 14 AS 90/12 R - juris, Rn. 54) zu keiner abweichenden Bewertung führt, ist das selbst genutzte Wohneigentum der Klägerin gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigen.
Der wegen bestehender Hilfebedürftigkeit durch den Beklagten zu sichernde Lebensunterhalt der Klägerin im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II wird bestimmt durch den Umfang des Arbeitslosengeldes II. Gemäß § 19 Satz 1 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld
II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung wurden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der
tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen waren. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit
des Einzelfalles angemessenen Umfang überstiegen, waren sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft
so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder
nicht zuzumuten war, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der
Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Die Klägerin hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Aufwendungen für Unterkunft wie folgt (Angaben in EUR):
- Tabelle nicht darstellbar -
Sie schuldete dem Wärmeenergieversorger Vorauszahlungen für die Wärmelieferung in Höhe von monatlich 99 EUR. In diesen Vorauszahlungen
waren die Kosten für die Erwärmung des Warmwassers enthalten. Sie sind als von der Regelleistung umfasst abzuziehen (vgl.
BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R - juris, Rn. 21) und betrugen im Jahr 2010 6,48 EUR für einen alleinstehenden Hilfebedürftigen. Damit ergeben sich folgende
Aufwendungen für Heizung (Angaben in EUR):
- Tabelle nicht darstellbar -
Die Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ist grundsätzlich getrennt auf die Unterkunftskosten
einerseits und die gesondert zu betrachtenden Heizkosten andererseits vorzunehmen (vgl. Lauterbach, Die Bedarfe für Unterkunft
und Heizung im SGB II, Rn. 58).
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind die Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für Heizungen zu erstatten, soweit diese angemessen sind. Auszugehen
ist davon, dass Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen lediglich dann nicht erstattungsfähig sind, wenn sie bei
sachgerechter und wirtschaftlicher Beheizung als der Höhe nach nicht erforderlich erscheinen. Dies setzt zunächst eine abstrakte
Festlegung angemessener Heizkosten und dann eine konkrete Prüfung im Einzelfall voraus.
Die Beträge von monatlich 92,52 EUR, die den Aufwendungen für Heizung zuzuordnen sind, sind mit den Grenzwerten des kommunalen
Heizspiegels abzugleichen (vgl. zum Vorrang des kommunalen Heizspiegels vor dem bundesweiten Heizspiegel: BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 33/08 R - juris, Rn. 32; Urteil vom 16. April 2013 - B 14 AS 28/12 R - juris, Rn. 43; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, Rn. 34). Vorliegend kann auf einen solchen "kommunalen" Heizspiegel (B. 2009) zurückgegriffen werden.
Ausgangsgrundlage für die Ermittlung - abstrakt - unangemessen hoher Heizkosten ist das Produkt aus dem Wert des kommunalen
Heizspiegels, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet
(rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den
Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs. 1 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) beziehungsweise §
5 Abs.
2 Wohnungsbindungsgesetz a.F. (
WoBindG) ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 33/08 R - juris, Rn. 32). Der Wert aus dem Heizspiegel des B. für 2009, eine Wohnfläche von 100 bis 250 qm, die Versorgung mit
Fernwärme und "zu hohe" Kosten beläuft sich auf 19,80 EUR. Die angemessene Wohnfläche für alleinstehende Hilfebedürftige in
Sachsen-Anhalt beträgt 50 qm (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsbaus in Sachsen-Anhalt,
RdErl. des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (MRS) vom 23. Februar 1993, MBl. Sachsen-Anhalt Nr. 27/1993,
S. 1285 sowie RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr (MWV) vom 10. März 1995, MBl. für Sachsen-Anhalt
Nr. 31/1995, S. 1133). Das Produkt von 19,80 EUR und 50 qm sind 990 EUR; aufgeteilt auf 12 Monate ergeben sich 82,50 EUR.
Diesen Betrag überschreiten die Heizkosten der Klägerin um monatlich 10,02 EUR.
Das Überschreiten der oberen Grenzwerte eines kommunalen Heizspiegels kann aber lediglich als Indiz für die fehlende Erforderlichkeit
angesehen werden (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 70/08 R - juris, Rn. 19). Dabei ist eine Beschränkung auf personenbezogene Ursachen nicht vorgesehen (vgl. BSG, a.a.O.: Hierzu gehören z.B. die besonderen klimatischen Bedingungen des Wohnortes). Denn zwar trägt der Rückgriff auf Heizspiegelwerte
für "extrem hohe" Heizkosten (ungünstigste Verbrauchskategorie) bereits dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die im Einzelfall
entstehenden Heizkosten von Faktoren abhängen, die dem Einfluss des Hilfesuchenden weitgehend entzogen sind (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, Rn. 23). Es mag auch sein, dass diese Argumentation dafür spräche, externe (Umgebung und Lage der Unterkunft,
Ausstattung der Unterkunft) Besonderheiten bei der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze außer Acht zu lassen. Das bedeutet
aber nicht, dass solche Gesichtspunkte gänzlich außer Betracht bleiben müssen. Denn nur der ungünstige energetische Standard
einer Unterkunft ist für sich genommen kein Grund im Einzelfall, der der den Träger der Grundsicherung zur dauerhaften Übernahme
von hohen Heizkosten als "angemessene" Aufwendungen verpflichtet (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, Rn. 27). Er verschließt dem Hilfebedürftigen aber nicht jede Berufung auf die konkrete Angemessenheit seiner Heizkosten.
Vorliegend hat die Klägerin bis auf den ungünstigen energetischen Standard allerdings keine konkreten Umstände vorgetragen,
die die Höhe ihrer Heizkosten als konkret angemessen erscheinen lassen. Vielmehr steht die Höhe der Heizkosten zur Überzeugung
des Senats im Zusammenhang mit der Größe der bewohnten Unterkunft von 102,23 qm.
Dennoch folgt im Fall der Klägerin aus der Unangemessenheit der Heizkosten keine Obliegenheit zur Kostensenkung. Eine Beschränkung
der Übernahme der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung kommt nämlich nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles
angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange
zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten
ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens
für sechs Monate.
Vorliegend hat der Beklagte der Klägerin an Kostensenkungsmaßnahmen lediglich die Möglichkeit aufgezeigt, die Aufwendungen
für Unterkunft und Heizung durch einen "sparsamen Verbrauch" zu senken. Solche Verbrauchssenkungsmaßnahmen waren durch die
Klägerin auch durchgeführt worden (Abrechnungszeitraum 24. November 2005 - 21. November 2006: 17.582 kwH; 22. November 2006
- 22. November 2007: 12.243 kwH; 21. November 2007 - 19. November 2008: 15.278 kwH; 20. November 2008 - 16. November 2009:
16.150 kwH). Weitere Kostensenkungen sind nach Ansicht des Senats aufgrund des energetischen Standards der Unterkunft nicht
dauerhaft zu erreichen.
Als Kostensenkungsmaßnahme kommt angesichts des baulichen Zuschnitts der Unterkunft eine Untervermietung nicht in Betracht.
Möglich bliebe allein eine Kostensenkung durch Umzug. Diese obliegt der Klägerin aber nicht.
Der im Verwaltungsverfahren und Klageverfahren vor dem Sozialgericht Halle durch den Beklagten vertretenen Ansicht, ein Ausgleich
zwischen "zu hohen" Aufwendungen für Heizung komme bei Bewohnern selbstgenutzten Wohneigentums nur durch tatsächlich anfallende
Kostenpositionen auf der Seite der Zinsen/Lasten und Betriebskosten in Betracht, schließt sich der Senat nicht an.
Anders als der Beklagte kann der Senat bereits nicht erkennen, dass sich die Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil
vom 12. Juni 2013 (B 14 AS 60/12 R) nur auf Mietwohnungen beziehen. Diese Schlussfolgerung setzt nämlich voraus, dass Leitbild in § 22 SGB II die bewohnte Mietwohnung ist und den Aufwendungen für Unterkunft als gegenüber den Heizkosten abzugrenzende Kostenposition
diejenige der "Bruttokaltmiete" ist. Das ist indes nicht der Fall. Vielmehr ist die Bruttokaltmiete die allgemeine Bezeichnung
für den "Bedarf für Unterkunft" bei Mietern, ohne dass dies die Berücksichtigung weiterer unterkunftsbezogener Aufwendungen
(z.B.: Gebühr für Kabelfernsehen; Stellplatzmiete für ein Kraftfahrzeug) ausschließt. Wie § 22 Abs. 2 SGB II in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung zeigt, umfassen die Bedarfe für Unterkunft bei selbst bewohntem Wohneigentum
auch unabweisbare Aufwendungen für die Instandhaltung und Reparatur. Das sind Kostenpositionen, die bei Mietern von Wohnungen
regelmäßig nicht anfallen beziehungsweise durch den Vermieter zu übernehmen sind. Die "Bedarfe für Unterkunft" sind mithin
grundsätzlich negativ in Abgrenzung zu den "Bedarfen für Heizung" zu bestimmen: Alles, was nicht die Aufwendungen für Heizung
betrifft, kann Aufwendung für Unterkunft sein, sofern die Berücksichtigung grundsicherungsrechtlichen Maßstäben entspricht
(vgl. zu Tilgungsleistungen: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 49/14 R - juris; zur Garage: BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, Rn. 35).
Daher ist ein Ausgleich von "angemessenen Unterkunftskosten" mit "unangemessenen Heizkosten" möglich. Das gilt auch, wenn
- wie hier - ein Teil möglicher Aufwendungen für Unterkunft gar nicht anfällt. Denn dem rechnerischen Ausgleich von "wenig"
mit "zu viel" ist immanent, dass bei der Position "wenig" tatsächlich geringere Kosten anfallen. Die Ursache hierfür (z.B.
sparsames Verbrauchsverhalten, verzögerte Abforderung durch den Versorger, tatsächlich nicht anfallende Aufwendungen; vgl.
zur Instandhaltungsrücklage: BSG, Urteil vom 22. August 2012 - B 14 AS 1/12 R - juris, Rn. 22), ist ohne Belang. Denn bei der fehlenden Obliegenheit zu einem Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme
geht es nur darum, ob in einer alternativ zu beziehenden Unterkunft insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen (vgl.
BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, Rn. 30). Solche höheren Kosten sind nicht entweder diejenigen für Unterkunft oder diejenigen für Heizung. Vielmehr
geht es bei der Kostensenkungsobliegenheit um eine Gesamtbetrachtung. Diesen Gedanken hat zwischenzeitlich auch der Gesetzgeber
für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen aufgegriffen. Nach § 22 Abs. 10 SGB II in der ab dem 1. August 2016 geltenden Fassung ist nämlich zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig.
Im Übrigen entspricht eine einheitliche Betrachtung der Kostenlage vor und nach einem Umzug bei Hilfebedürftigen, die Wohneigentum
selbst bewohnen und Mietern der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten
für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten ist (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 42/13 R - juris, Rn. 16).
Für den Nachweis, dass Wohnungen unter den Ist-Gesamtkosten zur Verfügung stehen, trifft den Beklagten die materielle Beweislast
(vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, Rn. 30). Weil ein solcher Nachweis nicht geführt werden kann, trifft die Klägerin keine Kostensenkungsobliegenheit
und die vollen Heizkosten sind bei der Ermittlung des Leistungsanspruchs sind zu berücksichtigen.
Im Fall der Klägerin übersteigen die Gesamtaufwendungen für Unterkunft und Heizung vor einem Umzug nicht die nach einem Umzug
zu übernehmenden Aufwendungen. Diese Aufwendungen (als Vergleichskosten) bestimmen sich nach den Beträgen, die der Beklagte
nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte (vgl. zur Nichtanwendbarkeit der Werte des Heizspiegels bei der
Gesamtbetrachtung: BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, Rn. 32). Selbst nach den Richtlinien des Beklagten betragen die im Geschäftsbereich Z. angemessenen Aufwendungen
für Unterkunft monatlich 266,50 EUR. Zuzüglich der von dem Beklagten für abstrakt angemessen erachteten Heizkosten von 1,04
EUR/qm ergeben sich bei 50 qm angemessener Wohnfläche 52 EUR Heizkosten, mithin insgesamt 318,50 EUR monatlich. Aufwendungen
in dieser Höhe hatte die Klägerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht.
Weitere Ermittlungen zu möglicherweise unter den Werten der Richtlinie des Beklagten liegenden Beträgen für angemessene Aufwendungen
für Unterkunft und Heizung sind entbehrlich. Es ist gerichtsbekannt, dass der Beklagte für den verfahrensgegenständlichen
Zeitraum weder ein sogenanntes Schlüssiges Konzept entwickelt hat, noch entsprechende Datengrundlagen erhoben worden sind.
Davon ist auch für den konkreten Fall der Klägerin auszugehen. Denn wie das Schreiben des Beklagten 27. April 2010 zur beabsichtigten
Datenerhebung im Zuge der Überarbeitung seiner Richtlinie zeigt, sollte die Datenerhebung erst erfolgen. Grundlage der Verwaltungsrichtlinie
des Beklagten zur "Feststellung der Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II im B. vom 01.06.2012" ist der Bericht der ANALYSE & KONZEPTE Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Tourismus mbH
mit Mietwerterhebungen aus dem Jahr 2011. Auch diese scheiden als Datengrundlage für die Bestimmung angemessener Aufwendungen
für Unterkunft und Heizung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum aus.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Halle ist in den Mehrkostenvergleich im Fall der Klägerin nicht die Kostensenkung
durch Umzug auch nicht deswegen einzustellen, weil nach einem Umzug bislang selbst genutztes Wohneigentum "frei" werden, damit
nicht mehr dem Vermögensschutz unterfallen und einen Leistungsanspruch der Klägerin auf unbestimmte Zeit entfallen lassen
würde. Diese Ansicht verkennt die - wenn auch begrenzten - Wirkungen des Vermögensschutzes aus § 12 SGB II auf die Angemessenheit der Aufwendungen im Rahmen des § 22 SGB II. Solange eine Unterkunft nach § 12 Abs. 3 SGB II als Vermögen nicht zu berücksichtigen oder nach § 12 Abs. 1 SGB II nicht verwertbar ist, ist das geschützte Vermögen wegen seines Schutzes so zu behandeln, als sei es nicht vorhanden.
Wegen der Leistungsansprüche ergibt sich folgende Berechnung (Angaben in EUR):
- Tabelle nicht darstellbar -
Die Überzahlung im Juni 2010 sowie der erhöhte Anspruch um Juli 2010 ergeben sich aus der Fälligkeit der Wartungskosten für
die Heizung im Juli 2010. Weil die Klägerin im Juni 2010 keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung
hat, als durch den Beklagten mit Bescheid vom 29. Dezember 2014 bewilligt, kommt eine Nachzahlung für diesen Monat nicht in
Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Möglichkeit einer Gesamtbetrachtung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ist
seit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. Juni 2013 (B 14 AS 60/12 R) für die fehlende Obliegenheit zur Kostensenkung und seit dem 1. August 2016 durch § 22 Abs. 10 SGB II für die Gesamtangemessenheitsgrenze geklärt.