Entschädigung anlässlich einer Begutachtung
Berechnung von Fahrtkosten
Gründe
Die Entschädigung anlässlich der Begutachtung am 24. September 2018 wird auf 12,50 Euro festgesetzt.
Nach § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) erfolgt die Festsetzung der Entschädigung durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte - wie hier - oder die Staatskasse
die gerichtliche Festsetzung beantragt (Satz 1). Zuständig ist das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist
(Satz 2 Nr. 1); dieses entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (Absatz 7 S. 1). Nach der internen Geschäftsverteilung
des 1. Senats ist der Berichterstatter für die Bearbeitung der Verfahren nach § 4 JVEG zuständig.
Nach §
191 Halbs. 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust
wie einem Zeugen vergütet. Zeugen erhalten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Entschädigung für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden
je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).
Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie
angegriffen worden sind. Bei der Festsetzung ist das Gericht weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz
oder an die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder den Antrag der Beteiligten
gebunden; es kann nur nicht mehr festsetzen, als beantragt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 26. September 2018 – L 1 JVEG 59/18, Rn. 1 m.w.N., zitiert nach Juris). Das Verbot der „reformatio in peius“ gilt nicht.
Danach errechnet sich die Entschädigung wie folgt:
1. Fahrtkosten sind in Höhe von 12,50 Euro zu erstatten (25 km x 0,25 Euro x 2).
Nach §
191 Halbs. 1
SGG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG in der hier bis zum 31. Dezember 2020 maßgeblichen Fassung werden dem Beteiligten bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich
zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs zur Abgeltung der Betriebskosten sowie der Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs
0,25 € für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden
baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, werden bei der Nutzung eines
Kraftfahrzeugs angesichts der im gesamten Kostenrecht geltenden Kostenminimierungspflicht, wonach die Kosten eines Rechtsstreits
so gering wie möglich zu halten sind, grundsätzlich nur die Kosten der kürzesten Reiseroute erstattet (vgl. Senatsbeschluss
vom 26. September 2018, a.a.O.), sofern dies zumutbar ist. Ausnahmen sind z.B. dann zu akzeptieren, wenn die höheren Kosten
durch besondere Umstände des konkreten Einzelfalls (z.B. Umwege wegen Straßensperrungen) gerechtfertigt sind. Die Feststellung
der kürzesten Strecke ist mit einem Routenprogramm (hier: GoogleMaps) möglich (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 26. September
2018, a.a.O.), wobei zu berücksichtigen ist, dass dessen Ergebnisse nur als Indiz für die notwendige Strecke dienen kann und
es insofern ggf. erforderlich ist, die Wegstrecken am Wohn- und Aufenthaltsort und am Ort der Heranziehung sowie Umleitungen
und Staus bei der Entfernungsberechnung zu berücksichtigen. Vorliegend beträgt die kürzeste Fahrtstrecke vom Wohnort des Klägers
durch die Stadt G bis zum Begutachtungsort in E 25,00 km bei 34 Minuten Fahrtzeit (einfache Fahrtstecke). Diese Strecke ist
bei der Fahrtkostenentschädigung auch in Ansatz zu bringen. Ohne Erfolg macht der Erinnerungsführer nunmehr im Erinnerungsverfahren
eine insgesamt weitere Fahrtstrecke von 42,30 km bei einer Fahrzeit von 45 Minuten (einfache Fahrtstrecke) bzw. noch im Antragsverfahren
eine Entschädigung für 40 km (einfache Wegstrecke) geltend. Soweit der Erinnerungsführer für diese längere Wegstrecke angibt,
so übliche Stau- und damit Verzögerungsrisiken vermeiden zu können, verfängt dies nicht. Solchen Risiken konnte vorliegend
problemlos durch einen rechtzeitigen Fahrtbeginn begegnet werden. Weder hat der Erinnerungsführer vorgetragen, noch ist sonst
ersichtlich, dass dies bei der für 15:00 Uhr angesetzte Begutachtung einen unzumutbaren Reisebeginn oder ein unzumutbares
Reiseende bedeutet hätte. Anders als der Erinnerungsführer meint, ist ihm vielmehr ein rechtzeitiger Reisestart im Sinne der
bereits dargestellten Kostenminimierungspflicht tatsächlich abzuverlangen. Aus gleichem Grund geht auch die Auffassung des
Erinnerungsführers fehl, aus „üblicher Praxis“ werde grundsätzlich der schnellste Weg zugestanden. Dass vorliegend eine längere
Wegstrecke wegen Straßensperrungen und Umleitungen tatsächlich erforderlich war, hat der Erinnerungsführer für die Stadt G
nur abstrakt vorgetragen und dabei jedenfalls nicht dargelegt, welche längere Wegstrecke sich hieraus in G tatsächlich ergeben
hätte, ohne dass die tatsächlich genutzte Wegstrecke gefahren worden wäre. Ersichtlich ging es dem Erinnerungsführer um die
komfortabelste, weil staufreieste und schnellste Wegstrecke. Dies mag nachvollziehbar sein, ein höherer Entschädigungsanspruch
folgt hieraus aber nicht.
2. Keinen Anspruch hat der Erinnerungsführer auf eine Entschädigung der geltend gemachten Zeitversäumnis von 9:00 Uhr bis
18:00 Uhr.
Eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 20 JVEG scheidet aus. Der Erinnerungsführer bezog - wie vom ihm auf Nachfrage angegeben - Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Insofern hat er keinen Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 20 JVEG. Nach der hier maßgeblichen Fassung des § 20 JVEG (bis zum 31. Dezember 2020) betrug die Entschädigung 3,50 € je Stunde, soweit weder für einen Verdienstausfall noch für Nachteile
bei der Haushaltsführung eine Entschädigung zu gewähren ist, es sei denn, es ist dem Zeugen (bzw. Beteiligten) durch seine
Heranziehung ersichtlich kein Nachteil entstanden. Fehlt es - wie hier - an entsprechenden Angaben, kann bei einem Empfänger
von Leistungen nach dem SGB II nach ständiger Senatsrechtsprechung davon ausgegangen werden, dass ersichtlich kein Nachteil entstanden ist (vgl. Senatsbeschluss
vom 22. Oktober 2018 – L 1 JVEG 71/17, Rn. 20 m.w.N., a.A. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. November 2016 – L 15 RF 26/16, Rn. 35, jeweils
zitiert nach Juris). Der Erinnerungsführer kann frei über seine Zeit verfügen. Eventuelle Einschränkungen in der Freizeitgestaltung
infolge der Durchführung einer Begutachtung in eigener Sache können nicht als entschädigungspflichtiger Nachteil angesehen
werden.
Unerheblich ist, dass dem Erinnerungsführer seitens der Urkundsbeamtin für einen Zeitraum von 14:00 Uhr bis 19:00 Uhr ein
Zeitversäumnis in Höhe von 17,50 Euro zugestanden wurde. Bei einem Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 JVEG ist das Gericht - wie bereits ausgeführt - nicht an die vormalige Festsetzung gebunden. Darauf wurde der Erinnerungsführer
auch hingewiesen.
3. Anhaltspunkte für sonstige Entschädigungen nach dem JVEG sind nicht ersichtlich.
Soweit der Erinnerungsführer bereits eine höhere Entschädigung erstattet bekommen hat, als nun festgesetzt wurde, ist dieser
Betrag von ihm zurückzuzahlen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 7 JVEG).
Die Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).