Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
Die am 9. Oktober 2012 bei dem Thüringer Landessozialgericht eingelegte Beschwerde der Kläger gegen den die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe aufhebenden Beschluss des Sozialgerichts Gotha (SG) vom 30. August 2012 ist zulässig, insbesondere nach §
172 Abs.
1 SGG statthaft. Vor allem ist die Beschwerde nicht nach §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I 444) -
SGG F.2008 - ausgeschlossen, weil die Regelung nur für das Bewilligungsverfahren nach §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §§
118 ff.
ZPO - Änderung oder Ablehnung von Prozesskostenhilfe - greift und nicht auf das Aufhebungsverfahren gemäß §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
124 ZPO erstreckt werden kann (ausführlich: Senat, Beschluss vom 14. Februar 2013 - L 4 AS 656/12 B, juris).
Auch ist die Beschwerde nicht nach §
202 SGG i.V.m. §
127 Abs.
2 S. 2 2. Teilsatz
ZPO ausgeschlossen, obwohl der Wert der Beschwer in der Hauptsache - zum Bewilligungsverfahren für Prozesskostenhilfe - für die
Beschwerde nur 500 Euro betragen hätte, ohne dass laufende oder wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen
wären (zur Anwendung des §
127 Abs.
2 S. 2 2. Teilsatz
ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren: Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - L 4 AS 1878/11 B, unveröffentlicht).
Bereits §
202 SGG i.V.m. §
127 Abs.
2 S. 2 3. Teilsatz
ZPO bestimmt als Rückausnahme, dass die Beschwerde gleichwohl statthaft bleibt, wenn lediglich die persönlichen und wirtschaftlichen
Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint sind. Im Zivilprozess, für den die Regelung unmittelbar gilt, bleibt allein
damit eine richterliche Entscheidung sichergestellt, wenn eine Entscheidung des Rechtspflegers im Bewilligungsverfahren nach
§§
118 ZPO oder im Aufhebungsverfahren nach §
124 Nr. 2 bis 4
ZPO (vgl. §§
3 Nr. 3,
20 Nr. 4
RPflG) angefochten ist.
Die Rückausnahme des §
127 Abs.
2 S. 2 3. Teilsatz
ZPO vom Beschwerdeausschluss nach §
127 Abs
2 S. 2 2. Teilsatz
ZPO ist gleichwohl auch für das sozialgerichtliche Verfahren über §
202 SGG anzuwenden, obwohl der mutmaßliche Gesetzeszweck hier nicht greift, da im sozialgerichtlichen Verfahren stets eine richterliche
Entscheidung zu treffen ist. Zur Überzeugung des Senats regelt §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG F.2008 abschließend, unter welchen Voraussetzungen im sozialgerichtlichen Verfahren abweichend von der Rückausnahme im Zivilprozess
die Beschwerde ausgeschlossen bleibt. Betroffen ist von der abweichenden Regelung jedoch nur, wie bereits oben ausgeführt,
die Ablehnung oder Änderung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Bewilligungsverfahren nach §§
118 ff.
ZPO, nicht hingegen das Aufhebungsverfahren nach §
124 ZPO.
In der Sache hat die Beschwerde Erfolg, weil für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Beschwerdeverfahren der Zeitpunkt
der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist. Deshalb sind auch Erkenntnisse vom Senat zu berücksichtigen, die erst im Laufe
des Beschwerdeverfahrens zu Tage getreten sind, (§
202 SGG i.V.m. §
571 Abs.
2 S. 1
ZPO).
Aufgrund der zwischenzeitlich vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger, liegen
die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe gemäß §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
124 Nr.
2 ZPO nicht mehr vor. Auch eine Aufhebung aus den anderen in §
124 ZPO genannten abschließenden Gründen kommt nicht in Betracht, so dass insoweit der Beschluss des SG aufzuheben ist.
Ebenso scheidet eine Änderung der PKH-Bewilligung nach §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
120 Abs.
4 ZPO aus (zu dieser Möglichkeit: Senat, aaO.), weil die Kläger aufgrund der nunmehr vorgelegten Erklärungen weiterhin bedürftig
im Sinne des §
114 S. 1
ZPO sind, oh dass eine Ratenzahlung gemäß §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
115 Abs.
2 ZPO angeordnet werden kann.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).