Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens, ob weitere Gesundheitsstörungen, insbesondere ein Innenmeniskusriss links,
Folgen eines Arbeitsunfalls des Klägers vom 17. November 1995 sind und ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit
(MdE) um mindestens 20 vom Hundert (vH) zu gewähren ist.
Der 1954 geborene Kläger wurde am 17. November 1995 um 6.40 Uhr auf versichertem Weg als Beifahrer eines Kleintransporters
in einen Verkehrsunfall verwickelt, als dieser die B 180 aus Q. kommend in Richtung Lutherstadt E. befuhr und zwischen R.
und B. nach einem Überholvorgang mit einem aus der Gegenrichtung kommenden Pkw kollidierte. Im Innenraum des Transporters
fand sich neben zwei Kopfeinschlagstellen in der Frontscheibe eine nach vorn gedrückte Rückenlehne des Beifahrersitzes. Für
die um 7.50 Uhr durchgeführte klinische und röntgenologische Untersuchung hatte der Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des
Kreiskrankenhauses E. Dr. H., in der der Kläger bis zum 29. November 1995 stationär behandelt worden war, u.a. Kontusionsmarken
und Schürfwunden im Bereich des linken Knies ohne Frakturanhalt festgehalten (D-Arztbericht vom 20. November 1995).
In seinem Zwischenbericht vom 15. Dezember 1995 hatte der Facharzt für Chirurgie und D-Arzt Dr. H., bei dem ab dem 1. Dezember
1995 die ambulante Weiterbehandlung erfolgt war, eine Prellung des linken Knies diagnostiziert und mitgeteilt, unfallbedingte
Arbeitsunfähigkeit bestehe voraussichtlich noch für drei bis vier Wochen; eine rentenberechtigende MdE sei nicht zu erwarten.
Unter dem 22. Dezember 1995 sowie dem 8. und 26. Januar 1996 hatte er über vom Kläger angegebene verstärkte Kniebeschwerden
mit Schwellungszuständen berichtet, die nicht objektivierbar gewesen seien und wahrscheinlich schon vor dem Unfall bestanden
hätten. Insbesondere habe sich kein Erguss gefunden und sei der Bandapparat fest gewesen.
Am 1. Februar 1996 hatte der Kläger die Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H. aufgesucht. In dem hierzu gefertigten Bericht
waren ein unauffälliges Gangbild, regelrechte Muskelkonturen der unteren Extremitäten mit jeweils freier Beweglichkeit sowie
das Fehlen äußerer Verletzungszeichen dokumentiert worden. Hinweise für einen Kniegelenkerguss, Meniskuszeichen oder Druckschmerzen
fänden sich ebenfalls nicht. Die Kreuz- und Seitenbänder seien absolut fest. Auf der von Dr. H. am 26. Januar 1996 gefertigten
Röntgenaufnahme seien diskrete zipflige Auszackungen der medialen Eminentia intercondylaris sowie im Tibiaplateau (Knochenzacken
am inneren Schienbeinkopfknorren und auf der Schienbeinkopfebene) zu erkennen. Abschließend hatte Dr. H. unter dem 7. Februar
1996 die fortbestehenden Beschwerden des Klägers im linken Kniegelenk als nicht unfallbedingt gewertet.
Unter dem 20. Februar 1996 war vom Kläger angegeben worden, am 10. April 1995 eine Bänderzerrung im Kniegelenkbereich erlitten
zu haben, wegen der er von Dr. H. behandelt worden sei.
Vom 26. bis zum 31. Dezember 1996 hatte sich der Kläger stationär im Carl-von-Basedow-Klinikum M. befunden, wo nach arthroskopischer
Sicherung eines Hinterhorneinrisses des medialen Meniskus im linken Kniegelenk am 27. Dezember 1996 die Resektion eines kleinfingernagelgroßen
Teilstücks erfolgt war. Laut Operationsbericht hatten der obere Recessus (Schleimbeutel), die Patellagleitfläche, das Tibiaplateau
und die Femurkondylen (Oberschenkelknochenrollen) keine Verletzungszeichen aufgewiesen; die Kreuzbänder seien fest und der
laterale Meniskus regelrecht. Die histologische Aufbereitung des entnommenen Gewebestücks hatte nach der Diagnose von Dr.
S. (Chefärztin des Instituts für Pathologie des Städtischen Krankenhauses H.) einen herdförmig deformierten, ödematös aufgelockerten
Befund, einem Zustand nach Trauma entsprechend, ergeben. Vorbestehende degenerative Veränderungen seien nicht nachweisbar.
Die Entlassung des Klägers aus dem Klinikum war nach den Angaben im Arztbrief vom 5. Februar 1997 bei subjektivem Wohlbefinden
erfolgt.
In seiner beratenden Stellungnahme vom 14. März 1997 war der Oberarzt der Unfallabteilung des Südharz-Krankenhauses N Dr.
W. nach Aktenlage zu der Einschätzung gelangt, die operativ festgestellte Innenmeniskusverletzung sei als Unfallfolge zu werten.
Hierfür sprächen die im Erstbefund wiedergegebenen Kontusionsmarken und Schürfwunden als eindeutige Zeichen einer Gewalteinwirkung
auf das linke Kniegelenk, die vom Kläger geschilderte Symptomatik sowie der histologische Befund. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit
habe bis zum 11. Februar 1996 und erneut vom 26. Dezember 1996 an für weitere drei Wochen bestanden.
Nachdem sich die Beschwerden des Klägers im Bereich des linken Kniegelenkes weiterhin nicht besserten, hatte ein am 26. Juni
1997 gefertigtes Magnetresonanztomogramm (MRT) nach der Auswertung der Fachärztin für Radiologie Dr. S. eine beginnende Arthrosis
deformans, eine Grad-III-Läsion im Hinterhorn des Innenmeniskus, eine Degeneration des Außenmeniskus sowie einen geringen
Gelenkerguss erbracht. Bei der am 29. Juli 1997 durchgeführten Arthroskopie war von dem Facharzt für Orthopädie Privatdozent
(PD) Dr. H. im gefäßführenden Teil des Meniskus ein randständiger Riss im Übergang zum Hinterhorn im Sinne eines nach medial
eingeschlagenen Korbhenkels gefunden worden. Im vorderen Hinterhornbereich sei die bereits durchgeführte minimal randständige
Teilresektion zu erkennen. Die Kreuzbänder und der laterale Meniskus seien regelrecht, die Plica mediopatellaris (Schleimhautfalte)
nicht krankhaft verändert und die Patellaführung unauffällig (Arthroskopiebericht vom 29. Juli 1997). In seinem Schreiben
an die Beklagte vom 24. September 1998 hatte PD Dr. H. einen Zusammenhang zum Unfallgeschehen vom 17. November 1995 hergestellt
und es als problematisch bezeichnet, dass der Kläger über Jahre auf dem Korbhenkel habe herumlaufen müssen.
In seiner nach Aktenlage erstellten beratenden Stellungnahme vom 13. April 1998 hatte Dr. H. (Chefarzt der Unfallchirurgischen
Abteilung des Katholischen Krankenhauses St. J. N E.) die Ansicht vertreten, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers
habe bis zum 11. Februar 1996 bestanden. Dagegen lägen hinsichtlich der ab dem 26. Dezember 1996 wieder eingetretenen Arbeitsunfähigkeit
begründete Zweifel vor. Durch verschiedene Ärzte seien im Zeitraum vom Unfalltag bis zum 7. Februar 1996 außer primär festgestellten
Prell- und Schürfwunden keine pathologischen Befunde des linken Kniegelenkes erhoben worden. Eine Knieschädigung sei im D-Arztbericht
auch nicht als Diagnose festgehalten worden. Schließlich seien dem Bericht über die stationäre Behandlung vom 11. Dezember
1995 keinerlei Auffälligkeiten zum Kniegelenk zu entnehmen. Angezeigt sei eine nochmalige feingewebliche Untersuchung des
bei der ersten und gegebenenfalls bei der zweiten Gelenkspiegelung entnommenen Gewebematerials.
Unter dem 20. April 1998 hatte Dr. H. mitgeteilt, er habe den Kläger am 10. April 1995 wegen einer Verletzung des rechten
Knies behandelt. Am 10. August 1995 habe dieser eine Distorsion des linken Knies erlitten, als er beim Tragen von Treppenstufen
in ein Loch getreten sei und eine Stufe auf das linke Bein bekommen habe. Bei seiner Untersuchung des Klägers am 11. August
1995 habe er bei ungestörter Durchblutung und Sensibilität keinen Erguss, kein Hämatom sowie keine Dislokation (Verschiebung)
festgestellt. Röntgenologisch habe sich kein Frakturanhalt ergeben (D-Arztbericht vom 11. August 1995).
Aus der von dem Arzt für Pathologie T. vorgenommenen histologischen Untersuchung des am 29. Juli 1997 intraoperativ entnommenen
Meniskusmaterials war eine grobfleckige Auflockerung der Grundsubstanz mit herdförmig asbestartiger Faserdemarkierung ohne
Blutungsresiduen hervorgegangen. Ein Zusammenhang mit der klinisch angegebenen alten traumatischen Läsion sei nicht wahrscheinlich.
Nachdem die Beklagte die von Dr. S. asservierten Schnittpräparate beigezogen und Dr. O. (Institut für Pathologie M.) mit deren
Nachbefundung beauftragt hatte, war dieser in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 17. Juli 1998 zu der Einschätzung gelangt,
morphologisch sei die Zusammenhangtrennung des Meniskusgewebes dem Unfall vom 17. November 1995 nicht anzulasten. Zu erkennen
seien zopfartig verflochtene Faserbündel mit ödematöser Durchtränkung sowie stark zerfranste und fibrinös belegte Rissabschnitte
im Sinne eines drei bis vier Wochen alten Rissgeschehens sowie eine höchstens mittelgradige junge Meniskusdegeneration. Die
Meniskusveränderungen, die sieben Monate später der Kollege T. beschrieben habe, gingen nicht wesentlich über diesen Befund
hinaus.
Mit dem Kläger am 25. Oktober 1998 zugestelltem Bescheid vom 24. September 1998 hatte die Beklagte den Unfall mit einem folgenlos
ausgeheilten Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades, folgenlos ausgeheilten Rippenfrakturen IV bis VI links, einer folgenlos ausgeheilten
Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) 1. Grades sowie einer folgenlos ausgeheilten Prellung des linken Kniegelenkes als Arbeitsunfall
anerkannt und mangels rentenberechtigender MdE einen Anspruch auf Verletztenrente abgelehnt. Keine Unfallfolge sei der Innenmeniskusschaden
am linken Kniegelenk. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 11. Februar 1996 bestanden. Den hiergegen am 27. Oktober
1998 erhobenen Widerspruch hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 1999 zurückgewiesen. Im nachfolgenden
sozialgerichtlichen Verfahren (S 1 U 70/99) hatte der Kläger die Klage am 2. März 2000 zurückgenommen.
Parallel beantragte der Kläger bei der Beklagten am 24. Januar 2000 die Überprüfung des Bescheides vom 24. September 1998
und berief sich neben der Bewertung durch PD Dr. H. u.a. auf ein von ihm vorgelegtes Gutachten des Facharztes für Chirurgie
Dr. T. vom 11. Oktober 1997, welches dieser im Auftrag eines privaten Versicherers erstellt und in dem er einen Unfallzusammenhang
ausgemacht hatte.
Mit Bescheid vom 23. März 2000, dessen Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis auf eine Klage enthielt, lehnte die Beklagte eine
Neufeststellung der im Bescheid vom 24. September 1998 anerkannten Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. November 1995 ab. Neue
Tatsachen, die für eine Unrichtigkeit des Bescheides sprächen, lägen nicht vor. Insbesondere sei das Gutachten von Dr. T.
nicht auf die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsätze übertragbar.
Am 30. März 2000 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Halle Klage erhoben. Die Beklagte wertete diese als Widerspruch und hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.
November 2000, den sie zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens erklärte, als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger hat
dem SG Auszüge aus der Behandlungsakte von Dr. H. vorgelegt, aus denen u.a. folgende Einträge hervorgehen: 1. Dezember 1995 - noch
Schmerzen im linken Knie, am Knie kein pathologischer Befund; 8. Dezember 1995 - noch Parästhesien im linken Knie, keine Schwellung;
15. Dezember 1995 - Schmerzen linkes Knie, kein pathologischer Befund; 22. Dezember 1995 - weiterhin Schmerzen im linken Knie,
keine Umfangdifferenzen; 10. Januar 1996 - am Knie keine Schwellung, kein Erguss, Beweglichkeit 0-0-120°, klagt über Schmerzen;
26. Januar 1996 - am Knie noch Schmerzen, keine Schwellung.
Auf Antrag des Klägers nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) hat das SG von dem Chirurgen Prof. Dr. Dr. S. nach ambulanter Untersuchung am 14. August 2003 und pathologischem Zusatzgutachten vom
18. November 2003 das Gutachten vom 9. Dezember 2003 erstatten lassen.
Die Pathologen Prof. Dr. W. und Prof. Dr. K. haben nach Aktenlage (und ohne eigene Beurteilung der vorgelegten feingeweblichen
Präparate) im Ergebnis gemeint, bei dem alters- und sehr wahrscheinlich auch berufsbedingt veränderten Meniskus des Klägers
habe eine schwere Knietraumatisierung bei dem Verkehrsunfall ursächlich zum Meniskusriss geführt.
Prof. Dr. Dr. S. hat dargelegt, der Unfall vom 17. November 1995, bei dem der beteiligte Pkw um ca. 1 m verkürzt, beide Fahrer
tödlich verletzt und der Kläger mit den Beinen vor dem Sitz eingeklemmt und verkantet gewesen sei sowie neben einer Gehirnerschütterung
mit Bewusstseinsverlust Rippenbrüche erlitten habe, sei geeignet gewesen, eine Meniskusverletzung hervorzurufen. Als Unfallfolgen
seien eine Bewegungsminderung des linken Kniegelenkes, eine Muskelverschmächtigung und Funktionseinschränkung des linken Beines
sowie eine Sensibilitätsstörung an der Innenseite des Kniegelenkes mit belastungsabhängigen Beschwerden zu diagnostizieren,
für die eine MdE um 20 vH zu veranschlagen sei. Die von Dr. H. vermuteten degenerativen Vorschädigungen des Meniskus habe
Dr. O. nicht bestätigt. Einen von diesem für November 1996 verdächtigten zweiten Unfall habe der Kläger nicht erlitten. Klinisch
hat Prof. Dr. Dr. S. ein regelrechtes Gangbild, normale Konturen beider Kniegelenke, eine leichte Schwellung des linken Kniegelenkes
mit einer Umfangvermehrung gegenüber rechts von 1 cm, eine geringe Verschmächtigung der Ober- und Unterschenkelmuskulatur
links um 1 bzw. 1,5 cm sowie feste Kreuzbänder festgestellt. Hinweise auf eine Bandlockerung im Bereich der Seitenbänder bestünden
nicht. An der Innenseite des linken Kniegelenkes sei ein Druckschmerz mit positivem Steinmannzeichen auslösbar. Die Streckung/Beugung
des linken Kniegelenkes betrage 0-0-115°. Röntgenologisch lägen regelrechte Konturen mit einer Retropatellararthrose links,
einer geringen Randzackenbildung im unteren Bereich sowie einer spitz ausgezogenen Eminentia intercondylica beiderseits vor.
Auf den Aufnahmen der Brust- und Lendenwirbelsäule (BWS und LWS) fänden sich im Bereich der BWS mittelschwere und schwere
degenerative Veränderungen; sichere Hinweise für Deck- oder Bodenplatteneinbrüche seien nicht zu erkennen.
Die Beklagte hat daraufhin eingewandt, die vom Kläger geäußerten Beschwerden hätten bei den durchgeführten Untersuchungen
kein klinisches Korrelat gezeigt, so dass die von Prof. Dr. Dr. S., Prof. Dr. W. und Prof. Dr. K. angenommene Brückensymptomatik
gerade nicht zu finden sei. Ob ein geeigneter Unfallmechanismus zur Verursachung einer isolierten Meniskusverletzung abgelaufen
sei, bleibe spekulativ. Allein die Schwere des Unfalls lasse keinen Rückschluss auf eine bestimmte Verletzung zu. Werde Prof.
Dr. Dr. S. gefolgt, sei anlässlich der 13 Monate nach dem Unfall durchgeführten Arthroskopie mit nachfolgender feingeweblicher
Untersuchung ein durch die ständige dynamische Belastung des Kniegelenkes entstandene Gewebeauffaserung zu erwarten gewesen,
was jedoch nicht der Fall sei. Vielmehr hätten alle Pathologen, die die Gewebeproben untersucht hätten, einen Befund ohne
altersvorauseilende Degeneration beschrieben, der mit einem (kurz zuvor abgelaufenen) Trauma vereinbar sei, womit die von
Prof. Dr. W. und Prof. Dr. K. angestellte Vermutung nicht nachvollziehbar sei. Schließlich überzeuge unter Berücksichtigung
der von Prof. Dr. Dr. S. selbst dokumentierten Befunde auch sein MdE-Vorschlag angesichts der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung
einschlägigen Erfahrungswerte nicht.
Der Kläger hat hierzu die von ihm veranlasste ergänzende Stellungnahme Prof. Dr. Dr. S.s vom 7. Februar 2004 übersandt, in
der dieser an seiner Bewertung festgehalten hat.
Mit Urteil vom 8. Juli 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall
und der Innenmeniskusschädigung des linken Knies des Klägers sei nicht wahrscheinlich. Ein Unfallhergang, der über eine Kniegelenkkontusion
hinaus gegangen sei, sei nicht gesichert. Als Brückensymptome hätten in der Folgezeit zwar subjektive Beschwerden des Klägers
bestanden. Diese seien von den behandelnden Chirurgen anhand der vorgefundenen klinischen Befunde jedoch nicht ursächlich
zuzuordnen gewesen. Die 13 Monate nach dem Unfall operierte Innenmeniskushinterhornschädigung könne nach dem histologischen
Befund von Dr. O., der auch verwertbar sei, bereits zeitlich nicht mit dem Arbeitsunfall in Verbindung gebracht werden. Demgegenüber
überzeugten weder die Bewertung Prof. Dr. Dr. S.s noch die Darlegungen von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. K ...
Gegen das am 7. September 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. September 2005 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Berufung eingelegt und sich zur Begründung insbesondere auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. S. bezogen. Weiterhin hat er darauf
hingewiesen, dass er sich bereits mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 an Dr. O. gewandt habe, ohne jedoch eine Reaktion erhalten
zu haben. Überdies hat der Kläger die von dem Facharzt für Chirurgie Dipl.-Med. B. erstellte Bescheinigung des Kreiskrankenhauses
E. vom 2. März 1998 vorgelegt, wonach eine während der stationären Behandlung gefertigte Röntgenaufnahme des linken Kniegelenks
keinen Frakturnachweis erbracht habe. Bei der Aufnahmeuntersuchung am 17. November 1995 hätten sich klinisch keine Meniskuszeichen
und kein sicherer Nachweis einer Verletzung des Bandapparates gefunden. Die Entlassung am 29. November 1995 sei bei subjektivem
Wohlbefinden erfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. November 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 24. September
1998 abzuändern, festzustellen, dass auch der Innenmeniskushinterhornriss des linken Knies, eine Funktionsbeeinträchtigung
der Wirbelsäule und eine Anpassungsstörung Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. November 1995 sind, und ihm vom 12. Februar 1996
an eine Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das ihre Entscheidung bestätigende Urteil des SG. Der Senat hat von der Allgemeinmedizinerin Dipl.-Med. G. den Befundbericht vom 30. Juni 2006 eingeholt und den Facharzt
für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. S. nach ambulanter und radiologischer Untersuchung am 19. Juni 2007 mit der Erstattung des
Gutachtens vom 16. Juli 2007 beauftragt. Der Sachverständige hat ein Gangbild mit mittelgroßen gleichlangen Schritten ohne
erkennbares Schonhinken des Klägers beschrieben. Dessen Becken stehe rechts um 1,5 cm tiefer als links; die Beinachsen wiesen
eine O-Achsabweichung in den Kniegelenken auf, die rechts ausgeprägter als links sei. Den Hocksitz habe der Kläger fast vollständig
vorgeführt. Die Kniegelenke seien ohne krankhaft vermehrtes Bewegungsreiben rechts 0-5-135° und links 0-10-135° beweglich,
die Kniescheiben leicht schmerzhaft verschieblich und die Kapsel-Bandführung fest. Ein Erguss finde sich ebenso wenig wie
eine gestörte Neurologie, Sensibilität oder eine relevante Muskelverschmächtigung der unteren Extremitäten. Die Meniskuszeichen
seien mit Ausnahme eines leichten Druckschmerzes am äußeren Gelenkspalt des linken Kniegelenkes beidseitig negativ. Links
finde sich ein leicht vermehrtes Spiel der Kapsel-Bandführung in vordere Richtung, das bei Anspannung der Muskulatur kompensiert
sei. Die Innen- und Außenbandführungen links und rechts seien jeweils stabil. Bildgebend seien links ebenso wie rechts eine
leichte O-Achsabweichung durch Kippung des Schienbeinkopfes nach innen und ansonsten im Wesentlichen unauffällige Kniegelenkstrukturen
zu erkennen. Im Ergebnis hat Dr. S. eingeschätzt, der Innenmeniskusschaden im linken Kniegelenk sei nicht mit Wahrscheinlichkeit
ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 17. November 1995 zurückzuführen. Ein Hergang, der eine isolierte Verletzung des Innenmeniskushinterhorns
habe hervorrufen können, sei nicht gesichert. Als Erstschaden seien lediglich Kontusionszeichen und Schürfwunden am linken
Kniegelenk belegt. Auch im Krankenhausbericht über die zwölf Tage währende stationäre Behandlung unmittelbar nach dem Unfall
sei kein krankhafter Befund zum linken Kniegelenk erwähnt. Zudem hätten die angegebenen subjektiven Beschwerden bei den Untersuchungen
durch Dr. H. und in den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H. nicht objektiviert werden können. Histologisch sei die Rissbildung
durch Dr. O. in ihrer Entstehung allenfalls auf einen Monat vor der Arthroskopie zurückdatiert worden, so dass auch insoweit
keine zeitliche Brücke bestehe. Schließlich sei die drei Monate vor dem Unfall aufgetretene Kniesymptomatik ein Indiz für
einen Vorschaden.
Der Kläger meint hierzu, das Gutachten sei falsch, zumal sich Dr. S. auf die unverwertbaren Äußerungen von Dr. O. gestützt
habe.
Der Senat hat am 5. August 2010 mündlich verhandelt und nachfolgend nach Beiziehung bildgebender Befunde auf Antrag des Klägers
gemäß §
109 SGG von dem Chefarzt der Klinik für Chirurgie Q. des Carl-von-Basedow Klinikums S. Prof. Dr. M. das Gutachten vom 16. März 2011
nach ambulanter Untersuchung am 20. Dezember 2010 eingeholt, nachdem der Orthopädie S. unter dem 17. Februar 2010 einem Röntgenbild
der BWS bei Th11 eine Wirbelkörperfraktur entnommen hatte.
Prof. Dr. M. hat als Beschwerdeschilderung des Klägers Schmerzen beim Bücken, eine eingeschränkte Beweglichkeit sowie Schweißausbrüche
wegen der Schmerzen wiedergegeben. Die Beweglichkeit des linken Kniegelenkes betrage 0-5-125°. Der Umfang des linken Beines
sei 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes 3,5 cm gegenüber rechts gemindert; in Höhe der Kniescheibenmitte zeige sich
links im Verhältnis zu rechts eine Vermehrung um 2 cm. Die Auswertung der BWS-Aufnahmen vom 26. August 2010 habe keine Destruktion
und explizit keine Th11-Fraktur ergeben, was dem radiologischen Befund vom 10. Februar 2010 entspreche. Die schwere Kniebinnenschädigung
links, die Minderbelastung des linken Beines und die erheblichen muskulären Dysbalancen stünden eindeutig in direktem Zusammenhang.
Als Folge des Knieschadens seien auch sekundäre Rückenschmerzen anzunehmen. Für den Knieschaden sei eine MdE um 15 vH zu veranschlagen.
Daneben sei jedoch noch mindestens eine MdE um 10 vH als Berufskrankheitsfolge zu werten, bei der die degenerativen Rückenveränderungen
mit Schmerzen auch im Bereich der HWS enthalten seien, zumal sie 15 Jahre nach einem schweren HWS-Schleudertrauma durchaus
noch denkbar und erklärbar seien. Letztlich liege beim Kläger ein erheblicher psychischer Leidensdruck vor, der bisher nirgends
erwähnt sei. Insoweit seien durchaus Verarbeitungskonflikte im Sinne eines Psychotraumasyndroms denkbar. Insgesamt sei in
der Psyche des Klägers, der nunmehr seit Mai 2010 ohne Arbeit sei und weder Arbeitslosengeld noch "Hartz IV" beziehe, eine
Summation zu verzeichnen. Es sei ihm anzuraten, beim zuständigen Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente
zu stellen, was sicherlich eine gute Aussicht auf Erfolg biete.
Schließlich hat der Senat auf Antrag des Klägers nach §
109 SGG von dem Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Q. des Carl-von-Basedow Klinikums S. Dipl.-Med. R. das Gutachten
vom 29. August 2011 nach ambulanter Untersuchung am 14. Juli 2011 nebst ergänzender Stellungnahme vom 24. Oktober 2011 erstatten
lassen. Zu seinen Beschwerden hat der Kläger gegenüber dem Gutachter angegeben, sein linkes Knie kaum noch belasten zu können.
Zudem habe er chronische Rückenschmerzen. Außerdem belasteten ihn die Rechtsstreitigkeiten wegen der Folgen des Arbeitsunfalls.
Er fühle sich ungerecht behandelt. Im Ergebnis hat Dipl.-Med. R. eine Anpassungsstörung diagnostiziert sowie insbesondere
sichere Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung ausgeschlossen. So träten insbesondere keine Flashbacks und kein
Vermeidungsverhalten auf. Anzutreffen seien Anzeichen einer depressiven Stimmung. Die Anpassungsstörung sei in den chronischen
Schmerzen und den daraus resultierenden Leistungseinschränkungen begründet. Sollten sich die körperlichen Beschwerden als
unfallbedingt erweisen, seien die daraus resultierenden psychischen Beschwerden ebenfalls im ursächlichen Zusammenhang mit
dem Unfall zu sehen. Da die psychische Problematik schon deutlich früher bestanden habe, spielten andere Umstände, wie etwa
der Verlust des Arbeitsplatzes, keine entscheidende Rolle. Aus psychiatrischer Sicht bestehe ein Körperschaden von 10 vH.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung
und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach §
143 SGG statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§
151 Abs.
1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. November 2000 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§
157,
54 Abs.
2 Satz 1
SGG, weil die Beklagte darin zutreffend die (teilweise) Rücknahme ihres Bescheides vom 24. September 1998 abgelehnt hat.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem
Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und
soweit deshalb Sozialleistungen nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn die Beklagte
ist beim Erlass des Bescheides vom 24. September 1998 weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen noch hat sie das
Recht unzutreffend angewandt. Der Kläger hat nämlich schon keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen
als zusätzliche Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. November 1995.
Da der Versicherungsfall vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (
SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist, sind hier noch die bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) heranzuziehen (vgl. Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7. August 1996, BGBl. I, 1254 ff.; §§
212 ff.
SGB VII).
Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt
oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang im Sinne von § 548 Abs. 1
RVO hinreichend wahrscheinlich ist. Der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist erfüllt, wenn bei vernünftiger
Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf
die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt
die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" voraus, dass das versicherte
Geschehen wesentlich mitgewirkt hat. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen
Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet
werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden
Ursachen, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, der zeitliche Verlauf, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung
der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil
vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt keine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass der
am 27. Dezember 1996 arthroskopisch gesicherte Hinterhornriss des Innenmeniskus im linken Kniegelenk des Klägers durch den
Arbeitsunfall vom 17. November 1995 verursacht worden ist. Ein solcher Zusammenhang ist lediglich möglich. Es sprechen nicht
mehr Tatsachen für als gegen eine derartige Beziehung. Dabei folgt der Senat im Wesentlichen den für ihn nachvollziehbaren
und in sich schlüssigen Darlegungen von Dr. S ... Lässt sich damit eine Kniebinnenschädigung links nicht mit Wahrscheinlichkeit
auf den Arbeitsunfall zurückführen, fehlt die Basis für die von Prof. Dr. M. angenommenen weiteren Zusammenhänge wie Minderbelastung
des linken Beines mit erheblichen muskulären Dysbalancen und sekundäre Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule. Für eine
direkte Ursachenbeziehung zwischen dem Arbeitsunfall und den Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers fehlt jeder Ansatz, nachdem
die insoweit vom Orthopäden Selz bei Th11 verdächtigte Fraktur durch Prof. Dr. M. widerlegt und lediglich eine HWS-Distorsion
1. Grades festgestellt worden ist. Ein solcher Zusammenhang ist auch nach Abheilung der HWS-Distorsion von keinem der beteiligten
Ärzte hergestellt worden. Insbesondere der Sachverständige Dr. S. hat keine Unfallfolgen im Wirbelsäulenbereich benannt.
Entsprechendes gilt für die von Dipl.-Med. R. diagnostizierte Anpassungsstörung. Denn ihre Grundlage ist nach Darlegung des
Sachverständigen in den chronischen Schmerzen zu sehen, als deren wesentliche Ursache Prof. Dr. M. wiederum die Knieschädigung
links ausgemacht hat. Eine unmittelbare ursächliche Verknüpfung der Anpassungsstörung mit dem Arbeitsunfall ist nicht zu begründen,
da Dipl.-Med. R. im Rahmen seiner psychischen Befunderhebung Anhaltspunkte auf ein klinisch signifikantes Trauma ausdrücklich
ausgeschlossen hat. Seiner Auffassung aus der ergänzenden Stellungnahme vom 24. Oktober 2011 "die psychischen Veränderungen"
resultierten zum einen aus dem traumatischen Erlebnis des Unfalls, folgt der Senat nicht. Es fragt sich schon, um welche psychischen
Veränderungen es sich überhaupt handeln soll. Denn als psychisches Krankheitsbild hat Dipl.-Med. R. in seinem Gutachten allein
eine Anpassungsstörung diagnostiziert, die in einer depressiven Verstimmung zum Ausdruck kommt. Dieses Krankheitsbild ordnet
er in seiner ergänzenden Stellungnahme den Schmerzen und daraus folgenden Leistungseinschränkungen zu. Den Nachweis einer
psychotraumatischen Einwirkung erbringt das Gutachten gerade nicht. Dies beschreibt der Sachverständige für den IES-Test und
verweist auf fehlende Brückensymptome eines Psychotraumas wie Flashbacks oder Vermeidungsverhalten. Auch außerhalb des Gutachtens
hat in 15 Jahren nach dem Unfall kein Arzt in einem Gutachten oder Befundbericht irgendwelche Hinweise auf ein Psychotrauma
gegeben, geschweige denn eine fachärztliche Konsiliarbehandlung mitgeteilt.
Für eine kausale Verknüpfung zwischen dem Arbeitsunfall und der Verletzung des Innenmeniskushinterhorns links mag sprechen,
dass eine Ungeeignetheit des Unfallhergangs zur Verursachung einer - wie hier - isolierten Meniskusverletzung jedenfalls nicht
feststeht (vgl. hierzu näher Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.10.5.3.2.2,
S. 618 ff.), wenngleich die von Prof. Dr. Dr. S. zugrunde gelegte Situation nicht belegt ist und allein hieraus auch nicht
ohne weiteres ein verletzungsspezifischer Mechanismus folgen würde. Überdies lassen sich die vom Kläger gegenüber Dr. H. geäußerten
Beschwerden für einen Unfallzusammenhang anführen.
Erhebliche Zweifel an einer wesentlichen Ursachenbeziehung werden aber schon durch die erhobenen Erstbefunde und den weiteren
primären Verlauf geweckt. So hatte Dr. H. bei seiner Untersuchung gut eine Stunde nach dem Unfallgeschehen im Bereich des
linken Knies zwar Kontusionsmarken und Schürfwunden als Ausdruck eine Knieprellung gefunden, jedoch klinisch keinerlei Anzeichen
eines relevanten Kniebinnenschadens festgehalten, röntgenologische Frakturzeichen verneint und deshalb offenbar auch keinen
Bedarf für einen diagnosewürdigen Vermerk gesehen. Dem entspricht die Beschreibung von Dipl.-Med. B. in seiner Bescheinigung
vom 2. März 1998, dass bei der Aufnahmeuntersuchung am 17. November 1995 klinisch keine Meniskuszeichen und Indizien für Verletzungen
des Bandapparates vorhanden gewesen sind sowie die Entlassung am 29. November 1995 bei subjektivem Wohlbefinden erfolgt ist.
Schließlich sind dem Bericht über die zwölftägige stationäre Primärbehandlung vom 11. Dezember 1995 nicht einmal Beschwerdenschilderungen
zum linken Kniegelenk zu entnehmen, so dass die Angabe der Entlassung bei Wohlbefinden auch insoweit nachvollziehbar erscheint.
Gewichtige Zweifel an einer wesentlichen (Teil-)Ursächlichkeit des Unfallgeschehens vom 17. November 1995 für den Innenmeniskusschaden
werden auch durch die weiteren klinischen Untersuchungen und den nachfolgenden zeitlichen Verlauf hervorgerufen. So hatte
Dr. H. bei seinen Befunderhebungen am 1., 8., 15. und 22. Dezember 1995 sowie 10. und 26. Januar 1996 für die vom Kläger geäußerten
Kniebeschwerden mit Schwellungszuständen keinen objektiven Beleg finden können. Vielmehr hatte er Schwellungen, Umfangdifferenzen
oder Ergusszeichen ausdrücklich ausgeschlossen und eine Beweglichkeit von 0-0-120° (Normalmaß nach der Neutral-Null-Methode:
5/10-0-120/150°) festgehalten. Die Richtigkeit seiner Feststellungen wird durch die am 1. Februar 1996 in den Berufsgenossenschaftlichen
Kliniken B. H. durchgeführte Untersuchung untermauert, bei der ebenfalls kein krankhafter Kniebefund zu ermitteln war. Im
Gegenteil sind insoweit ein unauffälliges Gangbild sowie regelrechte Muskelkonturen der unteren Extremitäten mit jeweils freier
Beweglichkeit dokumentiert, ein Gelenkerguss, Meniskuszeichen und Druckschmerzen ausgeschlossen und absolut feste Kreuz- und
Seitenbänder vorgefunden worden. Damit fehlt auch knapp zweieinhalb Monate nach dem Unfallereignis jeder Anhaltspunkt für
einen relevanten Kniebinnenschaden. Erst über zehn Monate später sind dann erstmals Befunde erhoben worden, die eine Meniskusschädigung
nahe legten. Die fehlende Beschreibung entsprechender (verletzungstypischer) Veränderungen im Zeitraum von Anfang Februar
bis Anfang Dezember 1996 ist mit anderen Worten ein starkes Indiz für die Ausheilung des Primärschadens.
Ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt, sprechen schließlich auch die intraoperativen und insbesondere histologischen
Befunde gegen die angeschuldigte Kausalbeziehung. Dabei stellt der Senat gerade nicht in Abrede, dass die vorgefundenen (unfallunabhängigen)
Veränderungen die beim Kläger bestehende Symptomatik erklären. Die feingewebliche Aufbereitung des am 27. Dezember 1996 intraoperativ
entnommenen Meniskusgewebes lautet schon nach der Beschreibung von Dr. S. auf einen herdförmig deformierten und ödematös aufgelockerten
Befund ohne erkennbare degenerative Veränderungen, der mit einem abgelaufenen Trauma zu vereinbaren sei. Die hieraus von Dr.
W. gezogene Schlussfolgerung, damit werde ein Zusammenhang zum Arbeitsunfall gestützt, hat Dr. O. entkräftet. Er hat nämlich
nicht nur die durch Dr. S. dargelegte traumatische Entwicklung des Risses bei zopfartig verflochtenen und ödematös durchtränkten
Faserbündeln mit fibrinös belegten Rissabschnitten ohne relevante Meniskusdegeneration bestätigt. Vielmehr hat er den Befund
unwidersprochen als maximal drei bis vier Wochen alt eingeordnet, womit schon keine zeitliche Verknüpfung mehr zum Unfallereignis
vom 17. November 1995 besteht. Die Bewertung Dr. O.s wird durch den Pathologen T. untermauert, der bei seiner Auswertung des
am 29. Juli 1997 von PD Dr. H. resektierten Meniskusgewebes den von diesem - allein aus dem makroskopischen Befund - gezogenen
Schluss auf einen Zusammenhang zum Arbeitsunfall ausdrücklich widersprochen hat. Hinzu kommt, dass sowohl intraoperativ als
auch histologisch Hinweise für eine Auffaserung des Meniskusgewebes ausgeschlossen worden sind, wie sie bei ständiger dynamischer
Belastung des Kniegelenkes über 13 bzw. 20 Monate nach dem Unfall hinweg zu erwarten wären. Diesen Umstand hat nicht nur die
Beklagte zutreffend hervorgehoben, sondern bei seiner Wertung im Ergebnis auch PD Dr. H. selbst als problematisch eingeräumt.
Haben aber weder die Dres. S. und O. noch der Pathologe T. einen Beleg für eine altersvorauseilende Meniskusdegeneration finden
können, fehlt jede Grundlage für die von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. K. ohne eigene Auswertung der ihnen vorgelegten Präparate
in diese Richtung angestellte Vermutung und verbleibt kein Raum für ihre Hypothese, der Verkehrsunfall habe diesen vorgeschädigten
Meniskus zum Reißen gebracht.
Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Darlegungen Dr. O.s vom 17. Juli 1998 auch verwertbar. Dabei kann dahinstehen, ob
es sich hierbei inhaltlich um ein Gutachten im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung handelt oder Dr. O. als beratender Vertragsarzt
der Beklagten tätig geworden ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 - B 2 U 8/07 R - SozR 4-2700 §
200 Nr.
1). Auch kommt es nicht darauf an, ob §
200 Abs.
2 SGB VII wegen der vorliegend noch heranzuziehenden
RVO, die keine entsprechende Vorgängervorschrift kennt, überhaupt anwendbar ist. Denn er hat eine Unverwertbarkeit jedenfalls
nicht rechtzeitig gerügt. Als ihm die Ausführungen Dr. O.s bekannt geworden sind, hat er bei der Beklagten eine hierdurch
geschehene Verletzung seiner Rechte nicht unverzüglich beanstandet. Er hat ihr auch nicht die Gelegenheit gegeben, den (angeblichen)
Verfahrensmangel noch bis spätestens zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 22.
November 2000 heilen zu lassen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 20. Juli 2010 - B 2 U 17/09 R - SozR 4-2700 § 200 Nr. 2). Dazu bestand für ihn jedoch Gelegenheit. Kenntnis von dem bei der Beklagten am 24. Juli 1998
eingegangenen Gutachten Dr. O.s hatte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten nämlich spätestens im Juni 1999 erlangt,
nachdem dieser im abgeschlossenen sozialgerichtlichen Verfahren S 1 U 70/99 Einsicht in die Verwaltungsakten genommen und die dortige Klage mit Schriftsatz vom 18. Juni 1999 begründet hatte. Noch im
Schreiben vom 20. Dezember 2000 hat sich der Kläger über seinen Prozessvertreter an Dr. O. selbst gewandt, auf dessen Darlegungen
sich in seinem Gutachten vom 9. Dezember 2003 überdies auch Prof. Dr. Dr. S. gestützt hat. Die Verwertbarkeitsrüge hat der
Kläger überhaupt erst im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 8. Juli 2005 erhoben.
Lassen sich die geltend gemachten Gesundheitsstörungen danach nicht als Unfallfolgen feststellen, stellt sich die Frage einer
deswegen zu gewährenden Verletztenrente nicht mehr (vgl. hierzu § 214 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. den §§
56 Abs.
1 und
2,
72 SGB VII). Im Übrigen liegen keine Hinweise vor, dass die anerkannten Primärschäden (Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades, Rippenfrakturen
IV bis VI links, Zerrung der HWS 1. Grades und Prellung des linken Kniegelenkes) nicht ausgeheilt sind und Folgen über die
26. Woche nach dem Unfall hinaus hinterlassen haben. Folglich bedingen sie keine MdE. So hatte bereits Dr. W. als einzig verbliebene
Unfallfolge eine Verletzung des linken Innenmeniskus bezeichnet. Entsprechendes gilt für Prof. Dr. Dr. S., der in seinem Gutachten
vom 9. Dezember 2003 als unfallbedingte Diagnose im Bereich des linken Kniegelenkes ebenfalls allein eine Meniskusverletzung
mit dadurch bedingter Bewegungsminderung und Muskelverschmächtigung im linken Kniegelenk festgehalten hat. Unfallfolgen aus
dem durchgemachten Schädel-Hirn-Trauma, den erlittenen Rippenfrakturen und den Gesichtsverletzungen hat Dr. S. ausdrücklich
für nicht nachweisbar erklärt und diese Meinung überzeugend auch damit begründet, der Kläger verneine insoweit schon Beschwerden.
Soweit schließlich Prof. Dr. M. bei seiner klinischen Untersuchung des Klägers minimal eingeschränkte Kopfwendebewegungen
und eine leichte Schulter/Nackenschmerzsymptomatik befundet hat, hat er einen insoweit verifizierbaren Unfallzusammenhang
ausdrücklich verneint. Das ist nachvollziehbar, da auch von ihm - ebenso wie insbesondere durch Dr. S. - keine strukturellen
Schäden im HWS-Bereich ausgemacht worden sind. Vor diesem Hintergrund bestand kein Ansatz für weitere Ermittlungen.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.