Kostenerstattung selbst beschaffter Leistungen durch die gesetzliche Krankenversicherung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Kosten für die Entnahme und die Lagerung von Blutstammzellen durch
Kryokonservierung in Höhe von 2.000 Euro zu übernehmen hat.
Bei dem 1965 geborenen und bei der Beklagten versicherten Kläger wurde im Jahr 2001 die Diagnose eines Non-Hodgkin-Lymphons
(NHL) gestellt. Unter diesem Begriff werden alle bösartigen Erkrankungen des lymphatischen Systems (maligne Lymphome), die
kein Morbus Hodgkin sind, zusammengefasst.
Im Oktober 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine Stammzellentnahme. Sein behandelnder
Arzt Dr. R. habe ihm wegen der hohen Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls eine Stammzellentnahme angeraten. Die Kosten beliefen
sich auf ca. 2.000,00 Euro. Eine telefonische Rückfrage bei der Onkologisch-Internistischen Schwerpunktpraxis J. Praxisklinik
(im Folgenden: Praxisklinik) ergab, dass die Stammzellentnahme ambulant in einem Institut für Transfusion erfolgen sollte.
Dr. R. teilte mit, er habe den Kläger darüber aufgeklärt, dass es sich hierbei nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung
(im Folgenden: GKV) handele. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2002 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Im Widerspruchsverfahren
holte sie eine Stellungnahme des Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Thüringen e.V. vom 6. März
2003 ein, wonach die Stammzellentnahme weiterhin keine Leistung der GKV ist. Prinzipiell sei die Behandlung des Non-Hodgkin-Lymphons
mit vertragsärztlichen Maßnahmen (Chemotherapie) möglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2003 wies sie den Widerspruch
zurück.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht u.a. Befundberichte der Praxisklinik Dr. R. vom 24. August 2004, 26. April 2005 und
24. Januar 2006 eingeholt. Danach liegt bei dem Kläger ein zentrozytisch-zentroblastisches malignes Lymphom (follikuläres
Lymphom, ICD: C82.9) im Stadium III vor. Im März 2001 begann die Chemotherapie nach dem CHOEP-Protokoll. Im Juni 2001 war
eine komplette Remission eingetreten. Da maligne Lymphome zu Rückfällen neigten, müsse abgewartet werden, ob es sich tatsächlich
um eine vollständige Heilung handele. Die prophylaktische Absammlung und Kryokonservierung von Blutstammzellen diene dem besten
medizinischen Support, ähnlich einer Eigenblutspende. Mit den Stammzellen könne im Falle einer nochmaligen zytoreduktiven
Chemotherapie das Knochenmark wieder vollständig aufgebaut werden, sodass der Patient eine realistische Chance für eine erneute
Langzeitremission erhalte. Die Stammzellentnahme werde ambulant durchgeführt; die gereinigten Stammzellen würden computergesteuert
tiefkühlkonserviert und in flüssigem Stickstoff bei -174 Grad gelagert. Die Zellen seien dann unbegrenzt haltbar und könnten
im Bedarfsfall aufgetaut und retransfundiert werden. Optimaler Zeitpunkt für eine Stammzellentnahme sei die klinische und
histologische Tumorfreiheit, sodass unliebsame Tumorzellkontaminationen des Stammzellapheresates nicht vorhanden seien. Nach
dem Bericht vom 26. April 2005 ist bis dahin kein Rückfall eingetreten. Bei einem Rückfall müsse eine ultrastarke Therapie
erfolgen, die auch eine Stammzellrückgabe bei einer sich entwickelnden Knochenmarkschwäche beinhalten würde. Nach dem Bericht
vom 27. September 2005 erfolgt derzeit eine erneute Chemo-/Immuntherapie mit dem Antikörper Mabtherba und dem Zytostatikum
Bendamustin. Nach dem Bericht vom 24. Januar 2006 wird keine Hochdosischemotherapie durchgeführt. Bei einem erneuten Rückfall,
dessen Wahrscheinlichkeit relativ hoch ist, sei eine intensivierte Chemotherapie z. B. mit Dexabeam, welche einer Hochdosistherapie
entspreche, geplant. Der Kläger hat eine Rechnung des Thüringer Instituts für Blutzellanalyse und -therapie GmbH (IBAT GmbH),
deren Geschäftsführer Dr. R. ist, über 2.000,00 Euro für die am 6. September 2005 erfolgte Stammzellentnahme sowie das Einfrieren
und die Lagerung (erstes Jahr) vorgelegt.
Mit Urteil vom 31. Januar 2006 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Oktober 2002 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2003 verurteilt die Kosten für die Stammzellentnahme in Höhe von 2.000,00
Euro zu übernehmen. Zur Begründung hat dieses u.a. ausgeführt, der Kläger leide unter einer behandlungsbedürftigen lebensbedrohlichen
Erkrankung. Zu der Behandlung gehöre die Stammzellentnahme, weil sie aufgrund des Rezidivs des Non-Hodgkin-Lymphons eindeutigen
Krankheitsbezug habe. Es handele sich nicht mehr um eine vorbeugende Maßnahme, weil bei einem Rückfall eine harte Therapie
erfolgen müsse, die auch eine Stammzellrückgabe bei einer sich entwickelnden Knochenmarkschwäche beinhalten würde. Nach dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 - Az.: 1 BvR 347/98 bedürfe es im Falle einer lebensbedrohlichen Erkrankung keiner Entscheidung darüber, ob es sich bei der Stammzellentnahme
um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne des §
135 Abs.
1 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) handle.
Im Berufungsverfahren trägt die Beklagte vor, selbst dem behandelnden Arzt Dr. R. sei bekannt, dass beispielsweise Eigenblut-
beziehungsweise Eigenplasmakonserven zwar als Kassenleistung nach Nr. 285 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche
Leistungen (EBM-Ä) abrechnungsfähig seien, jedoch nur vor konkreten operativen Eingriffen. Dies liege bei der streitgegenständlichen
Stammzellentnahme aber nicht vor, weil hier im Vordergrund die Einfrierung (Kryokonservierung) und Lagerung der autologen
Spende stehe und den eigentlichen finanziellen Aspekt dieser Leistung darstelle, sodass eine Privatliquidation erfolgen müsse.
Dr. R. habe die Leistung nicht selber abgerechnet, sondern über die IBAT GmbH privat liquidiert. Auch zum Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung habe dieser keinen konkreten Handlungsbedarf mit den vom Kläger entnommenen Stammzellen gesehen, sodass
die Leistung letztlich rein vorsorglich erbracht worden sei. Nach den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. März 2005 - Az.: B 1 KR 11/03 und 9. Dezember 2004 - Az.: B 1 KR 95/03 B stelle das Einfrieren auf unbestimmte Zeit keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dar; dies gelte ebenso für
die Konservierung und Lagerung vorsorglich gewonnener Zellen. Bei einer allogenen (=Fremd) Transplantation sei eine Einfrierung
und Lagerung nicht notwendig, weil Spende und Transplantation aufeinander abgestimmt verliefen. Spender würden z.B. von der
Deutschen Knochenmarkspenderdatei erfasst. Zudem fehle es an einer weiteren vom Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss
vom 6. Dezember 2005 - Az.: 1 BvR 347/98 genannten Voraussetzung, dass es neben der begehrten Leistung keine schulmedizinische Behandlungsmethode gebe. Dies sei hier
gerade nicht der Fall, weil im Falle eines Rezidivs mit Chemotherapie und der dann gegebenenfalls vorliegenden Notwendigkeit
einer Stammzellen-Transplantation dies in einer Krankenhausbehandlung unter Nutzung einer "frischen" Stammzellenspende eines
Dritten (= allogene Stammzelltherapie) erfolgen könne. Daneben bestehende Behandlungsmethoden blieben damit reine Privatleistungen,
zumal im Zeitpunkt der Kryokonservierung nicht absehbar gewesen sei, ob und wann überhaupt eine autologe Stammzellentransplantation
erfolgen soll.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 31. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, die Urteile des BSG seien nicht geeignet, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Im vorliegenden Fall handele es sich um die
Entnahme von körpereigenen Stammzellen, welche notwendig gewesen sei, um eine Knochenmarkschwäche abzuwenden und mit ihr,
die daraus entstehenden Komplikationen, wie eine Infektion, Blutungen oder Blutarmut mit lebensbedrohlichen Folgen. Seit August
2008 sei er erneut am Non-Hodgkin-Lymphom erkrankt und unterziehe sich seither einer harten Chemotherapie. Eine Stammzellenrückgabe
bei einer sich entwickelnden Knochenmarkschwäche sei nicht auszuschließen. Für die Lagerung der entnommenen Stammzellen seien
ihm in den Jahren 2006 bis 2010 Kosten in Höhe von 920,23 Euro entstanden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen,
der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, weil dieser mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde
(§
110 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG)).
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte zur Kostenerstattung in
Höhe von 2.000,00 Euro verurteilt. Der Kläger kann keine Kostenerstattung für die Stammzellentnahme und Kryokonservierung
verlangen.
Nach §
13 Abs.
3 SGB V (hier anzuwenden in der seit 1. Juli 2001 geltenden Fassung des Art 5 Nr. 7 b Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001, BGBl I 1046) sind dem Versicherten Kosten zu erstatten,
die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (Alternative 1)
oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alternative 2) und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft.
Die Beklagte hat die Kostenübernahme für die Stammzellentnahme und die Kryokonservierung mit Bescheid vom 24. Oktober 2002
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2003 nicht zu Unrecht abgelehnt.
Wie sich aus §
13 Abs.
1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb
nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen
als Sachleistung zu erbringen sind. Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§
2 Abs.
2 SGB V) trägt §
13 Abs.
3 SGB V dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen
müssen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, §
27 Abs.
1 Satz 1, §
70 Abs.
1 Satz 1
SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. §
76 Abs.
1 Satz 2
SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben. Wortlaut und Zweck der Vorschrift lassen die Abweichung
vom Sachleistungsprinzip nur in dem Umfang zu, in dem sie durch das Systemversagen verursacht ist (vgl. Bundessozialgericht
(BSG) in SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 10, 11 m.w.N). Die Bestimmung erfasst hier nur Kosten, die dem Versicherten bei regulärer Leistungserbringung nicht
entstanden wären. Andere Kosten, etwa die Verpflichtung gegenüber einem anderen als den krankenversicherungsrechtlich zulässigen
Leistungserbringern oder Zahlungen, die einem Leistungserbringer ohne Rechtsgrund zugewendet werden, lösen keinen Kostenerstattungsanspruch
aus, weil sonst die krankenversicherungsrechtliche Bindung an die zulässigen Formen der Leistungserbringung durch den Anspruch
auf Kostenerstattung ohne weiteres durchbrochen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 2007 - Az.: B 1 KR 14/07, m.w.N., nach juris).
Die begehrte und erbrachte Behandlung durch Dr. R. konnte der Kläger nicht als Dienst- und Sachleistung in Anspruch nehmen
(dazu a). Zudem fehlt es an der Voraussetzung des Entstehens von erstattungsfähigen Kosten, die für beide Alternativen des
§
13 Abs.
3 SGB V gilt (dazu b). Insoweit konnte es der Senat offen lassen, ob die Voraussetzungen nach §
13 Abs.
3 Satz 1 Fall 2
SGB V erfüllt sind.
a) Der Antrag des Klägers war sinngemäß ausschließlich darauf gerichtet, die Beklagte solle die Kosten einer Stammzellentnahme
durch Dr. R. übernehmen. Der Kostenübernahmeantrag war auf den Betrag von 2.000,00 Euro, der später auch durch Dr. R. als
Geschäftsführer der I. GmbH in Rechnung gestellt worden ist, gerichtet. Der Kläger hat ihn damit begründet, dass Dr. R. ihm
zu einer Stammzellentnahme geraten habe. Eine vertragsärztliche Behandlung durch einen zugelassenen Leistungserbringer - die
Praxisklinik - war durch Dr. R. aber offenkundig nicht beabsichtigt. Eine telefonische Rückfrage der Beklagten am 11. Oktober
2002 unter der angegebenen Rufnummer der Praxisklinik J. ergab, dass eine Stammzellentnahme nicht dort, sondern in einem Institut
ambulant erfolgen sollte. Gegenüber der Beklagten erklärte Dr. R. am 10. März 2003 telefonisch, er habe den Kläger darüber
aufgeklärt hat, dass es sich bei der Stammzellentnahme nicht um eine Leistung der GKV handelt, und diesen über die entstehenden
Kosten informiert.
Durch die von dem Kläger in Anspruch genommene Leistung des Dr. R. als Geschäftsführer der I. GmbH, hat er einen Leistungsträger
in Anspruch genommen, der nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. In §
108 Abs.
1 SGB V beziehungsweise §
76 Abs.
1 Satz 1
SGB V ist ausdrücklich klargestellt (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteile vom 25. September 2000 - Az.: B 1 KR 5/99 R, vom 2. November 2007 - Az.: B 1 KR 14/07 R m.w.N., nach juris), dass grundsätzlich nur zugelassene Leistungserbringer in Anspruch genommen werden können. Andere Leistungserbringer
können nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. In einem solchen Fall ist jedoch ein Kostenerstattungsanspruch des Versicherten
ausgeschlossen, weil der Leistungserbringer seine Vergütung nicht vom Versicherten, sondern nur von der Kassenärztlichen Vereinigung
oder - bei stationärer Notfallbehandlung - allein von der Krankenkasse verlangen kann (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - Az.: B 1 KR 114/06 B m.w.N., nach juris).
Es kann hier letztendlich dahinstehen, ob der Kläger über diese Risiken - Inanspruchnahme einer Leistung von einem nicht zugelassenen
Leistungserbringer - vollständig aufgeklärt wurde und damit eine wirksame Honorarvereinbarung mit der IBAT GmbH geschlossen
hat (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 2007, aaO.).
b) Ein Vergütungsanspruch der IBAT GmbH, vertreten durch Dr. R., gegen den Kläger ist nicht entstanden, weil es an einer ordnungsgemäßen
Abrechnung fehlt.
Die I. GmbH hat dem Kläger für die Behandlung am 6. September 2005 (Voruntersuchung, Aufklärungsgespräch und Therapieplanung,
Blutuntersuchungen vor und nach Apherese, Stammzellentnahme, FACS-Analysen aus dem Blut und dem Stammzellkonzentrat, Zellpräparation
zur Tieftemperaturkonservierung im Reinraum, Qualitätskontrollen, Einfrieren und Lagerung von 4 Stammzellkonserven in Flüssigstickstoff
(1. Jahr)) nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ, neugefasst durch Bekanntmachung vom 9. Februar 1996, BGBl. I 210; zuletzt geändert durch Art 17 Gesetz vom 4. Dezember 2001,
BGBl. I 3320) pauschal 2.000,00 Euro in Rechnung gestellt. Bei der ärztlichen Gebührenordnung handelt es sich um ein für alle
Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich, verletzt insbesondere weder die Kompetenzordnung
des
Grundgesetzes noch die Berufsfreiheit der Ärzte (BSG, Urteil vom 27. März 2007 - Az.: B 1 KR 25/06 R m.w.N., nach juris). Vorbehaltlich eines anders lautenden Bundesgesetzes verpflichtet § 1 Abs. 1 GOÄ alle Ärzte, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die ärztlichen Leistungen sind in einem Gebührenverzeichnis erfasst (vgl. § 4 Abs. 1 GOÄ) und innerhalb des durch § 5 GOÄ festgelegten Gebührenrahmens zu bewerten. Selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen
sind, können nach § 6 Abs. 2 GOÄ entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden.
Erst mit der Erteilung einer den Vorschriften der Verordnung entsprechenden Rechnung wird die Vergütung fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ). Vorher trifft den Patienten keine Zahlungsverpflichtung. Nach § 10 Abs. 1 GOÄ können neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren als Auslagen nur die dort unter Nr. 1 - 4
aufgeführten Positionen berechnet werden. Die Berechnung von Pauschalen ist nicht zulässig. Nach § 2 Abs. 1 GOÄ kann durch Vereinbarung eine durch diese Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden (Satz 1). Die Vereinbarung
einer abweichenden Punktzahl (§ 5 Abs. 1 Satz 2 GOÄ) oder eines abweichenden Punktwerts (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GOÄ) ist nicht zulässig (Satz 3). Nach § 2 Abs. 2 GOÄ ist eine Vereinbarung nach Abs 1 Satz 1 nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Arztes
in einem Schriftstück zu treffen. Dieses muss neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem Steigerungssatz und dem
vereinbarten Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise
nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Arzt hat dem Zahlungspflichtigen
einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen.
Die von der I. GmbH ausgestellte Rechnung nennt keine im Gebührenverzeichnis aufgeführte Leistung und enthält auch keine Analogbewertung
nach § 6 Abs. 2 GOÄ. Sie enthält auch keine Position zum Ersatz von Auslagen, sondern benennt lediglich einen umfassenden Pauschalpreis. Es ist
aber gerade unzulässig, anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis
der GOÄ in Rechnung zu stellen und den Auslagenersatz zu pauschalieren. Trotzdem - ohne positive Kenntnis dieser Rechtslage - geleistete
Zahlungen kann der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt hat
(vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007, aaO., m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.