Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der 1974 geborene Kläger in der Zeit von Juni 2006 bis Mai 2015 Anspruch auf Rente wegen
Erwerbsminderung nach dem
Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) hat. Er ist seit Dezember 2002 arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos.
Seinen Antrag vom April 2004 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit lehnte die Beklagte nach Beiziehung diverser
medizinischer Unterlagen und eines orthopädischen Gutachtens des Dr. St. vom 24. Juni 2004 (leichte bis mittelschwere Arbeiten
6 Stunden und mehr möglich) mit Bescheid vom 29. Juni 2004 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. September
2004 zurück. Auf die Klageerhebung (S 4 RJ 1844/04) am 14. Oktober 2004 holte das Sozialgericht u.a. ein orthopädisches Gutachten des Dipl.-Med. A. vom 2. Dezember 2005 ein,
wonach der Kläger unter Funktions- und Belastungseinschränkung der LWS bei muskulären Dysbalancen und chronischer Reizung
der rechten ISG mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung in das rechte Bein ohne neurologische Ausfälle und einer Belastungseinschränkung
des rechten Kniegelenks nach zweimaliger Kniegelenksarthrose litt und leichte sowie zeitweise mittelschwere Arbeiten ca. 8
Stunden täglich ausüben konnte. Mit Urteil vom 27. Juli 2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Im Berufungsverfahren erstattete
Dr. O. nach Untersuchung am 6. Februar 2008 das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 8. Februar 2008 und berichtete über
massive Aggravierungen des Klägers. Es bestehe ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom ohne neurologische Beteiligung aber
mangels andauernder, schwerer und quälender Schmerzen keine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Der Kläger könne noch vollschichtig
leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltungen für die Lendenwirbelsäule in geschlossenen und warmen
Räumen ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe, Zugluft ausüben. Die Berufung des Klägers wies der 2. Senat des Thüringer Landessozialgerichts
mit Beschluss vom 7. November 2008 (L 2 R 989/06) zurück und schloss sich der Einschätzung der Sachverständigen an.
Im April 2011 beantragte der Kläger, ihm rückwirkend Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, weil das Gutachten des Dipl.-Med.
A. nach dem Privatgutachten des Dr. V. vom 2. Juli 2010 in wesentlichen Punkten gravierend fehlerhaft sei. Die Beklagte zog
einen Entlassungsbericht der Orthopädischen Klinik des M. A. vom 5. Juli 2011 bei und lehnte unter dem 19. Juli 2011 den Antrag
auf Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab, weil weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vorliege. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2011 wies
sie den Widerspruch zurück.
Auf die Klageerhebung hat das Sozialgericht diverse medizinische Unterlagen sowie ein berufskundliches Gutachten der H. J.
vom 25. Dezember 2000 (L 6 RJ 695/98) zur Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle beigezogen und zwei Gutachten eingeholt.
- Dr. H. hat in seinem orthopädischen Zusatzgutachten vom 13. Mai 2013 folgende Diagnosen gestellt: chronische pseudoradikuläre
Lumboischialgie rechts bei Osteochondose L5/S1 und ISG-Arthrose rechts mit schmerzhafter Belastungs- und Bewegungseinschränkung
und Muskelspannungsstörungen ohne neurologisches Defizit, Varusgonarthrose rechts 2. Grades, klinisch Chondropathia patellae
rechts ohne relevantes Funktionsdefizit, Coxarthrose rechts 2. Grades ohne relevantes Funktionsdefizit und somatoforme Schmerzstörung
(Stadium 3 nach Gerbershagen). Auf orthopädischem Gebiet könne der Kläger noch leichte Tätigkeiten überwiegend im Stehen und
Sitzen ausüben.
- Auf nervenärztlichem Gebiet hat Dr. K. im Gutachten vom 21. Mai 2013 eine chronische Lumboischialgie S1 rechts ohne Nachweis
einer höherwertigen Nervenwurzelschädigung (ICD-10 M51.1), eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen
Faktoren (ICD-10 F45.41) und eine Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2) diagnostiziert; auf orthopädischem Gebiet bestehe eine
chronische pseudoradikuläre Lumboischialgie ohne neurologisches Defizit, Varusgonarthrose rechts und Coxarthrose rechts. Die
körperlich fundierten Beeinträchtigungen seien auf neurologischem und orthopädischem Gebiet eher gering ausgeprägt. Insgesamt
sei ab Juli 2011 das Leistungsvermögen vor allem auf Grund der gravierenden maladaptiven Schmerzverarbeitung und deren Verhaltenskonsequenzen
auf drei bis unter sechs Stunden täglich gemindert; zuvor scheine die Beeinträchtigung des Klägers noch ausgeprägter gewesen
zu sein. Seine Diskrepanz zu dem Gutachten des Dr. O. erkläre sich aus der unterschiedlichen Beurteilung der Glaubwürdigkeit
des Klägers. Er und Dr. H. hätten nennenswerte Aggravationen oder Hinweise auf eine suboptimale Mitarbeit oder negative Antwortverzerrungen
nicht feststellen können. Ausgehend von der Glaubwürdigkeit des Klägers sei von einer erheblichen Auswirkung auf das Funktionsniveau
auszugehen.
Die Beklagte hat unter dem 28. August 2013 darauf hingewiesen, ihr ärztlicher Dienst gehe von einem Leistungsfall am 18. April
2013 (Untersuchung bei Dr. K.) aus. Allerdings seien dann die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung
nicht erfüllt.
Daraufhin hat das Sozialgericht weitere medizinische Unterlagen, u.a. das Gutachten des Dipl.-Med. A. vom 26. September 2011
für das Landgericht E. (3 O 1840/10) beigezogen und ergänzende Stellungnahmen des Dr. K. vom 15. Mai 2014 und des Dr. H. vom 26. Mai 2014 zum Leistungsvermögen
des Klägers im Zeitraum vom 23. August 2002 bis Juli 2011 eingeholt. Dr. K. hat mitgeteilt, bis 10. Dezember 2005 resultiere
aus der Diagnose Lumboischialgie S1 rechts ohne neurologische Ausfälle keine quantitative Beeinträchtigung des Leistungsvermögens.
Danach scheine bis Juli 2011 eine erheblich zunehmende Schmerzbelastung mit Entwicklung eines ausgeprägten Schon- und Vermeidungsverhaltens
vorgelegen zu haben. Da er der Einschätzung des Dr. O. zu massiven Aggravationen nicht folge, könne seines Erachtens mit "hinreichender
Wahrscheinlichkeit" davon ausgegangen werden, dass die inzwischen chronifizierte Schmerzsymptomatik durch ein maladaptives
und dysfunktionales Verhalten wesentlich überlagert und geprägt wurde; sie habe zu einer Leistungsbeeinträchtigung in quantitativer
Hinsicht geführt. Anzunehmen sei ein auf mindestens drei aber weniger als vier Stunden vermindertes Leistungsvermögen; Wegstrecken
viermal täglich über 500 Meter ohne erhebliche Schmerzen seien dem Kläger nicht zumutbar gewesen. Dr. H. hat ausgeführt, nach
Aktenlage sei der Kläger damals in der Lage gewesen, leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten.
Eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit sei nicht ersichtlich.
Mit Urteil vom 9. Dezember 2014 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 19. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 20. Oktober 2011 abgeändert und die Beklagte verurteilt, den Bescheid vom 29. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 21. September 2004 abzuändern und dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung im Zeitraum Juni 2006 bis Mai 2015 zu
gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Kläger sei ab 1. Dezember 2005 bis Mai 2015 nur noch in der Lage gewesen,
leichte Tätigkeiten unter 6 Stunden täglich zu verrichten. Das ergebe sich aus dem Gutachten und der Stellungnahme des Dr.
K., der alle Unterlagen sorgfältig ausgewertet habe. Dies sei für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend. Die Kritik der
Beklagten habe Dr. K. nachvollziehbar und überzeugend widerlegt. Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig und nach §
44 Abs. 1 SGB X zurückzunehmen.
Im Berufungsverfahren macht die Beklagte geltend, aufgrund des Gutachtens des Dr. K. komme nur ein Leistungsfall der verminderten
Erwerbsfähigkeit ab 18. April 2013 in Betracht. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung seien
aber letztmalig im Januar 2008 erfüllt. Bei dem vom Sozialgericht angenommenen Leistungsfall am 1. Dezember 2005 wäre der
korrekte Rentenbeginn am 1. Juli 2006. Der Vier-Jahres-Zeitraum des § 44 Abs. 4 SGB X beginne bei einem Antrag am 6. April 2011 am 1. Januar 2007. Im Übrigen sei § 44 Abs. 1 SGB X nicht einschlägig, weil das Sozialgericht einen Leistungsfall am 1. Dezember 2005 angenommen habe, der nach Erlass der früheren
Bescheide liege. Einschlägige Norm sei dann § 48 SGB X.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 9. Dezember 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach seiner Ansicht ist dem Urteil der Vorinstanz zu folgen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe klargestellt, dass nicht nur bei zu niedrig festgestellter Rente sondern auch bei Ablehnung eines früheren Rentenantrags
ein Versicherter so zu stellen sei, wie er bei richtiger Rechtsanwendung zum Zeitpunkt der erstmaligen Bescheiderteilung gestanden
hätte (vgl. BSGE 90, 136). Die Rente sei beim ersten Verfahrensgang vor allem wegen der Angaben des Dipl.-Med. A. zur Aggravation des Klägers verweigert
worden; er habe sie aber in dem Verfahren vor dem Landgericht E. 2013 relativiert.
Am 18. September 2015 hat der Senatsvorsitzende einen Erörterungstermin durchgeführt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf
die Niederschrift verwiesen. Die Beteiligten haben sich dort mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senatsvorsitzenden
einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund des ausdrücklich erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG)) durch den Senatsvorsitzenden anstelle des Senats (§
155 Abs.
3 SGG) entscheiden.
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht § 44 Abs. 1 SGB X bejaht und zudem verkannt, dass der Leistungsfall mit Vollbeweis festzustellen ist.
Nach § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit
sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden
ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind (Absatz 1 S.
1); ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften
der besonderen Teile des Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (Absatz 4
S. 1), dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen
wird (Absatz 4 S. 2). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen
zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (Absatz 4 S. 3).
Hier war der Rentenablehnungsbescheid vom 29. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids rechtmäßig. Dies beurteilt
sich nach der zum Zeitpunkt seines Erlasses bestehenden Sach- und Rechtslage aus heutiger Sicht (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 47/01 R = BSGE 90, 136). Maßgebend ist der Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2004, denn der Ausgangsbescheid fand erst mit ihm
seine abschließende Gestalt (vgl. BSG, Urteil vom 4. November 1998 - B 13 RJ 27/98 R, nach juris). Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach §
43 SGB VI scheidet aus, denn die Leistungsfähigkeit des Klägers war damals nicht in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang
herabgesunken. Nach §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung
auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden
täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht nach §
43 Abs.
2 Satz 1
SGB VI, wenn die Versicherten voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Voll erwerbsgemindert
sind sie, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Nach §
43 Abs.
3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich
erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger war am 21. September 2004 nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne von §
43 SGB VI, weil seine Leistungsfähigkeit nicht im erforderlichen Umfang herabgesunken war. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus
den Ausführungen des Dr. K. Er hat zwar in seinem Gutachten vom 21. Mai 2013 ausgeführt, ein Leistungsvermögen drei bis von
unter sechs Stunden könne am Juli 2011 angenommen werden und zuvor "scheine" die Beeinträchtigung des Klägers noch ausgeprägter
gewesen zu sein. Auf konkrete Anfrage des Sozialgerichts hat er in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 15.
Mai 2014 dann aber ausführlich erläutert, bis zum 10. Dezember 2005 habe aus der Diagnose Lumboischialgie S1 rechts ohne neurologische
Anfälle keine quantitative Beeinträchtigung des Leistungsvermögens resultiert; erst danach (Dezember 2005 bis Juli 2011) werde
nach Aktenlage eine Schmerzchronifizierung im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung beschrieben. Der Kläger habe öffentliche
Verkehrsmittel benutzen und eine Wegstrecke von 500 Metern viermal täglich zurücklegen können. Auch die Tätigkeit als Mitarbeiter
in der Poststelle sei ihm vollschichtig möglich gewesen. Diese Ausführungen schließen für den relevanten Zeitpunkt ein wesentlich
eingeschränktes Leistungsvermögen aus. Insoweit liegt auch keine unterschiedliche Beurteilung zum Gutachten des Dr. O. vor.
Eine nochmalige Anfrage bei Dr. K. ist nicht erforderlich, denn er hat die Frage, ob das Leistungsvermögen zum Zeitpunkt des
Erlasses der Bescheide der Beklagten relevant eingeschränkt war, bereits eindeutig beantwortet. Im Übrigen wird, insbesondere
hinsichtlich der orthopädischen Leiden und der daraus resultierenden Leistungseinschätzung, auf die Ausführungen im Beschluss
des 2. Senats des Thüringer Landessozialgerichts vom 7. November 2008 - L 2 R 989/06 verwiesen. Der Einschätzung des Dipl.-Med. A. im Gutachten vom 2. Dezember 2005 hat sich Dr. H. in seinem Gutachten vom 13.
Mai 2013 angeschlossen. Die von ihm bei der Untersuchung am 30. April 2013 festgestellten Diagnosen und Einschränkungen begründen
gegenüber dem früheren Gutachten nur eine leichte Progredienz der Befunde ohne wesentliche Verschlechterung des Leistungsvermögens.
Sie ermöglichen weiterhin leichte Tätigkeiten mehr als 6 Stunden täglich. Dem kann nicht das Gutachten des Dr. V. vom 2. Juli
2010 entgegen gehalten werden. Seine Behauptung, die Untersuchung durch Dipl.-Med. A. sei fehlerhaft lediglich in Ruhebedingungen
erfolgt und seine Leistungseinschätzung sei spekulativ, ist nicht nachvollziehbar. Wie Dr. H. im Gutachten vom 14. Mai 2013
zu Recht ausführt, ergibt sich die Leistungseinschätzung aus den vorliegenden Befunden auch in Ruhebedingungen. Die von Dr.
V. geforderte Untersuchung unter körperlicher Belastung ist nicht üblich und war hier nicht erforderlich. Die angegebenen
Beschwerden des Klägers konnten auch in einer Untersuchungssituation unter Ruhebedingungen in Korrelation zu den vorliegenden
anderen Befunden aufgezeigt werden.
Es steht auch nicht im Sinne des Vollbeweises (d.h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit) fest, dass die Leistungsfähigkeit
des Klägers zum 1. Dezember 2005 (so die Vorinstanz) in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang herabgesunken ist
(vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 4 AL 35/09 R, nach juris; Senatsurteil vom 26. August 2014 - L 6 R 36/12). Dies gilt unabhängig davon, dass es nicht auf diesen Zeitpunkt sondern auf den 21. September 2004 ankommt, für den aber
erst recht ein entsprechender Nachweis fehlt. Erforderlich wäre eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2006 - B 2 U 20/04 R, nach juris), die dann erreicht ist, wenn die Tatsache in so hohem Maß wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falls nach
vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche
Überzeugung zu begründen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage 2014, §
128 Rdnr. 3b). Auch Dr. K. hat nicht diese an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit für einen Leistungsfall Dezember 2005 angenommen.
Er spricht in der Stellungnahme vom 15. Mai 2013 lediglich von einer "hinreichenden Wahrscheinlichkeit". Es scheine seit Dezember
2005 eine erheblich zunehmende Schmerzbelastung mit Entwicklung eines ausgeprägten Schon- und Vermeidungsverhaltens vorgelegen
zu haben. Diese Vermutungen genügen den Anforderungen an den Vollbeweis nicht. Zur Vollständigkeit ist darauf hinzuweisen,
dass seine Behauptung inhaltlich zudem nicht nachvollziehbar ist. Aus der Feststellung, bei der eigenen Untersuchung am 18.
April 2013 habe der Kläger nicht aggraviert, kann nicht der Schluss gezogen werden, er habe dies auch nicht bei der Untersuchung
am 6. Februar 2008 (d.h. fünf Jahre zuvor) bei Dr. O. getan. Eine solche Behauptung ist nicht nachvollziehbar und spekulativ.
Zur Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass Dr. O. die Aggravation des Klägers vor allem auf eigene Beobachtungen (vgl.
Blatt 14 und 15 des Gutachtens) gestützt und fachspezifisch beurteilt hatte. U.a. berichtet er, dass sich im Rahmen der Untersuchung
massive Aggravierungen fanden und beschreibt u.a. "groteske, zum Teil bizarr anmutende Bewegungsabläufe" ohne erkennbaren
Zusammenhang mit dem lumbalen Schmerzsyndrom. Es ist insofern unrichtig, dass seine Annahme auf einer Aussage von Dipl.-Med.
A. im Gutachten vom 2. Dezember 2005 beruht. Im Übrigen wären bei einem Überprüfungsantrag im April 2011 Leistungen für die
Vergangenheit nur ab 2007 nachzuzahlen (§ 44 Abs. 4 SGB X).
Nachdem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig im Januar 2008 vorlagen, kommt es nicht darauf an, ob seit
der Antragstellung im April 2011 bzw. bei der Untersuchung durch Dr. K. am 18. April 2013 tatsächlich eine relevante Leistungseinschränkung
vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.