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LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 04.12.2012 - 4 KR 50/08
Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Zulassung eines Disease-Management-Programms bei Diabetes mellitus Typ 2 in der gesetzlichen Krankenversicherung; Ausübung pflichtgemäßen Ermessens
1. Die Zulassung eines strukturierten Behandlungsprogramms (DMP) erfolgt durch Verwaltungsakt. Die Rücknahme der Zulassung für die Vergangenheit richtet sich nach § 45 SGB X. Sie setzt die Rechtswidrigkeit der erteilten Zulassung und die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens voraus.
2. Zu den Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für Diabetes mellitus Typ 2 nach der Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) bezüglich der Strukturqualität der am DMP teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen.
3. Zu den für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens wesentlichen Gesichtspunkten bei der Entscheidung über die Rücknahme der Zulassung eines DMP für die Vergangenheit.
1. Die Zulassung eines strukturierten Behandlungsprogramms (DMP) erfolgt durch Verwaltungsakt. Die Rücknahme der Zulassung für die Vergangenheit richtet sich nach § 45 SGB X. Sie setzt die Rechtswidrigkeit der erteilten Zulassung und die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens voraus.
2. Zu den Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für Diabetes mellitus Typ 2 nach der Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) bezüglich der Strukturqualität der am DMP teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen.
3. Zu den für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens wesentlichen Gesichtspunkten bei der Entscheidung über die Rücknahme der Zulassung eines DMP für die Vergangenheit.
4. Weder aus dem Wortlaut, noch aus Sinn und Zweck der Regelungen der RSAV lässt sich die Vorgabe ableiten, dass die fachärztlich tätigen Vertragsärzte, die im Ausnahmefall als koordinierende Ärzte tätig werden dürfen, die Strukturqualitätsvoraussetzungen des diabetologisch spezialisierten Versorgungssektors erfüllen müssen. Insbesondere dürfen die Vertragsparteien eines DMP an den diabetologisch spezialisierten Versorgungssektor höhere Anforderungen stellen, als an die besonders qualifizierten, an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, die nach der RSAV in Ausnahmefällen die Langzeitbetreuung, Dokumentation und Koordination der weiteren Maßnahmen im strukturierten Behandlungsprogramm erbringen können.
5. Die Wirksamkeit der Zulassung eines DMP muss für alle Betroffenen zweifelsfrei feststehen, um – zusammen mit der Einschreibung der Versicherten in die DMP – verlässliche Grundlagen zur Bildung besonderer Versichertengruppen für den Risikostrukturausgleich zu haben. Insbesondere die Krankenkasse, die aus diesem Grunde die Zulassung solcher Programme nach § 137g Abs. 1 S. 1 SGB V beantragen kann, muss sich auf eine einmal erteilte Zulassung zur Bildung besonderer Versichertengruppen für den Risikostrukturausgleich verlassen können. Es würde der sich daraus ergebenden Bedeutung der Zulassung für die Krankenkasse nicht gerecht, wenn diese – weil sie einem Sozialleistungsträger gegenüber erteilt wird – ohne weitere Voraussetzungen, jederzeit, auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmbar wäre. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette:
RSAV §§ 28bff
,
SGB X § 31 S. 1
,
SGB X § 45 Abs. 2 S. 3
,
SGB X § 45 Abs. 4
,
SGB V § 137f Abs. 2 S. 2 Nr. 1
,
SGB V § 137g Abs. 1
,
SGB V § 266 Abs. 7
,
SGB V § 73 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Dessau-Roßlau 23.07.2008 S 4 KR 118/05
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Juli 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2005 werden aufgehoben.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 65.000 Euro festgesetzt.

Entscheidungstext anzeigen: