Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, die an die Klägerin gezahlte Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum
2. Mai 2003 bis 26. Oktober 2003 zurückzufordern.
Die am 1974 geborene Klägerin war vom 27. Juni 2000 bis zum 31. Dezember 2001 als kaufmännische Angestellte tätig. Ab dem
1. Januar 2002 bezog sie bis zum 26. Dezember 2002 Arbeitslosengeld (Alg). Im Anschluss daran bewilligte ihr die Beklagte
vom 27. Dezember 2002 bis 26. Dezember 2003 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Mit Änderungsbescheid vom 17. Januar 2003 bewilligte
sie ab dem 1. Januar 2003 Alhi zunächst in Höhe von 19,52 EUR täglich (Leistungsgruppe B, erhöhter Leistungsatz) was sie ab
dem 17. Januar 2003 auf die Leistungshöhe von 18,42 EUR täglich abänderte (Leistungsgruppe A, erhöhter Leistungsatz nach Wechsel
der Steuerklasse).
In einem als Fortzahlungsantrag bezeichneten Antrag vom 17. Januar 2003 gab die Klägerin an, dass sie ab dem 21. Januar 2003
eine Nebentätigkeit bei der Firma P. B. - und H. AG (künftig: Arbeitgeberin) als "Aushilfe Kasse" aufnehme. Nach der Bescheinigung
über Nebeneinkommen der Arbeitgeberin war sie in der 4. Kalenderwoche (KW) 11,75 Stunden und in der 5. KW 12 Stunden tätig.
Zum 1. März 2003 nahm sie eine befristete Teilzeittätigkeit bis zum 31. März 2003 als Kassiererin mit 30 Wochenstunden bei
dieser Firma auf, welche sie erst am 30. April 2003 wieder beendete. Die Beklagte hob mit Bescheid vom 11. März 2003 die Bewilligung
von Arbeitslosenhilfe befristet für den Monat März 2003 auf. Die Klägerin meldete sich am 22. April 2003 wieder arbeitslos.
In dem Antragsformular gab sie an, dass sie ab dem 1. Mai 2003 als Kassiererin unter 15 Stunden wöchentlich bei der Arbeitgeberin
eine Beschäftigung ausübe. Ab dem 1. Mai 2003 bewilligte ihr die Beklagte wieder Arbeitslosenhilfe. In dem endgültigen Bescheid
der Beklagten vom 9. Mai 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alhi unverändert in Höhe von 18,42 EUR täglich (Leistungsgruppe
A, erhöhter Leistungssatz). Mit Schreiben vom 20. Juni 2003 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Bescheinigung über
Nebeneinkommen ab Februar 2003 bis laufend vorzulegen, weil ohne die erbetenen Unterlagen nicht festgestellt werden könne,
ob der Leistungsanspruch unverändert bestehe. In der eingereichten Bescheinigung über Nebeneinkommen bescheinigte ihre Arbeitgeberin
ihr eine Tätigkeit von 50 Stunden im Monat Mai 2003, welche sich auf eine regelmäßige Tätigkeit an den Werktagen (Montag bis
Samstag) zwischen 1,5 und 2,5 Stunden verteilte, so dass die Wochenarbeitsstunden von 12 Stunden pro Kalenderwoche nicht überschritten
wurden. Sie erklärte, dass der Klägerin keine Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang - 15 Stunden und mehr wöchentlich
- übertragen worden sei. Auf der Rückseite gab die Klägerin die ihr entstandenen Aufwendungen an. Die einfache Entfernung
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betrage 20 km und diese Fahrten habe sie im Mai 2003 an 25 Tagen durchgeführt. Mit ihrer
Unterschrift versicherte sie, dass diese Angaben der Wahrheit entsprechen. Auch in der Folgezeit bescheinigte ihr die Arbeitgeberin
eine kurzzeitige Tätigkeit mit einem Umfang von nicht mehr als 13 Stunden pro Kalenderwoche. Das angegebene Nebeneinkommen
zwischen 330 EUR und 385 EUR monatlich führte unter Berücksichtigung der Fahrkosten für eine Entfernung von 20 km zwischen
Arbeitsort und Wohnort bei einer Häufigkeit zwischen 21 und 23 Tagen im Monat nicht zu einer Anrechnung bei der Arbeitslosenhilfe.
Am 9. Oktober 2003 ging bei der Beklagten eine anonyme Anzeige ein, wonach die Klägerin seit Februar 2003 in Vollzeit bei
dem P. B. gearbeitet hätte. Offiziell sei die Tätigkeit als Nebenbeschäftigung angezeigt worden, die Klägerin habe jedoch
in Vollzeit gearbeitet. So habe sie in ihrem Scheidungsverfahren erklärt, durch ihre "Vollbeschäftigung" zeitlich eng gebunden
zu sein.
Die Klägerin sprach am 27. Oktober 2003 bei der Beklagten vor. Am 2. Dezember 2003 suchte ein Mitarbeiter der Beklagten den
P. B. in W. auf und bat um Herausgabe von Stunden-Nachweisen für die Tätigkeit der Klägerin. Der Zeuge R., stellv. Marktleiter
(Substitut), händigte Stundenzettel für die Klägerin für die letzten fünf Monate in Kopie aus und gab an, in der Zentrale
lägen die weiteren Stundennachweise sowie Duplikate der Lohnscheine und die Anmeldung zur Krankenkasse vor. Bei den Nachweisen
handelt es sich um ausgefüllte Formblätter überschrieben "Aushilfe 890" und gekennzeichnet "P. AG Vertraulich". Handschriftlich
ist über die Tabelle der Name der Klägerin geschrieben worden. Ein solcher Zettel sieht in Bezug auf den Monat Mai 2003 beispielhaft
wie folgt aus:
Name Vorname
K., A.
Datum
|
Von
|
Bis
|
|
2.5.
|
8.45
|
15.00
|
6,25
|
3.5.
|
9.00
|
16.00
|
6,75 / ¼ P.
|
5.5.
|
9.00
|
14.00
|
5 h
|
7.5.
|
14.00
|
20.00
|
6,0
|
14.5.
|
9.00
|
13.15
|
4,25
|
16.5.
|
9.00
|
12.45
|
3,75
|
23.5.
|
12.00
|
18.30
|
6,5
|
27.5.
|
9.00
|
15.00
|
6,0
|
28.5.
|
9.00
|
15.00
|
Juni 2003 0,50 gut 6,0 - 50,50 50 abger. Absprache Hr. R.
|
28.5.
|
15.00
|
18.00
|
3,0
|
Die Stundenzahl pro Monat liegt zwischen 38 und 50 Stunden. Im Juni 2003 sind 3,5 Stunden als "mehr" gearbeitet als Summe
vermerkt (3 Stunden und 0,5 Stunden Übertrag von Mai 2003). In verschiedenen Beschäftigungswochen - BW - (beginnend ab Freitag
bis Donnerstag) bzw. Kalenderwochen (KW) kam es zu Überschreitungen oder Erreichen der 15-Stundengrenze:
BW
|
2.5. - 8.5.
|
24 h
|
19. KW
|
-
|
keine Überschreitung
|
BW
|
23.5.- 29.5.
|
21,5 h
|
22. KW
|
26.5. - 31.5.
|
15 h
|
BW
|
27.6.-3.7.
|
22,25 h
|
25. KW
|
16.6.-22.6.
|
15,75 h
|
26. KW
|
23.6.-29.6.
|
17,5 h
|
BW
|
4.7.-10.7.
|
29 h
|
27. KW
|
30.6.-6.7.
|
17,25 h
|
BW
|
22.8. 28.8.
|
26,5 h
|
28. KW
|
7.7.-13.7.
|
23 h
|
33. KW
|
11.8.-17.8.
|
16 h
|
BW
|
5.9.-11.9.
|
21,5 h
|
36. KW
|
1.9.-7.9.
|
22,5 h
|
BW
|
26.9.-2.10.
|
29,25 h
|
37. KW
|
8.9.-14.9.
|
17 h
|
BW
|
17.10.-23.10.
|
30 h
|
42. KW
|
13.-19.10.
|
17 h
|
43. KW
|
20.-26.10.
|
30,25 h
|
Für weitere Einzelheiten wird auf Bl. 225 bis 227 der Verwaltungsakte verwiesen.
Auf wiederholte Nachfrage teilte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 11. März 2004 mit, dass es sich nach Auskunft ihres Marktleiters
bei den ausgehändigten Unterlagen lediglich um Planungszettel gehandelt habe. Die Klägerin habe in der Zeit vom 21. Januar
2003 bis 28. Februar 2003 und vom 2. Mai 2003 bis 20. Februar 2004 nur eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt. Als Anlage
fügte sie die Monatsendabrechnungsbelege für den gesamten Beschäftigungszeitraum bei, nach dem der Entgeltanspruch abgerechnet
und bescheinigt worden sei. In diesen "Monatsstundenmeldungen für geringfügig beschäftigte Mitarbeiter" für Markt Nr. 890
sind die Stunden so aufgeführt (fast immer arbeitstäglich 2,0 Stunden) wie in der Arbeitsbescheinigung. Die Klägerin hat mit
Unterschrift bestätigt, in der angegebenen Zeit beschäftigt gewesen zu sein (Bl. 244 VA). Bei einer Konfrontation mit den
Vorwürfen, auch dem Vorwurf, zu Unrecht zu viele Fahrten zum Arbeitsplatz angegeben zu haben, anlässlich eines Gespräches
in den Räumen der Beklagten am 2. Februar 2004, habe die Klägerin nach einem Aktenvermerk der Beklagten "unter Tränen ausgesagt",
dass dies bei allen geringfügig Beschäftigten so gehandhabt wurde.
Mit Schreiben vom 27. September 2004 hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass sie beabsichtige, die Alhi vom 2. Mai 2003
bis 26. Oktober 2004 aufzuheben und zu Unrecht gezahlte Alhi in Höhe von 3.355,30 EUR sowie Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge
in Höhe von 499,94 EUR bzw. 57,04 EUR von ihr zurückzufordern. Hierzu erklärte die Klägerin, dass sie die Kurzzeitigkeitsgrenze
nicht überschritten und ihre damalige Arbeitgeberin der Beklagten stets ordnungsgemäß und zutreffend ausgefüllte Bescheinigungen
übersandt habe. Ihr sei nicht ersichtlich, wie die Beklagte zu dem Schluss komme, sie habe in dem betreffenden Zeitraum mehr
gearbeitet als sie angegeben habe. Sie könne bei Bedarf die von ihr ausgefüllten und von dem Marktleiter jeweils gegengezeichneten
Monatsstundenmeldungen zur Verfügung stellen; diese stimmten mit der Nebentätigkeitsbescheinigung überein.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 19. Oktober 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. Dezember 2004 hob
die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 2. Mai 2003 bis 26. Oktober 2003 auf und forderte die
Erstattung von zu Unrecht gezahlten Leistungen in Höhe von 3.823,04 EUR, bestehend aus Leistungen für Arbeitslosenhilfe in
Höhe von 3.278,76 EUR (178 Tage x 18,42 EUR) sowie Beiträgen zur Kranken- (14,9 %) und Pflegeversicherung (1,7 %) in Höhe
von 544,28 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und verwies auf die Bestätigung ihres Arbeitgebers, dass sie nicht über 15 Stunden
wöchentlich gearbeitet habe. Sie habe am 2. Februar 2004 in dem Gespräch bei der Beklagten auch nicht behauptet, mehr als
bescheinigt gearbeitet zu haben, sondern nur bestätigt, die Zettel (Bl. 225 ff. VA), die es für jede Aushilfe gebe, zu kennen,
außerdem sei sie in einer psychischen Ausnahmesituation gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2004 wies die Beklagte
den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Überschreitung sei nicht nur gelegentlich gewesen, sondern es sei voraussehbar gewesen,
dass sich die Überschreitung wiederholen würde.
Am 5. Januar 2005 hat die Klägerin hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Ihre Klage hat sie wie folgt begründet: Sie habe - auch unter Berücksichtigung der Beschäftigungswoche von Freitag
bis Donnerstag - zu keiner Zeit 15 Wochenstunden oder mehr gearbeitet. Bei den "Zetteln" handele es sich um Planungszettel,
die die Planstunden (das "Soll") und nicht die tatsächlich geleisteten Stunden darstellten. Der tatsächliche Einsatz sei auf
den Monatsstundenmeldungen vermerkt worden. Zum Beweis dafür, dass die beschlagnahmten Unterlagen keinerlei Aussagekraft hätten,
führte sie den Marktleiter G. und den Substitut R. als Zeugen an. Die Planungsstunden ließen keinen Aussteller erkennen und
seien nicht gegengezeichnet.
Mit Urteil vom 13. November 2008 hat das SG die Klage nach Vernehmung der Zeugen M. R. (Substitut) und S. G. (Marktleiter) abgewiesen. Für den Inhalt der Zeugenaussagen
wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 77-79 der Gerichtsakte) verwiesen. Zur Begründung der Entscheidung hat das SG ausgeführt: Es sei überzeugt davon, dass die Klägerin mehrmals eine wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden und mehr verrichtet
habe. So sei die Kammer überzeugt, dass die Stundennachweise, die den Mitarbeitern der Beklagten ausgehändigt worden seien,
keine Unterlagen zur Planung des Arbeitseinsatzes der Klägerin, sondern Angaben zu den tatsächlich geleisteten Stunden darstellten.
Die Klägerin hätte wissen müssen, dass sie 15 und mehr Stunden bezogen auf die Beschäftigungswoche verrichtet habe.
Gegen dieses ihr am 23. Januar 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Februar 2009 Berufung eingelegt: Die Entscheidung
des SG werde von dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht getragen. Die Zeugen hätten zum Ausdruck gebracht, dass es sich um Planungszettel
handelte. Es ergäben sich keine Hinweise darauf, dass die Klägerin und die Mitarbeiter der Arbeitgeberin gemeinsam falsche
Angaben gemacht hätten. Tatsächlich habe die Klägerin ihre Arbeitsleistungen entsprechend den eingereichten (offiziellen)
Stundenzetteln erbracht und nur die entsprechend aufgeführten Summen erhalten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 13. November 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2004 in der Fassung
des Änderungsbescheides vom 6. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Der Vortrag zu den angeblichen Planungszetteln sei nicht nur lebensfremd,
sondern werde auch von der ersten, ungeplanten Reaktion der Klägerin anlässlich der Vorsprache in der Agentur am 2. Februar
2004 widerlegt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Sie ist aber nicht begründet. Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 6. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2004 ist rechtmäßig.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen,
die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Veränderung eintritt. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit (...) 2. der Betroffene
einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher oder für ihn nachteiliger Änderungen der
Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, (...) 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil
er die erforderliche Sorgfalt in besonders strengem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch
kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Ein Ermessensspielraum ist der Beklagten in diesen Fällen nicht eingeräumt (§
330 Abs.
3 SGB III). Soweit der Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 50 SGB X).
Gegenstand ist die Ausgangsbewilligung für Leistungen im Jahr 2003 gewesen. Die Ausgangsbewilligung für 2003 vom 17. Januar
2003 in der geänderten Fassung war nur partiell für den Monat März 2003 von der Beklagten aufgehoben worden. D. h. die Bewilligung
war für die Zeit ab Mai 2003 bis zum 26. Dezember 2003 weiter in Kraft. Der in der Höhe gleichlautende Bewilligungsbescheid
vom 9. Mai 2003 hat dann nur eine bestätigende Funktion gehabt, so dass nicht ein von Anfang an rechtswidriger Bescheid zu
prüfen ist. Es handelt sich bei dem "Bescheid" vom 9. Mai 2003 um eine Wiederholung des Verfügungssatzes in einem weiteren
Bescheid. Eine neue Rechtsfolge wird durch eine Wiederholung der Verfügungssätze nicht gesetzt (vgl. Engelmann in von Wulffen,
SGB X, 6. Aufl., § 31, Rn. 32).
Durch die Aufnahme der Tätigkeit bei der Arbeitgeberin ab dem 2. Mai 2003 sind die Voraussetzung für einen Anspruch auf Alhi
nach §
117 Abs.
1 Nr.
1 i. V. m. § 198 Satz 2
SGB III entfallen, weil die Klägerin nicht mehr arbeitslos war. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer nach §
118 Abs.
1 SGB III, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und darüber hinaus eine versicherungspflichtige
mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Dabei schließt nach §
118 Abs.
2 Satz 1
SGB III eine Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wobei
gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt bleiben. Bei der Beurteilung, wann eine Beschäftigung die vorgenannte
Zeitgrenze überschreitet, ist eine prognostische Betrachtungsweise anhand der Merkmale und Umstände, die bei Beschäftigungsbeginn
vorlagen, vorzunehmen (BSG, Urteil vom 29. Oktober 2008 - B 11 AL 44/07 R - zitiert nach juris). Insoweit ist vorrangig auf die getroffene Vereinbarung abzustellen und nur wenn eine solche nicht
bestand, festzustellen, ob die Beschäftigung der "Natur der Sache nach" kurzzeitig war. Für die Frage der Überschreitung der
Kurzzeitigkeitsgrenze ist dabei auf die Beschäftigungswoche, beginnend mit dem Tag der Beschäftigungsaufnahme und die weiteren
sechs aufeinanderfolgenden Kalendertage abzustellen (vgl. Bayerisches LSG - L 10 AL 196/09 - zitiert nach juris m. w. N.; dazu tendierend, aber offen gelassen BSG, Urteil vom 13. Juli 2006 - B 7a AL 16/05 R -). Es ist für die Betrachtung der Kurzzeitigkeit auf den Beginn der Beschäftigung
abzustellen, auch um damit Missbrauch zu verhindern. Letztlich kann dies hier aber dahinstehen, da sowohl in Bezug auf die
Beschäftigungswoche als auch in Bezug auf die Kalenderwoche die Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten wurde.
Die Beschäftigung beginnend ab dem 2. Mai 2003 war von vornherein darauf angelegt, die Kurzzeitigkeitsgrenze zu überschreiten.
Die Klägerin stand auf Abruf zur Arbeitsleistung bereit. Tatsächlich hat sie auch - unabhängig davon ob der Senat die Kalenderwoche
als Beschäftigungswoche annimmt oder den ersten Einsatz als Beginn der Beschäftigungswoche ansieht - in zahlreichen Wochen
drei oder mehr Schichten von fünf bis sechs Stunden in der Woche geleistet. Es finden sich Überschreitungen der Kurzzeitigkeitsgrenze
in der Beschäftigungswoche 2. Mai bis 8. Mai 2003 (24 Stunden), 23. Mai bis 29. Mai 2003 (21,5 Stunden), 27. Juni bis 3. Juli
2003 (22,25 Stunden), 4. Juli bis 10. Juli 2003 (29 Stunden), 22. August bis 28. August 2003 (26,5 Stunden) usw.; nichts anders
gilt auch wenn man Kalenderwochen im Jahr 2003 zugrunde legen würde (22. KW (15 Stunden), 25. KW (15,75 Stunden), 26. KW (17,5
Stunden), 27. KW (17,25 Stunden), 28. KW (23 Stunden). Es gibt dabei keine Anhaltspunkte, dass sich die Beschäftigung im Verlauf
der Zeit verändert hat. Insofern hat die Beklagte zu Recht darauf abgestellt, dass die Beschäftigung schon seit Beginn der
Beschäftigung am 2. Mai 2003 darauf angelegt war, die Kurzzeitigkeitsgrenze zu überschreiten.
Für die Beschäftigungszeiten legt der Senat die Angaben auf den sogenannten "Planungszettel", also die vom Zeugen R. den Mitarbeitern
der Beklagten ausgehändigten Stundenzettel zugrunde, nicht aber die offiziellen Nebentätigkeitsbescheinigungen oder die "Monatsstundenmeldungen".
Der Senat ist bei Würdigung der vorliegenden Beweismittel davon überzeugt, dass diese Angaben auf den angeblichen "Planungszettel"
den tatsächlichen Arbeitsleistungen entsprachen.
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich um offizielle Stundenaufzeichnungen über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit
handelt. Der hierbei verwendete Vordruck stammt nach den Kennzeichnungen "Aushilfen 890" und vor allem "P. AG Vertraulich"
von der Arbeitgeberin. Die betreffenden angeblichen Planungszettel sind der Mitarbeiterin der Beklagten auf Nachfrage nach
den "Stundennachweisen" für die Klägerin von dem für die Planung der Arbeitskräfte im Rahmen der geringfügigen Beschäftigung
bei der Arbeitgeberin im Markt Verantwortlichem, dem Zeugen R., ausgehändigt worden - mit dem Bemerken, die früheren Monate
befänden sich bereits in der Zentrale. Es handelt sich um detaillierte Stundenaufzeichnungen für jeden einzelnen Arbeitstag,
mit Angabe von Pausenzeiten (z. B. "1/4 P" am 3. Mai 2003). Zudem wurden die Stundenzeiten erkennbar einer Abrechnung zugrunde
gelegt, indem von "Gutstunden" die Rede ist sowie Monatssummen der Stunden und Überträge gebildet wurden. Es finden sich Vermerke
wie "Absprache R. ", die auf konkrete Absprachen für zusätzlich geleistete Arbeitsstunden hindeuten. Die betreffenden zusätzlichen
(nicht abgerechneten) 3 Stunden im Monat Mai 2003 sind zusätzlich im nächsten Monat verzeichnet mit der Bemerkung "Übertrag
von Mai 2003". Die abgerechnete Gesamtstundenanzahl - insbesondere in Bezug auf den Übertrag von 3,5 Stunden von Mai 2003
zu Juni 2003 entsprach auch den tatsächlich nach der offiziellen Abrechnung gezahlten Stunden (46,25 Stunden im Juni 2003).
Die schriftlich vorliegenden erstinstanzlichen Zeugenaussagen der Zeugen R. und G. vermochten keine plausible Erklärung für
die Existenz der detaillierten Stundenaufzeichnungen mit Abrechnungsvermerken zu geben. Ihre Aussage war insoweit unergiebig,
weil der Zeuge G. angab, die betreffenden Aufzeichnungen nicht zu kennen und mit ihnen "nichts zu tun gehabt zu haben". Auch
der Zeuge R. distanzierte sich von den Angaben auf dem sog. Planungszettel, indem er angab die Zettel nicht gefertigt zu haben,
sie aber zu kennen. Er bestätigte, sie der Mitarbeiterin der Beklagten ausgehändigt zu haben und bestätigte, dass es sich
um Aufzeichnungen aus dem Bereich Kasse handele. Er erläuterte, dass es vorkommen könne, dass die Planungen nicht mit dem
tatsächlichen Einsatz übereinstimmten. Er konnte jedoch nicht erklären, wieso die offiziellen Stundenangaben von täglich fast
immer 2 Stunden ausgingen, wohingegen sich die Planungen auf Schichten von 5 bis 6 Stunden an einzelnen Tagen bezogen. Insoweit
ist es unerheblich, dass der Zeuge hervorhob, es handele sich um "Planungsunterlagen".
Nach der aufgezeigten Praxis und der Häufigkeit der Überschreitungen der Kurzzeitigkeitsgrenze scheidet eine nicht erhebliche
gelegentliche Abweichung von geringer Dauer aus. Für eine gelegentliche Überschreitung ist Voraussetzung, dass die Überschreitung
nicht voraussehbar war und sich innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht wiederholt. Es handelt sich
hier um häufige planmäßige Überschreitungen der Kurzzeitigkeitsgrenze.
Zugleich mit der Aufnahme der nicht kurzzeitigen Beschäftigung ab dem 2. Mai 2003 entfiel damit die Wirkung ihrer Arbeitslosmeldung
nach §
122 Abs.
2 Nr.
2 SGB III, weil sie die Aufnahme einer nicht nur geringfügigen Beschäftigung der Beklagten nicht unverzüglich angezeigt hatte.
Die Voraussetzung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X, wonach die Klägerin einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger
Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, liegt ebenfalls vor. Das Verschulden
muss sich sowohl auf das Bestehen einer Mitteilungspflicht als auch auf das sie auslösende Ereignis beziehen (KassKomm-Steinwedel
§ 48 SGB X, Rn. 43). Die Klägerin hat zunächst die Pflicht mitzuteilen, wenn sie eine Nebentätigkeit aufnimmt und welchen Verdienst
sie dabei erzielt. Die Klägerin musste zudem mitteilen, wenn sich die Verhältnisse geändert haben und die Nebentätigkeit die
15 Stunden-Grenze pro Woche erreicht bzw. überschreitet. So ist sie nach §
60 Abs.
1 Nr.
2 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch - Allgemeiner Teil (
SGB I) verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der
Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen.
Die Klägerin handelte zumindest grob fahrlässig, als sie diese Änderung mit der neuerlichen Tätigkeitsaufnahme zum 2. Mai
2003 der Beklagten nicht mitteilte und sogar falsche Angaben zu der Häufigkeit ihrer Einsätze machte. Grobe Fahrlässigkeit
liegt nach der gesetzlichen Definition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Es kommt dabei auf die persönliche
Einsichtsfähigkeit des Betreffenden an. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste,
ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss.
Unter Beachtung dieses subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabes ist die unterlassene Mitteilung von Wochenarbeitszeiten von 15
Stunden und mehr in der Woche schlechthin unentschuldbar i. S. einer groben Fahrlässigkeit.
Jedenfalls das Einreichen der in Bezug auf die Verteilung der geleisteten Stunden falschen Nebentätigkeitsbescheinigung (in
Bezug auf Monat Mai 2003 auch der falschen Gesamtstundenanzahl) in Verbindung mit der falschen Angabe zu den durchgeführten
Fahrten zur Arbeit erfüllt den Tatbestand nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X. Zwar werden Nebentätigkeitsbescheinigungen vom Arbeitgeber ausgefüllt, gleichwohl darf der Arbeitnehmer "nicht sehenden
Auges" eine falsche Bescheinigung beim Leistungsträger abgeben, um eine nicht zustehende Leistung zu erhalten. Da der Leistungsempfänger
eine eigene Pflicht hat, alle Tatsachen anzugeben, die für den Leistungsbezug erheblich sind (§
60 Abs.
1 Nr.
1 SGB I), kann auch das Nichtentgegentreten zu von anderen falsch bescheinigten Arbeitsstunden und Arbeitsentgelten, eine Verletzung
von Mitteilungspflichten sein. Es gehört zu seinen Nebenpflichten, etwaige offensichtliche Unrichtigkeiten gegenüber der Arbeitsagentur
zu korrigieren. Grundsätzlich ist es daher grob fahrlässig, wenn erkennbar falsche und auch erkennbar leistungsrelevante Angaben
des Arbeitgebers nicht richtiggestellt bzw. eigene Angaben hierzu unterlassen werden. Hier kommt entscheidend hinzu, dass
die Klägerin eigenständige falsche Angaben gemacht hat, indem sie eine falsche Anzahl an Fahrten zur Arbeit selbst angegeben
hat, die die Arbeitgeberangaben auf der Vorderseite stützten. Gerade dieses Zusammenwirken zwischen Arbeitgeberin und Klägerin
zeigt, dass der Klägerin die Rechtserheblichkeit der falschen Angaben bewusst gewesen sein musste. Hat sie tatsächlich nur
an ca 9 - 10 Tagen im Monat gearbeitet, muss sie bewusst eine falsche Anzahl von 25 Tagen angegeben haben. Nur durch ihre
falsche Angabe fiel der Widerspruch zwischen den tatsächlichen Fahrten und den von der Arbeitgeberin angegebenen Arbeitsstunden
pro Tag nicht auf. Hätte die Klägerin auf der Rückseite die richtige Zahl an Fahrten angegeben, wäre der Beklagten vermutlich
der Widerspruch zu den Arbeitgeberangaben aufgefallen. Es ist daher unbeachtlich, wenn die Klägerin gemeint haben sollte,
es käme auf eine durchschnittliche Betrachtungsweise an. Der Klägerin hätte schon bei einfachsten Überlegungen bewusst sein
müssen, dass die Arbeitsbescheinigung auch in rechtserheblicher Weise - auch durch ihr eigenes Zutun - falsch war.
Die Erstattungspflicht folgt dem Umfang der Aufhebung der Alhi gemäß § 50 Abs. 1 SGB X nach. Den Umfang der zu erstattenden Leistungen hat die Beklagte zutreffend ermittelt. Es waren im Aufhebungszeitraum für
178 Leistungstage jeweils 18,42 EUR = 3.278,76 EUR gezahlt worden. Die von der Klägerin zu leistende Erstattung der von der
Beklagten gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ergibt sich mangels eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses
aus §
335 Abs.
1 Satz 1
SGB III und ist in der Höhe ebenfalls nicht zu beanstanden (14,9 % KV und 1,7 % PV-Beitrag von 3.278,76 EUR = insges. 544,28 EUR).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 Abs.
1 und 4
SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung, der
keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist.