Zahlung von Krankengeld
Fortbestand eines Anspruchs auf Krankengeld
Rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsfeststellung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren zuletzt noch die Zahlung von Krankengeld über den 31. Dezember 2016 hinaus
bis einschließlich 21. März 2017 streitig.
Die 1966 geborene Klägerin war als gegen Entgelt Beschäftigte seit dem 11. Februar 2015 bei der Beklagten krankenversichert.
Ab 23. Februar 2016 erkrankte sie arbeitsunfähig und erhielt bis einschließlich 16. März 2016 Entgeltfortzahlung. Die Beklagte
forderte die Klägerin mit Schreiben vom 17. März 2016 zur Mitwirkung bei der Prüfung ihres Anspruchs auf Krankengeld auf und
wies sie auf die Anforderungen an eine rechtzeige sowie die Folgen einer verspäteten Verlängerung ihrer Arbeitsunfähigkeit
(AU) hin. Darin heißt es: "Die Verlängerung Ihrer Arbeitsunfähigkeit lassen Sie bitte spätestens am nächsten Werktag nach
Ihrem zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitstag erneut ärztlich feststellen; Samstage gelten nicht als Werktage. Das bedeutet:
Endet Ihre voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit an einem Freitag, ist die weitere Arbeitsunfähigkeit spätestens am darauf folgenden
Montag ärztlich festzustellen. Für Lücken bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wird kein Krankengeld gezahlt. Endet
Ihr Arbeitsverhältnis während der Arbeitsunfähigkeit und ist diese nicht lückenlos festgestellt, endet neben dem Anspruch
auf Krankengeld auch Ihre Mitgliedschaft." Mit Bescheid vom 8. April 2016 bewilligte ihr die Beklagte Krankengeld rückwirkend
ab 17. März 2016 in Höhe von 14,72 Euro (brutto) kalendertäglich; der genaue Abrechnungs- bzw. Bewilligungszeitraum sei dem
Kontoauszug des Geldinstituts der Klägerin zu entnehmen. Mit (Abhilfe-)Bescheid vom 8. Juni 2016 korrigierte die Beklagte
auf den Widerspruch der Klägerin hin die Höhe des Krankengeldes rückwirkend auf 22,08 Euro (brutto) pro Kalendertag. Das Beschäftigungsverhältnis
der Klägerin endete zum 31. Dezember 2016. Seit dem 1. Januar 2017 war sie bei der Beklagten freiwillig krankenversichert.
Die Beklagte hörte die Klägerin mit Schreiben vom 16. Januar 2017 zur beabsichtigten Einstellung der Krankengeldzahlungen
zum 31. Dezember 2016 (einem Samstag) wegen nicht rechtzeitiger Feststellung der weiteren AU erst am 3. Januar 2017 (einem
Dienstag) an. Die Klägerin nahm unter dem 20. Januar 2017 hierzu Stellung und hat vorgetragen, dass ihr die Mitarbeiter der
Praxis der behandelnden Ärztin den 3. Januar 2017 als neuen Arzttermin benannt hätten. Auf ihre Nachfrage hin, dass ihre Krankschreibung
nur bis zum 31. Dezember 2016 reiche, sei ihr mitgeteilt worden, dass dies unerheblich sei, da es sich um eine andauernde
fortlaufende Krankschreibung handle. Ihr behandelnder Arzt sei immer nur dienstags in der Praxis tätig, somit sei der 3. Januar
2017 der frühestmögliche Termin gewesen. Mit Bescheid vom 25. Januar 2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Anspruch
auf Krankengeld und kostenfreie Mitgliedschaft aufgrund des Krankengeldbezuges am 31. Dezember 2016 geendet habe, da sie sich
nach der zuletzt bis zum 31. Dezember 2016 bescheinigten AU erst wieder am 3. Januar 2017 bei ihrem Arzt vorgestellt habe
und erst zu diesem Tag die weitere AU bescheinigt worden sei. Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch legte die Klägerin
ein "ärztliches Attest" ihrer behandelnden Ärzte vom 24. Januar 2017, wonach infolge der Feiertage und der Terminvergabe am
3. Januar 2017 erst dann die Fortschreibung der AU möglich gewesen sei, weil es zwischen den Jahren nur einen Dienst für Notfälle
gegeben habe, sowie eine AU-Bescheinigung vom 28. Februar 2017 vor, mit der AU vom 30. Dezember 2016 bis einschließlich 3.
Januar 2017, festgestellt am 30. Dezember 2016, bescheinigt wird. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2017 wies die Beklagte
den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 31. Mai 2017 hat die Klägerin beim Sozialgericht Gotha (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass sie die Zahlung von Krankengeld über den 31. Dezember 2016 hinaus aufgrund
der mit Schreiben vom 8. April 2016 verfügten Dauerbewilligung beanspruchen könne. Diese unbefristete Dauerbewilligung von
Krankengeld sei bestandskräftig geworden. Diesbezüglich verweise sie auf die Entscheidung des Sozialgerichtes Speyer vom 27.
Oktober 2017 (Az.: S 16 KR 440/16). Da mit dem Bescheid vom 8. April 2016 ein förmlicher Bewilligungsbescheid vorliege, seien die folgenden einzelnen Auszahlungen
von Krankengeld durch die Beklagte nicht als weitere konkludente Bewilligungsverwaltungsakte auszulegen. Die Beklagte habe
die Dauerbewilligung von Krankengeld auch nicht rechtmäßig aufgehoben. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für eine Aufhebung
des Bescheids vom 8. April 2016 für die Zeit ab 1. Januar 2017 nicht vor. Dem ist die Beklagte entgegengetreten und hat geltend
gemacht, die Rechtsprechung des Sozialgerichts Speyer stelle eine Mindermeinung dar, die der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes
(BSG, insbesondere im Urteil vom 5. Mai 2009 - Az.: B 1 KR 20/08) widerspreche. Auch das Sozialgericht Koblenz (Urteil vom 16.
September 2014 - Az.: S 13 KR 580/12) folge der Rechtsprechung des Sozialgerichts Speyer nicht. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Krankengeld, denn sie habe
ihre AU nicht rechtzeitig, d. h. spätestens am 2. Januar 2017 weiter feststellen lassen. Gründe für eine Unbeachtlichkeit
der verspäteten Feststellung lägen nicht vor. Die Klägerin habe nicht alles Erforderliche, ihr Zumutbare und in ihrer Macht
Stehende getan, um ihren Anspruch auf Krankengeld zu wahren. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG vom 11. Mai 2017 (Az.: B 3 KR 22/15) ergebe sich nichts anderes. Sie habe entgegen dem im Urteil des BSG vom 11. Mai 2017 zugrunde liegenden Sachverhalt nicht innerhalb der anspruchserhaltenen zeitlichen Grenzen für den Krankengeldanspruch
einen Arzt persönlich aufgesucht und ihm ihre Beschwerden geschildert, um eine weitere ärztliche Feststellung von AU zu erhalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 29. Oktober 2018 hat das SG die Klage der Klägerin abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei ausweislich der vorliegenden AU-Bescheinigungen
bis zum 31. Oktober 2017 zwar auch über den 31. Dezember 2016 hinaus arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Der weitere Fortbestand
ihres Anspruchs auf Krankengeld scheitere aber daran, dass sie ab dem 1. Januar 2017 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld
versichert gewesen sei. Für den Fortbestand des Anspruchs auf Krankengeld hätte nämlich die weitere AU der Klägerin über den
31. Dezember 2016 hinaus spätestens bis zum Ablauf des 2. Januar 2017 festgestellt werden müssen. Das sei aber nicht erfolgt.
Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ihr sei mit Bescheid vom 8. April 2016 bzw. mit Bescheid vom
8. Juni 2016, der den Bescheid vom 8. April 2016 zu ihren Gunsten ersetzt habe, unbefristet Krankengeld auf Dauer bewilligt
worden. Der Regelungsgehalt der Bescheide vom 8. Juni 2016 sowie vom 8. April 2016 beschränke sich auf die Höhe des ab dem
17. März 2016 zu zahlenden kalendertäglichen Krankengeldes. Es sei auch kein Sachverhalt gegeben, bei dem die Feststellung
der AU ausnahmsweise hätte nachgeholt werden können. Die Klägerin habe nicht alles ihr Mögliche und Zumutbare getan, um innerhalb
der gesetzlichen Frist eine verlängernde AU-Bescheinigung zu erhalten. Es hätte zu ihren Obliegenheiten gehört, bis zum 2.
Januar 2016 einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufzusuchen und ihm ihre Beschwerden zu schildern.
Dies habe die Klägerin aber nicht getan. Insoweit komme es nicht darauf an, dass der behandelnde Arzt der Klägerin immer nur
dienstags in der Praxis tätig sei. Nicht relevant sei auch, dass die Klägerin durch Mitarbeiter der Praxis auf den 3. Januar
2017 verwiesen und ihr durch diese auf Nachfrage mitgeteilt worden sei, dass es unerheblich sei, dass ihre Krankschreibung
nur bis zum 31. Dezember 2016 gehe, da es sich um eine andauernde fortlaufende Krankschreibung handle. Fehlberatungen, die
einer vertragsärztlichen Praxis unterliefen, würden Versicherte nicht grundsätzlich zu entlasten vermögen und lösten auch
keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Krankenkasse aus. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der neueren
Rechtsprechung des 3. Senats des BSG (vgl. Urteil vom 11. Mai 2017 - B 3 KR 22/15 R), da kein Arzt-Patienten Kontakt stattgefunden habe.
Am 4. Dezember 2018 hat die Klägerin Berufung gegen den ihren Bevollmächtigten am 6. November 2018 zugestellten Gerichtsbescheid
eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass
ihr der Termin am 3. Januar 2017 bereits am 29. November 2016 bei ihrer letzten Vorstellung bei ihrem behandelnden Arzt zugeteilt
worden sei. Die Terminvergabe sei aus praxisinternen Gründen so erfolgt und sei ihr daher nicht zuzurechnen. Sie habe darauf
vertrauen dürfen, dass ihr die vom Praxispersonal des behandelnden Arztes veranlasste Terminvergabe in Bezug auf ihren Krankengeldanspruch
nicht schade. Insoweit sei der Sachverhalt mit demjenigen vergleichbar, der der Entscheidung des BSG vom 26. März 2020 (Az.: B 3 KR 10/19 R) zugrunde liege.
Die Klägerin beantragt zuletzt noch,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 29. Oktober 2018 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids
vom 25. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2017 zu verurteilen, ihr auch für den Zeitraum ab
dem 1. Januar 2017 bis einschließlich 21. März 2017 Krankengeld in Höhe von 22,08 Euro brutto täglich zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids und trägt ergänzend vor, die den Urteilen des BSG vom 26. März 2020 (Az.: B 3 KR 9 und 10/19 R) zugrunde liegenden Sachverhalte seien nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar,
da dort die erfolgte Terminverlegung stets am Tag der rechtzeitigen Wiedervorstellung des Versicherten, also kurzfristig erfolgt
sei. Die Klägerin dagegen hätte sich bei Vorliegen tatsächlicher Zweifel noch rechtzeitig vor dem Termin bei ihr erkundigen
können, ob dieser noch rechtzeitig sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2017 ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat im zuletzt noch streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich
21. März 2017 keinen Anspruch gegen die Beklagte auf weitere Zahlung von Krankengeld. Es bedurfte insoweit auch keiner Aufhebung
des Bewilligungsbescheids vom 8. April 2016 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 8. Juni 2016, da die Beklagte mit der
Bewilligung zugleich auch über das - vorläufige - Ende der Krankengeld-Bezugszeit entschieden hat. Dies kommt zum einen in
dem Hinweis, der genaue Abrechnungs- bzw. Bewilligungszeitraum sei dem Kontoauszug des Geldinstituts der Klägerin zu entnehmen,
zum Ausdruck und folgt zum anderen aus der grundsätzlich nur abschnittsweisen Bewilligung von Krankengeld (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - Az.: B 1 KR 37/14 R m.w.N., nach juris). Auch die "rückwirkende" Feststellung der Beendigung der Krankengeldzahlung zum 31. Dezember 2016 begegnet,
insbesondere hinsichtlich eines möglichen Vertrauensschutzes der Klägerin, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da
hierdurch lediglich die gesetzliche Rechtsfolge als Begründung für die Ablehnung der Weitergewährung von Krankengeld mitgeteilt
wurde und zudem kein Vertrauen in die Weitergewährung bestehen kann, da es sich insoweit jeweils um eine neue Entscheidung
der Beklagten nach vorausgegangener Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen handelt. Zudem wurde auch für den Monat Januar
2017 noch gar kein Krankengeld an die Klägerin ausgezahlt.
Nach §
44 Abs.
1 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr.
13 des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG)
vom 16. Juli 2015 (Bundesgesetzblatt I Seite 1211ff.), gültig ab 23. Juli 2015, haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld,
wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge-
oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Ob und in welchem Umfang sie Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich
nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld
vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - Az.: B 1 KR 25/14 R m.w.N., nach juris).
Nach §
46 Satz 1
SGB V in der Fassung des Art 1. Nr. 15 des GKV-VSG, der hier Anwendung findet, entsteht der Anspruch auf Krankengeld (1) bei Krankenhausbehandlung oder
Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§
23 Abs.
4 SGB, §
24 SGB V, §
40 Abs.
2 SGB V und §
41 SGB V) von ihrem Beginn an, (2) im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der AU an, wenn diese ärztliche Feststellung
spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der AU erfolgt (Satz 2); Samstage gelten insoweit nicht
als Werktage. Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter AU begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß
grundsätzlich auf den nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der AU abzustellen. Das Gesetz bietet weder einen
Anhalt für ein Verständnis des §
46 Satz 1 Nr. 2
SGB V als bloße Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch nach §
44 SGB V schon bei Eintritt der AU entsteht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014, a.a.O.). Die durch ihr entgeltliches Beschäftigungsverhältnis nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V begründete Mitgliedschaft der Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten endete nicht zwangsläufig
mit dem Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt endete (§
190 Abs.
2 SGB V), sondern konnte über den 31. Dezember 2016 unter den Voraussetzungen des §
192 SGB V hinaus fortbestehen. Sie wäre nach §
192 Abs.
1 Nrn. 2 und 3
SGB V u.a. erhalten geblieben, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Übergangsgeld gezahlt wird.
Findet keine der in §
46 Satz 1 Nr. 1
SGB V genannten Maßnahmen statt, entsteht der Krankengeldanspruch nach §
46 Satz 1 Nr. 2
SGB V jeweils nur aufgrund ärztlicher Feststellung (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2005 - Az.: B 1 KR 30/04 R, nach juris). Für den Umfang des Versicherungsschutzes ist demgemäß nach der hier maßgeblichen Gesetzesfassung auf den Tag
der ärztlichen Feststellung der AU abzustellen. Es reicht dabei aus, dass Versicherte am nächsten Werktag nach dem zuletzt
bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit, wobei Samstage insoweit nicht als Werktage gelten, die weitere AU ärztlich feststellen
lassen, um an diesem Tag des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld - hier des Versicherungsverhältnisses
aufgrund der aufrecht erhaltenen Mitgliedschaft - alle Voraussetzungen zu erfüllen, damit spätestens an diesem Tag ein weiterer
Krankengeldanspruch entstehen kann. Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung, ist
jeder Bewilligungsabschnitt gesondert zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs ist es deshalb erforderlich,
dass die AU spätestens am ersten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende des vorhergehenden Krankengeldbewilligungsabschnitts
erneut ärztlich festgestellt wird. Dies war hier nicht der Fall. Die Klägerin hat die Arztpraxis Sch erst am Dienstag, den
3. Januar 2017, und damit einen Tag zu spät wieder aufgesucht. Danach lagen mit Ablauf des 31. Dezember 2016 die Voraussetzungen
für die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft wegen des Bezuges von Krankengeld nicht mehr vor.
Daran ändert auch die rückwirkende AU-Feststellung der behandelnden Ärzte der Klägerin nichts. Eine solche rückwirkende Feststellung
ist zwar nach § 6 Abs. 2 der AU-Richtlinien grundsätzlich erlaubt, auch wenn strafrechtlich relevante Bedenken hinsichtlich
des bescheinigten Zeitpunktes der AU-Feststellung am 30. Dezember 2016 bestehen, da die Klägerin an diesem Tag ganz offensichtlich
nicht bei ihren behandelnden Ärzten vorstellig war. Jedoch können durch eine Richtlinie die höherrangigen gesetzlichen Voraussetzungen
des Krankengeldanspruchs, hier insbesondere §
46 Satz 1 Nr. 2
SGB V weder konkretisiert noch modifiziert werden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 2017, a.a.O.).
Ein Krankengeldanspruch hätte danach erst wieder ab dem 3. Januar 2017 entstehen können. Zu diesem Zeitpunkt stand die Klägerin
jedoch nicht mehr in einem Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch, da sie ab dem 1. Januar 2017 bei der Beklagten
ohne Anspruch auf Krankengeld freiwillig krankenversichert war.
Folgen der unterbliebenen oder, wie hier, nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung der AU sind grundsätzlich vom Versicherten
zu tragen. Hiervon hat das BSG in seiner jüngeren Rechtsprechung Ausnahmen anerkannt (vgl. BSG, Urteile vom 11. Mai 2017 - Az.: B 3 KR 22/15 R, sowie vom 26. März 2020 - Az.: B 3 KR 9 und 10/19 R, jeweils nach juris). Danach steht dem Krankengeldanspruch eine erst
verspätet erfolgte ärztliche AU-Feststellung nicht entgegen, wenn
der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, indem er einen zur
Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufgesucht und ihm seine Beschwerden geschildert hat, um
(a) die ärztliche Feststellung der AU als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen, und
(b) dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeldanspruch
erfolgt ist,
2. er an der Wahrung der Krankengeldansprüche durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert
wurde (z.B. eine irrtümlich nicht erstellte AU-Bescheinigung), und
3. er - zusätzlich - seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V, nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht.
Einem "rechtzeitig" erfolgten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt steht dabei gleich, wenn der Versicherte alles in seiner
Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat und rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen
Grenzen versucht hat, eine ärztliche Feststellung der AU als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten, und
es zum persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt aus dem Vertragsarzt und der Krankenkasse zurechenbaren Gründen erst verspätet,
aber nach Wegfall dieser Gründe gekommen ist. Das ist insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen die Gründe für das nicht
rechtzeitige Zustandekommen einer ärztlichen Folge-AU-Feststellung in der Sphäre des Vertragsarztes und nicht in derjenigen
des Versicherten liegen, was typischerweise zu bejahen ist bei einer auf Wunsch des Vertragsarztes bzw. seines von ihm angeleiteten
Praxispersonals erfolgten Verschiebung des vereinbarten rechtzeitigen Arzttermins in der (naheliegenden) Vorstellung, ein
späterer Termin sei für den Versicherten leistungsrechtlich unschädlich, weil nach der AU-Richtlinie (AU-RL) des Gemeinsamen
Bundesausschusses (GBA) auch die begrenzte rückwirkende ärztliche AU-Feststellung statthaft sei. Sind diese Voraussetzungen
erfüllt, ist der Versicherte so zu behandeln, als hätte er von dem aufgesuchten Arzt rechtzeitig die ärztliche Feststellung
der AU erhalten (vgl. BSG, Urteile vom 26. März 2020- Az.: B 3 KR 9 und 10/19 R nach juris).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nach Überzeugung des Senats gerade nicht alles in ihrer Macht Stehende und ihr Zumutbare
getan, um rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen eine ärztliche Feststellung
der AU als Voraussetzung ihres Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten. Mit der Beklagten geht der Senat vielmehr davon aus,
dass die Klägerin, die den Folgetermin vom 3. Januar 2017 nach eigenen Angaben bereits bei der letzten Arztvorstellung am
29. November 2016 - also über einen Monat vor Ablauf der bescheinigten AU-Zeit bis 31. Dezember 2016 - erhalten hatte, genügend
Gelegenheit und Zeit gehabt hätte, sich bei der Beklagten rückzuversichern, ob dieser Termin noch rechtzeitig für den Erhalt
ihres Krankengeldanspruchs ist, um ggf. doch noch einen früheren Folgetermin vereinbaren zu können. Von einer Rücksprache
mit der Beklagten durfte die Klägerin auch nicht etwa deshalb absehen, weil - wie sie vorträgt - ihr vom Praxisteam auf entsprechende
Nachfrage gesagt worden sei, dass der Termin am 3. Januar 2017 ausreiche, da es sich um eine andauernde fortlaufende Krankschreibung
handele. Vielmehr hätte ihr die offenkundige Diskrepanz dieser Aussage zu dem mit Schreiben der Beklagten vom 17. März 2016
erfolgten eindeutigen Hinweis auf die Anforderungen an eine rechtzeitige sowie die Folgen einer verspäteten Verlängerung ihrer
AU auffallen müssen und musste ihr genügend Veranlassung geben, eine Klärung durch Rücksprache bei der Beklagten herbeizuführen.
In dem Schreiben der Beklagten vom März 2016 wird eindeutig darauf hingewiesen, dass die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit
spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitstag erneut festgestellt werden muss und bei
fehlender Lückenlosigkeit neben dem Anspruch auf Krankengeld auch die Mitgliedschaft endet. Sie durfte deshalb nicht von einer
Rückfrage bei der Beklagten absehen, ob die damit in Widerspruch stehende Auskunft des Praxispersonals zutrifft. Dies hat
sie unterlassen, obwohl hierfür ausreichend Zeit gewesen wäre. Dieser Umstand unterscheidet den vorliegenden Fall deutlich
von den den Urteilen des BSG vom 26. März 2020 zu Grunde liegenden Sachverhalten. Im Übrigen ging es in diesen Fällen um ursprünglich rechtzeitige Termine,
die nachträglich verschoben wurden. Auch dem ist hier nicht so.
Die Klägerin hat auch keinen Krankengeldanspruch nach §
19 Abs.
2 Satz 1
SGB V. Sie war ab dem 1. Januar 2014 nach §
188 Abs.
4 i. V. m. §
9 SGB V ohne Krankengeldanspruch freiwillig bei der Beklagten krankenversichert. Dieser neue Status ist gegenüber der Auffangregelung
des §
19 Abs.
2 Satz 1
SGB V vorrangig und schließt in Bezug auf das Krankengeld weitere Ansprüche aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.