Höhe von Pauschgebühren
Verfristung einer Erinnerung
Arbeitsüberlastung keine hinreichende Entschuldigung für die Versäumung einer Rechtsbehelfsfrist
Unzureichender allgemeiner Hinweis auf Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Pauschgebühren nach §
184 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG). Zugrunde liegt ein gerichtliches Verfahren, welches vor dem 6. Senat des Thüringer Landessozialgerichts im Jahre 2019 anhängig
gewesen ist. Das Verfahren wurde am 7. Mai 2019 durch Klagerücknahme beendet (Az.: L 6 KR 492/19 KL).
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle forderte von der Erinnerungsführerin mit dem Gebührenverzeichnis vom 23. Januar 2020
für die Monate Januar bis Dezember 2019 unter der laufenden Nummer 12 die halbe Pauschgebühr in Höhe von 112,50 Euro; die
Sache sei ohne Urteil/Beschluss erledigt worden.
Mit ihrer Erinnerung hat die Erinnerungsführerin vorgetragen, dass das Verfahren an das Sozialgericht Gotha verwiesen worden
sei, da es sich um eine Untätigkeitsklage gehandelt habe (Az. in Gotha: S 41 KR 1403/19).
Die Erinnerungsführerin beantragt,
die Pauschgebühr unter der Nummer 12 des Gebührenverzeichnisses des Thüringer Landessozialgerichts vom 23. Januar 2020 mit
der Postenkennung 0548200001144 aufzuheben.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Die Erinnerung sei bereits wegen Verfristung unzulässig. Die Mitteilung des Auszugs aus dem Gebührenverzeichnis sei der Erinnerungsführerin
nach ihren eigenen Angaben am 4. Februar 2020 zugegangen. Die Frist nach §
189 Abs.
2 Satz 2
SGG betrage einen Monat und sei daher am 4. März 2020 abgelaufen. Dem Wiedereinsetzungsantrag sei nicht zu entsprechen. Ein Hinweis
auf pandemiebedingte Einschränkungen überzeuge nicht. Die Frist sei zudem bereits vor dem allgemeinen Lockdown am 4. März
2020 abgelaufen. Schließlich sei die Kostenerinnerung auch unbegründet. Das Verfahren sei durch Klagerücknahme beendet worden.
Bei dem genannten Verfahren vor dem Sozialgericht Gotha handele es sich um ein neues Klageverfahren.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung
vorgelegt.
II.
Die Erinnerung gegen die Festsetzung der Pauschgebühr ist nach §
189 Abs.
2 Satz 2
SGG zwar statthaft, jedoch als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht fristgerecht erhoben worden ist.
Der Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite nach §
189 SGG ist der Erinnerungsführerin nach ihren eigenen Angaben am 4. Februar 2020 zugestellt worden. Die Monatsfrist nach §
189 Abs.
2 Satz 2
SGG begann damit am 5. Februar 2020 und endete am 4. März 2020 (§
64 SGG). Bis zum Ablauf der Erinnerungsfrist ist eine Erinnerung beim Thüringer Landessozialgericht nicht eingegangen. Die Erinnerung
ging vielmehr erst am 15. Juni 2020 hier ein.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist der Erinnerungsführerin nicht zu gewähren. Nach §
67 Abs.
1 SGG ist der Erinnerungsführerin, wenn sie ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand zu gewähren. Die Erinnerungsführerin war nicht ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist einzuhalten.
Das Vorbringen der Erinnerungsführerin, sie sei aufgrund der Vielzahl von Pauschgebührenabrechnungen aller Gerichte sowie
der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie gehindert gewesen, die Abrechnungen fristgerecht zu überprüfen, reicht nicht
für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand aus, denn auch eine vorübergehende Arbeitsüberlastung führt
nicht zu einer Schuldlosigkeit der Versäumung der Rechtsbehelfsfrist. Die Wiedereinsetzung lässt sich keinesfalls allein mit
der bloßen Behauptung rechtfertigen, aufgrund einer Vielzahl von Pauschgebührenabrechnungen sei eine Überlastung eingetreten.
Die Wahrung der prozessualen Fristen ist eine der wesentlichen Aufgaben, welcher sowohl ein Prozessbevollmächtigter als auch
eine Behördenleitung besondere Sorgfalt widmen muss (BVerwG vom 12. Januar 2015 - 4 BN 18/14 - Juris Rn. 10). Um ein Verschulden
wegen Arbeitsüberlastung auszuschließen, müssen deshalb besondere Umstände hinzutreten, die darzulegen und glaubhaft zu machen
sind. Hierzu gehört auch der Vortrag, dass die Behördenleitung alles Mögliche getan hat, um die Fristversäumung zu vermeiden.
Eine erhebliche Arbeitsüberlastung kann eine Wiedereinsetzung deshalb nur dann ausnahmsweise rechtfertigen, wenn sie plötzlich
und unvorhersehbar eingetreten ist und durch sie die Fähigkeit zu konzentriertem Arbeiten erheblich eingeschränkt wird (BSG, Beschluss vom 17. Juli 2018 – B 2 U 6/18 R –, Juris). Derartige Umstände sind hier weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Dasselbe gilt hinsichtlich geltend gemachter
Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Monatsfrist bereits am 4. März 2020
und damit vor dem Ergreifen von sogenannten Lockdown-Maßnahmen ab Mitte März 2020 endete.
Der Senat braucht daher nicht zu problematisieren, ob der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb eines
Monats nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden ist (§
67 Abs.
2 S.1
SGG). Ein Wegfall des Hindernisses liegt vor, wenn die Ursache des Hindernisses beseitigt ist, oder von dem Zeitpunkt an, ab
dem die weitere Säumnis schuldhaft wäre. Daran bestehen hier nicht unerhebliche Zweifel, weil die Erinnerung erst am 15. Juni
2020 eingelegt worden ist.
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die Erinnerung auch in der Sache keinen Erfolg haben könnte. Denn das Verfahren
L 6 KR 492/19 KL ist am 7. Mai 2019 durch Klagerücknahme und nicht durch Verweisung beendet worden.
Der Beschluss ist nach §§
189 Abs.
2 Satz 2,
177 SGG unanfechtbar.