Entschädigung sachverständiger Zeugen im sozialgerichtlichen Verfahren; Ausstellung eines Befundscheins
Gründe:
Auf die nach § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zulässige Erinnerung wird die Entschädigung für den Befundbericht vom 19. Januar 2015 auf 28,95 Euro festgesetzt.
Für einen sachverständigen Zeugen gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis einschließlich der Regelungen über deren Entschädigung
nach § 19 JVEG sowie die Sonderregelungen in § 10 Abs. 1 JVEG, wenn er entsprechende Leistungen erbringt. Nach der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG wird die Ausstellung eines Befundscheins wie folgt entschädigt: Nr. 200 ohne nähere gutachtliche Äußerung 21,00 Euro Nr. 201 Die Leistung der in Nr. 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich:
Das Honorar 200 beträgt bis zu 44,00 Euro
Der Erinnerungsführer ist sachverständiger Zeuge (§
414 der
Zivilprozessordnung (
ZPO)), denn er berichtete als früher behandelnder Arzt über vergangene Tatsachen und Zustände, die er kraft besonderer Sachkunde
ohne Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtensauftrag wahrgenommen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1991 - 9a RV 25/90, nach juris; Senatsbeschluss vom 30. November 2005 - L 6 SF 738/05; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz, 11. Auflage 2014, §
118 Rdnr. 10c).
In einem Befundschein (oder Befundbericht) werden üblicherweise formularmäßig standardisierte Fragen zur erhobenen Anamnese,
den Befunden, ihre epikritische Bewertung und Stellungnahme zur Therapie anhand der vorliegenden Behandlungsunterlagen beantwortet.
Hier ist der Befundbericht vom 15. Januar 2015 nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG zu honorieren.
Eine naturgemäß nur selten vorliegende außergewöhnlich umfangreiche Leistung nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG ist nicht feststellbar. Dies gilt schon dann, wenn allein auf den Umfang der Ausführungen (hier ohne Anschreiben ca. ½ Seite)
abgestellt wird. Eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung bejaht beispielsweise das Bayerische LSG (vgl. Beschluss vom 22.
Juni 2012 - L 15 SF 136/11, nach juris) erst dann, wenn der Befundbericht sechs Seiten erreicht. Begründet wird diese pauschalierende Herangehensweise
damit, dass die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht überspannt werden dürfen.
Der Senat teilt diese strenge Auslegung allerdings nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Februar 2008 - L 6 B 134/07 SF m.w.N.), denn sie berücksichtigt nicht, dass im Einzelfall eine hohe Zeilenzahl ebenso wenig aussagekräftig ist (z.B.
bei dem ungefilterten Übernehmen aller in den Karteien befindlichen Informationen) wie eine geringe (so zu Recht LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 28. Februar 2001 - L 10 SB 50/00, nach juris), die auch auf einer straffen Gliederung und Zusammenfassung beruhen kann. Insofern kann der Umfang der Ausführungen
nur als Indiz herangezogen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Februar 2008 - L 6 B 134/07 SF m.w.N.); in der Hauptsache ist auf das Ausmaß der für die Erstellung des Befundscheins erforderlichen und ersichtlichen
Arbeit abzustellen (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001 - Az.: L 10 SB 50/00; SG Braunschweig, Beschluss vom 7. Januar 2011 - S 36 R 287/09; beide nach juris), sofern sie durch die gerichtliche Anforderung gedeckt ist. Hier sind auch unter Berücksichtigung des
Vortrags des Erinnerungsführers keine ausreichend Anhaltspunkte für eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung ersichtlich.
Es reicht nicht aus, dass dieser 2011 in Ruhestand getreten ist und die ihm von der Praxisnachfolgerin zugesandten alten Praxisunterlagen
durchsehen musste. Dies mag außergewöhnlich sein, begründet aber keinen hohen Umfang der Tätigkeit. Hierfür genügt angesichts
der kurzen Ausführungen in der Sache auch nicht der Vortrag, er habe das üblicherweise mitgeschickte Formblatt nicht erhalten
und deshalb eine freie Berichterstattung gewählt.
Zusätzlich zu erstatten sind die Portokosten in Höhe von 1,45 Euro (§ 12 Abs. 1 JVEG) und für die Anfertigung der Kopien 6,50 Euro (§ 7 Abs. 2 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).