Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes
PKH-Verfahren
Unterschiedliche Auffassungen zu der richtigen Klageart für eine gerichtliche Überprüfung einer erledigten Eingliederungsvereinbarung
oder eines erledigten Eingliederungsverwaltungsakts
Nur weit entfernte Erfolgsaussichten in der Hauptsache
Gründe
I.
In dem Verfahren S 29 AS 416/15 vor dem Sozialgericht Lübeck streiten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden
Verwaltungsakts im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 12.03.2015 (Eingliederungsverwaltungsakt) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2015. Der Kläger hatte bereits
mit Klageschrift vom 28.04.2015 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, diesen Antrag hatte das Sozialgericht mit
Beschluss vom 29.03.2017 mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Klagbegehrens abgelehnt. Die dagegen erhobene Beschwerde
hatte der Senat mit Beschluss vom 31.07.2017 zurückgewiesen. Unter dem 03.10.2017 beantragte der Kläger erneut die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe. Das Sozialgericht lehnte auch diesen zweiten Prozesskostenhilfeantrag wegen nicht gegebener hinreichender
Erfolgsaussicht des Klagbegehrens mit Beschluss vom 21.12.2017 ab; neue Tatsachen habe der Kläger mit seinem zweiten Prozesskostenhilfeantrag
- überwiegend - nicht vorgebracht, weshalb auf die vorangegangenen Beschlüsse des Sozialgerichts und des Schleswig-Holsteinischen
Landessozialgerichts verwiesen werden könne. Gegen diesen, dem Kläger am 23.12.2017 zugestellten Beschluss richtet sich dessen
Beschwerde vom 23.01.2018. Wegen der Einzelheiten zum Beschwerdevorbringen wird auf die Begründungsschrift vom selben Tage
Bezug genommen.
Hinsichtlich näherer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ist hier auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des von dem Beklagten
vorgelegten Auszuges aus der Verwaltungsakte zu verweisen.
II.
In rechtlich zutreffender Weise hat das Sozialgericht den am 03.10.2017 angebrachten zweiten Antrag des Klägers auf Bewilligung
von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in Verbindung mit §
114 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein prozesskostenarmer Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht
in diesem Sinne besteht bereits dann, wenn das Gericht aufgrund der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen aber auch ausreichenden
summarischen Prüfung den Rechtsstandpunkt des Prozesskostenhilfe begehrenden Beteiligten jedenfalls für vertretbar hält und
in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Dabei dürfen die Anforderungen an das Vorliegen
einer hinreichenden Erfolgsaussicht nicht überspannt werden, da die diesbezügliche Prüfung nicht dazu führen soll, dass die
eigentliche Rechtsverfolgung oder -verteidigung in das Prozesskostenhilfeverfahren vorverlagert wird (B. Schmidt, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
73a Rn. 7, 7a). Allerdings darf Prozesskostenhilfe verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin
ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2014, L 2 AS 2105/13 B, zitiert nach juris). Eine hinreichende Erfolgsaussicht in diesem Sinne kommt dem vorliegenden Klagbegehren nicht zu, wie
das Sozialgericht in seinem Beschluss vom 21.12.2017 zutreffend erkannt hat.
Zwar dürfte sich ein Mangel der hinreichenden Erfolgsaussicht nicht aus einer Unzulässigkeit der Klage ergeben, die daraus
resultierte, dass dem Kläger das Rechtschutzbedürfnis fehlt, weil - zum einen - die Geltung des streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakts
von vornherein nur bis zum 28.08.2015 begrenzt war und - zum anderen - die wegen der Verletzung der in dem Eingliederungsverwaltungsakt
vom 12.03.2015 festgestellten Sanktionen Gegenstand anderer Anfechtungsklagverfahren des Klägers vor dem Sozialgericht sind.
Denn in der Rechtsprechung wird vertreten, dass dies keinen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses begründet (vgl. LSG Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 15.06.2017, L 25 AS 1631/16, zitiert nach juris). Der Umstand, dass in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen zu der richtigen Klageart für
eine gerichtliche Überprüfung einer erledigten Eingliederungsvereinbarung oder eines erledigten Eingliederungsverwaltungsakts
(für Fortsetzungsfeststellungsklage: Bayerisches LSG, Urteil vom 21.07.2016, L 7 AS 77/16, NZS 2016, 915 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.12.2016, L 19 AS 1352/16, zitiert nach juris; für Anfechtungsklage: LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.) vertreten werden, spricht hier ebenso wenig für
eine Verneinung der hinreichenden Erfolgsaussicht wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses, wie der Umstand, dass in der
Rechtsprechung die Änderung des § 15 SGB II zum 01.08.2016 dahingehend, dass seitdem vor Erlass eines Eingliederungsverwaltungsakts eine auf den Hilfebedürftigen bezogene
Potentialanalyse durchzuführen ist, zum Anlass genommen wird, eine Fortsetzungsfeststellungsklage zumindest wegen einer Wiederholungsgefahr
nicht mehr als zulässig anzusehen (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2017, L 7 AS 571/16, zitiert nach juris; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Die Verneinung einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die hier relevante Klage ergibt sich jedoch daraus, dass die Möglichkeit,
dass der Kläger mit seiner Klage erfolgreich sein könnte, nach der im Prozesskostenhilfeverfahren ausreichenden summarischen
Prüfung nur eine entfernte ist. Eine andere Bewertung rechtfertigt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers in seinem
Schreiben vom 03.10.2017, mit welchem er den erneuten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe angebracht hat. Soweit
der Kläger dort - wie im übrigen bereits in seiner vorangegangenen Beschwerdeschrift vom 07.05.2017 gegen den ersten Prozesskostenhilfe
versagenden Beschluss des Sozialgerichts vom 29.03.2017 - eine hinreichende Erfolgsaussicht seines Klagbegehrens damit zu
begründen sucht, dass er darauf verweist, dass ihm die mit streitgegenständlichem Eingliederungsverwaltungsakt vom 12.03.2015
angesonnene Tätigkeit als Touristikassistent bzw. Busbegleiter auf Linienbussen der Autokraft im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit
mit Mehraufwandsentschädigung gesundheitlich nicht zumutbar sei, dringt er damit nicht durch. Zwar sind auch die einem erwerbsfähigen
Leistungsberechtigten gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II in einem Eingliederungsverwaltungsakt abzuverlangenden konkreten Eingliederungsbemühungen von vornherein auf solche Tätigkeiten
beschränkt, die dem Leistungsberechtigten nach Art und Umfang zumutbar im Sinne des § 10 SGB II sind (vgl. Berlit, in LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 15 Rn. 38). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ist eine Arbeit u. a. dann grundsicherungsrechtlich unzumutbar, wenn der Leistungsberechtigte zu ihrer Ausübung körperlich
nicht in der Lage ist.
Vorliegend ergibt sich aus dem vom Kläger als Anlage zu seinem Schreiben an das Sozialgericht vom 03.10.2017 vorgelegten Befundbericht
des Dr. med. O____ aus S_____ vom 09.08.2017, dass bei dem Kläger eine Exostose im linken Gehörgang vorhanden ist. Dass aus
dieser Knochenwucherung Schwindelanfälle und Gleichgewichtsstörungen resultieren - wie der Kläger in seinem Antragsschreiben
vom 03.10.2017 ausführt -, ergibt sich aus dem ärztlichen Befundbericht jedoch gerade nicht. Insofern ist es rechtlich nicht
zu beanstanden, dass das Sozialgericht im Rahmen der kursorischen Prüfung der Erfolgsaussicht im Prozesskostenhilfeverfahren
die von dem Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen weiterhin als nicht belegt ansieht und eine hinreichende
Erfolgsaussicht des Klagbegehrens deshalb verneint.
Im übrigen kann auf die Ausführungen in den Beschlüssen des Sozialgerichts vom 24.03.2017 und 20.12.2017 sowie in dem Beschluss
des Senats vom 31.07.2017 verwiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.