Festsetzung der Vergütung für eine Werkstatt für behinderte Menschen im Recht der Sozialhilfe; Rechtmäßigkeit einer Entscheidung
der Schiedsstelle; Rechtsfolgen einer Aufhebung im sozialgerichtlichen Verfahren; Anwendbarkeit des Grundsatzes des rechtlichen
Gehörs und des Untersuchungsgrundsatzes im Schiedsverfahren
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung der Vergütungen für das Jahr 2011 nach §§ 75 ff. Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), für die Werkstatt für behinderte Menschen, N Werkstätten, und zwar nur noch hinsichtlich des Stellenschlüssels für das
Küchenpersonal.
Der Kläger ist Mitglied im Diakonischen Werk Schleswig-Holstein, Landesverband der inneren Mission e.V ... Er ist Träger der
Werkstatt für behinderte Menschen, N Werkstätten, und verfügt mit der Leistungsvereinbarung vom 1. Juli 2002 über eine solche
im Sinne des § 75 Abs. 3 SGB XII. Da die Laufzeit der Vergütungsvereinbarung vom 22. Dezember 2010 mit Ablauf des Jahres 2010 geendet hatte, unterbreitete
der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 19. Januar 2011 unter Einreichung von Angebotsunterlagen ein neues Vergütungsangebot
für die Wirtschaftsperiode ab dem 1. Januar 2011.
Dieses lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 28. Januar 2011 ab.
Darauf reagierte der Kläger mit Schreiben vom 22. Februar 2011 und forderte den Beklagten auf, Verhandlungen über das Vergütungsangebot
zu führen und legte zugleich die Grundlagen der prospektiven Kalkulation dar. Da die Beteiligten auch in der Folgezeit nicht
zu einer Vergütungsvereinbarung gelangten, beantragte der Kläger am 15. März 2011 die Durchführung des Schiedsstellenverfahrens
bei der Schiedsstelle für Pflegesatzangelegenheiten gemäß § 80 SGB XII. Gegenstand des Antrags war die Festsetzung einer Gesamtvergütung von 37,79 EUR. Dazu nahm der Beklagte am 11. Juli 2011
Stellung. Mit Schriftsatz vom 12. August 2011 erläuterte der Kläger die Kalkulationsgrundlagen weiter und kam zu einer Gesamtvergütung
von nunmehr 38,34 EUR.
Am 22. August 2011 wurde ein erster Termin vor der Schiedsstelle durchgeführt.
Am 24. Oktober 2011 fand eine weitere mündliche Verhandlung bei der Schiedsstelle statt, anlässlich derer der Kläger eine
vom Beklagten eingereichte Stellungnahme vom 17. Oktober 2011 als Tischvorlage erhielt. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers
erklärte, dass sie inhaltlich zur Tischvorlage keine Stellung nehmen könne, weil diese zu umfangreich sei und man sich die
angesprochenen Punkte sowie die Berechnungen genauer ansehen müsse. Dennoch wurden einzelne Punkte kontrovers diskutiert.
Da jedoch nicht in allen Punkten Einigkeit erzielt werden konnte, wurde die Sache auf den 5. Dezember 2011 vertagt.
In der dritten Sitzung am 5. Dezember 2011 fasste die Schiedsstelle einen Beschluss und verpflichtete den Antragsgegner (hier:
Beklagten), mit "der Antragstellerin" (hier: dem Kläger) eine Vergütungsvereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII für die Werkstatt für behinderte Menschen, N Werkstätten, S straße , N , zu schließen unter Berücksichtigung einer Eigenkapitalverzinsung
für Grundstücke ohne fiktive Abschreibung unter Aufnahme einer Vorbehaltsklausel in die Vergütungsvereinbarung im Hinblick
auf die Rechtskraft des Urteils des Sozialgerichts Schleswig, Aktenzeichen S 17 SO 109/07, sowie unter Berücksichtigung von
Energiekosten in Höhe von 118.000,00 EUR und 3,61 Stellen für das Küchenpersonal. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Die
Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin (hier: des Klägers) wurden den Parteien
jeweils zur Hälfte auferlegt.
Aus den Gründen zu II. des Beschlusses ergibt sich die Verpflichtung zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zum 1. Juli
2011. Hinsichtlich des Aspekts "Küchenpersonal" heißt es darin wörtlich:
"Der vereinbarte Stellenschlüssel für das Küchenpersonal von 5,61 Stellen kann nicht als Grundlage der Vergütungsvereinbarung
dienen. Er geht davon aus, dass das Mittagessen in der Einrichtung selbst vor- und zubereitet wird. Tatsächlich wird dieses
aber von Montag bis Donnerstag von einer Fremdfirma geliefert. Dadurch entfallen Planung, Einkauf und Zubereitung des Mittagessens.
Dadurch entfallen zwar nicht - wie seitens des Antragsgegners angenommen - 3,32 Stellen, denn es verbleiben die Herrichtung
von Sonderkost, die Beachtung von Mehrbedarfen, die Getränkeausgabe, die Pausenaufsicht und die Bereitstellung des Freitagsbuffets.
Die Schiedsstelle schätzt, damit das Verfahren abgeschlossen werden kann, dass durch den Fremdankauf des Mittagessens an vier
Tagen in der Woche eine Personaleinsparung von zwei Stellen realistisch ist. Es verbleiben somit 3,61 Stellen, die in der
Vergütungsvereinbarung zu berücksichtigen sind."
Der Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben der Geschäftsstelle der Schiedsstelle vom 15. Dezember
2011 zugestellt.
Am 17. Januar 2012 hat der Kläger dagegen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht Klage erhoben, die er damit begründet,
die Schiedsstellenentscheidung sei hinsichtlich der Reduzierung des Stellenschlüssels für das Küchenpersonal von 5,61 auf
3,61 nicht fehlerfrei ergangen. Es fehle hier schon an einem eigenständigen Antrag des Beklagten auf Reduzierung des Küchenpersonals;
ein entsprechender Antrag sei jedoch Voraussetzung einer Entscheidung der Schiedsstelle. Außerdem verletze die Entscheidung
den Grundsatz rechtlichen Gehörs sowie den Untersuchungsgrundsatz. Die Beteiligten hätten vor dem 5. Dezember 2011 unter Berücksichtigung
der Hinweise der Schiedsstelle aus den vorangegangenen Terminen weiter verhandelt und Unterlagen ausgetauscht. Erst am 2.
Dezember 2011 habe der Beklagte dann einen vollständig neuen Aspekt in das Verfahren eingebracht, indem er seine Auffassung
geäußert habe, dass die Aufwendungen für Küchenpersonal nicht in der bisherigen Höhe in die Vergütungsvereinbarung einfließen
könnten, weil er festgestellt haben wolle, dass in der Position "Lebensmittelaufwand" auch Kosten für ein Catering-Unternehmen
eingestellt seien. Damit sei nach seiner - des Beklagten - Ansicht nicht das gesamte Küchenpersonal, das mit einem Personalschlüssel
von 5,61 vorgehalten werde, erforderlich. Ein diesbezüglich mit dem Beklagten kurz vor der anberaumten mündlichen Verhandlung
geführtes Gespräch habe zu keiner Einigung geführt. Er, der Kläger, habe trotz des fehlenden Vorlaufs im Interesse der Beilegung
der Uneinigkeiten ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage darüber verhandelt und seinerseits ein Gegenangebot zu diesem
Punkt unterbreitet, das der Beklagte nicht angenommen habe. Der Vortrag des Beklagten hinsichtlich des Küchenpersonals sei
auch für die Schiedsstelle völlig neu gewesen, zumal der Beklagte erst im Termin am 5. Dezember 2011 eine Berechnung eingereicht
habe, die aufzeige, wie sich seiner Meinung nach die Anrechnung des Caterings auf den Personalschlüssel auswirken könne. Er,
der Kläger, habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung bereits, ohne sich zuvor damit habe näher befassen zu können, mehrere
Punkte in der Argumentation und Berechnung des Beklagten aufgezeigt, die mehr als Anlass zu Zweifeln an deren Richtigkeit
gegeben hätten. Die Schiedsstelle habe sich hierauf jedoch nicht eingelassen und es insbesondere versäumt, ihm, dem Kläger,
Gelegenheit zu geben, sich mit dem neuen Vortrag des Beklagten auch außerhalb der mündlichen Verhandlung auseinanderzusetzen.
Die Schiedsstelle hätte hier gegebenenfalls unter Vertagung des Verfahrens einen weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung
anberaumen müssen. Es hätte der Schiedsstelle vielmehr oblegen, weitere Ermittlungen beispielsweise durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens, zumindest aber durch seine - des Klägers - Anhörung anzustellen. Stattdessen habe sie die vom
Beklagten verlangte Vergütung in ganz wesentlichen Teilen ohne Untersuchung übernommen und eine entsprechende Vergütung festgesetzt.
Außerdem greife die Entscheidung der Schiedsstelle in unzulässiger Weise in das Leistungsvereinbarungsgeschehen ein; zudem
schränke die von der Schiedsstelle festgesetzte Vergütung seine - des Klägers - Leistungsfähigkeit und Leistungsgerechtigkeit
ein. Die Schiedsstelle habe insbesondere nicht überprüft, ob die von ihr nunmehr unter Kürzung des Stellenanteils festgesetzte
Vergütung ihn - den Kläger - in die Lage versetze, leistungsfähig im Sinne der Regelungen der Leistungsvereinbarung aus dem
Jahre 2002 zu sein. Darin sei als Grundlage für die Vergütungsvereinbarung festgelegt worden, dass er - der Kläger - neben
der Eigenversorgung und mithin der Gestellung von Küchenpersonal auch Fremdversorgung unterhalte. Die Beteiligten hätten in
den vergangenen Jahren kontinuierlich, und zwar in den Jahren 2005, 2006, 2008 und 2010, entsprechende Vergütungsvereinbarungen
abgeschlossen. In diesem Zusammenhang seien auch jeweils Personalpläne festgelegt worden, in denen stets - zuletzt im Dezember
2010 - für das Küchenpersonal ein Stellenschlüssel von 1:60 aufgenommen worden sei. Dem entsprechend errechne sich der jetzt
geltend gemachte Stellenanteil von 5,61 Personalstellen. Da die Personalausstattung gemäß § 76 Abs. 1 SGB XII verbindlicher Mindestinhalt der Leistungsvereinbarung sei und die Vergütung auf der Grundlage der Leistungsvereinbarung ermittelt
werde, bestehe die Verpflichtung, das vereinbarte Personal vorzuhalten. Darüber hinaus fehle es an der Legitimation der Schiedsstelle,
über leistungsrechtliche Aspekte, zu denen die personelle Ausstattung einer Einrichtung gehöre, zu entscheiden. Die leistungsrechtliche
Grundlage könne nur durch eine entsprechende Einigung der Vertragsparteien im Rahmen der Vertragsautonomie geändert werden,
nicht aber im Rahmen von Vergütungsverhandlungen durch die Schiedsstelle.
Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass im Rahmen der Vergütungsverhandlungen die leistungsrechtliche Grundlage modifiziert
werden könne, gelte - in Anlehnung an eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts (vom 24. November 2011 - L 8
SO 135/10 KL) -, dass in dem Fall, in dem eine Vertragspartei ein anderes Vergütungsmodell durchsetzen oder Modifikationen
am bisher vereinbarten Vergütungsmodell erreichen wolle, dies durch eine entsprechende Willenserklärung zu Beginn der Vertragsverhandlungen
zum Ausdruck gebracht werden müsse. Dies sei hier nicht geschehen. Da am 5. Dezember 2011 um einen vollständig neuen Aspekt
verhandelt worden sei, den der Beklagte auch in Vergütungsverhandlungen vergangener Jahre nicht geltend gemacht habe, sei
die Einbringung überraschend gewesen.
Schließlich sei der Personalschlüssel von 5,61 erforderlich, damit er, der Kläger, die Verpflegung der Leistungsberechtigten
unter dem Aspekt von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit leistungsgerecht erbringen könne und er leistungsfähig bleibe. Eine
Reduzierung des Personals hätte zur Folge, dass Fachkräfte entlassen werden müssten. Die Arbeitsgruppen der Menschen mit Behinderung
seien jedoch alleine nicht in der Lage, die Versorgung ausweislich der Leistungsvereinbarung zu erbringen. Das hätte zur Folge,
dass die gesamte Verpflegung der Menschen mit Behinderung in der Werkstatt nicht mehr sichergestellt werden könnte. Würde
man die Arbeitsgruppen als Stellenanteile von der Zubereitung der Verpflegung abziehen, so würden mehrere Menschen mit Behinderung
ihre Beschäftigung innerhalb der Werkstätten verlieren. Sie müssten auf andere Bereiche ausweichen, was diesen Personen nicht
zumutbar sei, da sie ebenso ein Recht darauf hätten, die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in dem Bereich zu erfahren,
der ihren Kenntnissen und Fähigkeiten Rechnung trage. Darüber hinaus habe er - der Kläger - in der streitbefangenen Einrichtung
gemäß der Leistungsvereinbarung Arbeitsangebote für die Menschen mit Behinderung im Bereich der Küche vorzuhalten. Dieser
Verpflichtung könnte er durch die Kürzung nicht mehr genügen. Auch hier sei die Verbindlichkeit der Leistungsvereinbarung
zu berücksichtigen. Zudem sei der Schiedsspruch vom 5. Dezember 2011, der eine Vergütung rückwirkend zum 1. Juli 2011 festsetze,
nicht mehr realisierbar. Dies gelte zum einen in tatsächlicher Hinsicht aufgrund des Zeitablaufs, zum anderen auch insoweit,
als arbeitsvertragliche Abwicklungen geraume Zeit in Anspruch nähmen und vertragliche Fristen zu berücksichtigen wären; gegebenenfalls
zu zahlende arbeitsrechtliche Abfindungen hätten in die eine Vergütung aufgenommen werden müssen.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss der Schiedsstelle für Pflegesatzangelegenheiten nach § 80 SGB XII vom 5. Dezember 2011 aufzuheben, soweit die Schiedsstelle die Berücksichtigung von Aufwendungen für lediglich 3,61 Stellenanteile
für Küchenpersonal und mithin eine Kürzung von 2,00 Stellenanteilen für das Küchenpersonal festgesetzt hat und den Beklagten
zu verpflichten, mit ihm - dem Kläger - eine Vergütungsvereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII für die Werkstatt für behinderte Menschen, N Werkstätten, S straße in N , zu schließen unter Berücksichtigung von Aufwendungen
für 5,61 Stellenanteile für das Küchenpersonal,
hilfsweise,
das Verfahren an die Schiedsstelle für Pflegesatzangelegenheiten nach § 80 SGB XII zur Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die von der Schiedsstelle festgesetzte Vergütung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Die Schiedsstelle
habe zu Recht festgestellt, dass der Stellenschlüssel für Küchenpersonal von 5,61 Stellen nicht als Grundlage der Vergütungsvereinbarung
diene, denn dieser Personalschlüssel unterstelle, dass die Einrichtung selbst die Mahlzeiten vor- und zubereite. Tatsächlich
werde das Mittagessen jedoch von Montag bis Donnerstag von einer Fremdfirma geliefert. Die dadurch anfallenden Kosten seien
mithin den Sachkosten zuzurechnen, was sich auch in der Kalkulation entsprechend wiederfinde. Folgte man der Argumentation
des Klägers, käme es für die Wochentage Montag bis Donnerstag zu einer doppelten Berücksichtigung der prospektiven Kosten.
Dies sei vom Gesetzgeber nicht gewollt, weil es dem in § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII enthaltenen Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit widerspreche. Die Anerkennung unnötiger Kosten müsse demnach verhindert
und bei Abschluss der Vergütungsvereinbarung solle dazu angehalten werden, unter geeigneten Mitteln nach dem Gesichtspunkt
der Kostengünstigkeit auszuwählen; dieser habe neben dem Wirtschaftlichkeitsprinzip eine eigenständige Bedeutung. In Bezug
auf die Leistungsvereinbarungen werde dies ausdrücklich in § 76 Abs. 1 Satz 3 SGB XII geregelt. Dem habe die Schiedsstelle mit einer Personaleinsparung Rechnung getragen. Damit sei sichergestellt, dass für die
verbliebenen Tätigkeiten im notwendigen Maße ausreichend Personal vorhanden sei. Da der Kläger in seiner Klagebegründung den
kalkulatorisch eingestellten und in der Vergütung berücksichtigten Sachkostenaufwand völlig außer Acht gelassen habe, versuche
er den Eindruck zu vermitteln, dass durch die Personalreduzierung eine Aufgabenerfüllung nicht mehr im geforderten Maße möglich
sei. Die Aufgabenerfüllung - wie Herrichtung von Sonderkost, die Beachtung von Mehrbedarfen, die Getränkeausgabe und Bereitstellung
des Freitagsbuffets - würde durch den Schiedsspruch nicht ansatzweise gefährdet. Der Schiedsstelle sei deshalb auch keine
Verletzung der Amtsermittlungspflicht anzulasten; denn die Prüfung habe sachgerecht ohne willkürliche Erwägungen und auf einer
ausreichenden Tatsachenbasis stattgefunden. Zudem seien konkrete Unterlagen, die auch nur ansatzweise eine andere Einschätzung
zuließen, vom Kläger in den Vergütungsverhandlungen nicht vorgelegt und auch im Schiedsverfahren nicht angemahnt worden. Erst
im Klageverfahren habe der Kläger eine fehlende Tatsachenbasis und die Zugrundelegung bestrittener Angaben gerügt. Dabei übersehe
der Kläger die durchaus interessengerechte Abwägung und Entscheidung der Schiedsstelle. Die Schiedsstelle sei nicht seiner
- des Beklagten - gestellten Forderung gefolgt, sondern habe sich lediglich auf eine Streichung von zwei Stellen beschränkt.
Hierzu sei der Kläger umfassend in den Schiedsstellensitzungen gehört und auch seine Argumente seien berücksichtigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten
des Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist eröffnet. Nach § 77 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB XII ist gegen Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben; der Kläger wendet sich gegen den Beschluss der Schiedsstelle für Pflegesatzangelegenheiten
nach § 80 SGB XII vom 5. Dezember 2011 zur Festsetzung einer Vergütung für die Werkstatt für behinderte Menschen, N Werkstätten, soweit die
Schiedsstelle die Berücksichtigung von Aufwendungen für lediglich 3,61 Stellenanteile für Küchenpersonal anstatt für 5,61
Stellenanteile für das Jahr 2011 festgesetzt hat.
Für diese Klage ist das Landessozialgericht (LSG) nach §
29 Abs.
2 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) im ersten Rechtszug zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Schleswig-Holsteinischen LSG folgt aus §
57 Abs.
1 Satz 1
SGG, da der Kläger seinen Sitz in R , mithin im Zuständigkeitsbezirk des Gerichts hat. Der Kläger hat mit dem Beklagten den richtigen
Klagegegner gewählt, da sich die Klage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsstelle richtet. Nach § 77 Abs. 1 Satz 6 SGB XII bedurfte es vor Klageerhebung keiner Nachprüfung der Entscheidung der Schiedsstelle in einem Vorverfahren.
Die Klage ist jedoch nur insoweit statthaft, als mit ihr die Aufhebung des Schiedsstellenbeschlusses begehrt wird. Ob die
Anfechtungsklage (§
54 Abs.
1 SGG) (so etwa: Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII Kommentar 4. Aufl. 2012, § 80 Rn. 29 f.; Hessisches LSG, Urteil vom 25. Februar 2011 - L 7 SO 237/10 KL - , zitiert nach Juris Rn. 44; LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 5. Oktober 2011 - L 2 SO 5659/08 KL - , zitiert nach Juris Rn. 32) oder die allgemeine Leistungsklage (§
54 Abs.
5 SGG) statthafte Klageart ist, hängt davon ab, ob der Beschluss der Schiedsstelle als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Das
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) nahm an, dass die Entscheidung der Schiedsstelle auf Grundlage von § 93b Bundessozialhilfegesetz (BSHG) einen vertragsgestaltenden Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X darstellt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2002 - 5 C 25/01 -, zitiert nach Juris Rn. 10 mit weiteren Nachweisen unter Hinweis auf BT-Drs. 12/5510 S. 11). Auch in der Rechtsprechung
und teilweise in der Literatur zu § 80 SGB XII wird angenommen, dass Entscheidungen der Schiedsstelle alle Merkmale eines Verwaltungsaktes erfüllen (vgl. Hessisches LSG,
Urteil vom 25. Februar 2011, a.a.O., Rn. 44 f.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Oktober 2011, a.a.O., Rn. 33; Flint,
a.a.O., § 80 Rn. 23; Neumann in Hauck/Noftz, § 77 Rn. 17 f.). Nach anderer Auffassung stellt die Schiedsstellenentscheidung
eine Vertragshilfe gemäß § 61 Satz 2 SGB X in Verbindung mit §
319 Bürgerliches Gesetzbuch dar (von Boetticher/Tannen, Die Schiedsstelle nach dem Bundessozialhilfegesetz: Vertragshilfe oder hoheitliche Schlichtung?, in: RsDE 54 (2003), Seite 28, 59), teilweise wird sie auch als Schiedsurteil
eigener Art angesehen (Fichtner/Wenzel, SGB XII, 3. Aufl. 2005, § 77 Rn. 5), teils als mit Doppelcharakter aus hoheitlichem Handeln und Vertragshilfe versehene Tätigkeit (Münder in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 77 Rn. 10).
Der Rechtscharakter der Schiedsstellenentscheidung kann im vorliegenden Fall offengelassen werden, weil sowohl die Voraussetzungen
der Anfechtungs- als auch der allgemeinen Leistungsklage erfüllt sind; denn der Kläger hat die für eine Anfechtungsklage gegen
einen Verwaltungsakt nach §
87 Abs.
1 SGG einzuhaltende einmonatige Klagefrist gewahrt (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil
vom 29. September 2008 - L 20 SO 92/06, zitiert nach Juris Rn. 50). Der am 15. Dezember 2011 von der Geschäftsstelle der Schiedsstelle
abgesandte Beschluss ist dem Kläger spätestens am 18. Dezember 2011 (vgl. Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch,
Zehntes Buch) bekanntgegeben worden. Die Klage ist bereits vor Ablauf eines Monats am 17. Januar 2012 beim Landessozialgericht
eingegangen.
Die vom Kläger mit dem Hauptantrag erstrebte Verurteilung bzw. Verpflichtung des Beklagten zum Abschluss der begehrten Vergütungsvereinbarung
unter Berücksichtigung von Aufwendungen für 5,61 Stellenanteile für das Küchenpersonal im Sinne eines Verpflichtungsantrages
gemäß §
54 Abs.
1 SGG oder eines Leistungsantrages gemäß §
54 Abs.
4 oder 5
SGG kommt nicht in Betracht.
Zwar wird eine Kombination des Antrages auf Aufhebung des Schiedsspruchs mit einem Verpflichtungs- bzw. Leistungsantrag auf
Festsetzung der streitigen Gegenstände der Vergütungsvereinbarung durch das Gericht teilweise für zulässig erachtet. Dies
soll gelten, wenn der Einrichtungsträger gegen den Kostenträger klagt (vgl. Flint, a.a.O., § 80 Rn. 30, 32; Neumann, a.a.O.,
§ 77 Rn. 31) und wird damit begründet, dass mit der Erhebung der Klage das Konfliktlösungs- und Schlichtungspotential der
Schiedsstelle verbraucht sei. Nach Auffassung des Senats sprechen aber die nachfolgend angeführten Argumente dafür, dass die
Klage auf Aufhebung der Schiedsstellenentscheidung isoliert zu erheben ist, weil nur so die Fortsetzung des dann nicht mehr
wirksam abgeschlossenen Schiedsverfahrens bewirkt und die Schiedsstelle zur Neuentscheidung über den Schiedsantrag unter Beachtung
der gerichtlichen Aufhebungsgründe verpflichtet wird (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Oktober 2011, a.a.O, Juris
Rn. 32; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. September 2008 - L 20 SO 92/06 -, Juris Rn. 70). Eine den
Schiedsspruch ersetzende gerichtliche Leistungsbestimmung ist wegen der der Schiedsstelle zugewiesenen Einschätzungsprärogative
ausgeschlossen (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Schon das Bundesverwaltungsgericht hatte nach alter Rechtslage im
Hinblick auf eine Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 94 BSHG in seinem Beschluss vom 28. Februar 2002 (5 C 25/01) entschieden, dass dem Gericht ein eigener vertragsgestaltender Hoheitsakt versagt bleibe, es vielmehr auf die Kontrolle
beschränkt sei, ob die Schiedsstelle bei ihrer Entscheidung die ihr vorgegebenen rechtlichen Maßstäbe eingehalten habe. Das
Gericht hat weiter ausgeführt, dass eine richterliche Ersatzleistungsbestimmung wegen der gerade der Schiedsstelle zugewiesenen
Einschätzungsprärogative ausgeschlossen sei. Der Gesetzgeber habe mit der Ausgestaltung der Schiedsstelle als weisungsfreiem,
mit Vertretern der Betroffenen interessenbesetzten Konfliktlösungs- und Schlichtungsgremium zum Ausdruck gebracht, dass er
eine sach- und interessengerechte Lösung von der Schiedsstelle und nicht vom Richter erwarte (vgl. BVerwG, a.a.O., Juris,
Rn. 20). Diese Erwägungen gelten auch für die gerichtliche Überprüfung von Schiedsstellenentscheidungen nach § 80 SGB XII (so laut Terminsbericht Nr. 34/14 vom 24. Juli 2014 auch BSG, Urteile vom 23. Juli 2014 - B 8 SO 3/13 - und B 8 SO 2/13 R).
Anders mag eine hier nicht vorliegende Konstellation zu beurteilen sein, in der ein Einrichtungsträger klagt und ausschließlich
über eine Rechtsfrage, nicht aber über Einzelheiten der Vergütung zu entscheiden ist.
Die Aufhebung des Schiedsspruchs bewirkt allein eine Fortsetzung des nunmehr nicht mehr wirksam abgeschlossenen Schiedsverfahrens
und verpflichtet die Schiedsstelle, über den Schiedsantrag erneut und unter Beachtung der gerichtlichen Aufhebungsgründe zu
entscheiden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. September 2008, a.a.O., Juris, Rn. 70 am Ende m.w.N. zu Rechtsprechung
und Literatur).
Die Klage ist im Sinne des Hilfsantrags auch begründet.
Entscheidungen der Schiedsstelle unterliegen nur einer eingeschränkten Überprüfbarkeit (so auch Flint, a.a.O. Rn. 31; LSG
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. September 2008, a.a.O., Juris Rn. 51; Hessisches LSG, Urteil vom 25. Februar 2011, a.
a. O., juris Rn. 47; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Oktober 2011, a. a. O., Rn. 35; so auch BSG zu Schiedsstelle nach §
76 SGB XI, Urteil vom 14. Dezember 2000 - B 3 P 19/00 R, zitiert nach Juris Rn. 22; BVerwG zu Schiedsstelle nach § 94 BSHG, Urt. vom 1. Dezember 1998 - 5 C 17/97 -). Den paritätisch aus Vertretern der Einrichtungen und der Sozialhilfeträger besetzten Schiedsstellen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) wird vom Gesetz als mit der zu regelnden Materie vertrautem und zu einer vermittelnden Zusammenführung von unter Umständen
gegenläufigen Interessen der Beteiligten berufenem Gremium eine besondere Beurteilungskompetenz zugemessen; daher kommt den
Schiedsstellen eine Einschätzungsprärogative zu. Das Gericht hat deshalb allein zu überprüfen, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden
Interessen der Vertragsparteien ermittelt hat, sie alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen
hat und ob ihre Abwägung frei von einseitigen Überlegungen in einem fairen und willkürfreien Verfahren sowie inhaltlich orientiert
an materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts vorgenommen wurde (so auch Flint, a.a.O., § 80 Rn. 31; LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 29. September 2008, a.a.O., zitiert nach Juris Rn. 51 m.w.N.).
Nach anderer Auffassung soll die Schiedsstellenentscheidung ein Wahrscheinlichkeitsurteil über die Entwicklung der Kosten
in der Zukunft sein, also eine Prognose, so dass die Gerichte den Wahrscheinlichkeitsgrad sowie die Richtigkeit und Vollständigkeit
der Prognosebasis umfassend, den prognostischen Schluss aber nicht inhaltlich, sondern nur auf Methodik, Plausibilität und
Stimmigkeit zu überprüfen hätten (so Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, § 77 Rn. 38 bis 41).
Der Senat kann offenlassen, ob eine Entscheidung der Schiedsstelle gerichtlich nur eingeschränkt oder die Richtigkeit und
Vollständigkeit der Prognosebasis vollständig überprüfbar ist. Denn die Schiedsstellenentscheidung hält nach keiner der beiden
Auffassungen einer gerichtlichen Überprüfung stand.
Sowohl nach dem Maßstab der eingeschränkten Überprüfbarkeit als auch bei umfassender Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit
der Prognosebasis erweist sich der Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII vom 5. Dezember 2011 in dem hier angefochtenen Umfang als rechtswidrig, weil er in einem fehlerhaften Verfahren und ohne
die erforderliche Ermittlung aller für die Entscheidung relevanten Tatsachen zustande gekommen ist. Ob der Beschluss darüber
hinaus in unzulässiger Weise in das Leistungsvereinbarungsgeschehen eingreift, kann dahin stehen.
Allein aufgrund des Umstandes, dass der Beklagte keinen förmlichen Antrag auf Reduzierung des Stellenanteils für Küchenpersonal
gestellt hat, ist der Beschluss hingegen nicht aufzuheben. Das Verfahren vor der Schiedsstelle ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII antragsabhängig und setzt erfolglose Vertragsverhandlungen voraus. Ein solcher Antrag liegt mit dem des Klägers vom 15. März
2011 vor. Da die Beteiligten im Rahmen eines ordnungsgemäß eingeleiteten Schiedsstellenverfahrens über den eigentlichen Antrag
hinausgehend Fragestellungen behandelt haben, ohne dass ein fehlender Antrag bezüglich des vom Beklagten am 2. bzw. 5. Dezember
2011 eingebrachten Aspekts gerügt worden ist, wäre es bloße Förmelei und unökonomisch, im Nachhinein auf einen förmlichen
Antrag und die Einleitung eines separaten Verfahrens zu bestehen.
Die Entscheidung der Schiedsstelle verletzt jedoch den Grundsatz rechtlichen Gehörs, der auch im Verfahren der Schiedsstelle
nach § 80 SGB XII Anwendung findet (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. September 2008, a.a.O.; LSG Hessen, Urteil vom 25. Februar
2011 - L 9 SO 237/10 KL, Juris, Rn. 48), weil dem Kläger keine Gelegenheit eingeräumt wurde, zu dem vom Beklagten erst am
Freitag vor dem auf Montag, den 5. Dezember 2011 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragenen Einwand, die
Aufwendungen für Küchenpersonal seien zu kürzen, fundiert Stellung zu nehmen. Stattdessen hat die Schiedsstelle die Angaben
des Beklagten zur Grundlage der Entscheidung macht, obwohl der Beklagte - nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag
des Klägers - trotz des seit März 2011 andauernden Schiedsstellenverfahrens erst im Termin am 5. Dezember 2011 eine Berechnung
vorgelegt hatte, die aufzeigte, wie sich nach seiner Meinung die Anrechnung des Caterings auf den Personalschlüssel auswirken
könnte. Soweit der Beklagte in seiner Stellungnahme zur Klageschrift geltend macht, der Kläger habe erst im Klageverfahren
vorgetragen, die Schiedsstelle habe von ihm bestrittene Angaben zugrundegelegt und auch erst in der Klagebegründung eine fehlende
Tatsachenbasis gerügt, geht dieser Einwand fehl; denn dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2011 ist zu
entnehmen, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers zu der vom Beklagten eingereichten Berechnung bereits die Auffassung
vertreten hat, dass diese teilweise von unzulässigen Annahmen ausgehe.
Auch der Untersuchungsgrundsatz ist verletzt, weil der Beschluss keine nachvollziehbare Tatsachengrundlage hat. Zwar ist dem
Beklagten Recht zu geben, dass unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sowie der Leistungsfähigkeit
der ursprüngliche Stellenschlüssel von 5,61 Stellen zu hoch sein könnte. Ob dies wirklich der Fall ist, bedürfte aber weiterer
Ermittlungen und Erwägungen - letztere auch zur Frage, ob durch Reduzierung des Stellenanteils in unzulässiger Weise in das
Leistungsgeschehen eingegriffen würde. Es kann jedenfalls nicht außer Acht gelassen werden, dass - wie vom Kläger vorgetragen
- nach der Leistungsvereinbarung vom 1. Juli 2002 die Werkstatt den Beschäftigten die Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung
anbietet und darüber hinaus für ein Kantinenangebot während der Pausen sorgt. Daraus folgt einerseits, dass die Werkstatt
selbst dafür verantwortlich ist, den Kantinenbetrieb am Laufen zu halten. Dass es dafür einer gewissen Anzahl von Küchenpersonal
bedarf, ist unbestritten. Wie hoch der Bedarf ist, wäre gegebenenfalls durch einen Sachverständigen zu ermitteln. Im Hinblick
darauf, dass in der Vergangenheit über viele Jahre diese Leistungsvereinbarung einerseits galt und andererseits entsprechende
Vergütungsvereinbarungen mit einem Stellenschlüssel von 5,61 Stellen für Küchenpersonal abgeschlossen wurden, liegt es nicht
ohne weiteres auf der Hand, dass dieser Stellenschlüssel zu hoch angesetzt ist, da die Leistungsvereinbarung bereits im Jahre
2002 vorgesehen hatte, dass die Werkstatt die Verpflegung durch Fremdversorgung in Ergänzung durch Angebote der eigenen Küche
anbietet, nicht zuletzt, um den behinderten Menschen eine sinnvolle Arbeit in der Küche zu ermöglichen.
Darüber hinaus gilt, dass in Fällen, in denen eine Vertragspartei ein anderes Vergütungsmodell durchsetzen oder Modifikationen
am bisher vereinbarten Vergütungsmodell erreichen will, dies durch eine entsprechende Willenserklärung zu Beginn der Vertragsverhandlungen
hätte zum Ausdruck bringen müssen (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 24. November 2011 - L 8 SO 223/09 KL, zitiert nach Juris
Rn. 68 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 P 3/08, Juris Rn. 74). Daran fehlt es hier, da erstmals am Freitag, dem 2. Dezember 2011
die Frage des Stellenanteils für das Küchenpersonal zur Diskussion gestellt wurde.
Nicht nachvollziehbar ist ferner, wie eine auf den 1. Juli 2011 rückwirkend umzusetzende Reduzierung des Personals möglich
sein könnte. Vor dem Hintergrund des § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB XII, der ein Rückwirkungsverbot normiert (vgl. Flint, a.a.O., § 77 Rn. 16), hätte es näherer Ausführungen zu einer Abweichung davon bedurft. Nach § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII steht es den Vertragsparteien frei, rückwirkende Vereinbarungen unter der Voraussetzung zu schließen, dass das Vereinbarungsverfahren
für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) rechtzeitig vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode - damit prospektiv
- angegangen worden ist (so BSG, Terminsbericht vom 24. Juli 2014 zu Urteil vom 23. Juli 2014 - B 8 SO 2/13 R -). Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen,
ergibt sich aus dem Beschluss der Schiedsstelle nicht.
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es der Schiedsstelle generell verwehrt ist, in die Personalausstattung einer Einrichtung
einzugreifen, weil dadurch der Inhalt der Leistungsvereinbarung, zu der gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch die personelle Ausstattung gehört, tangiert würde, kann hier aufgrund der vorstehenden Erwägungen zur Rechtswidrigkeit
des Beschlusses offen bleiben. Ob und ggf. inwieweit einer solchen Überprüfungsbefugnis die ausdrückliche Regelung in § 77 Abs. 1 S. 3 SGB XII entgegenstünde, wonach nur über Vergütungsvereinbarungen nach § 76 Abs. 2 SGB XII durch die Schiedsstelle entschieden werden kann, hingegen Leistungsvereinbarungen gemäß § 76 Abs. 1 SGB XII nicht umfasst sind, muss daher nicht weiter erörtert werden.
Gründe, die Revision durch den Senat gemäß §
160 Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG zuzulassen, bestehen nicht.