Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der gleichzeitige Einbau einer Rampe im Außenbereich und einer Schiebetür im Innenbereich
als Durchführung von zwei getrennten "Maßnahmen" im Sinne des §
40 Abs.
4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (
SGB XI) anzusehen und die Beklagte daher für beide Maßnahmen zahlungspflichtig ist.
Der am ... 1957 geborene Kläger beantragte am 4. September 2002 bei der Beklagten Leistungen nach der Sozialen Pflegeversicherung.
Die Pflegekraft S. stellte in einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zur Feststellung der
Pflegebedürftigkeit vom 15. Oktober 2002 einen Grundpflegeaufwand von 80 min und für die Hauswirtschaft von 45 min fest. Als
Pflegediagnosen bestünden eine zervikale Spinalkanalstenose sowie eine alkoholbedingte Polyneuropathie. Daraufhin bewilligte
die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 die Pflegestufe I ab dem 1. September 2002.
Am 18. November 2002 beantragte der Kläger (wohnhaft W.) einen Kostenzuschuss für den Einbau einer behindertengerechten Sanitärtechnik
im Bad. Nach medizinischen Ermittlungen genehmigte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Januar 2003 hierfür einen Zuschuss in
Höhe von 2.557,00 EUR.
Am 12. November 2002 stellte der Kläger einen Verschlechterungsantrag bei der Beklagten. Nachdem der MDK einen erhöhten Pflegebedarf
wegen einer Heredotaxie (Koordinationsstörung) und einer verzögerte Frakturheilung nach einer Halswirbelsäulenoperation festgestellt
hatte, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Januar 2003 Leistungen nach der Pflegestufe II.
Auf einen erneuten Verschlechterungsantrag des Klägers vom 13. Januar 2004, gab die Beklagte ein weiteres MDK Gutachten vom
15. März 2004 in Auftrag. Hiernach habe sich bei ihm zusätzlich eine Multisystem-Atrophie sowie eine Depression entwickelt,
die den Grundpflegebedarf auf 308 min erhöht habe. Dies führte zu dem Bescheid der Beklagten vom 13. April 2004, mit dem Leistungen
der Pflegestufe III ab dem 1. Januar 2004 gewährt worden sind.
Am 13. Januar 2004 beantragte der Kläger einen Zuschuss zum Einbau eines Treppenlifts. Diesen Antrag lehnte die Krankenkasse
der Beklagten mit Bescheid vom 14. Januar 2004 ab. Auf seinen Widerspruch vom 22. Januar 2004 wurde dieser Bescheid aufgehoben
und der Vorgang der Beklagten erstmals zur Prüfung übersandt. Im Mai 2007 gingen Kostenvoranschläge für die beantragte Baumaßnahme
bei der Beklagten ein. Am 12. April 2007 kündigte der Kläger einen Umzug in ein neues Eigenheim an. Die Beklagte veranlasste
ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 6. Juli 2007. Darin gab der Gutachter B. an: Für Juli 2007 sei ein Umzug des
Klägers in die nach M. geplant. Im neuen Einfamilienhaus befänden sich alle Räume schwellenfrei im Erdgeschoss. Aus medizinischer
Sicht sei der Einbau einer behindertengerechten Dusche erforderlich. Mit Bescheid vom 18. Juli 2007 gewährte die Beklagte
hierfür einen Zuschuss zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds in Höhe von 2.557,00 EUR.
Am 17. Februar 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten einen Zuschuss für den Bau einer Außenrampe sowie für den Einbau
einer barrierefreien und breiten Außentür. Zur Begründung führte er aus: Das Scala-Mobil (Treppensteigegerät) könne von der
Pflegeperson nicht mehr gut benutzt werden, so dass es ihm nicht möglich sei, die vorhandenen sieben Stufen zu überwinden.
Es seien daher zwei bauliche Maßnahmen erforderlich: Der Einbau einer behindertengerechten Rampe im Außenbereich und der Einbau
einer Hebelschiebetür, um das Haus barrierefrei verlassen zu können.
Gemäß einer Telefonnotiz der Beklagten vom 21. Februar 2011, 14:00 Uhr, habe die Ehefrau des Klägers auf Nachfrage erklärt:
Aufgrund der jahrelangen Pflege des Klägers fühle sie sich nicht mehr in der Lage, das Treppensteigegerät zu bedienen. Aus
diesem Grunde habe sich die Familie entschlossen, vom Wohnzimmer einen Wanddurchbruch nach Außen vornehmen zu lassen. Mit
Hilfe einer einzubauenden Schiebetür und einer ca. 8 m langen gepflasterten Rampe (Neigung unter 6 %) könne der Kläger dann
ohne großen Aufwand für die Pflegeperson regelmäßig das Haus verlassen. Mit Bescheid vom 28. Februar 2011 gewährte die Beklagte
für die beantragten Umbaumaßnahmen einen Betrag in Höhe von 2.557,00 EUR. Dieses Schreiben enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.
Gemäß einem internen Schreiben der Beklagten vom 19. April 2011 gab eine Mitarbeiterin der Beklagten Folgendes an: Mit Schreiben
vom 12. März 2011 (Posteingang 15. März 2011 in M.) habe der Kläger angefragt, ob seine beantragten Umbaumaßnahmen jeweils
extra bezuschusst würden. In einem am 22. März 2011 geführten Gespräch habe eine Mitarbeiterin der Beklagten ihm mitgeteilt,
dass die beantragten Umbaumaßnahmen als eine Maßnahme gewertet würden. Der Kläger habe diesbezüglich um eine schriftliche
Erklärung erbeten und in einem weiteren Telefonat vom 30. März 2011 daran erinnert.
Daraufhin wandte sich der Kläger an den Vorstand der Beklagten mit Schreiben vom 10. April 2011 und beschwerte sich über das
bisherige Verwaltungsverfahren. Mit Schreiben vom 28. April 2011 räumte die Beklagte Fehler ein und erläuterte nochmals, weshalb
für den beantragten Einbau der Rampe sowie der Schiebetür nur ein Zuschuss gewährt werden könne. Hiergegen erhob der Kläger
am 17. Mai 2011 Widerspruch.
In einem weiteren internen Schreiben der Beklagten vom 23. Mai 2011 wurde festgestellt, dass der Kläger bereits im Jahr 2007
einen Zuschuss erhalten habe und daher der Antrag von Februar 2011 insgesamt hätte abgelehnt werden müssen. Mit Widerspruchsbescheid
vom 12. August 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die beantragten Veränderungen des Wohnumfeldes seien rechtlich
als eine Maßnahme zu bewerten.
Dagegen hat der Kläger - nunmehr anwaltlich vertreten - am 1. September 2011 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Er habe nachgewiesen, dass es sich um zwei getrennte bauliche Maßnahmen handele,
die auch im Einzelnen zu realisieren seien. Während sich der Einbau der behindertengerechten Rampe auf den Außenbereich des
Grundstücks auswirke, diene der Einbau der Hebeschiebetür im Innenbereich dazu, barrierefrei nach außen zu gelangen.
Am 20. Dezember 2011 hat das SG angekündigt, es wolle durch Gerichtsbescheid entscheiden. Dem hat der Kläger widersprochen und eine mündliche Verhandlung
verlangt. Daraufhin hat das SG seine Rechtsauffassung erläutert, wonach die Voraussetzungen für einen weiteren Zuschuss nicht bestünden und die Klage daher
keinen Erfolg haben könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger für den Einbau einer behindertengerechten
Dusche in seiner früheren Wohnung einen Zuschuss erhalten habe. Nachdem die Beklagte die beantragte Hebeschiebetür als eine
neue Maßnahme im Sinne des §
40 Abs.
4 SGB XI gewertet habe, bleibe für einen weiteren Zuschuss für die behindertengerechte Rampe kein Raum mehr.
Der Kläger hat gegen den am 16. Januar 2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 30. Januar 2012 Berufung beim Landessozialgericht
Sachsen Anhalt eingelegt und an seiner bisherigen Rechtsauffassung festgehalten.
Der Kläger hat nach seinem schriftlichen Vorbringen beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 13. Januar 2012 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom
28. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
an ihn weitere 2.380,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend.
Der Senat hat auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. November 1999, B 3 P 6/99 R (zitiert nach juris) hingewiesen und die dort getroffenen Ausführungen zum Begriff der "Maßnahme" im Sinne des §
40 Abs.
4 SGB XI auszugsweise mitgeteilt. Diese Rechtsprechung habe das BSG in seinem Urteil vom 19. April 2007, B 3 P 8/06 R (zitiert nach juris) nochmals bestätigt. Auf dieser Grundlage müsse die vom Kläger beantragte Schiebetür für den Innenbereich
sowie die Rampe für den Außenbereich als eine Maßnahme im Sinne des §
40 Abs.
4 SGB XI angesehen werden. Die Berufung habe daher wahrscheinlich keine Aussicht auf Erfolg.
Der Kläger ist dem entgegengetreten und hat erklärt: Der im BSG-Urteil vom 3. November 1999, B 3 P 6/99 R angegebene Sachverhalt sei mit seiner Situation nicht vergleichbar.
Am 19. Juli 2012 sowie am 25. Juli 2012 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidung
des Senats. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Die Beklagte hat diesen Anspruch durch die Gewährung des Zuschusses in Höhe von 2.557,00 EUR im Bescheid vom 28. April 2011
nach §
40 Abs.
4 SGB XI erfüllt. Ein weitergehender Anspruch des Klägers auf eine erneute Gewährung des Zuschusses ist aus §
40 Abs.
4 SGB XI nicht abzuleiten. Hierbei kann der Senat offenlassen, ob der Kläger Anspruch auf den Zuschuss hatte. Denn die Beklagte hatte
bereits mit Bescheid vom 18. Juli 2007 einen Zuschuss für eine Dusche zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds in Höhe
von 2.557,00 EUR bewillligt. Jedenfalls kann ein Anspruch des Klägers auf eine zweifache Gewährung des Zuschusses nach §
40 Abs.
4 SGB XI bei einem identischen Pflegezustand für die von ihm geplante Baumaßnahme in zwei Bauabschnitten nicht bestehen. Eine etwaige
Verschlechterung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Pflegeperson dahin, den Treppensteiger nicht mehr bedienen zu können,
ist dabei nicht zu berücksichtigen, da es lediglich auf den Pflegebedarf des Anspruchstellers, also des Klägers, zum Zeitpunkt
der Antragstellung ankommt.