Tatbestand
Der 1962 geborene Kläger hat die deutsche und die kubanische Staatsangehörigkeit. Nach seinen Angaben arbeitete er vom 1.
September 1982 bis zum 31. März 1984 in der Republik Kuba, seinem ursprünglichen Heimatland, in der Landwirtschaft. Er war
von 1981 bis 1983 in Angola als Wehrdienstleistender der kubanischen Armee eingesetzt. Nachweise hierzu liegen dem Senat nicht
vor. Nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestand seine Aufgabe darin, als Soldat der Infanterie von
der russischen Artillerie eingenommene Gebiete auf Überlebende zu prüfen, die von dem Vorgesetzten des Klägers dann getötet
worden seien. Der Kläger ist nach seinen Angaben nicht verletzt worden und hat keine positive Kenntnis, selbst anderen Verletzungen
zugefügt zu haben. Der Kläger wurde während seines nachfolgenden Aufenthaltes in der ehemaligen DDR von April 1984 an als
Werkzeugschleifer angelernt und arbeitete bis September 1991 in diesem Beruf. Vom 1. Januar 1992 bis zum 25. Mai 1993 absolvierte
er eine aus Mitteln der Arbeitsförderung getragene Umschulung zum Heizungsinstallateur, die er nach seinen Angaben durch Unterstützung
bei den Prüfungen erfolgreich abschloss. Er war in diesem Beruf bis zu seiner betriebsbedingten Kündigung mit Wirkung von
Juli 1997 versicherungspflichtig beschäftigt und bezog in Anschluss daran Leistungen der Arbeitsförderung bzw. ab dem 1. Januar
2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II). Am 7. September 2005 nahm der Kläger eine Tätigkeit als Hausmeistergehilfe auf, die er bis Juli 2006 im Rahmen eines versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses und ab dem 1. Dezember 2011 im Rahmen einer geringfügigen nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung
ausübte, vom 1. Januar 2014 bis zum 1. April 2015 im Umfang von 22 Monatsstunden.
Der Kläger stellte am 13. Mai 2009 seinen ersten Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung, der mit Bescheid
der Beklagten vom 24. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2010 nach einem erfolglosen
Klageverfahren bestandskräftig abgelehnt wurde. Er stellte am 17. Juni 2014 den Rentenantrag, der dem im Berufungsverfahren
angefochtenen Bescheid zugrunde liegt. Im Verwaltungsverfahren wurde das von Dr. S. für die Agentur für Arbeit D. erstellte
Gutachten nach Aktenlage vom 12. Juli 2014 beigezogen, in dem von einer vollständigen Leistungsunfähigkeit des Klägers ausgegangen
wurde. In dem mit diesem Gutachten übersandten für die Agentur für Arbeit von der Dipl.-Psych. W. erstellten psychologischen
Gutachten vom 2. Juli 2013 wird auf eine in den letzten Jahren schwierige berufliche Integration des Klägers verwiesen. Hinzugekommen
seien körperliche Einschränkungen, die den Kläger in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit einschränkten und nur noch bestimmte
Tätigkeiten zuließen. Im Rahmen der Vermittlung seien auch psychische Einschränkungen des Klägers deutlich geworden. Mit den
auch im Alltag zu Beeinträchtigungen führenden Schmerzen seien erhebliche seelische Einschränkungen verknüpft. Der Kläger
berichte über Flashbacks, die vermutlich auf ein Kriegstrauma zurückzuführen seien, das er als Jugendlicher bzw. junger Heranwachsender
als Soldat in Angola erlebt habe. Eine therapeutische Aufarbeitung sei nie erfolgt. Psychologischerseits bestehe der Verdacht
auf eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) mit depressiven Symptomen und Ängsten, wie Panikattacken mit körperlichen
Symptomen, innerer Unruhe, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und lebensmüden Gedanken. Nach Angabe des Klägers hätten sich die
Symptome in den letzten Jahren verschlimmert. Dies dürfte auch in den zunehmenden körperlichen Beschwerden, der langen Beschäftigungslosigkeit
und der stetigen Sehnsucht nach Kuba, wo der Kläger immer noch stark verwurzelt sei, begründet sein. Aus psychologischer Sicht
sei eine Psychotherapie, nach Möglichkeit auch eine spezielle Traumatherapie, dringend angezeigt. Zu einem stationären Aufenthalt
sei der Kläger nicht bereit, auch weil er den familiären Rückhalt und seinen Nebenverdienst als stabilisierend empfinde.
Die Beklage holte das Gutachten von dem Nervenfacharzt Dipl.-Med. R. vom 14. Januar 2015 zu einer erforderlichen medizinischen
Rehabilitation ein. In der ambulanten Untersuchung am 4. Dezember 2014 habe der Kläger über Probleme mit den Knochen und dem
Rücken sowie Allergien mit Hautausschlägen, Asthma bronchiale und Heuschnupfen geklagt. Er befinde sich für eine nervenärztliche
Behandlung auf einer Warteliste. Mit Ausnahme eines Laborwertes hätten sich keine Hinweise auf einen Alkoholmissbrauch oder
eine Alkoholabhängigkeit gezeigt. Die Stimmungslage des Klägers müsse nach dem psychischen Befund als „depressiv resigniert“
bezeichnet werden. Der Mehrfachwortwahltest und der NEO-FFI-Test hätten wegen sprachlicher Barrieren abgebrochen werden müssen.
Als Diagnosen lägen eine mittelgradige depressive Episode mit ausgeprägten neurotischen Anteilen, ein chronisches Lumbalsyndrom,
ein chronisches Halswirbelsäulensyndrom, eine Gonarthrose, eine Coxarthrose, eine Polyarthrose, ein allergisches Asthma bronchiale
bei allergischer Diathese und eine fragliche PTBS vor. Für die letztgenannte Diagnose ergäben sich kaum Anhaltspunkte; diese
sei auf Grund des Kriegseinsatzes in Angola von 1981 bis 1983 jedoch nicht mit Sicherheit auszuschließen. In der Zusammenschau
von Rücken- und Gelenkschmerzen, welche die körperliche Leistungsfähigkeit einschränkten, und psychischen Beschwerden im Zusammenhang
mit dem depressiven Formenkreis, welche die psychische Belastbarkeit beträchtlich reduzierten, schließe er sich der sozialmedizinischen
Beurteilung von Dr. S. insoweit an, dass gegenwärtig auch eine leichte körperliche Tätigkeit nur unter drei Stunden täglich
und unter 15 Stunden pro Woche möglich sei. Dabei sollte auch die psychische Belastung gering sein. Zu vermeiden seien insbesondere
Verantwortung für Personen oder Maschinen, Publikumsverkehr, die Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge und Zeitdruck. Erforderlich
sei eine relativ langfristige stationäre Psychotherapie unter Einbeziehung einer körperlichen Konditionierung. Dazu sei der
Kläger in keiner Weise motiviert. Zu berücksichtigen seien auch die bei dem Kläger vorhandenen sprachlichen Barrieren, die
bei einer einfachen umgangssprachlichen Unterhaltung nicht sofort auffielen, sich aber in großen Problemen bei dem Lesen und
Schreiben in deutscher Sprache äußerten. Der Kläger scheine seit circa 1997 eine depressive Entwicklung durchgemacht zu habe,
die zu einer gewissen „Verfestigung praktisch nicht nützlicher Erlebnis- und Verhaltensweisen“ geführt habe. Von einer Leistungsminderung
von unter drei Jahren könne vorerst nicht ausgegangen werden.
Im Übrigen holte die Beklagte das Gutachten von dem Facharzt für Orthopädie Dr. Si. vom 10. Mai 2015 ein, das auf der Grundlage
der ambulanten Untersuchung des Klägers am 5. Mai 2015 erstattet wurde. Der Kläger habe über seit 1983 bestehende Rückenschmerzen
mit Ausstrahlung in beide Beine mit zunehmenden Schulter-Nacken-Schmerzen geklagt. Später seien auch Schmerzen in beiden Kniegelenken
hinzugetreten. Die Schmerzen seien belastungs-, nicht witterungsabhängig. Nachts habe er lageabhängige Schmerzen und Albträume.
Die maximale Gehstrecke liege zwischen 500 und 1.000 m. Treppensteigen sei ihm kaum noch möglich. Der Kläger habe sich bei
der Untersuchung in einem altersentsprechenden Allgemein- und Ernährungszustand (175 cm/93 kg) befunden und ein sicheres Gangbild
gezeigt. Als Diagnosen lägen jeweils beidseits ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom, eine Retropatellararthrose, ein Impingementsyndrom,
eine Depression und ein Zervikobrachialsyndrom vor. Eine Behandlung sei nach Angaben des Klägers in der davorliegenden Zeit
nicht durchgeführt worden. Aus orthopädischer Sicht sei der Kläger vollschichtig für leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend
sitzend ohne Hocken, Knien, Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, Steigen auf Treppen, Leitern und Gerüste einsetzbar.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab. Bei dem Kläger liege ein Leistungsvermögen von sechs Stunden täglich für leichte
Arbeiten mit weiteren Funktionseinschränkungen vor (Bescheid vom 3. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 8. Juli 2015).
Mit seiner am 21. Juli 2015 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Er sei unter Berücksichtigung der Feststellungen durch die Bundesagentur für Arbeit nicht in der Lage, täglich mehr als drei
Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.
Befragt zu einer psychologischen oder psychiatrischen Fachbehandlung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2015 mitgeteilt,
sich zwar schon einmal um einen Termin bemüht, dies wegen der langen Wartezeiten indes aufgegeben zu haben.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte eingeholt. Die Fachärztin für Innere Medizin Dr. M. hat unter dem 28. Dezember
2015 mitgeteilt, von dem Kläger zweimal jährlich konsultiert zu werden. Es erfolge auf Grund der fehlenden Therapeuten in
Dessau keine psychologische Behandlung. Sie habe die Therapie mit einem Antidepressivum eingeleitet. Bezüglich der Einzelheiten
wird auf Blatt 33 bis 37, 38 bis 42 und 43 bis 47 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat sodann Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
St. vom 21. November 2016, das auf der Grundlage der ambulanten Untersuchung des Klägers am 9. November 2016 erstattet und
mit Schreiben vom 7. Dezember 2016 in Bezug auf die Antwort zur Frage IV (Seite 23 des Gutachtens) berichtigt worden ist.
Der Kläger habe angegeben, einen Führerschein zu haben. Das vorhandene Kfz werde von der Ehefrau für Fahrten zur Arbeit benötigt.
Der Kläger habe von seinen Kriegserlebnissen in Angola berichtet, bei denen Kameraden gefallen und insbesondere durch Minen
zerfetzt worden seien. Sich um den Krieg drehende Albträume habe er drei- bis viermal im Jahr. Er sei sieben- bis achtmal
bei einem Diplompsychologen gewesen, dessen Namen er nicht angeben könne; wohl im Jahr 2015. Der Psychologe habe ihn zum Arbeitsamt
zurückgeschickt, da er ihm nicht habe helfen können. Er stehe noch bei einer namentlich nicht zu benennenden Psychologin auf
einer Warteliste. In psychiatrischer Behandlung habe er sich nie befunden. Seine Ehefrau habe nun für ihn einen Termin bei
einem Psychiater in Dessau vereinbart, der im Januar 2017 stattfinden solle. Der Kläger gebe an, zeit seines Lebens immer
Heimweh nach Kuba gehabt zu haben, wo er seit der Wende circa alle zwei bis drei Jahre Urlaub mache, zuletzt im Jahr 2015.
Jedes Mal, wenn er aus Kuba nach Deutschland zurückmüsse, gehe es ihm schlecht. Er leide seit circa 2009 an Depressionen und
habe das Ganze, auch die Erinnerung an die Kriegserlebnisse, bis dahin wohl unterdrückt. Grund für die Vermeidung eines Klinikaufenthaltes
sei weniger seine geringfügige Beschäftigung als die Sorge, in einer Gruppe sprechen zu müssen. Der Kläger schildere zeitweilig
auftretende aufsteigende Ängste, jedoch nicht vom Ausmaß klassischer/ausgeprägter Panikattacken. Er vermeide nach Möglichkeit
Menschenansammlungen. Befragt zu seinem Alkoholkonsum habe der Kläger angegeben, ab mittags, zumeist aber abends, zwei bis
drei Bier pro Tag zu trinken. Wenn ein Kumpel komme, könnten es auch vier bis sechs Bier und zusätzlich Rum werden. Zwei-
bis dreimal im Monat trinke er dann, bis er „besoffen“ sei. Abhängig sei er jedoch nicht und kenne keine Entzugssymptome.
Er habe im Übrigen wiederkehrende Kribbelmissempfindungen der Hände, insbesondere wenn er auf dem Sofa liege. Sein Hobby sei
die Vogelzucht. Er halte 30 Vögel, u.a. Wellensittiche, Kanarienvögel und Kubafinken, in einer Voliere in der Garage bzw.
Volieren. Zu seinem Tagesablauf befragt habe der Kläger angegeben, nach dem Frühstück seine Vögel zu versorgen, was auch schon
einmal den ganzen Vormittag in Anspruch nehmen könne, wenn er z.B. den Sand der Volieren (in Abschnitten) durchsiebe. Nach
dem Mittagessen, das er nur selten selbst zubereite, kümmere er sich wieder um die Vögel und trinke auch schon mal ein Bier.
Spaziergänge unternehme er nicht. Rad fahre er nur, wenn seine Enkel da seien. Bei der Untersuchung habe sich der Kläger in
gepflegtem, kräftigem Allgemeinzustand und etwas übergewichtigem Ernährungszustand befunden. Die körperlichen Befunde seien
im Wesentlichen unauffällig. Die Fortbewegung sei in der Praxis zügig und sicher gewesen. Während der länger dauernden Exploration
habe die sitzende Position ohne erkennbare Beeinträchtigungen beibehalten werden können. Auch nach längerem Sitzen seien keine
Anlaufprobleme erkennbar. Das An- und Auskleiden, Hinlegen und Aufrichten aus der liegenden Position sei ohne erkennbare schmerzbedingte
Beeinträchtigung erfolgt. Im psychischen Befund sei die Stimmungslage weitgehend ausgeglichen, teils leicht ins Subdepressive
abdriftend, emotional deutlich berührt und lacrimal bei Thematisierung der Kriegserlebnisse. Der Kläger fange sich jedoch
schnell wieder. Außerhalb dieses Themas liege eine durchgängig ausgeglichene Stimmungslage ohne Einschränkung der aktiven
Schwingungsfähigkeit vor. Der Kläger sei freundlich, aufheiterbar und humorvoll im Gespräch. Der Antrieb sei unbeeinträchtigt
und psychomotorisch unauffällig erschienen. Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit seien auch während der länger andauernden
Exploration in ausreichendem Maße vorhanden gewesen. Kurz- und Langzeitgedächtnis seien intakt. Die Intelligenz des Klägers
liege vom klinischen Eindruck her im Durchschnittsbereich. Formales Denken und Wahrnehmung seien unauffällig. Es gebe keine
Hinweise auf Persönlichkeitsstörungen oder hirnorganische Beeinträchtigungen. Der Kläger verfüge über gute Deutschkenntnisse,
so dass sich nur ganz selten sprachliche Missverständnisse und Klärungsbedarf ergeben hätten. Bei dem Kläger lägen folgende
Diagnosen vor:
Anhaltende leichtgradige depressive Störung/Dysthymia.
Verdacht auf Alkoholmissbrauch.
Episodischer Spannungskopfschmerz.
Blandes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne neurologische Ausfälle.
Carpaltunnelsyndrom beidseits rechtsbetont.
Außerhalb des nervenärztlichen Fachgebiets lägen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) Schultergelenkschmerzen, anamnestisch
eine Schultergelenkarthrose, ein allergisches Asthma bronchiale und Heuschnupfen vor. Als im Vordergrund stehend beschreibe
der Kläger eine depressive Symptomatik, die er in Zusammenhang bringe mit seinen Kriegserlebnissen in Angola während des zweijährigen
Wehrdienstes für die kubanische Armee 1980 bis 1982 währenddessen er den Tod von Kameraden miterlebt habe. Der Kläger, der
schließlich nach Ablauf des Kontraktes und Rückkehr nach Kuba auf Einladung seiner heutigen Ehefrau in die DDR zurückgekehrt
sei, um dort mit ihr und seiner Tochter zu leben, schildere ein lebenslang anhaltendes Heimweh nach Kuba. Wenn er nach dem
Urlaub nach Deutschland zurückmüsse, gehe es ihm jedes Mal schlecht. Dass er sich auf Grund seiner Familie mit zwei Kindern
und zwei Enkeln nie dazu habe durchringen können, dauerhaft wieder nach Kuba zurückzukehren, sei sein eigentliches Dilemma,
das wesentlich mitverantwortlich für die anhaltende leichtgradige depressive Symptomatik sein dürfte. Bezüglich der geschilderten
Kriegserlebnisse lasse sich eine Traumafolgestörung im eigentlichen Sinne, z.B. in Form einer PTBS, nicht verifizieren. Auf
Befragen gebe der Kläger an, nur drei- bis viermal im Jahr (!) [Hervorhebung durch den Sachverständigen] Albträume von den
Kriegserlebnissen zu haben, wesentlich häufiger aber von anderen Dingen, z.B. seinen Eltern auf Kuba, zu träumen. Darüber
hinaus lasse sich auch auf gezieltes Befragen keine Symptomatik eruieren, die mit den Kriegserlebnissen in Zusammenhang zu
bringen wäre. Die aktenkundige Verdachtsdiagnose einer PTBS lasse sich demnach nicht bestätigen. Die emotionale Berührtheit
bei Schilderung der Kriegserlebnisse sei normalpsychologisch nachvollziehbar und keinesfalls pathologisch. Die depressive
Symptomatik sei diagnostisch am ehesten als anhaltende leichtgradige Depression/Dysthymia einzuordnen. Auf gezieltes Befragen
werde keine Angstsymptomatik geschildert, welche die Diagnose einer eigenständigen Angsterkrankung rechtfertige. Auf Befragen
gebe der Kläger Ängste, jedoch nicht vom Ausmaß von Panikattacken an. Auch ein agoraphobisches Vermeidungsverhalten lasse
sich nicht eruieren. Zeichen einer Alkoholabhängigkeit, wie Entzugssymptome oder eine Tendenz zur Dosissteigerung, würden
nicht beschrieben und ergäben sich auch aus dem allgemeinkörperlichen und neurologischen Befund nicht. In Bezug auf die Alltagstauglichkeit
habe der Kläger die Haushaltsführung weitestgehend an seine Ehefrau delegiert und kümmere sich offenbar um sein Vogelzuchthobby.
Anhaltspunkte für Simulation oder Aggravation ergäben sich nicht. Der Kläger sollte bei dem aus neurologisch-psychiatrisch-psychosomatischer
Sicht eingeschränkten Leistungsvermögen in der Lage sein, körperlich leichte bis mittelschwere und geistig mittelschwierige
Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung sowie überwiegend im Sitzen vollschichtig zu verrichten. Vermieden werden sollten
Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband, in Nachtschicht, mit Alkoholexposition, in Zwangshaltungen mit häufigem
Bücken oder Gehen, häufigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel und unter ungünstigen Witterungsbedingungen
(Nässe, Kälte, Zugluft). Der Kläger könne insbesondere noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Verrichtungen und Tätigkeiten,
wie Zureichen, Abnehmen und Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen
von Teilen, ausüben. Die Gehfähigkeit des Klägers sei aus Sicht des Fachgebietes des Sachverständigen nicht eingeschränkt.
Der Leistungseinschätzung in dem Vorgutachten von Dipl.-Med. R. sei nicht zu folgen, da in Bezug auf die Traumafolgestörung
insbesondere die Steigerung der Symptomatik im Verlauf der Jahre dem bekannten Verlauf derartiger Störungen widerspreche,
die sich mit zeitlicher Distanz in der Regel abschwächten. Die Empfehlung in dem Gutachten von Dipl.-Psych. W., den Kläger
zu schonen und ihm auch sinnvolle Therapien nicht aufzunötigen, wirke im verhaltensmedizinischen Sinne symptomverstärkend.
Die genannten Krankheiten und Gebrechen seien chronischer Natur und hätten bereits zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung
bestanden. Die auf psychiatrisch-psychotherapeutisch-psychosomatischem Fachgebiet verfügbaren Therapiemaßnahmen seien in keiner
Weise ausgeschöpft. Der Sachverhalt sei in medizinischer Hinsicht geklärt.
Der Kläger hat mit seinem am 29. März 2018 bei dem Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz vom 28. März 2018 den in einer
Privatpraxis tätigen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie mit der Zusatzbezeichnung Gerontopsychiatrie und ehemaligen
Chefarzt der Abteilung für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie am Fachklinikum B. Dr. E. als weiteren Sachverständigen
vorgeschlagen, den das Sozialgericht nachfolgend zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt hat. Dr. E. hat das Gutachten
vom 4. März 2019 auf der Grundlage einer Untersuchung des Klägers in dessen Haus am 29. Juni 2018 mit Befragung der Ehefrau
erstattet. Der Kläger beherrsche einen genügenden Wortschatz, um einfache Sachverhalte und alltägliche Probleme zu schildern.
Komplexe Zusammenhänge habe er aber kaum erklären können. Es sei der Eindruck entstanden, dass dem Kläger ein tieferes Verständnis
für psychologische Zusammenhänge fehle und ihm die intensive Beschäftigung mit solchen Themen auch gar nicht möglich sei,
sei es aus Abwehr oder wegen kultureller Unterschiede, Letzteres also unabhängig von der Frage der Sprachbarriere. Der Kläger
habe berichtet, nach einer schweren Kindheit mit vielen traumatischen Erlebnissen und erlebter physischer Gewalt durch den
Großvater zurück in die Familie des Vaters gekommen zu sein, wo es ihm besser gegangen sei. Das Leiden im Wehrdienst habe
mit der Schiffsüberfahrt mit Seekrankheit und Hunger begonnen. Er sei als Krieger im Busch in Angola „durch die Hölle gegangen“.
Beim Minenlegen habe er Freunde verloren und sie seien bombardiert worden. Er könne sich noch immer an den Geruch von Leichen
erinnern. Während dieser Schilderungen sei der Kläger zeitweise verstummt, habe Unruhe und vegetative Erscheinungen, wie verkrampfte,
schweißige Hände, gezeigt. Schlimm sei auch der ständige Hunger bei nicht ausreichender Versorgung gewesen. Der Kläger habe
während seiner Erinnerungen immer wieder zu weinen angefangen, was ihm unangenehm gewesen sei. Einmal habe er kurz den Raum
verlassen. Die Erinnerungen beschäftigten ihn schon sein Leben lang. Wenn er im Fernsehen Kriegsbilder sehe, müsse er ausschalten;
er halte das nicht aus. Insofern sei von dem Kläger typisches Vermeidungsverhalten berichtet worden. Die Ehefrau habe geschildert,
dass der Kläger ungefähr drei- bis viermal in der Woche nachts ganz unruhig sei, während des Schlafes weine, spreche und wie
weglaufen wolle. Die Beine des Klägers zuckten und er sei wie schweißgebadet. Sie wecke und beruhige ihn dann. Der Kläger
habe mitgeteilt, seit seiner Ausreise nach Deutschland von Anbeginn an Heimweh gehabt zu haben. Seine Familie fehle ihm. Vielleicht
gehe er nach Kuba, wenn beide das Rentenalter erreichten. In seiner Heimat gehe es ihm immer besser, weil dort seine Familie
sei und es mehr Ablenkung von den schlimmen Erlebnissen gebe. Der Kläger habe mitgeteilt, nicht mehr arbeiten zu können, weil
ihm die Knochen und die Gelenke wehtäten. Auch zu Hause sei er nicht über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden täglich
belastbar. Der Kläger habe mitgeteilt, im Wesentlichen zu warten, dass seine Ehefrau nach Hause komme, kaum spazieren zu gehen
und kaum Freunde zu haben. Selten komme ´mal ein „Kumpel“ bei ihnen vorbei. Meistens sitze er einfach nur in seinem Zimmer.
Alkohol, in der Woche einen bis zwei Kästen, benutze er als Stimmungsaufheller. Richtig depressiv sei er seit dem Tod seiner
Stiefmutter sieben Jahre vor der Begutachtung geworden. Auch hierbei habe der Kläger zu weinen angefangen. Der Kläger sei
während der gemeinsamen Erörterung von Zukunftsaussichten, Möglichkeiten zur Verbesserung seiner Stimmung und Handlungsalternativen
pessimistisch gewesen. Dies sei nach Auffassung des Sachverständigen einerseits ein depressives Symptom an sich, andererseits
Ausdruck einer persönlichkeitsbedingten Gefangenheit in der aktuellen Lebenslage. Im psychopathologischen Befund seien die
kognitiven Fähigkeiten des Klägers in Aufmerksamkeit und Konzentration mäßig beeinträchtigt. Der Kläger habe deshalb während
der neurologischen Testung mehrfach Flüchtigkeitsfehler gemacht. Es habe sich eine deutliche Einengung auf die Beschwerden
gefunden. Eine leichte Verlangsamung und Umständlichkeit der Denkabläufe habe registriert werden können. Eine echte Auflockerung
sei tatsächlich nur gelungen, wenn über die Erinnerungen des Klägers an seine Heimat Kuba gesprochen worden sei. Die Schwingungsfähigkeit
sei eingeschränkt gewesen. Es bestünden häufige Einschlaf- und Durchschlafstörungen mit etwa zwei- bis viermal wöchentlichen
Albträumen. Themen dieser Albträume, wie auch der „Flashback“-Eindrücke am Tage, seien meist Kriegserinnerungen. Die Gedanken
des Klägers in Form von Schuldgefühlen wegen seiner ökonomischen Verhältnisse seien eher als adäquat anzusehen. In der somatischen
Anamnese sei eine Schädigung der Wirbelsäule im Lenden- und Sakralbereich durch Verschleiß, der zu wechselnden, teils aber
starken Schmerzen führe, zu berücksichtigen. Die Kniegelenke seien von Arthrose betroffen. Der Kläger nehme zweimal täglich
zwei starke Schmerzmittel ein. Er leide unter Asthma bronchiale und Sodbrennen. In der Zusammenfassung und Beurteilung sei
ein komplexes Leiden des Klägers zu berücksichtigen, der nie in Deutschland angekommen sei. Die Gesellschaft sei ihm in Deutschland
immer fremd geblieben, besonders nach der Wende mit dem Verlust der Arbeit. Die psychischen Störungen seien über viele Jahre
unbehandelt geblieben, was zur Chronifizierung geführt habe. Einige Behandlungsversuche seien erfolglos geblieben. Hierfür
sei nicht die mangelnde Motivation des Klägers verantwortlich zu machen, da die Therapeuten diesem nach langen Wartezeiten
mitgeteilt hätten, nicht die nötige Kompetenz für die Behandlung der spezifischen Störung zu haben. Oft sei der Kläger von
vornherein abgewiesen worden. Im Übrigen würden die begrenzten Sprachkenntnisse des Klägers die Möglichkeiten einer psychotherapeutischen
Beeinflussung seiner Störung erheblich einschränken. Der Kläger leide aus psychiatrischer Sicht an einem mäßiggradigen depressiven
Syndrom, das sich rückblickend wohl seit mindestens zehn Jahren entwickelt habe. Die Kriterien einer PTBS seien sicher erfüllt.
Man könne hier im Übrigen von einer andauernden Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung sprechen. Das unflexible und fehlangepasste
Verhalten des Klägers wäre demnach Teil der Störung. Außerdem betreibe der Kläger Alkoholmissbrauch, der von ihm nicht als
solcher erkannt werde. Ob der Kläger seine Beschwerden nun übertrieben dargestellt oder aggraviert haben könnte, könne er
- der Sachverständige Dr. E. - nicht sicher beantworten. Sein Eindruck sei es aber gewesen, dass dies nicht so gewesen sei.
Der Kläger habe während der Schilderung körperliche Reaktionen gezeigt, die so nicht hätten vorgetäuscht werden können. Es
habe sich ein überzeugendes homogenes Bild ergeben. Im Zusammenwirken aller psychischen Störungen und Belastungen ergebe sich
beim Kläger ein Unvermögen, noch drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit auch in leichten Arbeiten im Gehen oder Sitzen,
am besten im Wechsel von verschiedenen Körperhaltungen, nachzugehen. Nicht mehr möglich seien ihm Arbeiten mit einseitigen
körperlichen Belastungen oder Zwangshaltungen sowie Arbeiten im Sinne der Frage 3 e) der Beweisanordnung. Hinsichtlich des
Gebrauchs der Hände bestünden aus psychiatrischer Sicht keine Einschränkungen. Der Kläger könne keine Arbeiten, die seine
Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit und Ausdauer forderten, keine Arbeiten mit Publikumsverkehr,
aber wahrscheinlich noch Arbeiten mit einfachen Anforderungen, die sein Verantwortungsbewusstsein erforderten, ausüben. Würde
man vom Kläger eine Tätigkeit von sechs Stunden täglich verlangen, könne er die Anforderungen mit hoher Wahrscheinlichkeit
nicht erfüllen, würde Fehler machen, unzuverlässig arbeiten, deshalb in Konflikte mit dem Arbeitgeber geraten und sich wahrscheinlich
nach kurzer Zeit arbeitsunfähig melden. Es sei auch wahrscheinlich, dass in der Folge seine Depression in ihrer Ausprägung
schwerer werde. Zumindest aus psychiatrischer Sicht sei die Gehfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt. Er könne auch öffentliche
Verkehrsmittel benutzen. Nach den gut nachvollziehbaren und plausiblen Schilderungen des Klägers hätten die vorgenannten Störungen
mindestens seit Juni 2014 durchgehend bestanden und bestünden wahrscheinlich auf Dauer. Verantwortlich sei insoweit u.a. die
besondere Lebenssituation des Klägers. Einer Therapie, selbst unter Hinzuziehung eines Dolmetschers, würden keine besseren
Erfolgs-aussichten eingeräumt. Das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen St. werde in vielerlei Hinsicht dem Kläger
nicht gerecht, weil Symptome unterbewertet, ignoriert, falsch dargestellt oder in falsche Zusammenhänge gesetzt worden seien.
Zu den Einwendungen des Prüf-/Gutachterarztes N. vom 15. April 2019 und 6. Februar 2020 wird auf Blatt 206 bis 207 und 233
Bd. II der Gerichtsakten verwiesen.
Dr. E. hat nach Zugang der von ihm erneut angeforderten Akten am 10. Juni 2019 in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme
vom 4. Januar 2020, zu der auf Blatt 221 bis 225 der Gerichtsakten Bezug genommen wird, an seiner Leistungseinschätzung festgehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2020 abgewiesen. Zur Begründung hat das
Gericht ausgeführt, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er sei zur Überzeugung des Gerichts seit der
Rentenantragstellung in der Lage, Arbeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich sechs Stunden
und mehr zu verrichten. Dem eingeschränkten Leistungsvermögen des Klägers werde durch die sozialmedizinisch benannten qualitativen
Beschränkungen hinreichend Rechnung getragen. Die Kammer folge den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen St. in
seinem Gutachten vom 21. November 2016. Demgegenüber hätten die Gutachten von Dipl.-Med. R. und Dr. E. die Kammer nicht zu
überzeugen vermocht. Es werde der Eindruck gewonnen, dass der inzwischen gutachtenerfahrene Kläger, vielleicht unbewusst,
sein Narrativ zunehmend den Voraussetzungen für eine Rentengewährung anpasse. Begutachtungsablauf und in dem Gutachten wiedergegebene
Angaben des Klägers zum Verhalten des Vorgutachters und der Kammervorsitzenden lösten Erstaunen aus und seien in Bezug auf
die behaupteten Äußerungen der Kammervorsitzenden unzutreffend. Die medizinischen Voraussetzungen einer PTBS blieben unter
Berücksichtigung von Biografie und Schilderungen des Klägers schwer nachvollziehbar. Unabhängig von der auf dem vollständig
bebauten Grundstück zumindest möglichen Vogelzucht bestätige der Schrein das Heimweh des Klägers nach Kuba, welches schon
der Sachverständige St. als zentralen Gesichtspunkt betont habe.
Der Kläger hat gegen das ihm am 17. Juni 2020 zugestellte Urteil am 9. Juli 2020 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG)
Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung seines Rechtsmittels hat er sein Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt und
vertieft. Das Gutachten von Dr. E. sei schlüssig und nachvollziehbar und maßgebend für die Feststellung eines Leistungsvermögens
von täglich unter drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. Juni 2020 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Februar 2015 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Juni 2014 Rente wegen
voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat darauf hingewiesen, dass die besonderen versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit letztmalig am 31. Oktober 2020 erfüllt seien und auf den
Versicherungsverlauf vom 29. Dezember 2020 verwiesen.
Zu dem vom Senat bei der Hausärztin des Klägers abgeforderten Befundbericht nebst Anlagen wird auf Blatt 285 bis 303 Bd. II
der Gerichtsakten verwiesen. In psychiatrischer Behandlung befindet sich der Kläger nach seinen Angaben weiterhin nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger ist nicht erwerbsgemindert im Sinne der vorgenannten Regelung. Er kann zumindest noch körperlich leichte und geistig
einfache Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung oder bei überwiegendem Sitzen mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Nicht zumutbar sind dem Kläger Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband, in Nachtschicht, mit Alkoholexposition,
in Zwangshaltungen mit häufigem Bücken oder Gehen, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, dem
Besteigen von Treppen, Leitern oder Gerüsten und Arbeiten unter ungünstigen Witterungsbedingungen.
Das erst mehr als acht Monate nach der Untersuchung des Klägers abgefasste Gutachten von Dr. E., das vom Sozialgericht eingeholt
worden ist, um den Gesichtspunkt einer möglichen PTBS des Klägers besonders zu beleuchten, genügt den Anforderungen nicht.
Eine besondere Fachkompetenz für diese Erkrankung ist vor dem Hintergrund der langjährigen Tätigkeit und Spezialisierung des
Gutachters im Bereich der Gerontopsychiatrie sowie -psychotherapie nicht gegeben. Im Übrigen hätte er bei der für ihn unzureichenden
Kommunikationsmöglichkeit mit dem Kläger in deutscher Sprache die Hinzuziehung eines Dolmetschers bei dem Gericht anregen
müssen. Indes gelingt Dr. E. in seinem Gutachten dennoch eine differenzierte Betrachtung der psychischen Belastungen des Klägers
in deren Zuordnung einerseits zu einer depressiven Erkrankung und andererseits zur aktuellen Lebenslage. In dem Gutachten
fehlt in der Schlussfolgerung insoweit dann die diesbezügliche Abgrenzung, die für die rentenrelevante Einschätzung der Leistungsfähigkeit
maßgebend ist. Insbesondere in Bezug auf die Umdeutung der Angaben des Klägers zu der nicht betriebenen Therapie in eine -
bei langjähriger und intensiver Suche so nicht mögliche - Behandlungsverweigerung durch verschiedene Therapeuten kommt zum
Ausdruck, dass eine einseitige und kritiklose Gewichtung der Angaben des Klägers und dessen Ehefrau nicht hinreichend ausgeschlossen
werden kann. Hierfür spricht im Übrigen, dass Dr. E. erkennbar unberücksichtigt gelassen hat, dass der Kläger gegenüber mehreren
Vorgutachtern zum Ausdruck gebracht hat, bereits eine mögliche Therapie in Gruppen schließe eine stationäre Therapie von vornherein
aus.
In Bezug auf die Erkrankungen des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet haben sich keine Funktionsstörungen ermitteln lassen,
die wesentlichen Einfluss auf das quantitative Leistungsvermögen des Klägers in körperlich leichten bis mittelschweren Arbeiten
haben könnten. Solche Funktionsstörungen sind insbesondere in dem orthopädischen Gutachten von Dr. Si. vom 10. Mai 2015 nicht
dokumentiert. Für eine nach dieser Begutachtung eingetretene wesentliche Verschlechterung der körperlichen Befunde des Klägers
sind keine Anhaltspunkte zu erkennen.
Bei dem Kläger bestehen keine Anknüpfungspunkte an die Kasuistik zu einer Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes
(vgl. Beschluss des Großen Senats [GS] des Bundessozialgerichts [BSG] vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, BSGE 80, 24, 33 f., und zur Anwendung dieser Rechtsprechung auf die aktuelle Rechtslage BSG, Urteil vom 11. Dezember 2019 - B 13 R 7/18 R -, juris, RdNr. 22ff.). In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, dass der Kläger gegebenenfalls auf Grund von Defiziten
in der deutschen Sprache besonderen Vermittlungshemmnissen gegenübersteht (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 5 RJ 64/02 R -, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 15. Mai 1991 - 5 RJ 92/89 -, juris, RdNr. 14).