Tatbestand
Die Klägerin begehrt für die Zeiträume von März bis August 2013 sowie von März bis August 2014 höhere Leistungen nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form weiterer Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH).
Die ... 1963 geborene Klägerin bewohnte mit ihrer am ... 1996 geborenen Tochter ab dem 1. Juni 2012 eine 99 qm große Drei-Zimmer-Wohnung
in Bg. Die Gesamtfläche des Mehrfamilienhauses betrug 803 qm. Mietvertraglich vereinbart waren eine monatliche Grundmiete
i.H.v. 370 € sowie Vorauszahlungen für Betriebskosten i.H.v. 100 € (= 470 €). Die Grundmiete erhöhte sich ab 1. Juli 2013
auf monatlich 380 € (= 480 €) und ab 1. Juli 2014 auf 390 € (= 490 €). Die Beheizung und die Warmwasserbereitung erfolgten
durch zwei Durchlauferhitzer. Für Gas waren monatlich 121 € für März bis August 2013 € und 137 € für März bis August 2014
zu leisten. Gutschriften bzw. Nachforderungen für die Gasversorgung und die Mietnebenkosten erfolgten in den streitigen Zeiträumen
nicht.
Für die Tochter der Klägerin wurde monatlich Kindergeld i.H.v. 184 € gezahlt. Die Klägerin nahm ab dem 18. Januar 2014 eine
geringfügige Beschäftigung mit einem Einkommen i.H.v. 100 €/Monat auf.
Die Klägerin hatte mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 2012 ihr Eigenheim für 50.000 € verkauft. Da der Wert der Hypotheken
bei 100.000 € lag, nahm der Beklagte keine Vermögensanrechnung nach § 12 Abs. 1 SGB II vor.
Der Beklagte hatte die Klägerin unter dem 7. August 2012 auf die Unangemessenheit der KdUH nach der ab 1. August 2012 geltenden
„Richtlinie zur Feststellung der Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II im Zuständigkeitsbereich der kommunalen Beschäftigungsagentur Jobcenter des Landkreises Harz“ (im Folgenden: Richtlinie)
hingewiesen. Ab dem 1. Januar 2013 würden nur noch die angemessenen KdUH (322,80 € Bruttokaltmiete und 68,38 € Heizkosten)
gewährt.
Auf den Fortzahlungsantrag vom 8. Januar 2013 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 21. Januar
2013 Leistungen für den Zeitraum von März bis August 2013 i.H.v. 936,86 €/Monat. Dabei wurden den Leistungen monatlich KdU
i.H.v. 322,80 € und Heizkosten i.H.v. 68,38 € (= 391,18 €) zuzüglich des Mehrbedarfs wegen dezentraler Warmwassererzeugung
nach § 21 Abs. 7 SGB II (für die Klägerin: 8,79 €/Monat) zu Grunde gelegt.
In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin die Übernahme der KdUH in voller Höhe geltend. Die Richtlinie
beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept. Zu berücksichtigen seien auch die besonderen Umstände des Einzelfalls. Die Wohnung
sei erst während des Leistungsbezugs angemietet worden. Wegen eines Klaviers/Flügels habe diese etwas größer ausfallen müssen
bzw. sei die Wohnungssuche erschwert gewesen. Außerdem seien ein Hund und eine Katze vorhanden.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. August 2013 bewilligte der Beklagte Leistungen in unveränderter Höhe für den Zeitraum
von September 2013 bis Februar 2014.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2014 bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum von März bis August 2014 in unterschiedlicher
Höhe. Dabei wurden wiederum monatliche KdU i.H.v. 322,80 € und Heizkosten i.H.v. 68,38 € (= 391,18 €) zu Grunde gelegt. Ein
anrechenbares Einkommen für die Klägerin ergab sich nicht.
In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch verwies die Klägerin auf die bisherigen Begründungen.
Der Beklagte änderte mit zwei Änderungsbescheiden vom 2. April 2014 die Leistungsbewilligungen für März bis August 2013 und
für März bis August 2014 ab. Für die Bruttokaltmiete anerkannte er unverändert 322,80 €/Monat. Die angemessenen Heizkosten
betrügen nun 70,26 €/Monat für März bis August 2013 (= 393,36 €) und 70,27 €/Monat für März bis August 2014 (= 393,07 €).
Der Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung wurde dazugerechnet (für die Klägerin: 8,99 €).
Der Beklagte wies die Widersprüche im Übrigen mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 28. April 2014 als unbegründet zurück. Seine
Richtlinie beruhe auf dem im Juli 2012 erstellten Konzept mit fünf „Wohnungsmarkttypen“. Angemessen seien eine monatliche
Bruttokaltmiete i.H.v. 322,80 € sowie Heiz- und Warmwasserbereitungskosten i.H.v. 83,40 €. Da für die dezentrale Warmwasserbereitung
ein Mehrbedarf gewährt werde, seien die Heizkosten mit 70,56 € (März bis August 2013) bzw. 70,27 € (März bis August 2014)
zu berücksichtigen gewesen.
Dagegen hat die Klägerin am 28. Mai 2014 zwei Klagen vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben (S 15 AS 1569/14 und S 15 AS 1543/14). Die Richtlinie des Beklagten beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept. Im Übrigen sei keine ordnungsgemäße Kostensenkungsaufforderung
ersichtlich.
Das SG hat mit Beschluss vom 19. Januar 2015 die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Auf Nachfrage
des SG hat der Prozessbevollmächtigte angegeben, auch die Tochter sei Klägerin.
Das SG hat die Klagen mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2017 abgewiesen. Die Klagen der Tochter der Klägerin
seien unzulässig. Die Klagen der Klägerin seien unbegründet, denn diese habe keinen Anspruch auf höhere Bedarfe für KdUH.
Das Konzept sei schlüssig und der gesamte Landkreis sei ein Vergleichsraum (VR). Da die Heizkosten die Warmwasserkosten beinhalteten
und ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II gewährt worden sei, habe der Beklagte diesen zu Recht abgesetzt.
Dagegen haben die Klägerinnen am 6. März 2017 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Die Klagen der Tochter
der Klägerin seien zulässig gewesen. Beide Klagen seien auch begründet, denn das Konzept sei nicht schlüssig.
Der Senat hat den Beklagten mit Urteil vom 31. Januar 2018 ( L 5 AS 201/17 ) verurteilt, der Klägerin und ihrer Tochter weitere Leistungen zu zahlen. Die Klagen der Tochter seien zulässig gewesen.
Die Klagen seien aber nur teilweise begründet. Das Konzept des Beklagten sei - ausgehend von 14 VR - schlüssig in Bezug auf
die angemessene Bruttokaltmiete. Die Heizkosten seien jedoch gemäß dem bundesweiten Heizspiegel zu bewilligen. Es bestehe
auch ein Anspruch auf die Stromkosten für die Heizung. Der Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung sei vom Beklagten
zu Recht pauschal bewilligt worden.
Auf die dagegen eingelegten Revisionen hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 30. Januar 2019 (B 14 AS 12/18 R) die Entscheidung aufgehoben, die Revision der Tochter der Klägerin zurückgewiesen und deren Klagen als unzulässig verworfen
sowie im Übrigen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Gerichte seien nicht zur eigenen
Festlegung eines VR befugt. Ein Konzept mit unterschiedlichen Angemessenheitswerten in einem VR sei nicht schlüssig. Dem Beklagten
sei Gelegenheit zu Nachermittlungen zum VR und zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts zu geben. Dies gelte auch für die
Heizkosten.
Der Beklagte hat sodann die Nachbesserungen seiner Richtlinien von 2012 bis 2018 vorgelegt. Dabei hat er den „Korrekturbericht
zur Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten im Landkreis Harz 2012 sowie deren Fortschreibung 2014“ von Februar
2020 (im Folgenden: Korrekturbericht 2020) zu den Akten gereicht.
Die Klägerin hat sich nicht mehr geäußert.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 10. Februar 2017 aufzuheben sowie die Bescheide des Beklagten vom 21. Januar 2013
und vom 30. Januar 2014, beide in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 2. April 2014 und der Widerspruchsbescheide vom 28.
April 2014 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für März bis August 2013 und für März bis August 2014 jeweils
die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Landkreis sei nunmehr in drei VR (W., Q. und H.) aufgeteilt worden. Diese entsprächen den Mittelbereichen der Landesplanung
und erfüllten die Anforderungen des BSG an einen VR. Die Wohnung der Klägerin sei dem VR I (W.) zuzuordnen. Somit betrüge die angemessene monatliche Bruttokaltmiete
nunmehr 299,40 € für März 2013 bis Juli 2014 und 306,60 € für August 2014. Die angemessenen monatlichen Heizkosten lägen bei
54,66 € für März bis August 2013, 54,37 € für März bis April 2014, 53,55 € für Mai 2014, 51,31 € für Juni und Juli 2014 sowie
49,21 € für August 2014. Die bewilligten Leistungen seien daher im streitigen Zeitraum monatlich überzahlt. Auch wenn die
Heizkosten nach dem bundesweiten Heizkostenspiegel ermittelt würden, bestehe kein Anspruch auf weitere KdUH.
Die Nachfrage des Senats betreffend das nachgebesserte Konzept hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 24. März 2021 beantwortet.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Der Senat hat ferner die der Mietwerterhebung von Juli 2012 zu Grunde liegenden Rohdaten beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte ergänzend
verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.1.
Beteiligte des Verfahrens gemäß §
69 Nr. 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist auf Klägerseite nur noch die Klägerin. Die Klagen der Tochter, der ursprünglichen Klägerin zu 2., sind mit Urteil des
BSG vom 30. Januar 2019 als unzulässig verworfen worden.
2.
Die Berufung ist form- und fristgerecht gemäß §
151 Abs.
1 SGG eingelegt worden.
Sie ist auch statthaft nach §
144 Abs.
1 Satz 1
SGG, denn der Wert des Beschwerdegegenstands beträgt jeweils mehr als 750 €. Maßgeblich ist dafür der zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung
am 6. März 2017 streitige Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft. Diese hatte in dem streitigen Zeitraum von März bis August
2013 eine Bruttokaltmiete und Gasabschläge i.H.v. 3.566 € und in dem Zeitraum von März bis August 2014 i.H.v. 3.722 € zu zahlen.
Dem stehen die bewilligten Leistungen für die KdUH für März bis August 2013 i.H.v. 2.360,16 € und für März bis August 2014
i.H.v. 2.358,42 € gegenüber. Streitig ist demnach ein Betrag von 1.205,84 € bzw. 1.363,58 € gewesen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Bewilligung weiterer kopfteiliger Leistungen für die
KdUH von März bis August 2013 und von März bis August 2014.
1.
Die Klägerin hatte bereits vor dem SG zulässigerweise den Streitgegenstand auf die Höhe der Leistungen für die KdUH begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011, B 4 AS 119/10 R [32]).
2.
Die Klägerin ist Berechtigte i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB II. Sie hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze von § 7a noch nicht erreicht, hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, war erwerbsfähig und hilfebedürftig.
Sie verfügte über kein bedarfsdeckendes Einkommen oder ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Vermögen.
Der Erlös aus dem notariellen Vertrag vom 4. Dezember 2012 i.H.v. 50.000 € war kein zur Verfügung stehendes Vermögen, denn
der Wert der Hypotheken lag bei 100.000 €. Zu Recht nahm der Beklagte keine Vermögensanrechnung nach § 12 Abs. 1 SGB II vor und bewilligte die Leistungen als Zuschuss.
3.
Die Klägerin hatte in den streitigen Zeiträumen keinen Anspruch auf Übernahme des kopfteiligen Anteils der Bruttokaltmiete
in tatsächlicher Höhe.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. besteht ein Anspruch auf Leistungen für die KdU und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen
sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind
sie als Bedarf der Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es diesen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen
Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs
Monate.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie zu ermitteln. Dabei ist die Prüfung der Bedarfe für Unterkunft und der für
die Heizung grundsätzlich getrennt vorzunehmen. Dies gilt ungeachtet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen
(§ 22 Abs. 1 S. 4 SGB II) und der nach dem streitigen Zeitraum eingeführten Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II (dazu und zum folgenden: BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R; Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 40/19 R, Juris). In einem ersten Schritt sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete festzulegen. Dabei
muss das Produkt aus Wohnfläche und -standard eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ("Referenzmiete") ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, [13], Juris). Der Quadratmeterpreis für entsprechende Wohnungen und die angemessene Wohnungsgröße ergibt die angemessene
Miete. In einem zweiten Schritt ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit der Aufwendungen, insbesondere im Hinblick
auf die Zumutbarkeit notwendiger Einsparungen einschließlich eines Umzugs, zu prüfen. Abschließend ist zu klären, ob der Leistungsberechtigte
eine abstrakt angemessene Wohnung hätte anmieten können (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R [23], Juris).
a.
Die für eine Absenkung der KdUH vorgeschriebene Kostensenkungsaufforderung war erfolgt. Bereits unter dem 7. August 2012 hatte
der Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass die KdUH der Bedarfsgemeinschaft unangemessen hoch seien. Ab 1. Januar 2013 waren
auch nur noch diese Kosten berücksichtigt worden. Die Klägerin hatte spätestens nach Zugang der Kostensenkungsaufforderung
vom 7. August 2012 die Möglichkeit, mit dem Beklagten in einen Dialog über die für sie ab 1. Januar 2013 gültigen angemessenen
KdUH einzutreten.
Die Kostensenkungsaufforderung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Notwendig war nur die Benennung des - seinerzeit - aus
Sicht des Beklagten für angemessen gehaltenen Höchstmietpreises (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, B 4 AS 78/09 R, [15], Juris). Es ist also an dieser Stelle nicht entscheidend, ob der genannte Höchstpreis nach einem Konzept ermittelt
wurde, das schon seinerzeit schlüssig war.
Die im Februar 2020 erfolgte Korrektur des Konzepts stellt kein unzulässiges Nachschieben von Gründen für das Kostensenkungsverfahren
dar; vielmehr hat der Beklagte die seinerzeit gewonnenen Erkenntnisse lediglich anders bewertet (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 65/09 R [28], Juris). Ein Nachschieben von Gründen mag dann unzulässig sein, wenn zunächst noch gar kein Konzept existierte (vgl.
BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R [33], Juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn die ursprüngliche Richtlinie basierte auf dem Konzept der Firma
A&K von Juli 2012. Eine in unzulässiger Weise beeinträchtigte oder erschwerte Rechtsverteidigung der Klägerin ist darin ebenfalls
nicht zu sehen. Sie hatte Gelegenheit, sich im Berufungsverfahren zu dem neuen Konzept zu äußern. Davon hat sie allerdings
keinen Gebrauch gemacht.
b.
Bei der Bestimmung der angemessenen KdUH hat der Beklagte zu Recht auf eine Wohnfläche von 60 qm für den Zwei-Personen-Haushalt
abgestellt.
Zur Bestimmung der angemessenen Größe ist im Land Sachsen-Anhalt auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen (RdErl. des Ministeriums
für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen [MRS] vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1281) und die dazu erlassenen
Richtlinien zurückzugreifen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS 2/09 [37 f.]; vgl. auch BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, B 14 AS 61/12 R [21], Juris).
Eine Erhöhung der abstrakt angemessenen Wohnfläche kommt hier nicht in Betracht. Nur objektive Umstände wie zum Beispiel Rollstuhlpflichtigkeit
oder die Notwendigkeit der angemessenen Wahrnehmung des Umgangsrecht mit Kindern können eine Abweichung rechtfertigen (vgl.
BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, B 4 AS 44/12 R [14]; Urteil vom 16. April 2013, B 14 AS 28/12 R [29], Juris; vgl. § 22b Abs. 3 SGB II zum möglichen Inhalt von Satzungen). Insbesondere die Alleinerziehung, das Klavier und die Haustiere sind nicht geeignet,
eine größere Wohnfläche als konkret angemessen anzusehen. Es handelt sich nicht um Härtefälle, die jeweils eine Abweichung
von der Angemessenheitsgrenze rechtfertigten würden. Die Wohnung lag demnach um 39 qm über der Angemessenheitsgrenze.
c.
Der Begriff der „Angemessenheit“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Dies
gilt auch für dessen Konkretisierung durch die Verwaltung (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R [17, 25], Juris). Allerdings ist die gerichtliche Überprüfung auf eine nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle
beschränkt (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R [26], Juris).
Die gerichtliche Verpflichtung zur Amtsermittlung ist begrenzt durch die Mitwirkungslast der Beteiligten. Eine ins Einzelne
gehende Überprüfung bestimmter Detailfragen - wie etwa Einzelheiten der Repräsentativität und Validität der erhobenen Daten
- verlangt, dass fundierte Einwände erhoben werden. Diese müssen insbesondere über ein bloßes Bestreiten der Stimmigkeit der
Daten hinausgehen, oder aber auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben hindeuten (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R [30], Juris).
Die Klägerin hat weder im Ausgangsverfahren noch im wieder eröffneten Berufungsverfahren fundierte Einwände erhoben. Sie hat
lediglich allgemein auf eine fehlende Schlüssigkeit verwiesen und hat sich vor allem zu dem nachgebesserten Konzept gar nicht
mehr geäußert. Daher hatte der Senat über die nachvollziehende Verfahrenskontrolle hinaus keine ins Einzelne gehende Überprüfung
bestimmter Detailfragen vorzunehmen.
d.
Die Bestimmung von drei VR im Landkreis in der Korrektur 2020 ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.
Beim maßgeblichen örtlichen VR handelt es sich um „ausgehend vom Wohnort der Leistungsberechtigten ausreichend große Räume
der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit,
die insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen“ (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R [22], Juris).
a.a.
Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben in § 22b Abs. 1 Satz I SGB II ist zunächst das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters ein VR. Dieses kann indes - aufgrund örtlicher Gegebenheiten - in
mehrere VR zu unterteilen sein, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können. Dabei sind jedoch allzu
kleinteilige Vergleichsräume zu vermeiden (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R [22, 33], Juris).
Es ist nicht als zwingend anzusehen, den Landkreis Harz als einheitlichen, homogenen Lebensraum zu betrachten. Er ist 2.104,54
qkm groß und hatte 2013/2014 (Stichtag jeweils 31.12.) insgesamt 221.043/219.618 Einwohner mit 127.467/127.259 Wohnungen.
Es bestehen signifikante Unterschiede in der Erreichbarkeit und Verbindung der einzelnen Orte untereinander. Die Bevölkerungsdichte,
Infrastruktur und die Wirtschaftsstrukturen sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Der Landkreis Harz muss daher nicht zwingend
als ein homogener Lebens- und Sozialraum gewertet werden.
b.b.
Die in der Korrektur 2020 für die drei VR im Landkreis angewendeten Maßstäbe sind in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die
dafür gewählten Kriterien wie räumliche Nähe, infrastrukturelle Verbundenheit und ausreichend große Räume der Wohnbebauung
können nachvollzogen werden. Die drei VR entsprechen den vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) definierten Mittelbereichen
für die politische Regionalplanung. Es handelt sich dabei um die Verflechtungsbereiche um ein Mittelzentrum herum im Hinblick
auf Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, der Infrastrukturen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge sowie der beruflichen
Mobilität. Für das Land Sachsen-Anhalt sind die Mittelzentren im Landesentwicklungsplan 2010 (LEP 2010) bestimmt worden. Im Rahmen der Raumordnung sind sog. Zentrale Orte als Versorgungskerne für die Gemeinden ihres Einzugsbereichs
zur Sicherung der Daseinsvorsorge definiert worden (LEP 2010, Punkt 2.1, Z. 24). Dies gewährleistet, dass in allen Landesteilen ein räumlich ausgeglichenes und gestuftes Netz an
Ober-, Mittel- und Grundzentren besteht (LEP 2010, Punkt 2.1, Z. 27). Ein Mittelzentrum soll i.d.R. in 30 Minuten mit dem Pkw und in 60 Minuten mit dem Öffentlichen Personennahverkehr
(ÖPNV) erreichbar sein (LEP 2010, Punkt 2.1, Z. 35). Zu den in der Landesplanung definierten Mittelzentren des Landkreises Harz gehören W., Q. und als
Mittelzentrum mit oberzentralen Teilfunktionen H. (LEP 2010, Punkt 2.1, Z. 37). Somit umfasst der VR I das Mittelzentrum W. sowie dessen Verflechtungsbereiche, also B., I., O.
und die Gemeinde N. Der VR I repräsentiert auch einen ausreichend großen Wohnungsmarkt, da er bei 80.387 Einwohnern einen
Mietwohnungsbestand von 24.630 aufweist (Korrekturbericht 2020, Tab. 1, S. 3).
Nach dem Korrekturbericht 2020 ist auch die Erreichbarkeit der jeweiligen Mittelzentren mit dem Öffentlichen Personennahverkehr
(ÖPNV) gegeben. Der Bahnhof W. ist von allen Referenzpunkten des VR I aus in längstens 28 Minuten mit dem ÖPNV und innerhalb
von 18 Minuten mit dem Pkw erreichbar. Dies genügt den Zielvorgaben des LEP 2010 für Sachsen-Anhalt zur Erreichbarkeit von Mittelzentren.
c.c.
Bedenken hinsichtlich der Neubestimmung des VR I gegenüber dem unzulässigen „Wohnungsmarkttyp I“ ergeben sich auch nicht aus
den daraus folgenden, deutlich niedrigeren Angemessenheitswerten. Denn die Ermittlung der Angemessenheit der Mietkosten bezweckt
nicht, den Leistungsberechtigten eine höchstmögliche Miete zukommen zu lassen. Das System des schlüssigen Konzepts hat vielmehr
auch eine begrenzende Wirkung (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R [33], Juris).
e.
Die Mietwerterhebung 2012 in der Fassung des Korrekturberichts 2020 beruht für den hier streitigen Zeitraum auf einem schlüssigen
Konzept. Dieses soll gewährleisten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im VR für die Angemessenheitsgrenze
zugrunde gelegt werden. Die Grundsicherungsträger können im Rahmen der Methodenfreiheit ein Konzept zur empirischen Ableitung
der angemessenen Bruttokaltmiete wählen. Auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll eine „Vielfalt an Konzepten“ zur
Festsetzung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung möglich sein (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 101 zur Satzung nach
§ 22b SGB II). Es kann also verschiedene Methoden geben, ein solches Konzept zu erstellen. Jedoch müssen bestimmte methodische Voraussetzungen
erfüllt und nachvollziehbar sein. Erforderlich ist insbesondere:
eine nachvollziehbare Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard.
Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung.
Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht.
Repräsentativität und Validität der Datenerhebung.
Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung.
Vermeidung von Brennpunkten durch soziale Segregation.
Eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheit aus den Daten dargelegt wird (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [19], Juris).
Das Konzept des Beklagten in der Fassung des Korrekturberichts 2020 ist als Verwaltungsgutachten und somit als Urkundenbeweis
eine geeignete Entscheidungsgrundlage. Denn es erscheint dem Senat überzeugend und es ist im gerichtlichen Verfahren nicht
schlüssig infrage gestellt worden (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [24], Juris). Der Beklagte hat die Beanstandungen des ursprünglichen Konzepts aus dem Jahr 2012 durch die Nachbesserung
im Februar 2020 ausgeräumt. Die zur Ermittlung der angemessenen Kosten gewählten Methoden sind plausibel. Es lässt sich nicht
feststellen, dass die Datenerhebungen und -auswertungen „unschlüssig“, also willkürlich oder widersprüchlich wären oder auf
fehlerhaften Prämissen beruhten. Ein Verstoß gegen die vom BSG postulierten verallgemeinerbaren und entwicklungsoffenen Grundsätze ist nicht erkennbar.
a.a.
Der Gegenstand der Beobachtung ist im Einzelnen nachvollziehbar definiert worden. Es wurden Daten aus dem gesamten Landkreis
zugrunde gelegt. Dabei wurden die Bestandsmieten im Zeitraum vom Dezember 2011 bis Mai 2012, die von September 2011 bis Februar
2012 veröffentlichten Angebotsmieten sowie die in den neun Monaten vor dem Erhebungsstichtag am 1. Dezember 2011 ermittelten
Neuvertragsmieten in die Beurteilung einbezogen.
Dass der Beklagte für die Erhebung der Bestandsmieten keine Datensätze des Jobcenters beigezogen hat, ist insoweit nicht schädlich.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen die Leistungsträger unter verschiedenen Datenerhebungen und -auswertungen sowie
Erhebungen Dritter einzeln oder kombiniert entscheiden können. Dabei sollen sowohl neue Vertrags- als auch Bestandsmieten
einfließen können (§ 22 c Abs. 1 SGB II), was aber auch nicht zwingend ist (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R [32], Juris). Dies ist hier erfolgt; die Einbeziehung weiterer Datenerhebungen war nicht erforderlich.
b.b.
Die Art und Weise der Datenerhebung in den VR ist hinreichend deutlich dargestellt worden und stößt ebenfalls nicht auf Bedenken.
Die Mietwerterhebung basierte auf einer umfangreichen Vermieterbefragung. Im ersten Schritt wurden die größeren Vermieter
und Verwalter angeschrieben und konnten insbesondere die großen Wohnungsunternehmen für die Erhebung gewonnen werden. Für
die Mieten kleiner Vermieter wurden Adressdaten der Entsorgungswirtschaft des Landkreises (...) genutzt. Es wurden die Adressen
herausgefiltert, für die schon Mietdaten zur Verfügung standen. Im Rahmen einer Zufallsstichprobe wurden dann ca. 3.500 angeschrieben.
Dabei wurden u.a. folgende Daten erhoben: Datum des Mietvertragsbeginns, Datum der letzten Mietänderung, Wohnungsgröße, Netto-Kaltmiete,
Kalte Betriebskosten (Vorauszahlung) mit oder ohne Wasserkosten, Heiz- und Warmwasserkosten (Vorauszahlung) mit oder ohne
die Kosten für Warmwasser (Bericht 2012, Seite 18, 19). Im VR I konnten von insgesamt 2.546 Datensätzen 304 (=11,9%) den kleineren
Vermietern zugeordnet werden (Schriftsatz des Beklagten vom 24. März 2021, Tab. 6).
Für die Angebotsmieten (2.027 vor der Extremwertkappung, davon verwertbar 1.915 im Landkreis und 555 im VR I - Korrekturbericht
2020, Tab. 7) wurden folgende Quellen ausgewertet: Immoscout 24, Immonet, Immowelt (jeweils Internet-Immobliensuchportale),
örtliche Tagespresse, Anzeigenblätter, Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Kreisgebiet (Bericht 2012, Seite 31).
Diese flossen nicht in die Berechnung der relevanten Mietwerte ein, sondern waren maßgeblich für die Prüfung der Anmietbarkeit
(Korrekturbericht 2020, S. 13).
Um die Angebotsmieten zu verifizieren, wurden die Bestandmieten zusätzlich danach ausgewertet, welche Mieten bis zu neun Monate
vor dem Erhebungsstichtag als Neuvertragsmieten (1.954 nach der Extremwertkappung, davon 687 im VR I) realisiert wurden (Korrekturbericht
2020, Tab. 7).
c.c.
Der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten für den VR I liegt eine Datenerhebung zugrunde, die in diesem stattgefunden
und die sich auch über den gesamten VR erstreckt hat. Es hat ein breites Spektrum an Mietwohnungen in die Datenerhebung Eingang
gefunden. Zum relevanten Bestand für die Mietwerterhebungen gehörten neben frei finanzierten Mietwohnungen auch die öffentlichen
Mietpreisbindungen unterliegenden Sozialwohnungen.
Hierfür wurden zunächst im Landkreis Harz relevante Mietdaten flächendeckend erhoben. Diese wurden in eine Liste eingetragen
(Rohdaten), die die Spalten „Stadt“, „Mietvertragsbeginn“, „letzte Mietänderung“, „Wohnfläche“, „Nettokaltmiete“, „NKM/qm“,
„Wohnungsgrößenklasse“ umfasste. Daraus lassen sich die in den neu definierten VR ermittelten Daten bestimmen.
Dass die Bruttokaltmiete als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung gewählt wurde, ist nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R [31]; Beschluss vom 2. April 2015, B 4 AS 17/14 B [6], Juris).
Wohnraum, der keinen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten gibt, blieb unberücksichtigt. In nicht zu beanstandender
Weise wurden Wohnungen herausgenommen, die das Ergebnis der Mietwertermittlung verfälschen könnten. Von den insgesamt im Landkreis
Harz 19.663 erhobenen Mietwerten fielen 2.020 durch Filterfragen sowie fehlender Plausibilität weg (Bericht 2012, Tab. 6).
So blieben Substandardwohnungen (ohne „Bad“ und „Sammelheizung“) und solche des Luxussegments (z.B. Ausstattungsmerkmal Sauna)
unbeachtet. Nicht berücksichtigt wurden ferner Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerbliche oder teilgewerblich genutzte
Wohnungen (mit Gewerbemietvertrag), mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen zu Freundschaftsmieten an Angehörige oder
nähere Verwandte sowie möblierte Wohnungen. Die Ausschlusskriterien erlaubten eine Eingrenzung auf zwischen einfachem und
gehobenen Wohnungsstandard, ohne diesen zunächst anhand der Miethöhe zu definieren. So rechtfertigt sich die Herausnahme der
Substandardwohnungen bereits aus dem Umstand, dass Leistungsberechtigte darauf nicht verwiesen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 65/09 R [31], Juris). Luxuswohnungen sind für das Preisniveau im einfachen bis gehobenen Marktsegment nicht repräsentativ (vgl.
BSG, Urteil vom 20. August 2009, B 14 AS 65/08 R [19], Juris).
Ebenfalls nicht in die Datenerhebung aufgenommen wurden zunächst Wohnungen mit weniger als 30 qm (Bericht 2012, S. 16). Es
ist aber nachvollziehbar, dass in dem Korrekturbericht 2020 die Wohnungsgrößen an die Richtlinien der Wohnungsbauförderung
Sachsen-Anhalt angepasst wurden (Korrekturbericht 2020, S. 1) und nunmehr auch Wohnungen von 25 bis unter 30 m² erfasst werden.
Der im Gebiet der ehemaligen DDR vereinheitlichte Wohnungsbau (sog. „Plattenbauten“) hat dazu geführt, dass auf dem Mietwohnungsmarkt
für 1-Personen-Haushalte Wohnungen auch unter 30 qm zur Verfügung stehen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R [26] zu „Dresden“, Juris). Deren Einbeziehung spiegelt daher die regionalen Verhältnisse in den neuen Bundesländern wider.
Auch nach der Verkehrsanschauung muss die Mindestwohnungsgröße für eine Einzelperson nicht mindestens 30 m² betragen (vgl.
etwa ImmoScout24: „Wie groß ist eine Einzimmerwohnung im Durchschnitt? - Die typische Wohnfläche für eine 1-Zimmer-Wohnung
liegt zwischen 20 und 45 m²“, Stand 6. März 2021). Außerdem ist in der Regel die Quadratmetermiete einer kleinen Wohnung bei
gleicher Ausstattung und Lage höher als die einer größeren Wohnung (vgl. Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln des Bundesinstituts
für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung [BBSR] 2002 sowie die inhaltlich unveränderte
Auflage 2014, S. 36).
Des Weiteren ist es nicht zu beanstanden, dass die Mieten unberücksichtigt blieben, die vor letztmals mehr als vier Jahren
vor der Erhebung (also 1. Dezember 2007) neu vereinbart oder verändert worden waren (= 10.261 + 63 = 10.324 Datensätze). Dies
wäre zwar - anders als beim qualifizierten Mietspiegel gemäß §
558 Abs.
2 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) - nicht zwingend erforderlich gewesen. Dort werden nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt, bei denen die Miete in den letzten
vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach §
560 BGB abgesehen, geändert worden ist. Ein solches Erfordernis gilt für die Datenerhebung im Rahmen einer Satzung nicht (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [27], Juris).
Diese Vorgehensweise führt aber nicht dazu, dass deshalb Zweifel an der Datengrundlage bestünden. Der Grundsatz der Aktualität
der Mietwerterhebung wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass ältere Mietverhältnisse nicht berücksichtigt wurden. Es ist nicht
erkennbar, dass es im Landkreis in den letzten vier Jahren vor der Datenerhebung zu einem deutlichen Verfall der Mietpreise
gekommen wäre. Die Aktualität jüngerer Mietverträge spricht eher dafür, dass diese geeignet sind, das derzeitige Mietpreisniveau
abzubilden.
d.d.
Auch war der Umfang der erhobenen Daten ausreichend repräsentativ. Der Senat hat keine Zweifel an der vollständigen Erfassung
der statistischen Werte.
Insgesamt war im Landkreis von einem Mietwohnungsbestand von ca. 90.000 in Zwei- und Mehrfamilienhäusern (einschließlich der
von Eigentümern bewohnten Wohnungen) eine Datengrundlage von 19.663 gebildet worden (Bericht 2012, S. 17). Im Rahmen der Neuauswertung
der 2012 erhobenen Daten standen im Landkreis 7.415 tabellenrelevante Mieten zur Verfügung. Auf den VR I entfielen dabei 2.437
relevante Mietwerte, was einem Anteil am relevanten Mietbestand von ca. 10% entspricht (Korrekturbericht 2020, Tab. 5). Es
wäre im Übrigen nicht erforderlich gewesen, mindestens 10% des Gesamtdatenbestands des in Betracht zu ziehenden Wohnungsmarkts
zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [21], Juris).
Für die Auswertung der Bestandsmieten sind die Mietdaten auf die Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und den vier
VR Tabellenrastern mit 5 Wohnungsgrößen zugeordnet worden. Diese Vorgehensweise ist methodisch nicht zu beanstanden. Insgesamt
sind für jedes Tabellenfeld der relevanten Wohnungsgrößen im VR I mindestens 175 Mietwerte erhoben worden (Korrekturbericht
2020, Tab. 5). Auf die Größenklasse für zwei Personen entfallen 540 Datensätze.
Ob die erhobenen Daten proportional von institutionellen Vermietern und sog. „Klein- oder Privatvermietern“ stammen, bedarf
mangels fundierter Einwendungen der Klägerin keiner näheren Untersuchung.
Nach Mitteilung des Beklagten stammen 11,58 % der Daten im Landkreis von Privatvermietern. Es begegnet jedoch keinen Bedenken,
die Erhebungen dennoch als Datengrundlage heranzuziehen. Es ist nicht allgemeinkundig, dass die Vermietereigenschaft ein relevanter
mietpreisbestimmender Faktor wäre. Der Gesetzgeber hat für die Erstellung eines Mietspiegels in §
558 BGB abschließend die mietpreisrelevanten Wohnmerkmale bestimmt: Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einer Wohnung
(vgl. Börstinghaus/Clar, Mietspiegel - Aufstellung und Anwendung, 2. Aufl., Seite 47). Auch in den „Hinweisen zur Erstellung
von Mietspiegeln“ des BBSR (Stand 2002, S. 16, 40 f) ist ausdrücklich angeführt, dass eine Datenbeschaffung durch Rückgriff
auf die am Ort vertretenen Wohnungsunternehmen möglich ist, aber verknüpft werden kann mit Erhebungen über von kleineren Anbietern
gehaltenen Beständen. Den Hinweisen lässt sich gerade nicht entnehmen, dass eine proportionale Berücksichtigung von Daten
institutioneller und Kleinvermieter sein muss.
Auch lässt sich nicht als wahr unterstellen, dass Wohnungen von institutionellen Vermietern im Allgemeinen günstiger angeboten
würden. Der Senat hat keinerlei Erkenntnisse dafür, dass deren Wohnungsbestand hinsichtlich der mietpreisbildenden Kriterien
von dem Gesamtmietbestand - grundsätzlich - nach unten abweicht. Mangels Einwände der Klägerin auf diesbezügliche Mängel der
Repräsentativität hatte der Senat der Frage auch nicht weiter nachzugehen (vgl. BSG, 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R [24], Juris).
e.e.
Die gewonnenen Daten wurden nach VR getrennt aufgelistet und in der Folge ausgewertet. Diese Auswertung der Daten ist schlüssig
und unter Beachtung mathematisch-statistischer Grundsätze erfolgt.
Die Basis für die Auswertung bildet ein Tabellenraster, das die Wohnflächenklassen in den VR erfasst. Für die Auswertung der
Bestandsmieten sind die Mietdaten auf die Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und den jeweiligen Wohnungsgrößenklassen
im Tabellenraster zugeordnet worden.
Beanstandungsfrei sind die Daten im Wege der Extremwertkappung bereinigt und so besonders hohe Werte für die Bestimmung des
Nettokaltmietpreises herausgenommen worden. Diese Extremwertkappung ist eine wissenschaftlich anerkannte statistische Methode
(vgl. v. Malottki, Schlüssiges Konzept und Statistik, info also, 99, 104). Sie ist auf Basis des 95%-Konfidenzintervalls über
alle mietwerterhebungsrelevanten Mieten vorgenommen worden. Die Repräsentativität wird hierdurch nicht beeinflusst, denn es
wurden nur 353 von 7.415 Werten ausgenommen (Korrekturbericht 2020, S. 12).
Da die Datenerhebung über alle Wohnungsbestände mit einfachem, mittlerem und gehobenem Wohnungsstandard erfolgte, war noch
eine Ableitung für das einfache Wohnsegment vorzunehmen. Es wurde hierfür nachvollziehbar - jeweils für Wohnungsgrößen und
den VR getrennt - der Median zwischen der unteren und der oberen Grenze des Konfidenzintervalls gebildet.
Die erhobenen Angebotsmieten wurden dabei unter Anwendung eines iterativen Annäherungsverfahrens berücksichtigt. Dies ist
ein geeignetes Mittel um festzustellen, ob mit dem ermittelten Angemessenheitswert auch Wohnungen tatsächlich angemietet werden
können (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [27], Juris). Dabei wurde der erforderliche Anteil der angebotenen Wohnungen für eine ausreichende Versorgung der Nachfragergruppen
des einfachen Wohnungsstandards ermittelt. Dabei handelt es sich um Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II und dem SGB XII, Wohngeldempfänger sowie sonstige Nachfragergruppen (Korrektur 2020, S. 26, Anl. 1).
Dem wurden die erhobenen Angebotsmieten innerhalb des vorläufig ermittelten Richtwerts gegenübergestellt. Deren Einbeziehung
war zur Wahrung der Aktualität der Daten nicht unbedingt erforderlich (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, B 4 AS 45/14 R [22]; vgl. § 22c Abs. 1 Satz 2 SGB II), aber auch nicht schädlich.
Diese Angebotsmieten wurden den Perzentilgrenzen angenähert und nochmals in Beziehung zu den Neuvertragsmieten gesetzt (Korrekturbericht
2020, S. 18). Danach stand der ermittelten Perzentilgrenze von 25% (VR I, 2 Personen) ein ausreichendes Angebot bei den Angebotsmieten
(26%) gegenüber (Korrektur 2020, Tab. 8, 13). Im Vergleich mit den Neuvertragsmieten ergibt sich sogar ein deutlich höheres
Angebot (50%) an zur Verfügung stehendem Wohnraum (Korrektur 2020, Tab. 14).
Der Senat kann offenlassen, ob die Modifikation der erhobenen Angebotsmieten über die Kombination von Angebots-Kaltmieten
mit den durchschnittlichen Betriebskosten aus der Bestandsmietenerhebung (Korrekturbericht 2020, Tab. 13, Anmerkung 1) ein
realitätsgerechteres Abbild als die in den Angebotsmieten angegebenen Betriebskosten bietet. Denn die ermittelten Nachfragergruppen
(Korrektur 2020, S. 26, Anlage 1) sind nicht nach unten korrigiert worden. Vielmehr sind die endgültigen Perzentilgrenzen
mindestens gleich groß oder größer (Korrektur 2020, Tab. 8). Diese unterschreiten in keinem Feld die ermittelten Anteilswerte
der Nachfrager nach günstigem Wohnraum (vgl. Korrektur 2020, S. 15, Anmerkung zu 3.2).
Das sich so ergebende 25%-Perzentil für Zwei-Personen-Haushalte im VR I genügt den Anforderungen des BSG, das niedrigere Werte genügen lässt (BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R [37] Juris: unter 20% bei einem SGB-II-Leistungsempfängeranteil an allen Haushalten).
f.f.
Für eine Gefahr einer sozialen Segregation innerhalb des VR I gibt es keinen Anhaltspunkt. Zwar wurden die Datensätze der
Bestandsmieten anonymisiert, weshalb Angaben zur konkreten Lage der erfassen Wohnungen fehlen. Jedoch sind Kennzeichen von
großen Wohnblocks eine identische Größe und hohe Anzahl der einzelnen Wohnungsklassen. In den vorliegenden Rohdaten finden
sich neben gleich großen Wohnungen auch eine Vielzahl solcher, die hiervon signifikante Unterschiede aufweisen.
g.g.
Dem Senat ist es anhand des nachgebesserten Konzepts möglich gewesen, die Überlegungen von der Datenerhebung bis hin zum Ergebnis
eines angemessenen Mietpreises nachzuvollziehen.
f.
Zur Festlegung der Bruttokaltmiete waren noch die Betriebskosten zu ermitteln. Auch hier haben anerkannte mathematisch-statistische
Grundsätze Anwendung gefunden.
a.a.
Die Ermittlung des Quadratmeterpreises erfolgte auf der Basis der konkret erfassten Wohnungen aus den Bestandsmieten im gesamten
Wohnungsmarkt. Nach dem Korrekturbericht 2020 (Tab. 10, Seite 16) sind die ermittelten Betriebskosten zusätzlich einer Günstigkeitsberechnung
auf den höheren Wert aus einem Jobcenter-Datensatz unterzogen worden.
b.b.
Das Abstellen auf den Durchschnitt der Abschlagszahlungen für die Betriebskosten begegnet keinen Bedenken. Dafür ist es zulässig
gewesen, wie hier auf die Durchschnittswerte aus allen Mietverhältnissen zurückzugreifen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R [34]; Urteil vom 22. August 2012, B 14 AS 13/12 R [27], Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R [41], Juris). Etwas Anderes würde nur dann gelten, wenn die Datenerhebung sich nur auf Wohnungen einfachen Standards oder
allein auf Wohnungen von Beziehern von Grundsicherungsleistungen beziehen würde. Das ist nicht der Fall.
c.c.
Die Erfassung der Vorauszahlungen der Betriebskosten und nicht der Betriebskostenabrechnungen ist plausibel. In der Regel
passen sich die Vorauszahlungen den tatsächlichen Gegebenheiten an. In der Gesamtheit der Datenerhebung spiegeln diese mithin
realistische Werte wider.
d.d.
Desgleichen ist die Extremwertkappung der Betriebskosten auf Basis eines 95 %-Konfidenzintervalls nicht zu beanstanden.
g.
Die erhobene Datengrundlage war für den Zeitraum von März bis August 2013 unter Beachtung der Grundsätze des §
558d Abs.
2 BGB hinreichend aktuell (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017, B 4 AS 33/16 [18 f.], Juris).
a.a.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die ab dem 1. August 2012 geltende Richtlinie für Zeiträume bis Juli
2014 angewendet hat. Die dafür ermittelten Werte waren noch hinreichend aktuell. Für die Anwendung des Zwei-Jahreszeitraums
sind eine Datenerhebung, anschließende Datenauswertung und zeitnahes Inkraftsetzen eines Konzepts durch den Grundsicherungsträger
erforderlich. Letzteres muss innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende der Datenerhebung und -auswertung
erfolgen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017, B 4 AS 33/16 [18], Juris).
Die Datenauswertung war mit dem Bericht von Juli 2012 beendet; dabei waren noch die Angebotsmieten von September 2011 bis
Februar 2012 eingeflossen. Dieses Konzept wurde mit der Richtlinie zum 1. August 2012 und somit zeitnah umgesetzt. Somit kann
davon ausgegangen werden, dass die zugrunde gelegten Daten für einen Zeitraum von zwei Jahren ab dem Inkrafttreten der Richtlinie
bis Juli 2014 hinreichend aktuell waren und Anwendung finden durften.
b.b.
Ab August 2014 konnten die Daten des Konzepts jedoch nicht mehr herangezogen werden. Mit der Indexfortschreibung des Konzepts
zum Stichtag 1. August 2014 und der Umsetzung in der Richtlinie vom 2. Februar 2015 wurde den Anforderungen an eine regelmäßige
Aktualisierung der Daten Rechnung getragen. Die erfolgte Indexfortschreibung begegnet inhaltlich keinen Bedenken, sie erfolgte
analog der Regelungen für qualifizierte Mietspiegel.
c.c.
Soweit in Abweichung zum
BGB nicht auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland, sondern auf den Preisindex für die Entwicklung der Mietkosten in Sachsen-Anhalt
(getrennt nach Wohnungskaltmieten und Wohnungsnebenkosten in Abt. 2.2.4.1 und 2.2.4.2 des Verbraucherpreisindex Dezember 2014)
abgestellt wurde, ist dies zu akzeptieren. Ein Rückgriff auf den bundesdeutschen Jahresverbraucherpreisindex wäre nicht zwingend
gewesen. Nur für den Fall, dass ein Fortschreibungskonzept gar nicht vorliegt und auch nicht nachgeholt worden ist, stellt
das BSG auf den bundesdeutschen Verbraucherindex ab (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017, B 4 AS 33/16 [20 f.], Juris). Hat ein Grundsicherungsträger jedoch - wie hier - selbst ein konkretes Fortschreibungskonzept entwickelt,
ist dieses im Rahmen der Methodenfreiheit gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Das Abstellen auf die Entwicklung der
Wohnungsmieten und -nebenkosten im Land Sachsen-Anhalt bewegt sich im Rahmen dieser Methodenfreiheit. Damit war das Ziel verbunden,
die Entwicklungen des Wohnungsmarkts im Landkreis möglichst realitätsnah zu erfassen. Genau dies kann bei einem Rückgriff
auf den bundesdeutschen Verbraucherpreisindex weniger verlässlich sichergestellt werden.
c.c.
Schließlich ist auch der Vergleich der Indexentwicklung von Dezember 2011 (Stichtag der ersten Datenerhebung für den Bericht
2012) bis August 2014 (Ablauf der Zwei-Jahresfrist nach Inkrafttreten der ersten Richtlinie) von der Methodenfreiheit im Rahmen
des schlüssigen Konzepts gedeckt. Es war nicht etwa zwingend notwendig, die Indexierung an der Zwei-Jahresfrist für die Laufzeit
der Richtlinie (1. August 2012 bis 31. Juli 2014) auszurichten. Stehen mehrere Schätzgrundlagen zur Auswahl, darf sich der
Grundsicherungsträger auf die Daten stützen, die ihm am besten geeignet erscheinen. Der Stichtag Dezember 2011 spiegelt die
zu diesem Zeitpunkt vorgefundenen Mietpreise im Landkreis besser als die - nur über eine weitere Indexierung ermittelbaren
- Werte am 1. August 2012 wieder.
4.
Ein Fall einer vorübergehenden oder dauerhaften subjektiven Unzumutbarkeit eines Umzugs oder einer Kostensenkung lässt sich
nicht feststellen. Dies würde zwar nicht zur Angemessenheit der tatsächlichen Mietkosten führen, könnte jedoch eine Verlängerung
der Frist für eine Kostensenkung erforderlich machen (BSG, Urteil vom 22. August 2012, B 14 AS 13/12 R [30], Juris). Die Darlegungslast für eine fehlende Möglichkeit und/oder die Unzumutbarkeit der geforderten Kostensenkung
liegt beim Leistungsberechtigten. Nur bei schlüssiger Darlegung vergeblicher Suchaktivitäten liegt die Beweislast für eine
zumutbare Kostensenkung bei der Behörde. Es müssen daher stets Einwände zur Unmöglichkeit eines Wohnungswechsels vorgebracht
werden (BSG, Urteil vom 19. März 2008, B 4 AS 43/06 R [15], Urteil vom 13. April 2011, B 14 AS 32/09 R [13], Juris).
a.
Gründe dafür, dass die Regelfrist von sechs Monaten unzureichend gewesen und eine abweichende Festlegung der Kostensenkungsfrist
erforderlich gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Nicht erheblich sind dafür die im Widerspruchsverfahren vorgebrachten Einwände
der besonderen Umstände des Einzelfalls. Klavierspiel sowie Haustiere können ggf. eine Wohnungssuche erschweren. Die Klägerin
hat jedoch bis zuletzt nicht einmal behauptet, in der gesetzten Frist von sechs Monaten - oder danach - trotz intensiver Suche
keine andere Wohnung gefunden zu haben.
b.
Auch im Hinblick auf die Regelung in § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II kommt eine Unzumutbarkeit der Kostensenkung nicht in Betracht. Es ist hier zu prüfen, ob die ermittelten angemessenen Aufwendungen
im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere im Hinblick auf die Zumutbarkeit notwendiger Einsparungen einschließlich
eines Umzugs, konkret angemessen sind. Dies gilt sowohl für eine zu hohe Bruttokaltmiete als auch für zu hohe Heizkosten (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 10/18 R [21] und vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R [30], Juris). Ein Wohnungswechsel ist unzumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren
Brutto-Warmkosten als bisher anfielen. Soweit die tatsächlichen Gesamtaufwendungen die Vergleichskosten nicht übersteigen,
sind Kostensenkungsmaßnahmen nicht zumutbar. Übersteigen jedoch die tatsächlichen Gesamtkosten die Vergleichswerte, ist eine
Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz zumutbar (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R [33], Juris).
a.a.
Die tatsächlichen Gesamtkosten betrugen hier mindestens 591 € (für März 2013, danach jeweils mehr). Der angemessene Vergleichswert
(unter Berücksichtigung von Heizkosten i.H.v. 82,50 €/Monat nach dem bundesweiten Heizspiegels 2013, s.u.) hätte 368,20 €
für März bis August 2013, 367,80 € für März bis Juli 2014 bzw. 375,00 € für August 2014 betragen (dazu 5.). Er hätte deutlich
unter den tatsächlichen Mietkosten gelegen und führt daher nicht zur Unzumutbarkeit von Kostensenkungen.
c.c.
Der Beklagte war auch nicht im Wege der Ermessensausübung verpflichtet, wegen der Wirtschaftlichkeitsprüfung die gesamten
Bruttowarmkosten zu prüfen, ob von einer Kostensenkungsaufforderung abzusehen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Zum einen ist § 22 Abs. 10 SGB X, der eine Gesamtangemessenheitsgrenze ausdrücklich regelt, erst zum 1. August 2016 in Kraft getreten. Zum anderen geht das
Konzept des Beklagten ausdrücklich nicht von einer Gesamtangemessenheitsgrenze aus (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R [27], Juris).
5.
Es kann hier offenbleiben, ob die Ermittlung der angemessenen Heizkosten den Vorgaben des BSG entsprach (verneinend: Senatsurteil vom 31. Januar 2018, L 5 AS 201/17 ). Denn auch unter Zugrundelegung dieser Beträge (82,50 €/Monat nach dem zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung anwendbaren
bundesweiten Heizspiegels 2013, Hausfläche 501 bis 1.000 qm, Erdgas) hätte die Klägerin keinen weiteren Leistungsanspruch
auf kopfteilige KdUH als bisher bewilligt wurden:
Die Klägerin hätte für März bis August 2013 kopfteilig einen Anspruch auf angemessene KdUH i.H.v. 192,89 €/Monat gehabt (Kaltmiete
299,40 € + Heizkosten 82,50 € + Strom 3,88 € : 2 Personen) Davon war der individuelle Mehrbedarf für Warmwassererzeugung i.H.v.
8,79 €/Monat abzusetzen, weil diese über die Heizung erfolgte (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, B 4 AS 45/14 R [34]). Es verblieb ein kopfteiliger Anspruch für die Klägerin i.H.v. 184,10 €/Monat. Bewilligt wurden ihr mit Änderungsbescheid
vom 2. April 2014 196,68 € (161,40 € + 35,28 €).
Die Klägerin hätte für März bis Juli 2014 kopfteilig einen Anspruch auf angemessene KdUH i.H.v. 183,90 €/Monat gehabt (Kaltmiete
299,40 € + Heizkosten 82,50 € + Strom 3,88 € : 2 Personen, abzüglich individueller Mehrbedarf für Warmwassererzeugung 8,99
€). Bewilligt wurden ihr mit Änderungsbescheid vom 2. April 2014 kopfteilig 196,59 € (161,40 € + 35,19 €).
Die Klägerin hätte für August 2014 kopfteilig einen Anspruch auf angemessene KdUH i.H.v. 187,50 €/Monat (Kaltmiete 306,60
€ + Heizkosten 82,50 € + Strom 3,88 € : 2 Personen, abzüglich individueller Mehrbedarf für Warmwassererzeugung 8,99 €) gehabt.
Bewilligt wurden ihr mit Änderungsbescheid vom 2. April 2014 kopfteilig 196,59 € (161,40 € + 35,19 €).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Die Klage der Klägerin ist erfolglos geblieben.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG). Die Frage der Bestimmung des VR und der Anforderungen an ein schlüssiges Konzept sind obergerichtlich geklärt. Es handelt
sich um tatrichterliche Beweiswürdigungen für allgemeine Prüfungsmaßstäbe (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R [20], Juris).