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LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.05.2015 - 6 KR 55/15
Anspruch auf vorläufige Versorgung eines unter dreijährigen Versicherten mit einem Therapiestuhl für die Benutzung in einer Kindertagesstätte als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung; Bindende Zuständigkeit des zweitangegangenen Rehabilitationsträgers
1. Die Vorschrift des § 14 SGB IX ist von Amts wegen bei allen Teilhabeleistungen zu beachten.
2. Durch die Antragsweiterleitung an den zweitangegangenen Rehabilitationsträger wird dieser gegenüber dem Antragsteller unabhängig von der materiellen Rechtslage bindend für die Leistungsentscheidung zuständig. Nur er hat den Versorgungsanspruch noch unter Berücksichtigung aller in der vorliegenden Bedarfssituation in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen. Eine nochmalige Weiter- bzw Zurückleitung des Antrags ist rechtlich wirkungslos.
3. Es kann offen bleiben, ob die (auch) durch Versorgung mit einem Therapiestuhl für die Kindertagesstätte angestrebte Hinführung zur Schulfähigkeit bei einem unter dreijährigen Versicherten als allgemeines Grundbedürfnis iSv § 33 Abs 1 Satz 1 Var 3 SGB V bzw § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm den §§ 26 Abs 2 Nr 6, 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX zu verstehen ist, wenn - wie hier - jedenfalls Anspruch auf Eingliederungshilfe als Teilhabe gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 1 Alt 1 SGB IX besteht.
4. Zu Hilfsmitteln iSv § 55 Abs 2 Nr 1 Alt 1 SGB IX gehören solche, die über eine medizinische Zweckbestimmung hinausgehen und zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel und Einschränkungen zur gesamten Alltagsbewältigung beitragen. Sie haben die Funktion, dem behinderten Menschen den Kontakt mit seiner Umwelt sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen und hierdurch insgesamt die Begegnung und den Umgang mit nichtbehinderten Menschen zu fördern.
Normenkette:
Eingliederungshilfe-Verordnung § 9 Abs. 2
,
SGB XII § 3 Abs. 3
,
SGB XII § 54 Abs. 1 S. 1 und S. 2
,
SGB XII § 60
,
SGB XII § 97 Abs. 3
,
SGB V § 33 Abs. 1 S. 1 Alt. 3
,
SGB IX § 14 Abs. 1 S. 1 und S. 2
,
SGB IX § 14 Abs. 2 S. 3
,
SGB IX § 26 Abs. 2 Nr. 6
,
SGB IX § 31 Abs. 1 Nr. 3
,
SGB IX § 5 Nr. 1
,
SGB IX § 55 Abs. 1
,
SGB IX § 55 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1
,
SGB IX § 6 Abs. 1 Nr. 7
,
SGG § 86b Abs. 1
,
SGG § 86b Abs. 2 S. 2 und S. 4
,
ZPO § 920 Abs. 2
Vorinstanzen: SG Halle 26.03.2015 S 10 KR 42/15 ER
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 26. März 2015 wird abgeändert.
Die Beigeladene zu 1) wird bis zum Erlass eines bestandskräftigen Bescheides, einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache oder dem sonstigen Abschluss eines solchen Verfahrens im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig einen Therapiestuhl M. Größe 1 als Zweitversorgung für die Kindertagesstätte entsprechend der vertragsärztlichen Verordnung vom 27. Januar 2015 und dem Kostenvoranschlag vom 10. Februar 2015 zu gewähren.
Die Beigeladene zu 1) trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für beide Rechtszüge.

Entscheidungstext anzeigen: