Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1964 geborene Kläger erlitt am 26. September 2012 im Rahmen seiner Tätigkeit als Modellbauer eine Fräsverletzung am linken
Handrücken.
Der Durchgangsarzt S diagnostizierte am selben Tag eine Schnittverletzung am Handrücken links. Überdies äußerte er den Verdacht
auf Durchtrennung oberflächlicher Strecksehnen und einer Verletzung des Digitalnerves N 3. Der Kläger wurde zur operativen
Versorgung stationär aufgenommen.
Der Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie B, S1, führte in seinem ersten Rentengutachten vom 19. August 2013
(Bl. 195-207 Verwaltungsakte - VA, Band 1) aus, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in der Zeit vom 13. August
2013 bis zum 24. Dezember 2013 voraussichtlich in Höhe von 10 v. H. bestehe. Er diagnostizierte einen Zustand nach Strecksehnendurchtrennung
des Zeigefingers links, einen Zustand nach Knorpelausriss des Metacarpale-Köpfchens D II und Beugeeinschränkungen, insbesondere
im Grundgelenk des Zeigefingers links und eine Hyposensibilität im Bereich der Metacarpalia I bis III links streckseitig.
Unfallunabhängig bestehe eine Bandsägeverletzung radial streckseitig am distalen Unterarm links ohne Sehnenverletzung mit
Hypersensibilität im Narbenbereich.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Es liege keine MdE von mindestens 20 v.
H. vor. Bei folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen handele es sich um Unfallfolgen: linke Hand: nach Fräsverletzung
am linken Handrücken mit Durchtrennung der Sehne des Zeigefingerstreckers, der Sehne des gemeinsamen Fingerstreckers, Eröffnung
des Grundgelenkes des Zeigefingers sowie Knorpelausriss des Köpfchens des Mittelhandknochens am Zeigefinger bestehe beim Kläger
nach operativer Versorgung mit Strecksehnennaht und Grundgelenkkapselnaht: eine Bewegungseinschränkung im Zeigefinger sowie
des Mittelfingers, eine entzündliche Grunderkrankung im Zeigefingergrundgelenk, ein knöcherner gedeckter Konturdefekt am Köpfchen
des Mittelhandknochens am Zeigefinger und eine Überempfindlichkeit im Bereich der Mittelhandknochen des Daumens, des Zeigefingers
und des Mittelfingers. Unfallunabhängig bestünden folgende Gesundheitsstörungen: linker Unterarm: Überempfindlichkeit im Narbenbereich
nach speichenseitiger Bandsägeverletzung am körperfernen Unterarm. Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf das Gutachten
von S1.
Hiergegen legte der Kläger am 4. Februar 2014 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass er unfallbedingt mindestens
seit Juni 2013 unter einer chronisch depressiven Erkrankung leide. Er habe das Trauma und die Belastung der Aufgabe seines
Berufs nicht verarbeiten können. Auch seien die weiterhin bestehenden starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich
der linken Hand nicht ausreichend gewürdigt worden. Die Feinmotorik sei überdies beeinträchtigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Subjektive Beschwerden,
wie Schmerzen, führten nicht zu einer höheren Einschätzung der MdE. Hierfür sei in erster Linie die unfallbedingte funktionelle
Beeinträchtigung entscheidend. Hinweise auf unfallbedingte psychische Beeinträchtigungen ergäben sich nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 4. November 2014 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben. Folgen des Unfalls seien: die Beeinträchtigung
der linken Hand mit Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Verlust der Feinmotorik und psychische Beschwerden. Die MdE sei
mit 20 v. H. zu bewerten. Die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) seien erfüllt. Bis zum Unfall habe
er keine psychischen Probleme und ein geregeltes Einkommen, ein normales Leben, gehabt. Er habe große Probleme sich an vergangene
Gegebenheiten, auch zum Unfall und danach, genau zu erinnern. Im Grunde vermeide er jede Situation, die ihn an den Unfall
erinnere.
Der Kläger hat wörtlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober
2014 zu verurteilen, ihm eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Ausführung auf den angegriffenen Bescheid bezogen. Überdies sei der volle Beweis einer psychischen Erkrankung
nicht überzeugend geführt.
Die Ärztin für Psychotherapie C hat in ihrem Befundbericht vom 8. Januar 2017 (Bl. 34-35 der Gerichtsakte - GA) erstmals eine
PTBS diagnostiziert. Die einzelnen Kriterien hierzu sind nicht beschrieben worden.
Seit 1. Februar 2017 hat der Kläger eine Erwerbsminderungsrente erhalten.
Die Ärztin für Psychotherapie C hat in ihrer Stellungnahme vom 26. Februar 2017 (Bl. 40-41- GA) ausgeführt, dass der Kläger
unfallbedingt an einer PTBS leide. Die Kriterien hierfür seien erfüllt. Dass der Kläger erst 2014 in ihre Praxis gekommen
sei und erst dann die Diagnose habe gestellt werden können, heiße nicht, dass der Kläger nicht Wochen nach dem Unfall schon
die Kriterien erfüllt habe.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie
K. Dieser kam in seinem Gutachten vom 5. August 2017 (Bl. 56-83 GA) zum Ergebnis, dass die psychischen Beschwerden nicht auf
den Unfall zurückzuführen seien. Der Kläger leide unter Aspekten einer Anpassungsstörung (ICD- 10: F 43.2). Diese gingen einher
mit einer depressiven Symptomatik in mittelgradiger Ausprägung, einer ausgeprägten Versagens- und Insuffizienzhaltung und
einem dysfunktionalen Schmerzerleben im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Die Kriterien einer PTBS seien
im Hinblick auf die Kriterien A bis E in wesentlichen Punkten nicht erfüllt. Im Gefolge des Unfallereignisses habe der Kläger
eine psychische Eigendynamik im Sinne einer psychogen-funktionellen Ausgestaltung des Beschwerdebildes entwickelt. Die psychische
Störung ginge auf eine individuelle Disposition und somit auf unfallunabhängige Faktoren zurück. Retrospektiv ergäben sich
Aspekte einer in der Belastbarkeit eingeschränkten und leicht irritierbaren bzw. kränkbaren Persönlichkeitsstruktur. Ohne
diese vorgegebenen und unfallunabhängigen Faktoren lasse sich die nachfolgende Entwicklung mit den nunmehr dargestellten Aspekten
einer Anpassungsstörung psychodynamisch nicht erklären. Das Unfallereignis sei als Gelegenheitsursache zu bewerten. Bei dem
am 26. September 2012 erlittenen Unfall seien die bereits durch S1 in seinem Gutachten ausgeführten Gesundheitsstörungen entstanden.
Diese Gesundheitsstörungen seien zu bestätigen.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. Oktober 2017 (Bl. 93-95 GA) hat K die Ergebnisse seines Gutachtens vom 5. August
2017 bestätigt.
Das Sozialgericht hat weiterhin Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Leiters des Medizinischen
Versorgungszentrums Chirurgie Kiel, S2. Dieser ist in seinem Gutachten vom 27. März 2018 (Bl. 105-118 GA) zum Ergebnis gekommen,
dass eine MdE in Höhe von zehn v. H. bestehe. Der Gutachter S2 diagnostizierte auf orthopädischen Gebiet eine verbliebene
deutliche Bewegungseinschränkung des linken Zeigefingers, insbesondere die Beugung betreffend, mit unvollständigem Faustschluss
bei Zustand nach Fräsverletzung des Grundgelenkes. Durch die Fräsverletzung habe der Kläger am Unfalltag eine Verletzung des
Strecksehnenapparates und auch des Grundgelenkes am Zeigefinger mit Beteiligung der knöchernen Strukturen am Kopf des zweiten
Mittelhandknochens erlitten. Durch die operative Sehnenrekonstruktion habe eine Heilung derselben erreicht werden können.
Auch die Streckfunktion sei wiederhergestellt. Allerdings sei eine recht deutliche Bewegungseinschränkung des Zeigefingers
verblieben, die sowohl das Grundgelenk als auch das körpernahe Zwischenfingergelenk betreffe und in der Summe bei der Ausübung
des Faustschlusses einen Fingerkuppenhohlhandabstand am Zeigefinger von fünf Zentimetern hinterlasse. Nativradiologisch könne
die knöcherne Verletzung am Kopf des zweiten Mittelhandknochens noch nachvollzogen werden. Eine wesentliche verschleißumformende
Veränderung des Gelenks oder gar eine Verrenkungsfehlstellung resultiere hieraus nicht. Überdies fänden sich keinerlei Hinweise
für die Ausbildung eines lokalen oder komplexen Schmerzsyndroms (z.B. Morbus Sudeck). Sowohl die knöchernen Strukturen der
linken Hand als auch die Weichteile und die Haut zeigten keinerlei tropische Störungen, die mit einem Morbus Sudeck in Übereinstimmung
gebracht werden könnten. Die MdE sei mit zehn v. H. zu bewerten. Nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur verbleibe
für den kompletten Verlust des Zeigefingers im Grundgelenk dauerhaft eine MdE in Höhe von 15 v. H. Ein solch schwerwiegender
Unfallfolgezustand liege nicht vor, da trotz erheblicher Beugebeeinträchtigung des Zeigefingers eine relevante Restfunktion
verblieben sei und die daraus resultierende MdE geringer ausfallen müsse als beim Komplettverlust des Zeigefingers.
Die Ärztin für Allgemeinmedizin R hat in ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 2018 (Bl. 129-130) ausgeführt, dass der Kläger unfallbedingt
an einer PTBS leide. Bereits am 16. September 2016 habe sie Konzentrationsstörungen, Angst, Überforderung, Unruhe und Bagatellunfälle
festgestellt. Die damals festgestellte Angstsymptomatik gehöre zu der jetzt diagnostizierten PTBS und sei kein Symptom einer
Depression.
Das Sozialgericht hat die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2018 hat das Sozialgericht Schleswig die Klage abgewiesen. Die psychischen Beschwerden
des Klägers seien nicht Unfallfolge. Die verbliebene Funktionseinschränkung der linken Hand begründe keine MdE von mindestens
20 v. H. Das Sozialgericht hat sich auf die Ausführungen des Sachverständigen K bezogen. Die Kriterien einer PTBS seien nicht
erfüllt. Zwar habe der Kläger das Unfallereignis im Sinne einer ernsthaften Gefahr der körperlichen Unversehrtheit erlebt.
Das initiale Auftreten einer intensiven Furcht, Hilflosigkeit oder von Entsetzen sei jedoch nicht erkennbar gewesen. Vielmehr
sei bereits früh die Befürchtung thematisiert worden, dass die Verletzung zu bleibenden Folgen mit Einschränkungen der Beweglichkeit
der linken Hand führen könnte. Allenfalls in Anklängen werde über die Befürchtungen im Umgang mit Handwerkzeugen und Geräten
berichtet. Diese Befürchtungen hätten aber nicht den in den PTBS-Kriterien geforderten Charakter wiederkehrender belastender
Erinnerungen oder Träume. Vielmehr leide der Kläger unter einer depressiven Symptomatik mit Aspekten einer generalisierenden
Angststörung, bezogen auf mögliche Verletzungsfolgen und begleitet von einer vegetativen Symptomatik. Darüber hinaus ergäben
sich Gesichtspunkte einer in der Belastbarkeit eingeschränkten und leicht irritierbaren bzw. kränkbaren Persönlichkeitsstruktur.
Vor diesem Hintergrund habe sich im Gefolge des Unfallereignisses eine psychische Eigendynamik entwickelt, die durch Aspekte
einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung in Kombination mit einer depressiven und ängstlichen Symptomatik gekennzeichnet
sei. Zusammenfassend ergäben sich Aspekte einer Anpassungsstörung, bei der die individuelle Disposition eine wesentliche Rolle
spiele, sodass davon auszugehen sei, dass das Unfallereignis lediglich als Gelegenheitsursache eine Rolle spiele.
Die verbliebenen Funktionsstörungen der linken Hand begründeten keine MdE in Höhe von 20 v. H. Hier ist das Sozialgericht
dem Gutachter S gefolgt. Der Kläger habe durch die Fräsverletzung eine Verletzung des Strecksehnenapparates und des Grundgelenkes
am Zeigefinger mit Beteiligung der knöchernen Strukturen am Kopf des zweiten Mittelhandknochens erlitten. Durch die operative
Sehnenrekonstruktion habe eine Heilung mit Wiedererreichen der Streckfunktion derselben erreicht werden können. Allerdings
sei eine deutliche Bewegungseinschränkung des Zeigefingers verblieben, die sowohl das Grundgelenk als auch das körpernahe
Zwischenfingergelenk betreffe und bei der Ausübung des Faustschlusses einen Fingerkuppenhohlhandabstand am Zeigefinger von
fünf Zentimetern hinterlasse. Nativradiologisch könne die knöcherne Verletzung am Kopf des zweiten Mittelhandknochens noch
nachvollzogen werden, eine wesentliche verschleißumformende Veränderung des Gelenks oder gar eine Verrenkungsfehlstellung
resultiere hieraus aber nicht. Überdies fänden sich keine Hinweise für die Ausbildung eines lokalen oder komplexen Schmerzsyndroms.
Unter Berücksichtigung der Einschätzungsempfehlungen bezüglich Amputationsverletzungen, wonach für einen Verlust des Zeigefingers
im Grundgelenk dauerhaft eine MdE in Höhe von 15 v. H. verbleibe, sei die hier geringer ausfallende Verletzung im Sinne einer
Beugebeeinträchtigung mit zehn v. H. einzuschätzen.
Gegen den ihm am 24. Oktober 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22. November 2018 Berufung eingelegt. Es
lägen unterschiedliche Beurteilungen vor, ob die psychische Erkrankung als Unfallfolge angesehen werden könne sowie hinsichtlich
der Klassifizierung der psychischen Erkrankung. Er leide unfallbedingt unter einer chronisch depressiven Erkrankung und einer
PTBS. Er hat auf die Stellungnahme der Ärztinnen Carstensen-Zieglers vom 26. Februar 2017 und von R vom 24. Juli 2018 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 18. Oktober 2018 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.
Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm
- dem Kläger - wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 26. September 2012 eine Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v.
H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat das angefochtene Urteil verteidigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter einverstanden erklärt.
Der Kläger hat zur Stützung seines Begehrens weitere medizinische Unterlagen zur Akte gereicht. Es wird auf Bl. 183-194 GA
Bezug genommen.
Der Senat hat ein Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie H vom 23. Dezember 2019 (Bl. 195-246)
eingeholt. Eine PTBS lasse sich nicht feststellen. Nach beiden gängigen Diagnosesystemen (ICD-10, DSM-5) sei allein aufgrund
der Schwere des Traumas die Diagnose nicht zu stellen. Aufgrund des minderschweren Traumas sei die Auslösung einer PTBS gar
nicht möglich gewesen. Dies mache grundsätzlich die Beschäftigung mit den weiteren Diagnosekriterien der beiden genannten
Klassifikationssysteme entbehrlich. Jedoch auch die beiden wichtigsten Kriterien (B-Kriterium oder Kriterium des Wiedererlebens,
C-Kriterium oder Vermeidekriterium) seien nicht in dem vom DSM-5 geforderten Ausmaß erfüllt. Aufgrund der fehlenden psychischen
Brückensymptome (bis mindestens Juli 2013) komme auch eine sonstige primär psychische Erkrankung (Anpassungsstörung nach dem
Unfallereignis, reaktive Depression, Angststörung) als Folge des Unfalls nicht in Betracht. Auch habe die verminderte Belastbarkeit
der linken Hand mit den aufgetretenen Schmerzen keine sekundär psychische Erkrankung hervorgerufen. Die chronifizierte mittelschwere
depressive Störung mit somatischen Syndrom (ICD 10: F32.11) habe sich vielmehr erst seit Juli 2013 im Zusammenhang mit unfallunabhängigen
belastenden Lebensereignissen (Reaktion auf ein subjektives Ungerechtigkeitserleben nach der Kündigung durch den Arbeitgeber,
Abwendung des Sohnes aufgrund vom Kläger nicht mehr geleisteter Unterhaltszahlungen) entwickelt. Die beim Kläger vorhandene
leichte kognitive Störung mit psychomotorischer Verlangsamung, konzentrativen Einschränkungen sei mit hoher Wahrscheinlichkeit
Folge einer mikrovaskulären Marklagergliose des Gehirns (ICD 10: F06.7). Eine MdE auf psychiatrischen Fachgebiet könne demnach
nicht festgestellt werden.
Der Senat hat sodann ein Gutachten nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie L vom 25. November 2020 (Bl. 280-336 GA) eingeholt. Die Sachverständige
L diagnostizierte Angst und eine depressive Störung gemischt (ICD-10: F 41.2) und eine chronische Schmerzstörung mit psychischen
und somatischen Faktoren (ICD-10: F 45.41). Diese Gesundheitsstörungen seien nicht unfallbedingt. Eine PTBS könne bereits
mangels Vorliegens des A-Kriteriums verneint werden. Die erforderliche Schwere (ICD-10: außergewöhnliche Bedrohung oder katastrophales
Ausmaß, DSM-5: tatsächliche eigene Verletzung bzw. einem nach objektiven Kriterien drohenden Tod) sei nicht gegeben. Hierzu
könne nicht auf die subjektiven Beschwerdeschilderungen des zu Begutachtenden abgestellt werden. Im vorliegenden Fall habe
sich eine massive Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdbewertung bezüglich des depressiven Bildes gezeigt. Bei kritischer
Prüfung des gesamten Krankheitsverlaufs sei festzuhalten, dass die seelische Erkrankung in Form der Angst und depressiven
Störung gemischt auf dem Boden der akzentuierten Persönlichkeitsstruktur und der seelischen Schmerzkomponente im Rahmen der
chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren nicht auf das Unfallereignis vom 26. September 2012 zurückzuführen
seien. Auch eine richtungsgebende Verschlimmerung der Persönlichkeitsstruktur habe nicht vorgelegen. Eine MdE auf psychiatrischen
Gebiet sei so nicht festzustellen.
Das Gutachten der Ärztin List dem Kläger am 3. Dezember 2020 mit dem Hinweis darauf übersandt worden, dass keine Erfolgsaussicht
der Berufung bestünde. Es werde gebeten, die Möglichkeit einer Rücknahme der Berufung zu prüfen.
Mit Schreiben vom 15. Februar 2021 hat der Kläger mitgeteilt, dass er mit dem Gutachten der Ärztin L nicht einverstanden sei.
Er hat gegen die Gutachterin einen Befangenheitsantrag gestellt. Der Senat verweist auf die Ausführungen des Klägers (Blatt
347-350 GA).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge
der Beklagten verwiesen. Diese sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage des Klägers abgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2014 ist rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Insbesondere ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers unfallbedingt nicht in
einem rentenberechtigenden Umfang gemindert.
1. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist die Regelung in §
56 Abs.
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente. Die Rente ist gemäß §
56 Abs.
3 Satz 2 Halbs. 2
SGB VII in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festzusetzen, die dem Grad der MdE entspricht. Die MdE richtet sich gemäß §
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten
Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Anhaltspunkte für die Bemessung der MdE im Einzelfall bilden
die sogenannten Erfahrungswerte, die sich in der gesetzlichen Unfallversicherung im Laufe der Zeit bei einer Vielzahl von
Unfallfolgen herausgebildet haben (vgl. hierzu Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 13. September 2005 - B 2 U 4/04 R, juris m. w. N.).
Im vorliegenden Fall macht der Kläger eine bis heute anhaltende Beeinträchtigung seines Leistungsvermögens geltend. Er geht
davon aus, dass die bei ihm bestehende chronische depressive Erkrankung und die PTBS sein Leistungsvermögen unfallbedingt
in einem rentenberechtigenden Umfang gemindert hat.
2. Nach diesen Maßgaben sind die Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente nicht gegeben.
Zu Recht hat das Sozialgericht dargelegt, dass die MdE mit 10 v. H. einzuschätzen ist. Die PTBS liegt bereits nicht vor (dazu
a.). Die chronische depressive Erkrankung ist nicht unfallbedingt (dazu b.). Daher kann eine MdE hierfür nicht festgestellt
werden. Die verbleibende linke Handverletzung ist lediglich mit einer MdE in Höhe von 10 v. H. zu bewerten (dazu c.).
a. Eine PTBS liegt bereits nicht vor.
Sämtliche Gutachter haben übereinstimmend bereits das Vorliegen des A-Kriteriums verneint. Die ICD-10 verlangt ein belastendes
Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß,
die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Hierzu gehören durch Naturereignisse oder von Menschen verursachte
Katastrophen, Kampfhandlungen, schwere Unfälle oder Zeuge eines gewaltsamen Todes anderer oder selbst Opfer von Folterung,
Terrorismus, Vergewaltigung oder anderer Verbrechen zu sein. Nach DSM-5 handelt es sich um eine Konfrontation mit tatsächlichem
oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt.
Bei der Fräsverletzung handelt es sich nicht um ein schweres Ereignis im oben dargelegten Sinn. Die Ausführungen der Gutachter
stimmen hierbei mit dem unfallversicherungsrechtlichen Schrifttum überein (Leitlinie zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer
Störungen, Teil III, Tab. 4.2 und Trab. 4.3, S. 19 f.).
Auf das Vorliegen der weiteren Kriterien kommt es aus diesem Grund bereits nicht an. Problematisch in diesem Zusammenhang
ist jedoch zusätzlich das Fehlen von Brückensymptomen. Bis zum Juli 2013 sind solche nicht dokumentiert worden. Die Symptome
einer PTBS zeigen sich jedoch mit einer Latenz von maximal sechs Monaten (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und
Berufskrankheit, 9. Aufl., S. 154).
Den Ausführungen der Ärztin für Psychotherapie C bzw. der Allgemeinmedizinerin R sind nicht zuzustimmen. Zwar hat die Ärztin
C in ihrem Befundbericht vom 8. Januar 2017 eine PTBS diagnostiziert. Sie hat sich jedoch dort mit den einzelnen Diagnosekriterien
nicht auseinandergesetzt. Zwar hat sie in ihrem Befundbericht vom 26. Februar 2017 darauf verwiesen, dass der Kläger erst
2014 in ihre Praxis gekommen sei und dies nicht bedeute, dass der Kläger die Kriterien nicht bereits nach dem Unfall erfüllt
habe. Hierbei wird jedoch, wie bereits oben ausgeführt, die Bedeutung des Vorliegens von Brückensymptomen verkannt. Auch R
hat Symptome erst ab dem 16. September 2016 dokumentieren können. In ihrem Befundbericht vom 29. Mai 2019 setzt sie sich gar
nicht mit den einzelnen Kriterien nach den Klassifikationssystemen auseinander. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
G hat ausdrücklich in seinem Befundbericht vom 23. Mai 2019 ausgeführt, dass er die Frage nach der PTBS durch den langen Abstand
nicht lösen könne. Er hat selbst darauf verwiesen, dass die Ärztin C im Jahr 2013 eine PTBS nicht diagnostiziert habe. In
seinem Befundbericht vom 19. Oktober 2016 hat er dann auch lediglich eine chronische mittelgradige Depression diagnostiziert.
In diesem Zusammenhang kommt es auf die Ausführungen der Gutachterin L nicht an. Es soll jedoch darauf verwiesen werden, dass
der gegen dieses Gutachten mit Schriftsatz vom 2. Februar 2021, beim Gericht am 15. Februar 2021 eingegangen, gestellte Befangenheitsantrag
bereits unzulässig ist. Gemäß §
118 Abs.
1 SGG in Verbindung mit §
406 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) ist der Befangenheitsantrag spätestens binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung
des Sachverständigen zu stellen. Gem. §
406 Abs.
2 Satz 2
ZPO ist die Ablehnung zu einem späteren Zeitpunkt nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden
verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Ablehnungsantrag ist zwar auch noch nach der Gutachtenserstattung
möglich, wenn den Beteiligten der Ablehnungsgrund vorher nicht bekannt war, insbesondere wenn dieser sich erst aus dem Gutachten
ergibt. Der Antrag muss dann aber unverzüglich nach Kenntnis des Befangenheitsgrundes gestellt werden, wobei dem Beteiligten
eine nach den Umständen angemessene Zeit zur Prüfung und Überlegung zu geben ist. Wenn der Ablehnungsgrund dagegen erst nach
sorgfältiger Prüfung erkennbar ist, läuft die Frist gleichzeitig mit einer vom Gericht gesetzten Frist zur Auseinandersetzung
mit dem Gutachten ab. Setzt das Gericht keine Frist hat der Beteiligte eine den Umständen des Falles angemessene Prüfungsfrist,
die jedoch nicht länger als ein Monat ist (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl., §
118 Rn. 12 l). Dem Kläger ist das Gutachten am 3. Dezember 2020 übersandt worden. Gleichzeitig hat die Berichterstatterin darauf
hingewiesen, dass unter Berücksichtigung auch dieses Gutachtens die Berufung keinen Erfolg haben dürfte und eine Frist von
zwei Wochen gesetzt. Der Befangenheitsantrag ist beim Gericht, wie bereits dargelegt, erst am 15. Februar 2021 eingegangen.
Selbst wenn man die Monatsfrist zugrunde legt (bei nicht Fristsetzung durch das Gericht), ist diese nicht eingehalten worden.
b. Die chronische depressive Erkrankung ist nicht unfallbedingt.
Die chronische depressive Erkrankung kann nur dann als Folge des Arbeitsunfalls angesehen werden, wenn ein Ursachenzusammenhang
zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden nachgewiesen ist. Hinsichtlich des Beweismaßstabs gilt dabei, dass
das "Unfallereignis" sowie der "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises - also mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit - für das Gericht feststehen müssen (vgl. u. a. BSG, Urteil v. 30. April 1985 - 2 RU 43/84, juris Rn. 16). Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen
die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil v. 30. April 1985, a.a.O.), nicht allerdings die bloße Möglichkeit, die zu bejahen ist, wenn mehr für als gegen die
Annahme des Ursachenzusammenhangs spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 16/00 R, juris Rn. 19). Sind - wie häufig - mehrere Bedingungen für den Eintritt des Schadens ursächlich im naturwissenschaftlichen
Sinn gewesen, gilt die Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Ursachen rechtserheblich, die wegen
ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. BSG, Urteil v. 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87, juris). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands zu erfolgen (BSG, Urteil v. 9. Mai 2006 -B 2 U 1/05 R, juris). Maßgeblich sind demnach die Erkenntnisse, die von der Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler
anerkannt werden (BSG, Urteil v. 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R, juris). Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte
körperliche oder seelische Störung hervorzurufen.
Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z. B. Krankheitsanlagen,
so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende
oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des
ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung. Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang
nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven
Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen
also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil v. 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90, juris.
Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich"
anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet,
kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale
Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen
ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter
Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere
alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom
24. Juni 2009 - L 3 U 79/06, Rn. 61 mit zahlreichen Hinweisen auf die dementsprechende Rechtsprechung des BSG).
Nach diesen Maßstäben kann die chronische depressive Erkrankung nicht als Unfallfolge des Arbeitsunfalls vom 26. September
2012 angesehen werden. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände spricht vorliegend erkennbar mehr gegen als für die Annahme
eines hinreichend wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs.
Der Senat folgt hier insbesondere den zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen H. Dieser stimmt mit den Ausführungen
der Gutachterin L überein. Jedoch ist ein Abstellen auf die Ausführungen der Gutachterin L nicht notwendig. Bezüglich des
Befangenheitsantrags wird auf oben verwiesen (siehe 2. a.).
Dabei hat H bereits auf die fehlenden psychischen Brückensymptome (bis mindestens Juli 2013) hingewiesen, aufgrund derer bereits
eine sonstige primär psychische Erkrankung (Anpassungsstörung nach dem Unfallereignis, reaktive Depression, Angststörung)
als Folge des Unfalls nicht in Betracht kommt.
Die verminderte Belastbarkeit der linken Hand mit den aufgetretenen Schmerzen hat jedoch auch keine sekundär psychische Erkrankung
hervorgerufen. Die beim Kläger vorliegende chronifizierte mittelschwere depressive Störung mit somatischem Syndrom (ICD 10:
F32.11) hat sich vielmehr erst seit Juli 2013 im Zusammenhang mit unfallunabhängigen belastenden Lebensereignissen (Reaktion
auf ein subjektives Ungerechtigkeitserleben nach der Kündigung durch den Arbeitgeber, Abwendung des Sohnes aufgrund vom Kläger
nicht mehr geleisteter Unterhaltszahlungen) entwickelt.
(Die beim Kläger vorhandene leichte kognitive Störung mit psychomotorischer Verlangsamung, konzentrativen Einschränkungen
ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Folge einer mikrovaskulären Marklagergliose des Gehirns (ICD 10: F06.7).)
c. Die verbleibende linke Handverletzung ist lediglich mit einer MdE in Höhe von 10 v. H. zu bewerten.
Der Senat verweist auf das zutreffende Gutachten des Chirurgen S2. Er hat auf orthopädischen Gebiet eine verbliebene deutliche
Bewegungseinschränkung des linken Zeigefingers diagnostiziert, insbesondere die Beugung betreffend, mit unvollständigem Faustschluss
bei Zustand nach Fräsverletzung des Grundgelenkes. Durch die Fräsverletzung hat der Kläger am Unfalltag eine Verletzung des
Strecksehnenapparates und auch des Grundgelenkes am Zeigefinger mit Beteiligung der knöchernen Strukturen am Kopf des zweiten
Mittelhandknochens erlitten. Durch die operative Sehnenrekonstruktion ist eine Heilung derselben eingetreten. Auch die Streckfunktion
ist wiederhergestellt worden.
Allerdings ist eine recht deutliche Bewegungseinschränkung des Zeigefingers verblieben, die sowohl das Grundgelenk als auch
das körpernahe Zwischenfingergelenk betrifft und in der Summe bei der Ausübung des Faustschlusses einen Fingerkuppenhohlhandabstand
am Zeigefinger von fünf Zentimetern hinterlässt. Nativradiologisch kann die knöcherne Verletzung am Kopf des zweiten Mittelhandknochens
zwar noch nachvollzogen werden. Eine wesentliche verschleißumformende Veränderung des Gelenks oder gar eine Verrenkungsfehlstellung
resultiert hieraus jedoch nicht. Überdies finden sich keinerlei Hinweise für die Ausbildung eines lokalen oder komplexen Schmerzsyndroms
(z.B. Morbus Sudeck). Sowohl die knöchernen Strukturen der linken Hand als auch die Weichteile und die Haut haben keinerlei
tropische Störungen gezeigt, die mit einem Morbus Sudeck in Übereinstimmung gebracht werden könnten. Die MdE ist mit zehn
v. H. zu bewerten.
Dies stimmt auch mit der unfallversicherungsrechtlichen Literatur überein. Hiernach (Schönberger/Mertens/Valentin, a. a. O.,
S. 605) verbleibt für den kompletten Verlust des Zeigefingers im Grundgelenk dauerhaft eine MdE in Höhe von 15 v. H. Ein solch
schwerwiegender Unfallfolgezustand ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da trotz erheblicher Beugebeeinträchtigung des
Zeigefingers eine relevante Restfunktion verblieben ist und die daraus resultierende MdE geringer ausfallen muss als beim
Komplettverlust des Zeigefingers.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
4. Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.