Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren über die Rechtmäßigkeit eines Arzneikostenregresses wegen der Verordnung
über die sterile Zubereitung mit Interferongamma modifiziertem Tocopherolacetat stabilisiertem Tumormaterial nach Rezeptur
der L. N. GmbH H. in Höhe von insgesamt 236.368,24 EUR.
Der Antragsteller ist als Facharzt für Urologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er behandelte in den Quartalen
III/2001 bis I/2002 den bei der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) versicherten Patienten P. D., der an einem Nierentumor
mit Metastasierung erkrankt war.
Die DAK beantragte beim Prüfungsausschuss bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt die Feststellung eines
Schadens in den Quartalen III/2001, IV/2001 sowie I/2002 und führte zur Begründung aus, der Antragsteller und Beschwerdegegner
habe für ihren (verstorbenen) Versicherten P. D. die Zubereitung mit Interferongamma modifiziertem Tocopherolacetat stabilsiertem
Tumormaterial verordnet. Die Behandlung mit dieser Zubereitung sei den unkonventionellen Behandlungsmethoden zuzuordnen und
keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Anträge der DAK vom 2. Juli 2002 (für das Quartal III/2001), vom
12. August 2002 (für das Quartal IV/2001) und vom 3. September 2002 (für das Quartal I/2002) gingen beim Prüfungsausschuss
am 4. Juli 2002, 14. August 2002 und 4. September 2002 ein. Die Prüfabteilung der KV Sachsen-Anhalt gab dem Antragsteller
am 21. Januar 2003 Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2003 legte der Antragsteller den Krankheits- und Behandlungsverlauf seines Patienten P. D. dar
und erklärte Folgendes: Er habe die Herstellung der Tumorvakzine nicht bestellt. Das patienteneigene Tumormaterial sei noch
in der Thoraxchirurgie des Diakoniewerkes H. entnommen und von dort zur Firma L. N. GmbH Hannover mit dem Auftrag zur Herstellung
von Tumorvakzinen gesandt worden. Er sei davon ausgegangen, der finanzielle Rahmen sei durch das Diakonie-Krankenhaus H. bereits
geklärt worden und die von ihm erstellten Verordnungen nach Maßgabe der Fa. L. N. GmbH sollten lediglich die genaue patientenbezogene
Lieferung zusichern. Mit der Methode der Tumorvakzinierung, bei der das Tumorgewebe eines Patienten zu einem individuellen
Impfstoff gegen den eigenen Tumor aufgearbeitet und eingesetzt werde, gebe es eine zusätzliche Behandlungsmöglichkeit mit
guter Verträglichkeit gerade beim Nierenzellkarzinom. Es handele sich keinesfalls um eine experimentelle Tumortherapie. Die
Verordnung von Tumorvakzinen sei auch nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen.
Trotz intensiver Recherche, u.a. in der sog. Negativliste, habe er einen solchen Ausschluss nicht feststellen können. Er könne
noch nicht abschließend überschauen, ob das verwandte Tumorvakzin über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz verfüge. Eine Nichtzulassung sei aber insofern unschädlich, als die Zulassung im Sinne des Arzneimittelgesetzes nur für Fertigarzneimittel
gelte und nicht für Rezepturarzneimittel. Im Übrigen sei der Krankenkasse kein Schaden entstanden. Alternative Therapien wie
die unspezifische oder inhalative Immuntherapie, ggf. in Verbindung mit Chemotherapie, hätten etwa das Gleiche, wenn nicht
sogar mehr gekostet. Wegen der zu erwartenden Nebenwirkungen sei ein stationärer Aufenthalt in der Regel unumgänglich. Das
Gesetz sehe dafür ausdrücklich einen Vorteilsausgleich vor. Schließlich sei er vom Ausmaß der Kosten überrascht; er sei von
Verordnungskosten höchstens von Beträgen im untersten vierstelligen Bereich ausgegangen.
Mit Prüfbescheid vom 25. September 2003 gab der Prüfungsausschuss der Vertragsärzte und Krankenkassen bei der KV Sachsen-Anhalt
den Anträgen auf Feststellung eines Schadens wegen der streitigen Verordnungen in Höhe von insgesamt 236.368,24 EUR statt.
Zur Begründung führte der Prüfungsausschuss aus, autologe Tumorzellvakzine seien zu den jeweiligen Verordnungszeitpunkten
kein zugelassenes Arzneimittel gewesen. Die Behandlung damit sei nur als individueller Heilversuch zu werten gewesen, der
vor Beginn der Therapie hätte beantragt und durch die Krankenkasse genehmigt werden müssen. Sie sei auch nicht als neue Behandlungsmethode
nach den BUB-Richtlinien anerkannt. Die aktiv-spezifische Immuntherapie (ASI) mit autologer Tumorzellvakzine sei vielmehr
in die Anlage B der "nicht anerkannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" aufgenommen und damit nicht anerkannt.
Der Antragsteller erhob am 15. Oktober 2003 Widerspruch mit folgender Begründung: Der Antrag der DAK vom 2. Juli 2002 auf
Feststellung eines Schadens für das Quartal III/2001 sei nach der Prüfvereinbarung nicht fristgemäß bei der KV eingegangen.
Folglich sei eine Überprüfung dieses Quartals bereits aus formellen Gründen unzulässig. Er habe das Rezept am 7. August 2001
ausgestellt und am 10. August 2001 in der G.-Apotheke in G. abgerechnet. Weiterhin verkenne der Prüfungsausschuss, dass es
sich bei der hier streitigen Therapie nicht um eine aktiv-spezifische Immuntherapie (ASI), sondern um eine Dendritenvakzine-Therapie
handele, die sich von der klassischen ASI grundsätzlich unterscheide. Die Methode der Tumorvakzinierung, bei der Tumorzellen
mit dendritischen Zellen (Zytoplasmafortsatz einer Nervenzelle) verschmelzen, werde seit einigen Jahren angewandt. 1996 bzw.
1997 seien bereits klinische Studien mit positiven Ergebnis durchgeführt worden. Gleichwohl enthielten die NUB- bzw. BUB-Richtlinien
bis heute keine Empfehlung zur Verordnung von Dendritenvakzinen. Obwohl sich die Methode schon seit sechs Jahren etabliert
habe, sei bis heute noch gar kein Antrag durch die Antragsberechtigten beim Bundesausschuss gestellt worden. Darin liege ein
Systemversagen. Dieses Verfahren habe in der Medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden und werde von einer
erheblichen Anzahl von Ärzten bereits angewandt. Der Versicherte habe deshalb einen Anspruch auf Behandlung mit dieser Methode
zu Lasten der Krankenversicherung. Folglich sei der Krankenkasse auch kein Schaden entstanden.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer wies den Widerspruch mit Bescheid vom 20. April 2005, zugestellt am 14. September 2005,
zurück. Die Behandlung mit autologen Tumorzellvakzinen sei als individueller Heilversuch zu werten. Bei dem Medikament handele
es sich zum Verordnungszeitpunkt um ein nicht zugelassenes Arzneimittel. Die streitige Therapie sei auch nicht als neue Behandlungsmethode
nach den BUB-Richtlinien anerkannt. Bezüglich des von der DAK verfristet gestellten Antrages werde angeführt, dass es sich
bei der Prüfvereinbarung der KV Sachsen-Anhalt um eine Verwaltungsvereinbarung handele. Weiterhin gehöre es zu den Pflichten
eines Arztes zu wissen, welche Arzneimittel zugelassen seien und welche nicht. Es sei auch jedem Vertragsarzt bekannt, dass
er für die Ausstellung eines Rezeptes in Verantwortung genommen werden könne. Die maßgeblichen Verordnungen erfolgten auf
dem Rezeptvordruck des Antragstellers. Er sei auch verpflichtet gewesen, sich bei der Verordnung von Medikamenten über deren
Preis zu informieren. Wegen der Kostenübernahme aus den Verordnungen vom 9. Mai 2001 und 18. Juni 2001 habe sich für die Folgeverordnungen
noch kein Vertrauensschutz entfalten können. Der Antragsteller habe zum Zeitpunkt der Ausstellung der weiteren, hier streitigen
Verordnungen noch nicht wissen können, ob die ersten Verordnungen unbeanstandet bleiben würden.
Der Antragsteller hat wegen der Feststellung eines Schadensersatzes in Höhe von 236.268,24 EUR am 15. September 2005 Klage
beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Am 16. September 2005 hat er beim Sozialgericht Magdeburg um vorläufigen Rechtsschutz
nachgesucht und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage beantragt. Seine Einwendungen gegen die Regressforderung
hat er wiederholt und ergänzend ausgeführt, die auch nur vorläufige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners führe zu
seiner Insolvenz. Es liege wegen der Höhe der Gesamtregresssumme auf der Hand, dass durch die Vollziehung des Bescheides für
ihn schwere und unzumutbare, auf andere Weise nicht abwendbare Nachteile entstünden. Die geltend gemachten Regresssumme betrage
in etwa das Anderthalbfache seines jährlichen Honoraranspruchs gegen die KV. Es bestünde die dringende Gefahr, dass der Antragsgegner
den Betrag mit der nächsten Honorarzahlung Anfang Oktober 2005 verrechne. Dadurch würden in diesem Monat und für die nachfolgenden
Monate keine Abschlagszahlungen mehr erfolgen. Ihm würde dadurch die gesamte Liquidität entzogen werden, sodass der Praxisbetrieb
nicht mehr aufrecht zu erhalten wäre und seine Insolvenz eintreten würde. Er verfüge nicht über nennenswerte Bank- oder Sparguthaben.
Mit einer Kreditierung des Betrages durch eine Bank sei infolge des hohen Verschuldungsgrades erfahrungsgemäß nicht zu rechnen.
Das Sozialgericht Magdeburg hat mit Beschluss vom 29. September 2005 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 15. September
2005 gegen den Bescheid vom 25. September 2003 in der Gestalt des Bescheides des Antragsgegners vom 20. April 2005 angeordnet
und die Vollziehung des Bescheides vom 25. September 2003 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt.
Die Rechtmäßigkeit des Prüfbescheides für das Quartal III/2001 erscheine zweifelhaft. Der Antrag der DAK sei unstrittig nach
Ablauf der einschlägigen Neun-Monats-Frist gestellt worden. Aufgrund der inhaltlichen und zeitlichen Grenzen sachlich-rechnerischer
Berichtigungen wegen begründetem Vertrauen lasse sich eine Schutzwirkung der Prüfvereinbarung zumindest auch für den Antragsteller
mit guten Gründen vertreten. Für den hier eingesetzten Impfstoff sehe das Arzneimittelgesetz eine Zulassung nicht vor; es handele sich um speziell für den Versicherten hergestellte Rezepturarzneimittel. Die Krebsbehandlung
mit derartigen Arzneien unterliege aber dem Vorbehalt einer Empfehlung durch den Bundesausschuss. An einer solchen mangele
es zwar. Ausnahmsweise könnten aber die vom Bundessozialgericht (BSG) in seiner Grundsatzentscheidung vom 19. März 2002 dargelegten
Voraussetzungen vorliegen, unter denen Arzneimittel außerhalb des Anwendungsbereichs zu Lasten der Krankenversicherung verordnet
werden können. Das BSG habe die rechtliche und ethische Problematik von fehlenden Arzneimittelstudien bzw. Verfahren zur Überprüfung
neuer Behandlungsmethoden bei seltenen lebensbedrohenden bzw. die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankungen
in seine Rechtsprechung insoweit mit einfließen lassen, als es die Anforderungen an die Evidenz herabgesetzt habe. So habe
es die Heranziehung von Erkenntnissen für zulässig erachtet, die auch außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnen wurden
und wissenschaftlich untermauert seien. Ob diese Voraussetzungen hier erfüllt seien, könne erst im Hauptsacheverfahren entschieden
werden. Gegenwärtig erscheine es jedenfalls nicht von vornherein als ausgeschlossen. Weiterhin verdecke die Argumentation
der DAK den Umstand, dass auch für die Alternativtherapien Kosten anfallen würden. Gar keine Behandlung des Versicherten D.
wäre nicht zumutbar gewesen. Die Prüfungseinrichtung könnte auf den Schadensersatzanspruch einen Vorteilsausgleich anrechnen,
wenn feststehe, dass der Vertragsarzt anstelle der ausgeschlossenen Leistungen eine andere zulässige Leistung verordnet hätte.
Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners lasse nicht erkennen, dass diese Möglichkeit überhaupt in Erwägung gezogen worden
sei. Auch dieser Aspekt führe zu Zweifeln an der Rechtsmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung. In Ansehung der komplizierten
Sach- und Rechtslage sowie der Rechtsprechung des BSG erscheine es nicht unproblematisch, dem Antragsteller fahrlässiges Verhalten
vorzuwerfen. Zum Zeitpunkt der letzten streitgegenständlichen Verordnung im Quartal I/2002 sei auch ein begründeter Vertrauenstatbestand
nicht von vornherein abwegig. Eilbedürftigkeit liege vor, da wegen der Höhe des strittigen Regresses die auch nur vorläufige
Vollziehung des angefochtenen Bescheides zur Insolvenz des Antragstellers führen würde. Es sei nicht unmöglich, dass zumindest
ein Teil des Regressbetrages mit den nächsten monatlichen Honorarabschlagszahlungen verrechnet werde.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner am 18. Oktober 2005 beim Sozialgericht Magdeburg Beschwerde eingelegt. Die Voraussetzungen
für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage lägen nicht vor, weil es am Rechtsschutzbedürfnis für ein solches
Verfahren fehle. Der geltende Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen regele die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen
der Ersatzkassen in der Weise, als die KV unanfechtbare Schadensersatzanforderungen der Ersatzkassen durch Aufrechnung gegen
Honorarforderungen des Vertragsarztes erfülle. Diese Bestimmung des Rahmenvertrages gelte unmittelbar und auch dann, wenn
die Vertragspartner der Prüfvereinbarung keine nähere Regelung zur Erfüllung von Schadensersatzforderungen getroffen haben.
Hier sei der Schadensersatzanspruch der DAK nicht unanfechtbar; er sei durch die Klage fristgemäß angefochten und Gegenstand
des anhängigen Klageverfahrens. Damit drohe trotz fehlender aufschiebender Wirkung der Klage keine Aufrechnung des Schadensersatzanspruchs
gegen Honorarforderungen des Antragstellers.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. September 2005 aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung der Klage vom 15. September 2005 gegen ihren Bescheid vom 20. April 2005 zurückzuweisen.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die nach seiner Auffassung zutreffenden Gründe im Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen. Die Akten haben
vorgelegen und sind vom Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt worden.
II. Die Beschwerde ist zulässig und form- und fristgerecht beim Sozialgericht Magdeburg eingelegt worden (§§
172,
173 des Sozialgerichtsgesetzes -
SGG). Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zur Entscheidung
vorgelegt (§ 174
SGG).
Die Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der Klage vom 15. September 2005
gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. April 2005 angeordnet und (klarstellend) die Vollziehung dieses Bescheides bis
zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt.
Nach §
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG kann das Gericht in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende
Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage haben im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich
aufschiebende Wirkung (§
86a Abs.
1 SGG). Die aufschiebende Wirkung entfällt aber u.a. nach §
86a Abs.
2 Nr.
4 SGG in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Die Klage gegen eine vom Beschwerdeausschuss festgesetzte Honorarkürzung hat
nach §
106 Abs.
5 Satz 7 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (
SGB V) keine aufschiebende Wirkung. Hier hat der Antragsgegner mit seinem Bescheid vom 20. April 2005 einen Schadensersatzanspruch
der DAK wegen eines zu Unrecht zu ihren Lasten verordneten Arzneimittels durch den Antragsteller festgestellt. Die Festsetzung
von Regressen wegen der Verordnung von Arzneimitteln, für die keine Leistungspflicht der Krankenkasse besteht, obliegt auch
den Gremien der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 52). Die Ermächtigung für die Normierung einer entsprechenden Regelung findet sich in §
106 Abs.
2 Satz 4
SGB V. Danach können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den KV`en
über die in §
106 Abs.
2 Satz 1
SGB V vorgesehenen Prüfungen hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Nach der Prüfvereinbarung der KV Sachsen-Anhalt
obliegt ihr auch die Feststellung eines sonstigen Schadens (§ 12). Diese Zuweisung steht auch im Einklang mit § 44 des Bundesmantelvertrages
- Ärzte-/Ersatzkassen (EKV-Ä) in der ab 1. Juli 1994 geltenden Fassung. Danach wird durch die Prüfungseinrichtungen nach §
106 SGB V der sonstige durch einen Vertragsarzt verursachte Schaden festgestellt, der einer Ersatzkasse u.a. aus der unzulässigen Verordnung
von Leistungen entsteht, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Der festgestellte
Schadensersatzanspruch wird durch die KV im Wege der Aufrechnung gegen den Honoraranspruch erfüllt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 EKV-Ä).
Schadensersatzforderungen werden also mit Honoraransprüchen des Arztes verrechnet; eine Entscheidung des Beschwerdeausschusses
über einen solchen Regress bewirkt damit im Ergebnis eine Honorarkürzung. Die Klage des Antragstellers vom 15. September 2005
gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. April 2005 hat deshalb keine aufschiebende Wirkung. Gegenstand des Hauptsacheverfahrens
aus dem Bereich der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung ist allein der vom Antragsteller erlassene Bescheid vom
20. April 2005 (vgl. BSG, Urteil vom 9. März 1994 - 6 RKa 5/92, SozR 3-2500 § 106 Nr. 22).
Die Voraussetzungen für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage liegen nicht vor. Der Antrag ist bereits unzulässig.
Dem Antragsteller fehlt das Rechtsschutzinteresse für die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Voraussetzung eines
einstweiligen Rechtsschutzantrages vor einem Sozialgericht ist grundsätzlich, dass der jeweilige Antragsteller ein schutzwürdiges
Interesse (Rechtsschutzbedürfnis) an der begehrten Entscheidung des Gerichts hat. Ein solches rechtlich schützenswertes Interesse
fehlt regelmäßig dann, wenn dem Begehren des Antragstellers bereits auf andere Weise genüge getan wurde. Es liegt z. B. nicht
vor, wenn auch ohne gerichtliche Entscheidung die Vollziehung ausgeschlossen ist oder die Behörde verbindlich erklärt hat,
dass sie nicht vollziehen werde (Meyer-Ladewig,
SGG, Kommentar, 7. Auflage, §
86b Rn. 7).
Die Vollziehung des Bescheides ist auch ohne gerichtliche Entscheidung auf andere Weise ausgeschlossen. Unter Vollziehung
ist die Verwirklichung des Inhalts eines Verwaltungsaktes zu verstehen, wobei es bedeutungslos ist, wie das geschieht (vgl.
Landessozialgericht Berlin, Beschluss vom 30. März 1998 - L 7 Ka-SE 12/98, Juris). Grundsätzlich wird der festgestellte Schadensersatzanspruch
durch die KV im Wege der Aufrechnung gegen den Honoraranspruch erfüllt (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 EKV-Ä). Über die Erfüllung
von nachgehenden Berichtigungsansprüchen sowie Schadensersatzansprüchen aus Feststellungen der Prüfgremien sollen die Vertragspartner
der Gesamtverträge und die Vertragspartner der Prüfvereinbarung nähere Regelungen treffen (§ 48 Abs. 1 EKV-Ä). Sie haben hierbei
folgende Grundsätze zu berücksichtigen: Die KV erfüllt unanfechtbare Schadenersatzanforderungen der Ersatzkassen durch Aufrechnung
gegen Honorarforderungen des Vertragsarztes (§ 48 Abs. 2 Satz 1 EKV-Ä). Die Vertragspartner der Prüfvereinbarung der KV Sachsen-Anhalt
haben keine gesonderte Regelung zur Erfüllung von Schadensersatzforderungen getroffen. Der Grundsatz des § 48 Abs. 2 Satz
1 EKV-Ä gilt damit zwischen den Vertragspartnern unmittelbar. Deshalb setzt hier die Aufrechnung mit einer in einem Leistungsbescheid
konkretisierten Forderung die Vollziehbarkeit des Bescheides voraus.
Der durch den Antragsgegner festgestellte Schadensersatzanspruch der DAK, die Vertragspartner nach § 1 Abs. 3 2. Spiegelstrich
EKV-Ä ist, ist nicht unanfechtbar. Unanfechtbarkeit bedeutet formelle Bestandskraft (§
77 SGG). Sie tritt ein, wenn ein Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt ist. Gegen den Bescheid vom 20. April 2005, ihm zugestellt
am 14. September 2005, hat der Antragsteller am 15. September 2005 fristgemäß Klage erhoben. Der Bescheid des Antragsgegners
ist damit noch nicht (formell) bestandskräftig bzw. unanfechtbar. Damit droht trotz fehlender aufschiebender Wirkung der Klage
keine Aufrechnung des im Bescheid vom 20. April 2005 festgestellten Schadensersatzanspruchs gegen Honorarforderungen des Antragstellers.
Entsprechend hat auch der Antragsgegner erklärt, dass bis zur Unanfechtbarkeit seiner Entscheidung keine Anfechtung droht.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage würde die Stellung des Antragstellers nicht verbessern.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs.
1 und
2 SGG i.V.m. §
154 Abs.
1 VwGO. Es kann nicht berücksichtigt werden, dass der Antragsgegner möglicherweise Anlass für die Beschwerde gegeben hat. Er hat
erst in seiner Beschwerdebegründung erklärt, dass zur Zeit nicht aufgerechnet werden könne. Eine Kostenentscheidung nach Ermessen
(§
193 Abs.
1 SGG) ist im Anwendungsbereich des §
197a SGG ausdrücklich ausgeschlossen (§
197a Abs.
1 Satz 1, 2. Halbsatz
SGG).
Nach § 52 Abs. 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Nr. 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts - Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostMoG - vom 5. Mai
2004 - BGBl. I S. 718 bestimmt sich der Streitwert im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach der sich aus dem Antrag ergebenden
Bedeutung der Sache. Der Antragsteller hat im Eilverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage wegen der
Rechtmäßigkeit des Arzneikostenregresses in Höhe von 236.368,24 EUR begehrt. Da es sich nur um eine vorläufige Entscheidung
im Eilverfahren handelt, ist der Streitwert um zwei Drittel (auf 78.789,41 EUR) herabzusetzen.
Die Entscheidung ist nach §
177 SGG unanfechtbar. Auf §
178a SGG wird hingewiesen.