Anfall der Gebühren des Rechtsanwalts in einem Verfahren der Grundsicherung
Gründe
I.
Streitgegenständlich ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das der Beschwerdeführerin nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse als
Beschwerdegegner zusteht. Die im sozialgerichtlichen Klageverfahren beigeordnete Rechtsanwältin (im Folgenden: Beschwerdeführerin)
begehrt eine höhere Vergütung aus der PKH.
In einem seit dem Mai 2016 anhängigen und mittlerweile erledigten Klageverfahren beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG, Aktenzeichen S 32 AS 929/16) vertrat die Beschwerdeführerin eine Klägerin im Streit um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Es ging um die Aufhebung und Erstattung von Leistungen in Höhe von 311,05 Euro und dessen Aufrechnung mit der laufenden
Leistungsgewährung.
Mit Änderungsbescheid vom 23. November 2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 1. Juni 2015 bis 30. November 2015 in Höhe von 338,75 Euro monatlich. Mit Bescheid vom 29. Februar 2016 hob der Beklagte
für diesen Zeitraum die Leistungen aufgrund einer Einkommenserzielung und eines Betriebskostenguthaben in Höhe von insgesamt
311,05 Euro auf und forderte die Klägerin auf, diesen Betrag zu erstatten. Gezeitigt erklärte der Beklagte die Aufrechnung
ab dem 1. April 2016 mit dem laufenden Leistungsanspruch in Höhe von 121,20 Euro monatlich. Den gegen diesen Bescheid gerichteten
Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2016 als unbegründet zurück.
Die Beschwerdeführerin erhob im Mai 2016 Klage mit dem Klageantrag der vollständigen Aufhebung des streitigen Aufhebungs-
und Erstattungsbescheides und stellte zugleich einen PKH-Antrag. Nach Einsichtnahme in die Verwaltungsakte und Betreibensaufforderung
durch das SG begründete die Beschwerdeführerin die Klage im Juli 2017. Die Begründung umfasste eine Seite Sachverhaltsdarstellung und
eine halbe Seite Begründung in welcher sie die Reduzierung der Rückerstattung auf 194,05 Euro aufgrund fehlerhaft eingestellter
Unterkunftskosten im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid begehrte. Der Klageschrift waren die benannten Bescheide und eine
Mietbescheinigung aus dem Jahr 2015 beigefügt. Mit Schreiben vom 12. September 2017 übersandte der Beklagte daraufhin einen
Änderungsbescheid vom 25. August 2017, in welchem eine Reduzierung der Rückforderungssumme auf 194,05 Euro vorgenommen wurde
und erklärte sich - bei einer Beendigung des Rechtsstreits - bereit, ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten
des Verfahrens zu tragen.
Mit Beschluss vom 13. September 2017 bewilligte das SG der Klägerin PKH für das Klageverfahren und ordnete die Beschwerdeführerin bei.
Mit Schreiben vom 18. September 2017 erklärte die Beschwerdeführerin die Hauptsache für erledigt. Auf Antrag der Klägerin
entschied das SG mit Beschluss vom 29. Dezember 2017, dass der Beklagte der Klägerin ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten
des Verfahrens zu erstatten hat. Zur Begründung führte es aus, die Kostenquote entspreche dem Erfolg der Klägerin, denn aus
der Formulierung von Klageantrag ergebe sich, dass im Widerspruch- und Klageverfahren zunächst die vollständige Aufhebung
begehrt wurde und nicht die in der späteren Begründung vorgenommene Beschränkung auf einen konkreten Betrag.
Die Beschwerdeführerin beantragte beim SG am 16. Januar 2015 die Festsetzung ihrer Vergütung aus der PKH und versicherte, keine Vorschüsse oder sonstige Zahlungen
und keine Zahlungen für die außergerichtliche Vertretung erhalten zu haben wie folgt:
Verfahrensgebühr
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Nr. 3102 VV RVG
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300,00 €
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Terminsgebühr
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Nr. 3106 VV RVG
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280,00 €
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Dokumentenpauschale
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Nr. 7000 VV RVG
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25,00 €
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Post- u. Telekom.Pauschale
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Nr. 7002 VV RVG
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20,00 €
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615,00 €
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Mehrwertsteuer
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Nr. 7008 VV RVG
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116,85 €
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Gesamtsumme
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731,85 €
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Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG (UdG) setzte mit Beschluss vom 8. Januar 2018 die aus der Landeskasse zu erstattenden Kosten auf insgesamt 291,55 € fest:
Verfahrensgebühr
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Nr. 3102 VV RVG
|
200,00 €
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Dokumentenpauschale
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Nr. 7000 VV RVG
|
25,00 €
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Post- u. Telekom.Pauschale
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Nr. 7002 VV RVG
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20,00 €
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245,00 €
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Mehrwertsteuer
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Nr. 7008 VV RVG
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46,55 €
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Gesamtsumme
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291,55 €
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Zur Begründung führte er aus, dass der anwaltliche Aufwand in diesem Verfahren als deutlich unterdurchschnittlich zu beurteilen
sei. Es sei lediglich die Klagebegründung verfasst worden. Eine Auseinandersetzung mit Rechtsfragen und Tatsachen sei nicht
erfolgt. Da lediglich nur ein Teilanerkenntnis angenommen wurde, sei die fiktive Terminsgebühr nicht angefallen. Auch die
für die Entstehung einer Erledigungsgebühr geforderte anwaltliche Mitwirkung sei nicht erbracht worden, so dass eine Auswechselung
von Gebührenpositionen nicht in Betracht komme.
Gegen die Vergütungsfestsetzung hat die Beschwerdeführerin am 25. Januar 2018 Erinnerung eingelegt und zur Begründung ausgeführt,
es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Verfahrensgebühr auf 2/3 der Mittelgebühr gekürzt worden sei. Es handele sich vorliegend
um ein durchschnittliches Verfahren. Da richtigerweise keine fiktive Terminsgebühr gefordert werden könne, werde nunmehr jedoch
eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 300,00 Euro geltend gemacht. Durch das Hinwirken der Beschwerdeführerin, den weitergehenden Anspruch nach dem
Teilanerkenntnis nicht weiter zu verfolgen, sei die geforderte besondere Mitwirkung an der Erledigung erbracht worden.
Mit Beschluss vom 8. Februar 2020 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Die Vergütungsfestsetzungen des UdG sei nicht zu beanstanden. Der Umfang und die Schwierigkeit
der anwaltlichen Tätigkeit seien leicht unterdurchschnittlich gewesen. Die Bedeutung der Sache für die Klägerin sei nach den
Kriterien des §§ 14 RVG als unterdurchschnittlich zu bewerten, da sich die Klage gegen eine einmalige Anrechnung von Betriebskosten richtete. Ebenfalls
seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse unterdurchschnittlich. Aufgrund dessen sei die Verfahrensgebühr mit 2/3 der
Mittelgebühr zu berücksichtigen. Eine fiktive Terminsgebühr sei nicht angefallen, da kein vollständiges Anerkenntnis gegeben
sei. Anstatt dessen sei auch keine Erledigungsgebühr zu vergüten, da eine qualifizierte auf die Erledigung gerichtete Mitwirkung
der Beschwerdeführerin nicht gegeben sei.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 20. Februar 2020 Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag
Bezug genommen.
Der Beschwerdegegner hat auf die Begründung der Vergütungsfestsetzung des UdG und des SG im Erinnerungsverfahren Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Gegen die Entscheidung des SG über die Erinnerung ist abweichend von §
178a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der weitere Rechtsbehelf der Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) eröffnet (§
73a Abs.
1 SGG; § 1 Abs. 3 RVG iV.m. § 56 Abs. 2 RVG, § 33 Abs. 3 bis 8 RVG; vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. März 2017, Az. L 4 AS 141/16 B , juris). Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG).
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nicht die Festsetzung einzelner Gebührentatbestände, sondern die gesamte Kostenfestsetzung
des UdG vom 8. Januar 2018. Aufgrund des Rechtsbehelfs der Beschwerdeführerin ist die gesamte Kostenfestsetzung noch nicht
rechtskräftig. Selbst wenn sie nur einzelne Berechnungselemente der Kostenfestsetzung bemängelt, ist eine Begrenzung der Beschwerde
auf die Festsetzung einzelner Gebührentatbestände nicht zulässig. Denn die Gebührentatbestände sind lediglich Elemente der
einheitlichen Kostenfestsetzungsentscheidung. Der Rechtsanwalt begrenzt den Umfang der Prüfung und Entscheidung nur durch
seinen summenmäßigen Antrag. Erhebt nur der Rechtsanwalt Beschwerde, darf zu seinen Ungunsten nicht von der Kostenfestsetzung
des SG abgewichen werden (wie hier: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6.Oktober 2016, Az.: L 19 AS 646/16 B, juris RN 57 m.w.N.). Anders liegt es nur, wenn auch die Landeskasse mit der Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung vorgeht,
was hier nicht der Fall ist.
Die Beschwerden des Beschwerdeführers sind im vorliegenden Fall statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands einschließlich
der Umsatzsteuer (vgl. LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 7. September 2017, Az.: L 5 AS 585/15 B, juris RN 16 m.w.N.) 200 € übersteigt (vgl. § 1 Abs. 3 iVm § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist zudem fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist (§ 56 Abs. 2 iVm § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) erhoben worden.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist jedoch unbegründet.
In dem Verfahren sind der UdG und das SG dem Erstattungsbegehren der Beschwerdeführerin zu Recht nicht gefolgt. Der Umfang der Rechtsanwaltsvergütung bzw. deren Erstattung
durch die Landeskasse bemisst sich nicht nach dem Wert bzw. der Bedeutung des Klagebegehrens (Streitwert), sondern nach Betragsrahmengebühren.
Die geltend gemachten Betragsrahmengebühren waren nicht nach den maßgeblichen Kriterien des § 14 RVG angemessen bestimmt worden und daher herabzubemessen.
Grundlage des Erstattungsbegehrens der Beschwerdeführerin ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach sind einem – wie hier – im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt die gesetzlichen Gebühren aus der Landeskasse
zu erstatten. Jene richten sich nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG, wonach in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren entstehen.
Das GKG ist gemäß §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG nicht anzuwenden. Die Klägerin war Beteiligter iSv §
183 Satz 1
SGG, und es handelte es sich nicht um ein Verfahren wegen überlangem Gerichtsverfahren (§
202 Satz 2
SGG), so dass das Gerichtsverfahren für sie kostenfrei war.
Im Einzelnen bestimmt sich die Vergütung, d.h. die Gebührentatbestände, die Spannenwerte der Betragsrahmengebühren usw. aus
dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG. Die Bemessung der Betragsrahmengebühren ist nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 RVG vorzunehmen. Hiernach steht es dem Rechtsanwalt zu, eine solche Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände,
vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Bei Rahmengebühren, die sich – wie hier – nicht nach einem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen
(§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG). Aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG folgt, dass auch weitere im Einzelfall vorliegende Kriterien zur Bemessung herangezogen werden können. Aus der Aufzählung
der benannten Kriterien kann nicht auf ein vorgegebenes abstraktes Rangverhältnis geschlossen werden. Es ist Aufgabe des Rechtsanwalts,
jedenfalls die in § 14 RVG genannten und gegebenenfalls noch weiter relevante Kriterien im Einzelfall zu gewichten.
Ist die Gebühr von einem Dritten (hier: der Landeskasse) zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht
verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Bei der Bestimmung der im Einzelfall zutreffenden Rahmengebühr ist dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht
eingeräumt. Eine Unbilligkeit kann allenfalls angenommen werden, wenn die vom Rechtsanwalt angesetzte Gebühr die nach den
gesetzlichen Kriterien angemessene Gebühr um mehr als 20 % übersteigt (vgl. BSG Urteil vom 1. Juli 2009, Az.: B 4 AS 21/09 R, juris RN 19). Ist die Bestimmung unbillig, erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist der vom UdG angesetzte Erstattungsbetrag nicht zu beanstanden. Die durch die Beschwerdeführerin
geltend gemachte Gebühr ist unbillig.
Die Verfahrensgebühr ist hier nach Anlage 1 zum RVG, Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 2 iVm Nr. 3102 VV RVG höchstens in der Höhe von 2/3 der Mittelgebühr gemäß den aus Nr. 3102 VV RVG folgenden Spannwerten entstanden.
Aus der Vorgabe von Spannenwerten folgt, dass die Mittelgebühr – rechnerisch die Hälfte der Summe aus Mindest- und Höchstgebühr
– nicht der Regelfall der Vergütung ist. Sie ist vielmehr nur für einen Regel- bzw. Durchschnittsfall die angemessene Vergütung.
Die Mittelgebühr bietet dann für die Bestimmung der konkret angemessenen Gebühr einen Richtwert, wenn es sich um eine in jeder
Hinsicht durchschnittliche Angelegenheit handelt. Das ist nicht der Fall, wenn teilweise über- oder unterdurchschnittlich
zu bewertende Einzelkriterien vorliegen. Dann sind Zu- oder Abschläge vom Richtwert vorzunehmen. Die Mittelgebühr kann sich
aber auch daraus ergeben, dass die Überdurchschnittlichkeit einzelner Kriterien die Unterdurchschnittlichkeit anderer Kriterien
kompensiert.
Zum unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wird auf die zutreffenden Ausführungen des UdG in der angegriffenen
Festsetzung verwiesen und von einer erneuten Darstellung abgewiesen. Ergänzend wird ausgeführt: Der Umfang der anwaltlichen
Tätigkeit ist dabei nur das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld, hier das "Betreiben des Geschäfts
einschließlich der Information" nachdem ein "unbedingter Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter…in einem gerichtlichen
Verfahren" erfolgt ist (Anlage 1 zum RVG, Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 1 und 2). Insofern eingegrenzt ist beim Umfang der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den
der Rechtsanwalt im Vergleich mit den üblichen Sozialgerichtssachen tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon
objektiv auch auf die Sache verwenden musste. Die Beschwerdeführerin hat sich, nachdem sie lediglich bei Klageerhebung einen
Antrag auf vollständige Bescheidaufhebung und einen PKH-Antrag gestellt hatte, erst nach einer Betreibensaufforderung in der
Sache geäußert, mithin musste sie darlegen, dass das Rechtschutzinteresse nicht entfallen sei. Weitergehende Auseinandersetzung
mit Rechtsprechung und Gutachten erfolgte nicht und musste vorliegend auch nicht erbracht werden. Der Umfang beschränkte sich
auf die Auseinandersetzung mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Aufgrund dessen verfasste die Beschwerdeführerin eine
Klagebegründung, welche die Sachverhaltsdarstellung auf einer Seite und die rechtliche Auseinandersetzung auf einer halben
Seite dartat. Im weiteren Schriftverkehr erfolgte die Erledigungserklärung des Rechtsstreits. Die Schwierigkeit der anwaltlichen
Tätigkeit war dagegen weit unterdurchschnittlich. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit.
Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf
beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung
und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Im hiesigen Klageverfahren hat die Beschwerdeführerin keine Auseinandersetzung mit
der Rechtsprechung benötigt, denn alleiniges Ziel, welches die Klägerin mit der Klage geltend machte, war die im Aufhebungs-
und Erstattungsbescheid zum vorherigen Bewilligungsbescheid aufgeführten Kosten der Unterkunft und Heizung auf den ursprünglich
bewilligten Betrag abändern zu lassen. Hierfür wurde eine Mietbescheinigung eingereicht, welche zur Bearbeitung des Falles
ausreichte und ausreichend war. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin ist als durchschnittlich zu bewerten. Hier
ging es wirtschaftlich um eine Erstattung von knapp 117 €, welche zu Unrecht vom Beklagten geltend gemacht wurden. Die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse der Klägerin sind als weit unterdurchschnittlich anzusehen, weil sie die persönlichen Voraussetzungen
für die PKH erfüllte. Ein besonderes Haftungsrisiko ist angesichts der Klageforderung nicht zu erkennen. Insoweit wird ergänzend
auch auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss des SG vom 8. Februar 2020 verwiesen, das zutreffend bei der Gesamtabwägung der vorstehenden Kriterien die Zumessung einer Verfahrensgebühr
von 2/3 der Mittelgebühr für angemessen gehalten hat (vgl. §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG).
Eine „fiktive“ Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG ist nicht angefallen. Nach der Norm entsteht die (Termins-)Gebühr auch, das Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben
ist, nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Der (außergerichtliche) tatsächliche Erlass der begehrten
Behördenentscheidung ist schon keine Prozesserklärung und stellt damit auch keine Anerkenntniserklärung iSd §
101 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) dar. Die Erklärung eines Anerkenntnisses erfolgt als reine Prozesserklärung iSd. §
307 Satz 1 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) i.V.m. §
202 Satz 1
SGG gegenüber dem Gericht (BSG Urteil vom 08. September 2015, Az.: B 1 KR 1 /15 R, juris RN 11 f. m.w.N. juris) und enthält das einseitige Zugeständnis,
dass der Klageanspruch - ganz oder teilweise - besteht (BSG, a.a.O., Rdnr. 9) und zwar ohne Einschränkung respektive „ohne Drehen und Wenden“ (BSG Urteil vom 06. Mai 2010, Az.: B 13 R 16/09 R, juris RN 19 m.w.N.). Die Mitteilung der Behörde an das Gericht, den begehrten Verwaltungsakt (außergerichtlich) erlassen
zu haben (einschließlich der informatorischen Übersendung einer Bescheidabschrift), ist keine Prozesserklärung im vorgenannten
Sinne, sondern eine schlichte Wissensmitteilung iS einer Information über die außergerichtliche Abhilfe bzw. Erfüllung (LSG
Baden-Württemberg Beschluss vom 02. Juli 2019, Az.: L 10 SF 4254/18 E-B, juris RN 15; Bayerisches LSG Beschluss vom 22. März 2018, L 12 SF 313/16 E, juris RN 27; Sächsisches LSG Beschluss vom 05. April 2017, Az.: L 8 AL 73/15 B KO, juris RN 19 m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 19. November 2014, Az.: L 32 AS 1145/14 B, juris RN 39; Müller in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
101 RN 38). Ungeachtet dessen erfolgte die Mitteilung und Abschriftübersendung an das Gericht vorliegend gerade kraft gesetzlicher
Anordnung, §
96 Abs.
2 SGG.
Der Beschwerdeführerin steht wegen des im Klageverfahren erlassenen Änderungsbescheides vom 25. August 2017 und der daraufhin
erfolgten Erledigungserklärung der Klägerin (richtigerweise Klagerücknahme: BSG Beschluss vom 29. Dezember 2005, Az.: B 7a AL 192/05 B, juris RN 7) keine Erledigungsgebühr, Nr. 1000, 1002, 1006 VV RVG, zu.
Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr. 1002 (Satz 2) VV RVG kommt es für das Entstehen einer Erledigungsgebühr auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Rechtsanwalts an. Die Regelungssystematik,
der Sinn und Zweck der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte erfordern eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung
des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche
Auftreten im sozialrechtlichen Verfahren abgegolten wird (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u. a. BSG Urteil vom 14. Februar 2013, Az.: B 14 AS 62/12 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 19). Sowohl die Annahme eines Anerkenntnisses als auch eine Klagerücknahmeerklärung oder eine andere
Erledigungserklärung sind demnach in aller Regel keine über die normale Prozessführung hinausgehende, qualifizierte Mitwirkung
des Rechtsanwalts an der Erledigung (siehe etwa LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 01. März 2016, Az.: L 6 AS 1367/15 B, juris; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschlüsse vom 18. Februar 2014, Az.: L 5 SF 436/13 B E, L 5 SF 30/13 B P, juris; OVG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 16. Juli 2014, Az.: OVG 3 K 33.14, juris). Denn mit der Verfahrensgebühr
abgegolten werden u. a. die Beratung, Besprechungen, Rücknahmeerklärungen, Rechtsmitteleinlegungen einschließlich der Beratung
über die Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels (Müller-Rabe, in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage 2015, zu Nr. 3100 VV RVG RN 24). Eine nach alldem vorausgesetzte besondere Tätigkeit im Sinne einer qualifizierten anwaltlichen Mitwirkung bei der
Erledigung des Rechtsstreits hat die Beschwerdeführerin nicht entfaltet. Dies beruht auf folgenden Erwägungen: Nach der vollumfänglichen
Anfechtung des streitigen Bescheides vom 29. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14. April 2016 mit der
Klageerhebung am 18. Mai 2016 hat die Klägerin bereits mit der Klagebegründung vom 11. Juli 2017 ihr Klagebegehren auf den
im Änderungsbescheid vom 25. August 2017 bewilligten Umfang begrenzt. Ein weitergehender benannter offener Anspruch - welcher
bereits vorab geltend gemacht wurde - als notwendige Bedingung für ein Nichtweiterverfolgen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt Beschluss
vom 29. November 2016, Az.: L 2 AS 445/15 B , juris RN 25 ) bestand nicht mehr. Die Beschwerdeführerin hat im Klageverfahren keine qualifizierte "erledigungsgerichtete"
Leistung erbracht, die über das Maß dessen hinausgeht, was schon durch die Verfahrensgebühr (Klagerücknahme) abgegolten wird.
Nicht ausreichend für das Entstehen der Erledigungsgebühr war auch der Umstand, dass der anwaltliche Sachvortrag kausal zur
Abhilfeentscheidung des Beklagten beigetragen hat (vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, Az.: B 14 AS 62/12 R, SozR 4-1300 § 63 Nr 19 RN 24).
Danach ist die bisherige Gebührenfestsetzung nicht zu beanstanden; es ergibt sich kein weiterer Zahlungsanspruch der Beschwerdeführerin.
Daher war die Beschwerde zurückzuweisen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar; eine Beschwerde zum Bundessozialgericht ist nicht gegeben (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).