Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zahlung von Fahrkosten
für Dialysefahrten nach K___ zum N______________________.
Der 1948 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Antragsteller ist Dialysepatient. Er leidet unter zahlreichen Erkrankungen,
insbesondere auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt
und er bezieht Leistungen der Pflegestufe I. Seit 2012 ist er erneut wieder dialysepflichtig aufgrund eines chronischen Transplantationsversagens
(Leichennierentransplantation im Jahre 1998). Die Dialyse führte er am N______________________ in K___ durch. Zuletzt genehmigte
die Antragsgegnerin die Fahrkostenerstattung für das Jahr 2016 aufgrund der Verordnung vom 16. November 2015 vom Wohnort D______
nach K___ zur Dialysepraxis.
Am 21. Oktober 2016 verordnet Dr. W______ vom N______________________ wiederum eine Krankenbeförderung mit einer Behandlungsfrequenz
von dreimal pro Woche für das Jahr 2017. Mit Bescheid vom 2. Januar 2017 bewilligte die Antragsgegnerin die Übernahme von
Fahrkosten zur nächstgelegenen Dialysepraxis bis Na________ und zurück / maximal je 23,5 Kilometer. Mehrkosten, die durch
größere Entfernungen entstünden, würden nicht übernommen werden. Daraufhin legte der Antragsteller einen Bericht von Dr. W______
vom 14. Januar 2017 vor, in dem dieser ausführte, aus den Diagnosen gehe hervor, dass bei dem Antragsteller multiple kardiovaskuläre
Komplikationen bestünden, die die engmaschige Mitbetreuung durch die Universitätsklinik K___ und das L_______________ in K___
erforderlich machten. Während der gesamten mehr als 20 Jahre andauernden Behandlung seien die Fahrkosten nie thematisiert
worden. Es sei absolut unzumutbar für den Antragsteller, nach einer so langen Zeit das Dialysezentrum zu wechseln, zumal die
fachärztliche Mitbehandlung der oben genannten anderen Disziplinen ohnehin in K___ erforderlich sei. Die Antragsgegnerin holte
ein sozialmedizinisches Kurzgutachten des MDK ein und teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 14. Februar 2017 mit, dass
sie bei ihrer Entscheidung bleibe, da eine gleichwertige medizinische Behandlungsmöglichkeit in Na________ bestünde. Hiergegen
erhob der Antragsteller Widerspruch mit der Begründung, klinische Gründe machten die Fortsetzung der Dialyse in K___ erforderlich,
wie die Bescheinigung des N______________________s verdeutliche. Außerdem liege bei ihm ein Härtefall vor. Er befinde sich
in einem funktionierenden Regime. Es bestünde kein rechtfertigender Grund, in dieses einzugreifen. §§ 45 ff. SGB X stünden einem Wechsel zudem ebenfalls entgegen.
Am 24. März 2017 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Lübeck die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bewilligung von
Fahrkosten in das N_____________________ K___ im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung hat er sein bisheriges
Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, §
16 SGB V gestatte explizit Abweichungen von den Richtlinien. Ein solcher Ausnahmefall liege bei ihm vor. Es bestünde auch ein Anordnungsgrund,
da er finanziell nicht in der Lage sei, die Fahrkosten zu erbringen. Die Antragsgegnerin hat die Auffassung geäußert, dass
zwingende medizinische Gründe für eine Weiterbehandlung in K___ am Dialysezentrum nicht vorlägen. Aus wirtschaftlichen Gründen
könne sie nur die Kosten für den nächsterreichbaren Behandlungsort übernehmen. Das sei das Dialysezentrum am F__________________________
Na________ oder in der Dialysepraxis Na________ der Fall.
Im Erörterungstermin vom 11. April 2017 hat die Antragsgegnerin sich vergleichsweise verpflichtet, dem Antragsteller ab dem
heutigen Tag für ein halbes Jahr noch die Fahrkosten von seinem jetzigen Wohnort zur Dialyse nach K___ zu zahlen. Der vorsitzende
Richter hat den Antragsteller darauf aufmerksam gemacht, dass die Voraussetzungen des §
76 Abs.
2 SGB V in seinem Fall nicht vorlägen und er sich auf die Behandlung in Na________ zwecks Dialysebehandlung verweisen lassen müsse.
Von dem ihm eingeräumten Widerrufsrecht hat der Antragsteller anschließend Gebrauch gemacht und auf Anfrage des Sozialgerichts
detailliert zu seinen Einnahmen und Ausgaben Stellung genommen. Zur weiteren Begründung hat er auf §
76 SGB V und darauf hingewiesen, dass die Kliniken in K___ mit seinem Krankheitsbild vertraut seien. Dies spreche für eine Fortbehandlung
dort.
Mit Beschluss vom 18. Mai 2017 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, trotz der gerichtlichen
Anfrage habe der Antragsteller nicht deutlich gemacht und mit entsprechenden Nachweisen belegt, dass er nicht in der Lage
sei bzw. gewesen sei, die Mehrkosten für die Taxifahrten zur Dialysebehandlung nach K___ zunächst selbst zu zahlen. Demzufolge
gehe das Gericht davon aus, dass er finanziell in der Lage sei, die Mehrkosten für die Taxifahrten nach K___ bis zu einer
Entscheidung in der Hauptsache selbst zu tragen.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 6. Juni 2017. Zur Begründung weist er darauf hin, dass
er aufgrund seiner finanziellen Situation die Mehrkosten nicht tragen könne. Dazu legt er erneut eine Aufstellung seiner Einnahmen
und Ausgaben vor sowie eine Bescheinigung der Funk-Taxi B_______. Aus letzterer ergebe sich ein monatlicher Mehraufwand für
Fahrkosten in Höhe von 900,00 EUR im Monat. Da er auch nicht über einsetzbares Vermögen verfüge, sei er nicht in der Lage,
diese Kosten zu tragen. Die Antragsgegnerin verweist auf ihren bisherigen Vortrag. Das langjährige Arzt-Patienten-Verhältnis
in K___ möge zwar einen nachvollziehbaren subjektiven Grund für die Weiterbehandlung dort darstellen, ein zwingender medizinischer
Grund sei darin aber nicht zu sehen. Wohnortnäher stünden Behandlungsstätten in Na________ zur Verfügung.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht
einen Anspruch des Antragstellers auf die vorläufige Übernahme der Fahrkosten zum Dialysezentrum nach K___ im Wege des einstweiligen
Rechtsschutzes abgelehnt.
Allerdings stimmt der Senat mit dem Antragsteller insoweit überein, dass er aufgrund seiner Einnahmen und Ausgaben glaubhaft
nicht in der Lage ist, für die Zeit der Durchführung des Hauptsacheverfahrens die Fahrkosten zum Dialysezentrum nach K___
bzw. die Differenz gegenüber der Kostenübernahme durch die Antragsgegnerin für Fahrten nach Na________ zu übernehmen. Bereits
erstinstanzlich hat er dazu entsprechend vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, dass er bei Einnahmen von 1.844,00 EUR monatlich
und Ausgaben von annähernd 1.500,00 EUR die nachvollziehbaren Mehrkosten von 900,00 EUR monatlich auch nur für eine begrenzte
Zeit übernehmen kann.
Allerdings steht dem Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit entgegen, dass der Antragsteller den gerichtlichen Vergleich
gegenüber dem Sozialgericht widerrufen und damit eine Kostenübernahme durch die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der gerichtlichen
Entscheidungen verhindert hat. Einen sachlichen Grund vermag der Senat für den Widerruf nicht zu erkennen, da der vor dem
Sozialgericht am 11. April 2017 abgeschlossene Vergleich für ihn allein vorteilhaft war und er auf nachfolgende Ansprüche
darin nicht verzichtet hat.
Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob dies dem Anordnungsgrund entgegensteht, da es bereits an einem Anordnungsanspruch
im Sinne der Glaubhaftmachung eines materiellen Anspruchs auf die begehrte Leistung fehlt. Der Senat stimmt mit der Antragsgegnerin
darin überein, dass der Antragsteller einen solchen materiellen Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten zum Dialysezentrum nach
K___ nicht glaubhaft gemacht hat.
Allerdings besteht, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, grundsätzlich ein Anspruch des Antragstellers auf Fahrkostenübernahme
zur Dialysebehandlung. Dieser Anspruch folgt aus §
60 Abs.
1 Satz 3
SGB V, wonach Krankenkassen Fahrkosten zu einer Behandlung unter Abzug des sich nach §
61 Satz 1
SGB V ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen übernehmen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien des §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
12 SGB V festgelegt hat. In §
8 Abs.
2 der Krankentransport-Richtlinien ist Voraussetzung für eine Verordnung und eine Genehmigung von Krankenfahrten, dass der
Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz
über einen längeren Zeitraum aufweist, was bei in der Anlage 2 der Richtlinie genannten Ausnahmefällen in der Regel erfüllt
ist (Satz 3 der Vorschrift). In Anlage 2 der KrankentransportRL ist die Dialysebehandlung ausdrücklich aufgeführt.
Allerdings werden Fahrkosten nur, worauf die Antragsgegnerin ebenfalls zutreffend hinweist, in notwendiger und wirtschaftlicher
Höhe übernommen. Das hat zur Folge, dass Kosten nur zur nächstgelegenen Dialysemöglichkeit zu übernehmen sind. Nächstgelegene
Dialysemöglichkeiten bestehen im Falle des Antragstellers aber in Na________ im F__________________________ und in der Dialysepraxis
Na________, weil diese, wie der Aufstellung der Funk-Taxizentrale B_______ zu entnehmen ist, lediglich 20 Kilometer vom Wohnort
des Antragstellers entfernt sind, während nach K___ 45 Kilometer Fahrstrecke erforderlich sind.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers vermag der Senat auch keine zwingenden medizinischen Gründe für eine Fortsetzung
der Dialyse in K___ zu erkennen. Solche werden jedenfalls vom N______________________ in dem Bericht vom 14. Januar 2017 nicht
genannt. Dort wird lediglich darauf hingewiesen, dass bei dem Antragsteller multiple kardiovaskuläre Komplikationen vorliegen.
Es ist keinerlei Grund ersichtlich, dass, jedenfalls im F__________________________ in Na________ mit seinen zahlreichen Fachkliniken
eine gleichwertige Behandlung nicht erbracht werden kann.
Dass die Fahrkosten zur Dialyse in K___ in den letzten Jahren übernommen wurden, ist ebenfalls keinen Grund für eine Fortsetzung
der Übernahme der Fahrkosten. Vielmehr ist die Antragsgegnerin verpflichtet, eine bisher rechtswidrige Praxis zeitnah zu beenden
(vgl. §
2 Abs.
4 SGB V). Der von dem Antragsteller angeführte § 45 SGB X findet keine Anwendung, weil die letzte Bewilligung der Krankenbeförderung nach K___ auf das Jahr 2016 zeitlich begrenzt,
mithin eine Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes nicht erforderlich war.
Der von dem Antragsteller ebenfalls angeführte §
16 SGB V enthält Regelungen über das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen. Inwieweit in dieser Vorschrift Ausnahmefälle für die Übernahme
von Fahrkosten enthalten sind, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Dass eine Dialyse des Antragstellers in Na________ bei Fortsetzung der Behandlung am L_______________ und dem U___ zu einer
Erhöhung der Fahrkosten führt, wie der Antragsteller meint, trifft nicht zu. Fahrkosten für ambulante Behandlungen werden
nur ausnahmsweise in den in den Krankentransportrichtlinien enthaltenen Fällen übernommen. Dazu gehören die Behandlungen am
U___ und am L_______________ nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).