Anforderungen an die Versicherungspflicht von Unternehmen der Forstwirtschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung
Vermutung der forstwirtschaftlichen Betätigung auch bei im Einzelfall fehlenden konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger forstwirtschaftlicher Unternehmer ist und deshalb Beiträge zur landwirtschaftlichen
Unfallversicherung zu entrichten hat.
Der Kläger ist Eigentümer eines 0,6745 ha großen Flurstücks (35/0) in der Gemarkung O_________, Flur 1. Gemäß dem Schreiben
der Forstbehörde des Landes Schleswig-Holstein vom 6. Juni 2011 wird das Flurstück in dem dort gemäß § 35 Landeswaldgesetz
(LWaltG) geführten Kataster unter der Nr. 46 als Wald geführt.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2010 informierte die Beklagte (seinerzeit: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein
und Hamburg) den Kläger über eine mögliche Beitragspflicht. Es könne jedoch sein, dass das Flurstück nicht genutzt werde oder
einer nichtlandwirtschaftlichen Nutzung zugeführt worden sei. Der Kläger teilte daraufhin am 9. Dezember 2010 telefonisch
mit, dass es sich um Ödland mit einzelnen Bäumen, Moor und Wasserflächen handele. Es sei mit Buschland bewachsen.
Am 13. Dezember 2010 teilte die Untere Forstbehörde Nord des Landes Schleswig-Holsteins der Beklagten mit, dass es sich bei
dem Flurstück 35 um Wald im Sinne des § 2 Landeswaldgesetzes handele.
Mit Aufnahmebescheid vom 3. Januar 2011 veranlagte die Beklagte den Kläger zur Beitragspflicht und erhob für die Jahre 2008
und 2009 Beiträge in Höhe von insgesamt 115,20 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 9. Januar 2011 Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, keine Land/Forstwirtschaft zu betreiben.
Bei der betroffenen Fläche handele es sich um ein Stück im Ursprung belassenen moorigen Gebietes, das bei der Flurbereinigung
nicht urbar gemacht worden sei, um dem Wild noch Schutz zu bieten. In diesem Ursprung befinde sich die Fläche noch heute.
Es sei ein mooriges sumpfiges Gebiet mit Büschen. Am Rand stünden einige Bäume. In trockenen Sommern könne ein Teil des Gebietes
mit Gummistiefeln betreten werden. Er, der Kläger, wisse nicht, wie ohne Zufahrt und nutzbare Bäume Forstwirtschaft betrieben
werden sollte. Er wolle das auch nicht, denn es handele sich um ein Stück unberührter Natur und dies solle auch so bleiben.
Mit Bescheid vom 4. Februar 2011 veranlagte die Beklagte den Kläger für das Umlagejahr 2010 mit 63,73 EUR. Hiergegen legte
der Kläger am 22. Februar 2011 erneut Widerspruch ein.
Beide Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2011 als unbegründet zurück und führte zur Begründung
aus, dass unter Berücksichtigung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze vom Vorliegen eines
forstwirtschaftlichen Unternehmens grundsätzlich auszugehen sei, wenn der Inhaber des Unternehmens über Grund und Boden verfüge,
der zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet werde. Auf die Größe der Nutzfläche komme es hierbei nicht an.
Ihre Zuständigkeit - die der Beklagten - bestehe auch für Unternehmen mit ausschließlich ideeller Zielsetzung und bloße Hobbybetriebe.
Der Kläger sei nutzungsberechtigter Eigentümer einer mit Bäumen bestandenen Waldparzelle. Es bestehe daher die Vermutung,
dass er auf dieser Fläche forstwirtschaftlich tätig und somit forstwirtschaftlicher Unternehmer sei. Greifbare Umstände, die
auf eine andersartige, nicht auf die Gewinnung von Forsterzeugnissen gerichtete, Nutzung der Waldfläche hinwiesen, ergäben
sich nicht. Die bloße Absicht, auf einer bestimmten forstwirtschaftlichen Fläche keine forstwirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten,
ändere an deren Eigenschaft als solcher jedenfalls solange nichts, wie dort forstwirtschaftliche Pflanzen wüchsen. Bereits
aus den Waldgesetzen ergebe sich für den Kläger die Verpflichtung als Waldbesitzer, den Wald jedenfalls in gewissem Umfang
zu bewirtschaften. Es liege in der Natur der Sache, dass zeitweise über mehrere Jahre keine forstwirtschaftlichen Arbeiten
anfielen bzw. jahrelang kein Nutzen gezogen werde. Dadurch verliere aber das Grundstück nicht die Eigenschaft eines forstwirtschaftlichen
Unternehmens.
Am 18. April 2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Schleswig erhoben, zu deren Begründung er ergänzend ausgeführt
hat, dass auf dem naturbelassenen Gelände weder landwirtschaftlicher noch forstwirtschaftlicher Betrieb möglich sei.
Zudem hat er am 4. Mai 2011 einen Antrag auf vorläufigen Vollstreckungsschutz beim Sozialgericht Schleswig zum Aktenzeichen
S 23 U 3/11 ER gestellt. Im Rahmen jenes Eilverfahrens hat das Sozialgericht einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage und
in Augenscheinnahme am 24. Juni 2011 auf dem Grundstück des Klägers durchgeführt. Im Rahmen jenes Termins hat das Sozialgericht
Fotos gefertigt, auf die Bezug genommen wird. Weiter hat das Sozialgericht im Rahmen der Inaugenscheinnahme festgestellt,
dass überwiegend ein Birkenbewuchs vorhanden sei. Geschlagene Bäume seien nicht zu sehen. Stümpfe befänden sich ebenfalls
nicht in der Fläche. Die vordere Hälfte des von Norden betretenen Gebietes beginne mit einem Wall, der noch zum davorliegenden
Feld gehöre. Es befinde sich ein vereinzelter Baumbestand, der insgesamt eine Dichte aufweise, dass eine vollständige Beschattung
des Bodens erfolge. In der nach Süden gerichteten Hälfte befänden sich eher buschartig gewachsene Gehölze. Abgeschritten umfasse
die Fläche mit dem Krüppelbewuchs nach Süden ca. 30 m. Die Ausdehnung der moorigen Fläche mit dem Krüppelbewuchs sei an der
kürzesten Stelle 30 m breit. Umgefallene Bäume seien weder weggeräumt noch teilverwertet worden. Totholz liege entsprechend
herum. Vom Baumbestand her seien zwischen der fast ausschließlichen Birkenpopulation vereinzelte Eichen zu sehen. Diese befänden
sich überwiegend im nördlichen Randbereich der Fläche. Der Untergrund sei bei Betreten durchgehend federnd. Es handele sich
nach dem optischen Eindruck um einen sehr torfhaltigen Boden. Der Kläger hat im Rahmen des Termins ausgeführt, dass es sich
bei dem moorigen Teil des Grundstücks um einen torfigen Untergrund handele, der dazu geführt habe, dass die Gewächse dort
in der zu sehenden Art wüchsen. Vor ca. 50 Jahren habe sein Vater versucht, dort Reet zu ernten. Dies sei aber wohl nicht
erfolgreich gewesen. Die Fläche sei zu keinem Zeitpunkt seitdem bewirtschaftet worden.
Mit Beschluss vom 18. April 2011 hat das Sozialgericht Schleswig die aufschiebende Wirkung der Klage vom 18. April 2011 gegen
die Bescheide vom 3. Januar 2011 und 4. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2011 angeordnet
und zur Begründung ausgeführt, die Vermutung, dass der Kläger auf dem Flurstück Forstwirtschaft betreibe, sei vorliegend widerlegt.
Der moorige bzw. torfige Untergrund der Fläche lasse nur ein sehr armes Wachstum der Bäume in der Fläche zu. Daneben sei nicht
einmal im Ansatz irgendeine Stelle der forstwirtschaftlichen Nutzung der vergangenen Jahrzehnte zu sehen, wie z. B. Baumstumpfen.
Daneben könne bei dem überwiegenden Teil der bewachsenen Fläche nicht von einem Baumbewuchs gesprochen werden. So sei auf
dem überwiegenden Teil der Fläche ein Knickbewuchs vorhanden. Für eine forstwirtschaftliche Nutzung sei der "Krüppelbewuchs"
ungeeignet. Auf der übrigen Fläche von ca. 0,24 ha seien ein überwiegender Birkenbewuchs und vereinzelter Eichenbewuchs vorhanden.
In diesem kleineren nördlichen Teil der Fläche herrsche ein mooriger Untergrund vor. Insgesamt sei daher eher von einer bewachsenen
Moorfläche gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 des Waldgesetzes für das Land Schleswig-Holstein vom 5. Dezember 2004 (GVOBl. 2004, S. 461
in der Fassung vom 13. Juli 2011, GVOBl., S. 225) (LWaldG) auszugehen. Weiterhin sei auch die Vorschrift des §
5 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (
SGB VII), zu berücksichtigen, nach der von der Versicherungspflicht landwirtschaftliche Flächen von weniger als 0,25 ha befreit werden
könnten. Diese Vorschrift sehe zwar zunächst eine Versicherungspflicht vor, ermögliche dann indes eine Befreiung bei Kleinflächen.
Mithin gehe die gesetzgeberische Wertung dahin, bei Kleinstflächen nicht von einem landwirtschaftlichen Unternehmen auszugehen.
Schließlich sei der Beklagten nicht darin zuzustimmen, dass sich die Bewirtschaftungsfiktion bereits aus dem LWaldG ergebe.
Das LWaldG lasse eine Vielzahl von Handlungen gemäß der guten fachlichen Praxis zu, die sich von einer Bewirtschaftung im
Sinne des Unfallversicherungsrechts unterschieden. Demzufolge sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass
sich die angegriffenen Bescheide im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen würden.
Ergänzend zur Klagebegründung hat der Kläger noch einmal ausgeführt, dass es keine Zuwegung zum gegenständlichen Grundstück
gebe. Er lasse es brach liegen; seit Jahrzehnten sei es in keiner Hinsicht bearbeitet worden. Auch unter Berücksichtigung
des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Januar 2011 (Az.: B 2 U 16/10) sei für eine mögliche Einstufung als landwirtschaftlicher Unternehmer essentiell, dass der Besitzer des Grundstücks auf
eigene Rechnung selbst oder durch andere Tätigkeiten am Land durchführen ließe und durchführe. Gerade dies liege hier jedoch
nicht vor. Zudem sei noch einmal darauf zu verweisen, dass die bewaldete Fläche lediglich 2.400 qm groß sei und somit unter
die Bagatellgrenze des §
5 SGB VII falle.
Der Kläger hat beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 3. Januar 2011 und vom 4. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März
2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide berufen und ergänzend ausgeführt, dass die streitgegenständliche
Fläche von der Forstbehörde Nord des Landes Schleswig-Holsteins als Wald geführt werde. Darüber hinaus belegten die vom Kläger
vorgelegten Fotos eindrucksvoll, dass es sich bei dem betreffenden Flurstück eindeutig um eine mit Forstgewächsen bestockte
Fläche handele, für die eine Versicherungs- und Beitragspflicht bestehe. Zu forstwirtschaftlichen Flächen habe das BSG mit Urteil vom 28. September 1999 (Az.: B 2 U 40/98 R) ausgeführt, dass ein Nutzungsrecht an forstwirtschaftlichen Flächen die Vermutung der Eigenschaft als forstwirtschaftlicher
Unternehmer für den Nutzungsberechtigten begründe, auch wenn dieser angesichts ungünstiger forstwirtschaftlicher Verhältnisse
die Flächen nicht bewirtschaften wolle. Für die Versicherungs- und Beitragspflicht bei ihr, der Beklagten, bedürfe es mithin
keiner Nutzung, sondern lediglich eines Nutzungsrechts an der betreffenden Fläche. Letzteres liege für den Kläger unstreitig
vor.
Nach Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz
- LSV-NOG) ist zum 1. Januar 2013 die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als neuer Träger
für die gesamte landwirtschaftliche Sozialversicherung errichtet worden. Das Vermögen sowie die Rechte und Pflichten aller
bisherigen Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Berufsgenossenschaften, Alterskassen, Krankenkassen und Pflegekassen)
sowie des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen Sozialversicherung sind nach Art. 1 § 3 LSV-NOG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge
auf die SVLFG übergegangen, die als jetzige Beklagte das Verfahren aufgenommen hat.
Mit Urteil vom 20. September 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die Rechtsprechung
des BSG berufen, dergemäß die Annahme eines Unternehmens der Forstwirtschaft voraussetze, dass der Inhaber des Unternehmens über
Grund und Boden verfüge, der zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet werde (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004, B 2 U 43/03 R, [...]). Eine bestimmte Mindestgröße der forstwirtschaftlich genutzten Waldfläche sei zur Begründung der Unternehmereigenschaften
nicht erforderlich. Dies ergebe sich bereits aus §
5 SGB VII, der bis zu einer Größe von 2.500 qm auf Antrag die Möglichkeit einer Befreiung von der Versicherungspflicht vorsehe. Damit
sei gleichzeitig klargestellt, dass grundsätzlich auch bei einer Unterschreitung dieser Flächengröße die Versicherungspflicht
in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung bestehe. Wegen der die Forstwirtschaft prägenden langen Bewirtschaftungszeiträume
bestehe die widerlegbare Vermutung, dass bei bestehenden Nutzungsrechten an forstwirtschaftlichen Flächen auch bei im Einzelfall
fehlender konkreter Bewirtschaftungsmaßnahmen eine forstwirtschaftliche Tätigkeit und damit die Eigenart des Nutzungsberechtigten
als forstwirtschaftlicher Unternehmer gegeben sei. Die fehlende Bewirtschaftung der im Eigentum des Klägers stehenden Fläche
bleibe ohne Einfluss auf die Versicherungspflicht. Solange auf den in Rede stehenden Flächen Bäume wüchsen oder nachwüchsen,
könne von einem brach liegenlassen nicht die Rede sein, auch wenn über einen langen Zeitraum keine Pflege oder Erhaltungsmaßnahmen
vorgenommen würden. Um die Vermutung der Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer zu widerlegen,
reiche deshalb nicht aus, wenn behauptet werde, die betreffende Forstfläche werde nicht bewirtschaftet.
Gegen das ihm am 22. Januar 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Februar 2012 Berufung eingelegt. Er verweist zur
Begründung darauf, dass sich das Sozialgericht nicht damit auseinandergesetzt habe, dass das betreffende Grundstück über keinen
Bestand an Bäumen verfüge, der das Gebiet zum Wald klassifizieren könne, seit Jahrzehnten in keiner Weise bearbeitet werde
und keine Zuwegungen aufweise, mittels derer man es erreichen könne. Die umliegenden Flächen seien mittlerweile allesamt landwirtschaftlich
genutzt. Der jetzige Eigentümer erlaube ihm, dem Kläger, ein Betreten der Flächen nicht. Er, der Kläger, habe die vom BSG angenommene Nutzungsvermutung widerlegt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich das moorige Gebiet überhaupt nicht zur
Nutzung eigne und aufgrund der fehlenden Zuwegung nicht einmal die theoretische Möglichkeit bestehe, Werkzeuge oder gar gewonnenes
Holz zum Grundstück zu befördern oder abzuholen. Seit Jahrzehnten seien keine forstwirtschaftlichen Tätigkeiten durchgeführt
worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 20. September 2013 und die Bescheide der Beklagten vom 3. Januar 2011 sowie vom
4. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt zur Begründung aus, dass es sich nach den vorhandenen Fotos und einer Luftaufnahme nicht um ein Moorgebiet ohne
nennenswerten Baumbewuchs handele. Solange auf den Flächen Bäume wüchsen oder nachwüchsen, könne von einem brach liegenlassen
nicht gesprochen werden. Daher sei der Nachweis einer anderweitigen Nutzung als Wald nicht erbracht bzw. die entsprechend
widerlegbare Vermutung eben nicht widerlegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie
der Gerichtsakten zum vorliegenden Verfahren und zum Verfahren S 23 U 3/11 ER beim Sozialgericht Schleswig verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 20. September 2013
verletzt nicht die Rechte des Klägers und ist daher nicht aufzuheben.
Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger forstwirtschaftlicher Unternehmer und daher unfallversichert
bei der Beklagten ist.
Gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
5a Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (
SGB VII), sind kraft Gesetzes unfallversichert Personen, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind, wenn für das
Unternehmen eine landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist. Der Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmens
wird in §
123 Abs.
1 Nr.
1 bis 8
SGB VII angeführt, der die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft im Einzelnen regelt. Diese ist gemäß §
123 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII u. a. zuständig für Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues. Der Begriff des Unternehmens
selbst wird in §
123 SGB VII nicht definiert; er wird vom Gesetz vorausgesetzt und von der Rechtsprechung ausgefüllt.
Der unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens knüpft nicht an eine bestimmte Rechtsform oder das Vorliegen einer
organisatorischen Einheit an und setzt weder einen Geschäftsbetrieb noch eine auf Erwerb oder Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit
voraus (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 5. August 1976 - 2 RU 189/74 -; vom 28. September 1999 - B 2 U 40/98 R -; vom 18. Januar 2011 - B 2 U 16/10 R -, jeweils bei [...]).
Anders als nach § 1 Abs. 3 des bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) kommt
es nach der Rechtsprechung des BSG auch nicht darauf an, dass das Unternehmen nach seiner Art und Größe eine Existenzgrundlage bilden kann. Vielmehr ist in
der gesetzlichen Unfallversicherung jede Tätigkeit geeignet, ein Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung
zu begründen. Dieser weite unfallversicherungsrechtliche Begriff des Unternehmens gilt auch für die landwirtschaftliche Unfallversicherung
(BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 16/10 R -, [...] Rn. 13; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 3. Dezember 2014 - L 8 U 16/12 -).
Ein Unternehmen der Forstwirtschaft liegt vor bei einem Nutzungsrecht an einem Forstgrundstück, also einem Waldgrundstück,
das die Gewinnung von Forsterzeugnissen ermöglicht (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 43/03 R -, [...] Rn. 18).
Wald ist nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 LWaldG jede mit Waldgehölzen bestockte Grundfläche. Als Wald gelten
nach Satz 2 dieser Vorschrift auch:
1. kahl geschlagene oder durch Brand oder Naturereignisse entstandene Waldkahlflächen und verlichtete Grundflächen,
2. Waldwege, Waldschneisen, Waldblößen, Waldwiesen, Waldeinteilungsstreifen sowie mit dem Wald verbundene Wildäsungsflächen
und Sicherungsstreifen,
3. im und am Wald gelegene Knicks,
4. Holzlagerplätze und sonstige mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen wie Pflanzgärten, Parkplätze, Spielplätze
und Liegewiesen,
5. Kleingewässer, Moore, Heiden und sonstige ungenutzte Ländereien von untergeordneter Bedeutung, sofern und solange diese
mit Wald verbunden und natürliche Bestandteile der Waldlandschaft sind, unbeschadet anderer Rechtsvorschriften,
6. gemäß § 9 Abs. 6 Satz 2 für die natürliche Neuwaldbildung vorgesehene, als Ersatzaufforstung zugelassene Flächen.
Dies bedeutet, dass es sich bei Wald nicht nur um große zusammenhängende, mit großen Bäumen bestückte Flächen handelt, sondern
dass auch untergeordnete bewachsene Flächen dazu gehören.
Unter Berücksichtigung dieser Grundlagen handelt es sich bei dem in Rede stehenden Grundstück des Klägers unzweifelhaft um
Wald. Wie sich aus den vorhandenen Fotos, der Luftaufnahme und den Beschreibungen des Flurstücks ergibt, ist die Fläche ganz
überwiegend mit Bäumen, Buschwerk und Knickgehölzen bewachsen. Auf die Bodenbeschaffenheit kommt es dabei nicht an, so dass
es unerheblich ist, ob der Boden teilweise moorig oder sehr torfhaltig und dadurch das Wachstum der Pflanzen auf diesen Flächen
eingeschränkt ist. Auch müssen nicht auf der gesamten Fläche typische Nutzbäume wachsen. Wie sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 LWaldG
ergibt, gehören auch die am Wald gelegenen Knicks und das moorige Gebiet, das mit dem Wald verbunden ist, zum Wald des Klägers.
Eine bestimmte Mindestgröße der forstwirtschaftlich genutzten Waldfläche ist zur Begründung der Unternehmenseigenschaft nicht
erforderlich. Das Gesetz sieht in §
5 SGB VII für Inhaber landwirtschaftlicher Unternehmen bis zu einer Größe von 0,25 ha die Möglichkeit einer Befreiung von der Versicherungspflicht
auf Antrag vor. Durch die Befreiungsmöglichkeit wird aber gleichzeitig klargestellt, dass selbst bei Unterschreitung einer
Flächengröße von 0,25 ha grundsätzlich Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung besteht. Auch so
genannte Kleinwaldbesitzer sind deshalb, wenn sie sich forstwirtschaftlich betätigen, versicherungs- und beitragspflichtig
zu der für sie zuständigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (Bayrisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. Juli
2012 - L 17 U 185/11 -, [...] Rn. 19).
Die Heranziehung als forstwirtschaftlicher Unternehmer setzt auch nicht voraus, dass die Bewirtschaftung der Waldflächen ein
bestimmtes Mindestmaß an Arbeitsaufwand erfordert. Soweit das BSG in früheren Entscheidungen geäußert hat, dass land- und forstwirtschaftliche Kleinstunternehmen nicht von der landwirtschaftlichen
Unfallversicherung erfasst würden, wenn der Umfang der Bodenbewirtschaftung eine arbeitsaufwandsbezogene Geringfügigkeitsgrenze
unterschreite, kommt dem auch nach Auffassung des Senats unter der Geltung des
SGB VII keine Bedeutung mehr zu (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 43/03 R -, [...] Rn. 19; Bayrisches LSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - L 17 U 181/11 -, [...] Rn. 22; Sozialgericht Augsburg, Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2008 - S 5 U 5059/06 RL -, [...] Rn. 50 ff. m. w. N.).
Für die Annahme eines beitragspflichtigen Unternehmens in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist eine Gewinnerzielungsabsicht
nicht Voraussetzung. Es wird nicht, wie nach dem Einkommenssteuerrecht, auf die Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsverkehr
abgestellt (LSG Thüringen, Urteil vom 26. März 2009 - L 1 U 915/08 -, [...] Rn. 26; SG Augsburg, Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2008 - S 5 U 5059/06 L -, [...] Rn. 41f).
Das BSG und ihr folgend die instanzgerichtliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 43/03 R -, [...] Rn. 20f; LSG Bayern, Urteil vom 24. Juli 2012 - L 17 U 185/11 -, [...] Rn. 20, SG Karlsruhe, Urteil vom 9. April 2014 - S 15 U 2643/13 -, [...] Rn. 24) gehen bei der Beurteilung, ob eine forstwirtschaftliche Betätigung vorliegt, davon aus, dass die Bearbeitung
und Bewirtschaftung von Waldflächen entsprechend der Eigenart der Forstwirtschaft auf verschiedene Weise erfolgen könne. Während
die so genannten Nachhaltsunternehmen jedes Jahr schlagreifes Holz ernteten, geschehe dies bei den so genannten aussetzenden
Unternehmen nur in mehrjährigen Zwischenräumen, wobei sich die Zeiten ohne Anbau und Einschlag von Holz über Jahrzehnte hinziehen
könnten. Demnach könnten sich landwirtschaftliche Unternehmen zumindest über lange Zeiträume hinweg in ihrer äußeren Erscheinung
stark unterscheiden. Gemeinsam sei ihnen lediglich der Bestand von Flächen, auf denen Bäume wüchsen bzw. nachwüchsen. Irgendwelche
konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen (z. B. Pflanzungen, Fällungen) bzw. deren Spuren gehörten nicht zum notwendigen Erscheinungsbild
eines forstwirtschaftlichen Unternehmens. Wegen der die Forstwirtschaft prägenden langen Bewirtschaftungszeiträume bestehe
daher die - widerlegbare - Vermutung, dass bei bestehenden Nutzungsrechten an forstwirtschaftlichen Flächen auch bei im Einzelfall
fehlenden konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen eine forstwirtschaftliche Tätigkeit und damit die Eigenschaft des Nutzungsberechtigten
als forstwirtschaftlicher Unternehmer gegeben sei. Solange auf den in Rede stehenden Flächen Bäume wüchsen oder nachwüchsen,
könne von einem "brach liegen lassen" nicht gesprochen werden, auch wenn über einen langen Zeitraum keine Pflege- oder Erhaltungsmaßnahmen
vorgenommen würden.
Um diese Vermutung zu widerlegen, reicht es nicht aus, wenn lediglich behauptet wird, die betreffende Forstfläche werde nicht
bewirtschaftet. Der Senat folgt nicht der Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe (Urteil vom 9. April 2014 - S 15 U 2643/13), die die an Waldeigentum oder sonstige Nutzungsrechte geknüpfte Vermutung des Bestehens eines forstwirtschaftlichen Unternehmens
dann als widerlegt ansieht, wenn der Betroffene eine forstwirtschaftliche Nutzung plausibel bestreitet. Lediglich die Behauptung,
die betreffende Forstfläche werde nicht bewirtschaftet, kann auf gar keinen Fall ausreichen (ebenso: Bayrisches LSG, Urteil
vom 24. Juli 2012 - L 17 U 185/11 -), denn dies würde einen Anreiz darstellen, Angaben zu machen, die nicht den Tatsachen entsprechen. Aber auch ein plausibles
Bestreiten kann nicht ausreichen. Insoweit wäre es bereits schwierig zu entscheiden, wann das Bestreiten plausibel, also glaubhaft
ist. Außerdem wären damit Beweisschwierigkeiten eröffnet, die mit einer Massenverwaltung - und um eine solche handelt es sich
bei den Berufsgenossenschaften - nicht vereinbar wären. Schließlich kann sich die Meinung eines Waldbesitzers, den Wald nicht
zu bewirtschaften, jederzeit ändern, wenn er zur Bewirtschaftung die Möglichkeit hat. Auch wenn über Jahrzehnte weder Anbau
noch Einschlag von Holz oder eine sonstige Nutzung stattfinden, kann dieser Zustand jederzeit geändert werden. Anders als
bei der sonstigen landwirtschaftlichen Nutzung, bei der durch die Entnahme von Früchten oder dem Mähen einer Wiese kurzfristig
die landwirtschaftliche Nutzung zutage tritt, ist einem Wald über Jahrzehnte nicht anzusehen, ob der Waldbestand irgendwann
einmal einer Nutzung zugeführt werden soll. Daher reicht es auch nicht aus, dass die Flächen tatsächlich nicht bewirtschaftet
werden und dies in Zukunft auch nicht beabsichtigt ist (LSG Hamburg, Urteil vom 2. März 2010 - L 3 U 20/09 -, [...] Rn. 19). Ausreichend ist ebenfalls nicht, dass der Waldbesitzer wegen der ungünstigen forstwirtschaftlichen Verhältnisse
nachvollziehbar und glaubhaft den Entschluss gefasst hat, auf Lebenszeit die gesamte in seinem Eigentum stehende Waldfläche
wirtschaftlich nicht zu nutzen (BSG, Urteil vom 28. September 1999 - B 2 U 40/98 R -, [...] Rn. 19). Die Vermutung ist lediglich dann widerlegt, wenn eine Nutzung der forstwirtschaftlichen Flächen zu anderen
Zwecken als der periodischen Gewinnung von Forsterzeugnissen nachgewiesen wird (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 43/03 R -, [...] Rn. 21), bzw. dass ein fehlender Nutzungswille nach außen deutlich wird (LSG Hamburg, Urteil vom 2. März 2010 -
L 3 U 20/09 -, [...] Rn. 19), oder die Nutzungsmöglichkeiten derart, z. B. durch rechtliche Vorschriften, eingeschränkt sind, dass sie
dem Willen des Waldbesitzers nicht mehr zugerechnet werden können.
Dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dann handele es sich bei den Beiträgen zur Unfallversicherung um eine
unzulässige Abgabe auf Eigentum. Vielmehr greift der gesetzliche Unfallversicherungsschutz dann ein, wenn die Möglichkeit
einer Nutzung von Wald besteht und der Unternehmer selbst entscheiden kann, ihm also die unternehmerische Freiheit bleibt
zu entscheiden, ob er Nutzungen ziehen oder er davon absehen will, bzw. für wie lange er davon absehen will.
Hier ist die Vermutung der forstwirtschaftlichen Betätigung auf der Fläche des Klägers nicht widerlegt, denn der Kläger hat
seine Flächen keiner andersartigen Nutzung zugeführt, die die spätere Nutzung als Waldfläche ausschließen könnte. Nach wie
vor wachsen dort Bäume und anderes Gehölz. Auf einem nicht unerheblichen Teil der Fläche wachsen Birken und Eichen, bei denen
es sich um typische fortwirtschaftliche Nutzbäume handelt. Der potentiell möglichen forstwirtschaftlichen Nutzung steht auch
nicht die eingeschränkte Zuwegung der Waldfläche des Klägers entgegen. Zunächst ist es unerheblich, ob die Waldfläche mit
Kraftfahrzeugen oder Baumaschinen erreicht werden kann. Auch eine Erreichbarkeit zu Fuß oder mittels Lasttieren ist für die
Möglichkeit der Gewinnung von Nutzerzeugnissen grundsätzlich ausreichend. Soweit der Kläger einwendet, dass es ihm bereits
an der rechtlichen Möglichkeit fehle, sein Grundstück zu betreten, da es von landwirtschaftlichen Flächen, die er nicht betreten
dürfe, eingeschlossen sei, muss er sich darauf verweisen lassen, dass er jederzeit die Möglichkeit hätte, auf zivilrechtlichem
Wege entsprechende Wegerechte gegenüber dem Eigentümer der Nachbarflächen durchzusetzen. Sollte sich der Kläger dafür entscheiden,
künftig die auf seinem Grundstück gewachsenen Bäume einer forstwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen, dürften weder die tatsächlichen
noch die rechtlichen Schwierigkeiten unüberwindbar sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i. V. m. §
154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen weder der Kläger noch der Beklagte des anhängigen Verfahrens zu den in §
183 SGG genannten Privilegierten gehört, werden nach §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben; die §§
154 bis
162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Gemäß §
154 Abs.
2 VwGO trägt derjenige Teil die Kosten des Verfahrens, der ein Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, in diesem Fall der Kläger.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG durch den Senat zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Die hier getroffene Entscheidung folgt ausdrücklich den Grundsätzen,
die durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufgestellt worden sind.