Gründe
I.
Mit Urteil vom 13. Dezember 2016 (S 10 KR 292/15) hat das Sozialgericht Kiel die Beklagte unter Aufhebung ihrer ablehnenden Bescheide verurteilt, die Klägerin mit einer Bauchdeckenstraffung
und einer beidseitigen Oberschenkelstraffung als Sachleistung zu versorgen. Dies folge aus der Anwendung der fiktiven Genehmigung
nach §
13 Abs.
3a SGB V. Die dortige Frist von drei Wochen habe die Beklagte mit ihrer Antwort vom 8. September 2015 auf den Leistungsantrag vom
6. Auguste 2015 nicht eingehalten. Es handele sich hier auch nicht um eine auf eine medizinische Rehabilitation gerichtete
Leistung, und die Klägerin durfte die Maßnahme, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen
Krankenversicherung liege, auch für erforderlich halten, weil diese ihr von ihren behandelnden Ärzten empfohlen worden sei.
Die Beklagte habe die Genehmigungsfiktion auch nicht durch den Rücknahmebescheid vom 5. September 2016 wirksam zurückgenommen.
Die Voraussetzungen des § 45 SGB X lägen bereits deshalb nicht vor, weil der Eintritt der Genehmigungsfiktion anfänglich nicht rechtswidrig gewesen sei, da
alle Tatbestandsvoraussetzungen für den Eintritt der Genehmigungsfiktion vorgelegen hätten. Außerdem fehle der Rücknahmeentscheidung
die notwendige Ermessensausübung.
Gegen die ihr am 20. Dezember 2016 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 4. Januar 2017 Berufung eingelegt und mit
weiterem Schreiben vom 30. Januar 2017 die Aussetzung der Vollstreckung aus dem Urteil beantragt, hilfsweise, diese von einer
Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts
Dortmund die Genehmigungsfiktion des §
13 Abs.
3a SGB V nicht weiterreiche, als der zugrundeliegende Sachleistungsanspruch und nach der Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts
die Genehmigungsfiktion des §
13 Abs.
3a SGB V ohnehin auf Sachleistungsansprüche keine Anwendung finde. Zudem habe die Klägerin ihren Antrag auf die Leistung erst nach
mehr als einem Monat nach der Verordnung gestellt.
Die Klägerin hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass sie die Vollstreckung aus der erstinstanzlichen Entscheidung beabsichtige.
II.
Der statthafte Aussetzungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß §
199 Abs.
2 Satz 1
SGG kann, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden
hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Bei der Entscheidung über die Aussetzung ist eine Interessen-
und Folgenabwägung vorzunehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 16. Januar 2012 - L 5 AR 38/11 R ER). Bei dieser Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber dem Interesse des Leistungsberechtigten
einen Vorrang dadurch eingeräumt hat, dass Berufungen in der Regel keine aufschiebende Wirkung haben. Eine Aussetzung kommt
daher nur im Ausnahmefall in Betracht, der hier nicht vorliegt. Die Vollstreckungsschuldnerin hat glaubhaft darzulegen, dass
durch den Vollzug ein nicht gutzumachender Nachteil entsteht oder dass das Rechtsmittel offensichtlich Aussicht auf Erfolg
hat (vgl. Beschluss des Senats vom 2. Dezember 2014 - L 5 AR 59/14 R ER; Beschluss des Bayerischen LSG vom 12. Dezember 2011 - L 6 R 1065/11 ER; Leitherer in Meyer-Ladewig u. a., Kommentar zum
SGG, §
199 Rz. 8a). Eine solche glaubhafte Darlegung ist durch die Beklagte nicht erfolgt.
So erweist sich vorliegend auch nach dem Vorbringen der Beklagten in der Berufung und in der Begründung des Antrags nach§
199 Abs. 2
SGG ihre Berufung nach summarischer Prüfung nicht als offensichtlich begründet. Der von der Beklagten in der Berufungsbegründung
in Bezug genommenen Entscheidung des Bayerischen LSG ist das Urteil des BSG vom 8. März 2016 (B 1 KR 25/15 R), auf das auch das Sozialgericht Bezug genommen hat, entgegenzuhalten. Darin (Rz. 25 nach [...]) wird ausgeführt, dass die
Genehmigungsfiktion zu Gunsten des Leistungsberechtigten einen Naturalleistungsanspruch begründe. Entsprechend hat das LSG
Saarland in seinem der Revisionsentscheidung zugrunde liegende Urteil vom 17. Juni 2015 (L 2 KR 180/14) entschieden. Ob diese Rechtsauffassung "inzwischen herrschende Meinung" ist (so Noftz in Hauck/Noftz, Kommentar zum
SGB V, §
13 Rz. 58r), mag dahinstehen. Jedenfalls kann vor diesem Hintergrund nicht von einer offensichtlichen Begründetheit der Berufung
der Beklagten ausgegangen werden.
Dazu führt auch nicht die Rücknahmeentscheidung der Beklagten vom 5. September 2016 nach § 45 SGB X. Zutreffend hat das Sozialgericht auf die Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung hingewiesen, nämlich
dass im Hinblick auf die in §
13 Abs.
3a SGB V geregelte Genehmigungsfiktion von einer anfänglichen Rechtswidrigkeit der Entscheidung nicht ausgegangen werden kann und
das Vorliegen ausreichender Ermessenserwägungen fraglich ist.
Weitere Gründe, die im Rahmen einer Interessenabwägung zu einer Aussetzung gemäß §
199 Abs.
2 SGG führen, sind von der Beklagten nicht vorgetragen. Dass die Klägerin erst etwas mehr als einen Monat nach der ärztlichen Verordnung
den Leistungsantrag gestellt hat, reicht insoweit jedenfalls nicht aus. Den Hilfsantrag auf Sicherheitsleistung hat die Beklagte
nicht näher begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des §
193 SGG.
Der Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.