Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Festsetzung von Monatsraten und aus dem Vermögen
Gründe:
I.
Für ein Klageverfahren auf Weiterzahlung einer Erwerbsminderungsrente bewilligte das Sozialgericht Altenburg (SG) der Beschwerdeführerin mit Beschluss vom 3. März 2011 (ratenfreie) Prozesskostenhilfe (PKH). Das Verfahren endete durch
angenommenes Anerkenntnis. Die Beschwerdegegnerin gewährte der Beschwerdeführerin eine Zeitrente in Höhe von 987,11 EUR monatlich
ab dem 31. August 2010 bis zum 31. August 2013.
Mit Beschluss vom 15. August 2013 änderte das SG seinen Beschluss vom 3. März 2011 ab und gewährte Prozesskostenhilfe nunmehr gegen Ratenzahlung in Höhe von 60 EUR monatlich
ab dem 1. Oktober 2013. Hierbei ging es von einem einzusetzenden Einkommen des Ehemanns der Beschwerdeführerin in Höhe von
172,38 EUR aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnung des SG Bezug genommen.
Hiergegen hat die Beschwerdeführerin am 10. September 2013 Beschwerde erhoben und eine Reihe von weiteren Zahlungsverbindlichkeiten
vorgetragen und belegt, die einkommensmindernd zu berücksichtigen seien. Hierbei handelte es sich u.a. um Aufwendungen für
die Wohngebäudeversicherung (Beitragsrechnung der Versicherung AG in Höhe von 158 EUR/jährlich), die KfZ-Versicherung (Beitragsrechnung
der in Höhe von 90,95 EUR/jährlich) und die Hausratversicherung (Beitragsrechnung der Versicherung in Höhe von 58,89 EUR/jährlich).
Ferner wurden Jahresabrechnungen für die Energieversorgung übersandt, aus denen sich monatliche Stromkosten in Höhe von 78
EUR und 292 EUR für die Elektroheizung ergaben.
Mit Verfügung vom 17. März 2015 hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass die darüber hinaus eingereichten Belege
teilweise nicht prüffähig sind und eine abweichende monatliche Belastung zu den Angaben der Beschwerdeführerin in der Erklärung
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 25.11.2012 nicht begründen. Weitere Belege insbesondere zu Hilfsmittelzuzahlungen,
Rezepten und Baustoffen dürften dagegen nicht berücksichtigungsfähig sein.
Die Beschwerdeführerin hat hiernach einen Teil ihrer Angaben konkretisiert.
II.
Die Beschwerde ist statthaft.
Der mit Wirkung zum 1. April 2008 neu eingeführte §
172 Abs.
3 Nr.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) ist nicht anwendbar. Nach dieser Regelung ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen,
wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint.
Die Norm erfasst schon nach ihrem Wortlaut ausschließlich die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, nicht dagegen die nachträgliche
Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §
124 Abs.
1 Nr.
2 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) i.V.m. §
73 a SGG, die hier zur Überprüfung steht. Auch der Entstehungsgeschichte (hierzu BT-Drucksache 16/7716, S. 106) ist nicht zu entnehmen,
dass eine erweiternde Auslegung im vorliegenden Kontext angezeigt wäre (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss
vom 30. Oktober 2014 - L 6 AS 1649/14 B -, juris).
Die Beschwerde ist zum Teil begründet.
Zunächst sind die §§
114 bis
127 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Gesetzesfassung (a.F.) anzuwenden. Die zum 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur
Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (PKH/BerHÄndG) vom 31. August 2013 (BGBl I 2013, 3533) vorgenommenen Gesetzesänderungen sind hier folglich nicht anwendbar. Nach der Übergangsregelung in § 40 EGZPO (s Art. 5 PKH/BerHÄndG) sind für einen Rechtszug die §§
114 bis
127 ZPO in der bis zum 1. Januar 2014 geltenden Fassung anzuwenden, wenn eine Partei vor dem 1. Januar 2014 für den Rechtszug PKH
beantragt hat. Entscheidend für die anzuwendende Fassung der §§
114 bis
127 ZPO ist der Zeitpunkt des Eingangs des PKH-Antrags bei Gericht (vgl. BT-Drs 17/11472, 46; Straßfeld, SGb 2014, 176), hier der 19. November 2010. Damit ist vorliegend §
120 Abs.
4 ZPO (a.F.) und nicht §
120a ZPO (n.F.) für die Entscheidung über die Aufhebung/Abänderung der PKH maßgeblich.
Nach §
120 Abs.
4 Satz 1
ZPO (a.F.) kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe
maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben.
Eine solche Änderung lag infolge des Rentenbezugs der Beschwerdeführerin vor. Nach den von ihr im Beschwerdeverfahren nachgeholten
Angaben und den hierzu eingereichten Unterlagen war die monatliche Rate jedoch auf 45 EUR festzusetzen. Insoweit verweist
der Senat gemäß §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG auf die zutreffende Begründung und Berechnung des SG und weist die Beschwerde im Übrigen aus den zutreffenden Gründen des Beschlusses vom 15. August 2013 als unbegründet zurück.
Ergänzend ist anzuführen, dass die nachgereichten Beitragsrechnungen der Versicherung AG in Höhe von 158 EUR/jährlich, der
in Höhe von 90,95 EUR/jährlich und der Versicherung in Höhe von 58,89 EUR/jährlich eine zusätzliche monatliche Belastung in
Höhe von insgesamt 25,65 EUR ergeben. Die Stromkosten in Höhe von 292 EUR (Heizkosten) hat das SG in Höhe von 260 EUR bei den Unterkunftskosten berücksichtigt. Zusätzlich sind folglich 32 EUR Unterkunftskosten zu berücksichtigen,
die zur Hälfte (nach Kopfteilen) absetzbar sind. Hinsichtlich der Einkommenssteuer ergibt sich keine höhere Belastung (734
EUR jährlich = 61,17 EUR/monatlich), da das SG bereits 83,50 EUR/monatlich berücksichtigt hat. Insofern ist aber der Ansatz des SG im Rahmen der Neuberechnung zu korrigieren.
Werden die angeführten Beträge zusätzlich vom Einkommen abgezogen, ergibt sich für die Beschwerdeführerin ein negativer Saldo
(5,31 EUR - 16 EUR = - 10,69 EUR). Dem Ehemann der Beschwerdeführerin verbleibt ein Einkommen in Höhe von 130,73 EUR (172,38
EUR - 16 EUR - 25,65 EUR) und unter Berücksichtigung der verminderten Einkommenssteuerbelastung (+ 22,33 EUR) in Höhe von
153,06 EUR. Abzüglich des Negativsaldo der Beschwerdeführerin in Höhe von 10,69 EUR verbleiben folglich 120,04 EUR und damit
im Ergebnis (unter Berücksichtigung der verminderten Einkommenssteuerbelastung) 142,37 EUR als einzusetzendes Einkommen des
Ehemanns. Dies ergibt nach §
115 Abs.
2 ZPO (a.F.) eine monatliche Rate in Höhe von 45 EUR.
Die darüber hinaus geltend gemachten Stromkosten in Höhe von 78 EUR/monatlich sind nicht absetzbar. Allgemeine Stromkosten
gehören nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne von §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
3 ZPO (a.F.), sondern fallen bereits unter den Freibetrag nach §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
2 Buchst. a
ZPO (a.F.). Dieser Freibetrag knüpft an den sozial-hilferechtlichen Regelsatz an, der die Kosten für Haushaltsenergie einschließt
(§ 2 Abs. 2 Nr. 3 Regelsatzverordnung; BGH, Beschluss vom 8. Januar 2008 - VIII ZB 18/06 -, juris).
Die übersandten Nachweise zur Tilgungsbelastung der bzw. der Bank haben keine abweichenden Belastungen zu den Angaben der
Beschwerdeführerin in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 25. November 2012 ergeben.
Die Nachweise der Versicherung (38,52 EUR) und der Bank (269 EUR) hat das SG berücksichtigt. Gleiches gilt für den Gebührenbescheid vom 1. Februar 2013 (Wasser/Abwasser). Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte
geht der Senat davon aus, dass die monatliche Belastung (453,15 EUR: 12 = 37,76 EUR) bereits in den "übrigen Nebenkosten"
enthalten ist, die in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit 40,80 EUR angegeben sind.
Die übrigen von der Beschwerdeführerin unkommentiert eingereichten Belege insbesondere zu Hilfsmittelzuzahlungen, Rezepten
und Baustofflieferungen waren dagegen nicht berücksichtigungsfähig und sind zum ganz überwiegenden Teil auch der Höhe nach
nicht geeignet, eine andere Ratenhöhe oder ratenfreie Gewährung von PKH zu begründen. Diese einmaligen Belastungen sind aus
dem Schonvermögen bzw. den Freibeträgen zu bestreiten und begründen keine besondere Belastung. Hinsichtlich der Rechnungen
für Baumaterial ist zudem ein unabweisbarer Bedarf für die Aufwendungen weder dargetan noch sonst für den Senat ersichtlich.
Nach alledem verfügt der Ehemann der Beschwerdeführerin über einzusetzendes Einkommen in Höhe von 142,37 EUR. Hieraus ergibt
sich nach §
115 Abs.
2 ZPO (a.F.) eine monatliche Rate auf die Prozesskosten in Höhe von 45 EUR. Im Umfang dieser Raten verfügt die Klägerin über einzusetzendes
Vermögen im Sinne des §
115 ZPO (a.F.).
In der Rechtsprechung und der Literatur ist allerdings umstritten, ob ein Prozesskostenvorschuss auch dann geschuldet ist,
wenn der Vorschusspflichtige den gesamten Betrag zwar nicht in einer Summe zahlen kann, aber zu Ratenzahlungen in der Lage
ist (vgl. zum Streitstand BGH, Beschluss vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 -, Rn. 15 f., juris). Insofern folgt der Senat der überwiegenden Ansicht und der zitierten Rechtsprechung des BGH. Danach
steht eine mangelnde Fähigkeit, den Vorschuss in einer Summe zu leisten, dem Anspruch nicht entgegen, soweit der Unterhaltsverpflichtete
ohne Verletzung seines Eigenbedarfs Raten auf den Prozesskostenvorschuss leisten kann. Insbesondere sprechen die unterhaltsrechtliche
Natur und der Vergleich mit den wiederkehrenden monatlichen Unterhaltsleistungen für eine Vorschusspflicht auch in Form von
Ratenzahlungen. Soweit das BSG zuvor entschieden hatte, dass uneingeschränkter Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht, wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte
Prozesskostenhilfe für die eigene Prozesskostenführung nur gegen Ratenzahlung erhalten würde, sieht der Senat diese Rechtsprechung
als auf den konkreten Einzelfall bezogen und zeitlich überholt an. Denn das BSG hat dies maßgeblich damit begründet, dass die Tabellenwerte der Anlage zu §
114 ZPO einen Unterhaltsbedarf für den ersten Unterhaltsberechtigten in Höhe von 450,- DM und für die weiteren Unterhaltsberechtigten
jeweils in Höhe von 275,- DM festlegen. Diese Beträge lägen im Bereich der Armut und nicht des angemessenen Unterhalts einer
(fünfköpfigen) Familie, in der das Nettofamilieneinkommen knapp 4.000,- DM beträgt (vgl. BSG, Beschluss vom 7. Februar 1994 - 9/9a RVg 4/92 -, juris, Rn. 12). Diese Rechtsprechung ist schon aufgrund der Tatsache nicht mehr einschlägig, dass die genannten Freibeträge
zwischenzeitlich auf 442 EUR bzw. 338 EUR erhöht wurden. Im Übrigen erscheint der angesetzte Anspruch auf Unterhaltsvorschuss
für die Rechtsverfolgung in einem Verfahren auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente auch insofern nicht unbillig, als die
Rente nicht unerheblich zum gesamten Familieneinkommen beiträgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
127 Abs.
4 ZPO.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).