Anspruch auf Elterngeld; Anrechnung von Mutterschaftsgeld bei Mehrlingsgeburten
Tatbestand:
Im Streit steht die Höhe des der Klägerin bewilligten Bundeselterngeldes in der Zeit vom 4. Dezember 2008 bis zum 3. Mai 2009.
Die Klägerin war versicherungspflichtig beschäftigt und erzielte ausweislich der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen ihres Arbeitgebers
ein Bruttoentgelt in Höhe von monatlich 1.200,00 EUR (911,52 EUR netto) in der Zeit von Oktober bis Dezember 2007, in Höhe
von monatlich 1.260,00 EUR (952,64 EUR netto) in der Zeit von Januar bis Mai 2008, in Höhe von 1.092,00 EUR (850,81 EUR netto)
im Juni 2008, in Höhe von 1.176,00 EUR (900,96 EUR netto) im Juli 2008 und in Höhe von monatlich 1.260,00 EUR (951,06 EUR
netto) in der Zeit von August bis Dezember 2008. In der Zeit vom 27. Juni 2008 bis zum 2. Juli 2008 bezog die Klägerin Krankengeld
in Höhe von insgesamt 150,10 EUR.
Am ... 2008 gebar die Klägerin die Kinder N. und Ni. In der Zeit vom 4. Dezember 2008 bis zum 9. April 2009 bezog sie von
der IKK Sachsen Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 EUR kalendertäglich und von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld
in Höhe von 18,32 EUR kalendertäglich wie folgt: vom 4. Dezember 2008 bis zum 3. Januar 2009 in Höhe von insgesamt 970,92
EUR, vom 4. Januar 2009 bis zum 3. Februar 2009 in Höhe von insgesamt 970,92 EUR, vom 4. Februar 2009 bis zum 3. März 2009
in Höhe von insgesamt 876,96 EUR, vom 4. März 2009 bis zum 3. April 2009 in Höhe von insgesamt 970,92 EUR und vom 4. April
2009 bis zum 9. April 2009 in Höhe von insgesamt 187,92 EUR.
Am 23. Februar 2009 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Elterngeld anlässlich der Geburt ihrer Kinder für einen Zeitraum
von zwölf Monaten.
Mit Bescheid vom 11. März 2009 bewilligte das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Landesverwaltungsamt, als zu dieser
Zeit für die Gewährung von Elterngeld zuständiger Leistungsträger der Klägerin für die Zeit vom 4. Dezember 2008 bis zum 3.
Dezember 2009 Elterngeld in Höhe von monatlich 637,62 EUR nebst einer Erhöhung des Elterngeldbetrages für Mehrlingsgeburten
in Höhe von monatlich 300,00 EUR unter Anrechnung des Mutterschaftsgeldes und des Zuschusses des Arbeitsgebers zum Mutterschaftsgeld
mit folgenden Auszahlungsbeträgen: vom 4. Dezember 2008 bis zum 3. Februar 2009 in Höhe von monatlich 0,00 EUR, vom 4. Februar
2009 bis zum 3. März 2009 in Höhe von 60,76 EUR, vom 4. März 2009 bis zum 3. April 2009 in Höhe von 0,00 EUR, vom 4. April
2009 bis zum 3. Mai 2009 in Höhe von 750,00 EUR und vom 4. Mai 2009 bis zum 3. Dezember 2009 in Höhe von monatlich 937,62
EUR.
Hiergegen erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 14. April 2009 Widerspruch und ließ zur
Begründung im Wesentlichen ausführen: Die Berechnung des Elterngeldes stelle eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art.
3 Abs.
1 in Verbindung mit Art.
6 Abs.
1 und Abs.
4 des
Grundgesetzes (
GG) dar. Ausgehend von dem errechneten Geburtstermin am 2. Februar 2009 und der Mehrlingsgeburt ergebe sich eine über die gewöhnliche
Dauer des Beschäftigungsverbotes ab dem Zeitpunkt der Geburt hinausgehende Dauer von zehn Wochen, in welcher das Mutterschaftsgeld
und der Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld geleistet werde. Die im Rahmen des Elterngeldes für diesen Zeitraum
vorgenommene Anrechnung der Mutterschaftsleistungen benachteilige sie (die Klägerin) in nicht gerechtfertigter Weise im Vergleich
zu den Personen, bei denen mangels Mehrlings- und Frühgeburt die Dauer des Beschäftigungsverbotes nach der Geburt lediglich
acht Wochen umfasse. Insofern trete durch die in allen Fällen gleiche Anknüpfung an den Geburtstermin in dem bei ihr gegebenen
Fall einer Mehrlings- und Frühgeburt eine Verkürzung der Leistungsdauer des Elterngeldes ein. Dies widerspreche dem verfassungsrechtlichen
Prinzip des besonderen Schutzes von Ehe und Familie sowie des Anspruches auf Schutz und Fürsorge seitens der Gemeinschaft.
Im Weiteren dürfe der Mehrlingszuschlag des Elterngeldes nicht der Einkommensanrechnung unterliegen. Anderenfalls werde diese
der staatlichen Fürsorgepflicht entspringende Leistung benachteiligend gekürzt. Mit dem Mehrlingszuschlag solle dem Umstand
Rechnung getragen werden, dass sich der Staat der besonderen Förderung im Hinblick auf den erhöhten Aufwand bei Mehrlingsgeburten
stelle.
Mit Bescheid vom 24. Juli 2009 wies das Land Sachsen-Anhalt den Widerspruch der Klägerin zurück und führte unter Aufschlüsselung
der Berechnung des Elterngeldes im Einzelnen zur Begründung aus: Die Berechnung sei anhand der gesetzlichen Regelungen erfolgt.
Danach seien das Mutterschaftsgeld und der Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld zwingend auf das Elterngeld anzurechnen,
um Doppelleistungen zu vermeiden. Das Elterngeld sowie die Mutterschaftsleistungen dienten insoweit demselben Zweck, als diese
Leistungen anlässlich einer Geburt Einkommenseinbußen ersetzten. Dies sei auch bei Früh- und Mehrlingsgeburten der Fall.
Am 28. Juli 2009 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Halle über ihren Prozessbevollmächtigten Klage erhoben und ihr Begehren
weiter verfolgt. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt.
Der Beklagte als nunmehr statt des Landes Sachsen-Anhalt zuständiger Leistungsträger ist der Klage entgegen getreten und hat
auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides verwiesen.
Mit Urteil vom 20. April 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Berechnung des
Elterngeldes sei zutreffend nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erfolgt. Ein ungerechtfertigter Eingriff in die Grundrechte
der Klägerin sei nicht gegeben, weshalb die Sache nicht dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen sei. Eine Gewährung des Mehrlingszuschlages
ohne Einkommensanrechnung führte dazu, dass Einkünfte im Hinblick auf den Zuschlag unterschiedlich gewertet würden. Im Weiteren
sei auch bei Anrechnung der Mutterschaftsleistungen der durch den Gesetzgeber vorgesehene Mindeststandard für das erste Jahr
nach der Geburt sichergestellt.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 11. Mai 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Juni 2010 über ihren Prozessbevollmächtigten
Berufung erhoben. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Gesetzgeber habe in Anbetracht
der Gewährung des Mehrlingszuschlages erkannt, dass abweichend vom Regelfall der Einlingsgeburt im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes
ein abweichender Sachverhalt vorliege, sofern eine Mehrlingsgeburt gegeben und dieser Sachverhalt gesonderten Regelungen zuzuführen
sei. Die Unterwerfung dieses Mehrlingszuschlages unter die Einkommensanrechnung im Rahmen des Elterngeldes sei daher systemwidrig.
Obgleich der Gesetzgeber eine einkommensunabhängige Gewährung vorgesehen habe, liege eine Einkommensberücksichtigung vor.
Hierdurch würde die Verpflichtung zur Förderung der Familie konterkariert, indem der als besondere Förderung für die finanziellen
Mehrbelastungen vorgesehene Zuschuss aufgebraucht werde. Im Ergebnis komme es durch die vorgenommene Anrechnung zu einer gleichheitswidrigen
Verkürzung des Bezugszeitraumes des Elterngeldes im besonderen Fall einer Mehrlingsgeburt im Vergleich zu dem Regelfall. Diese
lasse sich in Ansehung des Art.
6 GG nicht rechtfertigen. Die im Verwaltungs- und im erstinstanzlich Verfahren vorgebrachten Einwände gegen die Dauer der Anrechnung
der Mutterschaftsleistungen halte sie (die Klägerin) angesichts der zwischenzeitlichen ergangenen obergerichtlichen Entscheidungen
nicht mehr aufrecht.
Nachdem die Klägerin zunächst sinngemäß beantragt hatte, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 20. April 2010 aufzuheben
und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli
2009 zu verurteilen, ihr Bundeselterngeld in verfassungsrechtlich gebotener Höhe zu bewilligen, beantragt die Klägerin nach
einer teilweisen Berufungsrücknahme nunmehr sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 20. April 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11.
März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2009 zu verurteilen, ihr Bundeselterngeld für die Zeit vom
4. Dezember 2008 bis zum 3. Mai 2009 über die bewilligte Höhe hinaus in Höhe von weiteren 300,00 EUR monatlich zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und auf die Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts. Ergänzend
trägt er im Wesentlichen vor: Sowohl das Elterngeld als auch die Mutterschaftsleistungen verfolgten den Zweck, die Einkommenseinbußen
aufgrund der fehlenden Ausübung der Erwerbstätigkeit zu ersetzen. Dieser Zweck, die Eltern bei der Sicherung des Lebensunterhaltes
zu unterstützen, sei mit der Zahlung der Mutterschaftsleistungen bereits erfüllt. Eine Benachteiligung in Fällen von Mehrlingsgeburten
sei nicht zu erkennen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beiakten sowie auf das Protokoll
des Termins der Erörterung der Sach- und Rechtslage am 10. August 2012 ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG).
Nachdem die Berufungsklägerin ihre Berufung im Termin am 10. August 2012 insoweit zurückgenommen hat, als sie nunmehr noch
im Zeitraum vom 4. Dezember 2008 bis zum 3. Mai 2009 weiteres Elterngeld in Höhe von 300,00 EUR monatlich im Hinblick auf
die Elterngelderhöhung bei Mehrlingsgeburten begehrt, hat der Senat ausschließlich über die Frage zu entscheiden, ob der Klägerin
in diesem Zeitraum weiteres Bundeselterngeld in Höhe von monatlich 300,00 EUR zusteht. Dies ist entgegen der Ansicht der Klägerin
nicht der Fall.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Die form- und fristgerecht nach §
151 Abs.
1 SGG erhobene und gemäß den §§
143,
144 SGG statthafte Berufung ist insoweit zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2009 ist, soweit er streitgegenständlich
ist, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen den Beklagten im streitigen Zeitraum
keinen Anspruch auf Gewährung von Elterngeld über die bewilligte Höhe hinaus.
Die Höhe des zu bewilligenden Elterngeldes bemisst sich im hier zu erkennenden Fall nach § 2 des Bundeselterngeldgesetzes (BEEG) in der bis zum 23. Januar 2009 geltenden Fassung in Verbindung mit § 3 BEEG.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich
erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate
gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt (Abs. 1 Satz 1). Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit
ist die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger
Arbeit im Sinne von §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 bis 4 des
Einkommensteuergesetzes nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen (Abs. 1 Satz 2). Nach Absatz 6 dieser Vorschrift erhöht sich bei Mehrlingsgeburten
das nach den Absätzen 1 bis 5 zustehende Elterngeld um je 300 Euro für das zweite und jedes weitere Kind. Gemäß Abs. 7 Satz
1 ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund
dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten
Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über
die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach §
9a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Buchstabe a des
Einkommensteuergesetzes anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Sonstige Bezüge im Sinne von §
38a Abs.
1 Satz 3 des
Einkommensteuergesetzes werden nicht als Einnahmen berücksichtigt (Abs. 7 Satz 2). Als auf die Einnahmen entfallende Steuern gelten die abgeführte
Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen
entfallende monatliche Anteil (Abs. 7 Satz 3). Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn-
und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers (Abs. 7 Satz 4). Nach Abs. 7 Satz 5 der Vorschrift bleiben Kalendermonate, in
denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums nach
§ 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der
Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt gemäß Abs. 7 Satz 6 für Kalendermonate,
in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der
Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung
Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Mutterschaftsgeld, das der Mutter nach der
Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte für die Zeit ab dem Tag der Geburt zusteht, mit Ausnahme des Mutterschaftsgeldes nach §
13 Abs.
2 des
Mutterschutzgesetzes auf das ihr zustehende Elterngeld nach §
2 angerechnet. Das Gleiche gilt für Mutterschaftsgeld, das der Mutter im Bezugszeitraum des Elterngeldes für die Zeit vor dem
Tag der Geburt eines weiteren Kindes zusteht (Abs. 1 Satz 2). Die Sätze 1 und 2 gelten auch für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld
nach §
14 des
Mutterschutzgesetzes sowie für Dienstbezüge, Anwärterbezüge und Zuschüsse, die nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften für die Zeit
der Beschäftigungsverbote zustehen (Abs. 1 Satz 3). Stehen die Leistungen nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Teil des Lebensmonats
des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen (Abs. 1 Satz 4). Nach § 3 Abs. 2 BEEG werden, soweit Berechtigte an Stelle des vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach der Geburt
andere Einnahmen erzielen, die nach ihrer Zweckbestimmung dieses Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise ersetzen,
diese Einnahmen auf das für das ersetzte Einkommen zustehende Elterngeld angerechnet, soweit letzteres den Betrag von 300
Euro übersteigt; dieser Betrag erhöht sich bei Mehrlingsgeburten um je 300 Euro für das zweite und jedes weitere Kind. Absatz
1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.
Unter Anwendung dieser Vorschriften ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden. Das streitgegenständliche Elterngeld
ist, insbesondere unter Zugrundelegung des Einkommens der Klägerin vor der Geburt der Kinder nach Maßgabe der vorstehenden
Regelungen berechnet worden. Fehler bei der Berechnung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere wurde auch
die Erhöhung des Elterngeldes wegen der Mehrlingsgeburt um monatlich 300,00 EUR (§ 2 Abs. 6 BEEG) berücksichtigt.
Die Klägerin kann in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg einwenden, die nach § 3 Abs. 1 BEEG vorgesehene Anrechnung der Mutterschaftsleistungen auf das Elterngeld umfasse nicht die Elterngelderhöhung aufgrund der Mehrlingsgeburt,
da dieser in der streitgegenständlichen Zeit neben die Mutterschaftsleistungen trete, mithin das bewilligte Elterngeld insoweit
um monatlich 300,00 EUR zu erhöhen sei. Unter Heranziehung des § 3 Abs. 1 Satz 1 bis 4 BEEG werden die von der Klägerin in der Zeit vom 4. Dezember 2008 bis zum 3. Mai 2009 bezogenen Leistungen in Form des Mutterschaftsgeldes
und des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld auf das der Klägerin nach § 2 BEEG zustehende Elterngeld angerechnet. Das in diesem Sinne "nach § 2 BEEG zustehende Elterngeld" umfasst danach auch den Betrag, um welchen sich bei Mehrlingsgeburten "das Elterngeld erhöht" (§ 2 Abs. 6 BEEG). Anders als in Fällen der Leistungsanrechnung nach § 3 Abs. 2 BEEG bleibt weder das Elterngeld, soweit es den Betrag von 300,00 EUR übersteigt, noch die sich aus der Mehrlingsgeburt ergebende
Erhöhung des Elterngeldes von der Anrechnung ausgenommen. Eine analoge Anwendung dieser (allgemeinen) Regelung auf den hier
zu erkennenden Fall kommt angesichts der vorliegend speziellen Regelung des § 3 Abs. 1 BEEG nicht in Betracht. Es fehlt insofern an einer Regelungslücke. Die Anrechung der Mutterschaftsleistungen hat der Gesetzgeber
ausdrücklich den Regelungen des § 3 Abs. 1 BEEG unterworfen und sie nicht dem Anwendungsbereich der Leistungsanrechnung des § 3 Abs. 2 BEEG belassen. Der Gesetzgeber hat in Ansehung der Gesetzesbegründung die Fälle dieses Leistungsbezuges explizit in Bezug genommen
und sie gesondert geregelt. Danach soll § 3 BEEG die Anrechnung von anderen Leistungen im Elterngeldbezug regeln, wobei Absatz 1 dieser Vorschrift das Verhältnis von Elterngeld
und Mutterschaftsleistungen und Absatz 2 das Verhältnis von Elterngeld und Entgeltersatzleistungen, die nicht im Zusammenhang
mit der Geburt eines Kindes stehen, betreffe (BT-Drucks. 16/1889, Seite 22).
Das Vorbringen der Klägerin zu Art.
3 Abs.
1 GG in Verbindung mit Art.
6 Abs.
1 und Abs.
4 GG veranlasst keine Entscheidung zu ihren Gunsten. Die Anrechnung der Mutterschaftsleistungen auf das Elterngeld einschließlich
der Erhöhung nach § 2 Abs. 6 BEEG begegnet, auch in Anbetracht der abweichenden Regelung bei Entgeltersatzleistungen im Sinne des § 3 Abs. 2 BEEG, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der allgemeine Gleichheitssatz (Art.
3 Abs.
1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt.
Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend behandelt,
obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung
rechtfertigen könnten (st. Rspr. des BVerfG, vgl. u.a. Beschluss vom 6. Juni 2011, 1 BvR 2712/09, zitiert nach Juris). Der dem Gesetzgeber insoweit im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten
Personengruppen grundsätzlich zukommende weite Gestaltungsspielraum besteht auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung
(BVerfG aaO.). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen,
ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen
seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an
die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, sofern er die Auswahl sachgerecht trifft (BSG mit Nachweisen aus der st. Rspr. des BVerfG, Urteil vom 26. Mai 2011, B 10 EG 12/10 R, zitiert nach Juris). Dabei muss er im Bereich staatlicher Maßnahmen, die wie hier die Familie betreffen, den Schutz beachten,
den er dieser nach Art.
6 Abs.
1 GG zu gewährleisten hat. Art.
6 Abs.
1 GG garantiert in seiner abwehrrechtlichen Funktion die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären
Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als
auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu
respektieren. Neben dieser Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und
daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, folgt aus Art
6 Abs
1 GG auch eine gewisse positive Verpflichtung des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in
ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (BVerfG aaO.). Hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung
kommt dem Gesetzgeber ebenso wie für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BSG aaO.).
Die vorstehenden Maßstäbe zugrunde gelegt, vermag der Senat die Ansicht der Klägerin nicht zu teilen. Die Vorschrift des §
3 Abs. 1 BEEG führt dazu, dass durch die Anrechnung der Mutterschaftsleistungen auf die gesamte Höhe des Elterngeldes der pauschaliert
gewährte Erhöhungsbetrag bei Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs. 6 BEEG) nicht von der Anrechnung ausgenommen wird und der Klägerin damit nicht zusätzlich zu den Mutterschaftsleistungen zur Verfügung
steht. Eine Überschreitung der Grenzen des weiten Ausgestaltungsspielraums des Gesetzgebers folgt hieraus nicht. Das Elterngeld
hat einkommensersetzende Funktion (BVerfG aaO.), ebenso wie die Mutterschaftsleistungen. Die Anrechungsregelungen dienen daher
- wie die Vorschriften über die Verdrängung des Elterngeldes während des Bezuges von Mutterschaftsleistungen (§ 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG) - dazu, zweckidentische Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume zu vermeiden (BSG zur grundrechtlichen Unbedenklichkeit der Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG, Urteil vom 26. Mai 2011, B 10 EG 12/10 R, zitiert nach Juris). Mit der Anrechnung verdrängt das vorrangige Mutterschaftsgeld das Elterngeld, soweit es - wie hier
- für denselben Bezugszeitraum zu erbringen wäre (BSG aaO.). Dies gilt gleichsam für die Erhöhung des Elterngeldes bei Mehrlingsgeburten, die nach der Gesetzesbegründung die besondere
Belastung der Eltern berücksichtigen soll (BT-Drucks. 16/1889, Seite 21). Entgegen der Ansicht der Klägerin wird die gesetzlich
normierte Berücksichtigung dieser finanziellen Mehrbelastung gegenüber einer Person, die lediglich ein Kind geboren hat, nicht
dadurch konterkariert, dass die Mutterschaftsleistungen auf das gesamte Elterngeld angerechnet werden. Der gegenüber dem Regelfall
um monatlich 300,00 EUR erhöhte Mindeststandard, der mit der Gewährung von Elterngeld im Sinne einer Absicherung von Eltern
und Kindern in der Frühphase der Elternschaft im Fall von Mehrlingsgeburten geschaffen werden soll (vgl. zum Zweck des Elterngeldes
allgemein BT-Druck. 16/1889, Seite 2), wird beibehalten. Durch die Anrechnung der Mutterschaftsleistungen steht die Klägerin
in der Summe nicht schlechter. Der vorgenannte Mindeststandard wird der Höhe nach nicht unterschritten, zumal die Mutterschaftsleistungen
das ausfallende Nettoentgelt in voller Höhe ersetzen. Die Klägerin erhält die Erhöhung des Elterngeldes lediglich nicht zusätzlich
zu diesem Mindeststandard bzw. nicht in einer über dem ausfallenden Nettoentgelt liegenden Höhe. Hierfür besteht auch unter
grundrechtlichen Aspekten keine Veranlassung.
Zu einer anderen rechtlichen Beurteilung besteht auch nicht in Ansehung der Regelung in § 3 Abs. 2 BEEG Veranlassung. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vermag diese Regelung nicht zu
begründen. Zwar handelt es sich bei den Entgeltersatzleistungen im Sinne des § 3 Abs. 2 BEGG - wie bei den Mutterschaftsleistungen
- auch um Einnahmen, die nach ihrer Zweckbestimmung das vor der Geburt erzielte Erwerbseinkommen ersetzen. Gleichwohl liegt
ein sachlicher Grund vor, den der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums für eine abweichende Regelung
heranziehen durfte. Im Unterschied zu den in § 3 Abs. 1 BEEG geregelten Mutterschaftsleistungen stehen die Entgeltersatzleistungen im Sinne des § 3 Abs. 2 BEEG nicht im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes. Anders als die Entgeltersatzleistungen nach § 3 Abs. 2 BEEG gleichen die Mutterschaftsleistungen und das Elterngeld für den gleichen Leistungszeitraum aus demselben Anlass, nämlich
der Geburt eines Kindes, dieselben Einkommenseinbußen aus. Diese Leistungen können mithin nicht nebeneinander gewährt werden,
zumal die Mutterschaftsleistungen auch wegen des grundsätzlich weitergehenden Umfangs als vorrangige Leistung gegenüber dem
Elterngeld anzusehen sind. Der Zweck des Elterngeldes, Eltern individuell bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen,
wenn sie nach einer Geburt die Betreuung ihres Kindes übernehmen, ist im Falle gezahlter Mutterschaftsleistungen bereits erfüllt
(BT-Drucks. 16/1889, Seite 22; vgl. hierzu auch BSG aaO. zu der Vermeidung von Doppelleistung in Fällen des Bezuges von Mutterschaftsgeld während des Bezugszeitraumes von Elterngeld).
Eine der der Vorschrift des § 3 Abs. 2 BEEG gleichlautende Anrechnungsregelung im Fall von Mutterschaftsleistungen würde dem Zweck der Anrechnung, zweckidentische Doppelleistungen
zu vermeiden, widersprechen. Vor diesem Hintergrund war der Gesetzgeber auch nicht in Anbetracht des Art.
6 Abs.
1 GG gehalten, im Fall des Bezuges von Mutterschaftsleistungen anrechnungsfreie Beträge des Elterngeldes wie in § 3 Abs. 2 BEEG zu regeln. Seiner Verpflichtung, die von den Eltern gewählte Kinderbetreuung zu ermöglichen und zu fördern, ist er mit den
Regelungen über die Mutterschaftsleistungen, die das ausfallende Nettoentgelt in voller Höhe ersetzen, hinreichend nachgekommen.
Die Erhöhung des Elterngeldes bei Mehrlingsgeburten dient dem Ausgleich der finanziellen besonderen Belastungen. Bedarf es
wegen des Bezuges von - grundsätzlich über dem Elterngeld liegenden - Mutterschaftsleistungen in Höhe des ausfallenden Nettoentgelts
dieses Ausgleiches nicht, besteht aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Veranlassung zu einer weitergehenden Förderung
in Form der zusätzlichen Gewährung des Erhöhungsbetrages.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
193 Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit den §§
183 Abs.
1 Satz 1,
193 Abs.
4 SGG und spiegelt den Ausgang des Verfahrens wider.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.