Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Vergütung von fünf logopädischen Behandlungen.
Die Klägerin ist zugelassene Heilmittelerbringerin für logopädische Leistungen. Aufgrund vertragsärztlicher Verordnungen behandelte
sie fünf Versicherte der Beklagten. Die jeweils geltend gemachte Vergütung wurde um den Betrag für die Erstbefundung gekürzt.
Insoweit hat sie am 17. März 2008 Klage erhoben mit der Begründung, dass in allen Fällen von dem Vertragsarzt eine Erstverordnung
mit einem anderen Indikationsschlüssel zu einer anderen Diagnosegruppe und folglich einer anderen Erkrankung ausgestellt worden
sei. Die Behandlung dieser anderen Erkrankung erfordere einen anderen Behandlungsplan, andere Testverfahren bzw. andere Screenings
und folglich andere Therapieinhalte. Dies beinhalte zwangsläufig eine Erstbefundung. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
sei der Vertragsarzt als Schlüsselfigur bei der Heil-, Hilfs- und Arzneimittelversorgung anzusehen. Die Beklagte hat die Ansicht
vertreten, dass ein Anspruch auf erneute Abrechnung der Positionsnummer X 3010 für eine Erstbefundung nicht bestanden habe.
Nach §
11 Abs.
2 des Vertrages gemäß §
125 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) über die Versorgung mit stimmt, sprech- und sprachtherapeutischen Leistungen i.V.m der Vergütungsvereinbarung i.V.m. der
Preisliste sei diese Position nur bei Behandlungsbeginn im Rahmen der ersten Verordnung einmal zusätzlich ohne gesonderte
Verordnung abrechenbar. Den jeweils vorgelegten ärztlichen Verordnungen habe kein neuer Behandlungsfall zugrunde gelegen.
Der Zusammenhang werde dadurch bestätigt, dass es sich bei der Behandlung der einzelnen Versicherten jeweils um dieselbe Grunderkrankung
gehandelt habe. Allein der ggf. erforderliche Wechsel des Indikationsschlüssels bzw. der Diagnosegruppe führe bei gleichbleibender
Grunderkrankung nicht zu einem Diagnosewechsel.
Mit Urteil vom 30. März 2011 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass kein weiterer Anspruch auf Vergütung in Höhe von
insgesamt 204,08 EUR auf der Grundlage des §
11 Abs.
2 des Vertrages gemäß §
125 SGB V über die Versorgung mit stimm-, sprech- und sprachtherapeutischen Leistungen i.V.m. der Vergütungsvereinbarung und der Preisliste
von 1. September 2004 bestehe. Eine Erstbefun entsprechend der Positionsnummer X 3010, welche für den Zeitraum bis 31. März
2008 mit 40,04 EUR vergütet worden sei, sei nur bei Behandlungsbeginn im Rahmen der ersten Verordnung einmal zusätzlich ohne
gesonderte ärztliche Verordnung abrechenbar und vom Versicherten auf der Rückseite der Verordnung als Erstuntersuchung zu
bestätigen. Folgeverordnungen würden regelmäßig keine Abrechnungsbefugnis für eine Erstbefundung geben. Dies gelte auch dann,
wenn sich im Rahmen der Behandlung der Erkrankung die Leitsympthomatik ändere und unterschiedliche Heilmittel zur Anwendung
gelangten. Ein neuer Regelfall, der zur erneuten Abrechnung einer Erstbefundung ermächtige, könne vorliegen, wenn eine rezidive
oder eine neue Erkrankungsphase vorliege und nach einer Heilmittelanwendung ein behandlungsfreies Intervall von zwölf Wochen
abgelaufen sei. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das SG unter Auswertung der vorliegenden ärztlichen Verordnungen jeweils festgestellt, dass eine neue Behandlung mit den jeweiligen
Verordnungen nicht begonnen habe. Behandelt worden sei in allen Fällen dieselbe Grunderkrankung.
Am 4. Mai 2011 hat die Klägerin Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Die Rechtssache habe grundsätzliche
Bedeutung. Klärungsbedürftig sei, wie die Heilmittelrichtlinien hinsichtlich der Verordnung einer Erstbefundung bezogen auf
die Verordnung von Therapien innerhalb eines neuen Regelfalles auszulegen seien. Insbesondere sei die Frage zu klären, ob
die Beklagte befugt sei, von der von dem behandelnden Arzt ausgestellten Verordnung und dem damit geschlossenen Vertrag zwischen
dem Heilmittelerbringer und der Beklagten abzuweichen und die Erstattung der aufgrund der erbrachten Leistungen entstandenen
Kosten teilweise oder ganz zu verweigern, wenn die Verordnung den Heilmittelrichtlinien entspreche. Diese Frage sei über den
Einzelfall hinaus klärungsbedürftig. Zudem weiche das Urteil des SG von den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 17. April 1996 - Az: 3 RK 19/95 und vom 27. Oktober 2009 - Az: B 1 KR 4/09 R ab. Eine entsprechende Würdigung dieser Entscheidungen sei im Urteil des SG nicht erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 30. März 2011 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von §
144 Abs.
2 Nr.
1 des Sozialgerichtsgesetztes (
SGG). Auch der Zulassungsgrund des §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG liege nicht vor. Es sei bereits fraglich, ob im Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 30. März 2011 überhaupt ein abstrakter
Rechtssatz zu finden sei. Unabhängig davon genüge für ein Abweichen nicht, dass die Entscheidung fehlerhaft oder unrichtig
sei. Eine Abweichung liege nur vor, wenn das SG den vom BSG aufgestellten Rechtsätzen widersprochen und eigene Rechtssätze an deren Stelle gesetzt habe. Ob der Rechtsstreit richtig
entschieden worden sei oder nicht, sei im Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Beschwerdeakte sowie
der beigezogenen Prozessakte des Sozialgerichts Gotha (Az.: S 41 KR 1355/08) und der Patientenakten der Versicherten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
Nach §
145 Abs.
1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) kann die Nichtzulassung der Berufung durch das SG durch Beschwerde angefochten werden. Nach §
144 Abs.
1 SGG in der ab dem 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf
Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-,
Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Die Berufung
bedurfte der Zulassung durch das SG, weil die Klägerin eine weitere Vergütung in Höhe von 204,08 Euro begehrt.
Die Berufung war auch nicht nach §
144 Abs.
2 SGG auf die Beschwerde hin zuzulassen. Dies kommt nur in Betracht, wenn die Rechtssache grundsätzlich Bedeutung hat (§
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der Obersten
Gerichtshöfe des Bundes- oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem
die Entscheidung beruhen kann (§
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG).
Einen Zulassungsgrund in diesem Sinne hat die Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
Die Sache hat vorliegend entgegen der Ansicht der Klägerin keine grundsätzliche Bedeutung. Der Begriff der grundsätzlichen
Bedeutung ist wie in §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG auszulegen. Demnach hat eine Rechtssache über den Einzelfall hinaus nur dann eine grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine
Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich
(Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Berufungsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl. BSG, Beschluss vom 3. April 2008 - Az.: B 11b AS 15/07 B, zitiert nach Juris). Ein Individualinteresse genügt nicht. Maßgebend ist nicht die richtige Einzelfallentscheidung, sie
ist nur eine Folge der Klärung der grundsätzlichen Rechtsfrage (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Februar 2001 - Az.: L 6 KN 220/99 KR NZB).
Ausgehend hiervon lässt sich dem Beschwerdevorbringen bereits keine Rechtsfrage entnehmen, die in einem Berufungsverfahren
klärungsbedürftig und klärungsfähig wäre. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. September 2011 - Az: B 1 KR 23/10 R = BSGE 109,116-122 ist Rechtsgrundlage für den öffentlich - rechtlichen Vergütungsanspruch eines Heilmittelerbringers §
125 Abs.
2 Satz 1
SGB V i.V.m. dem jeweiligen Rahmenvertrag einschließlich der geltenden Preisliste. In dieser Entscheidung hat sich das BSG anknüpfend an frühere Entscheidungen mit den Anspruchsvoraussetzungen für die Vergütung gelisteter Heilmittel befasst, soweit
dies allgemein klärungsfähig ist. Die grundsätzlichen Rechtsfragen sind daher geklärt. Ob eine entsprechende vertragsärztliche
Verordnung vorliegt und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist dagegen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles
zu beurteilen und weder grundsätzlich klärungsfähig noch klärungsbedürftig. Insbesondere ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig,
wie die Heilmittelrichtlinien hinsichtlich der Verordnung einer Erstbefundung bezogen auf die Verordnung von Therapien innerhalb
eines neuen Regelfalles auszulegen sind. Wann eine Erstbefundung im Sinne der Anlage zum Vertrag gemäß §
125 SGB V vorliegt, ist unter der Positionsnummer X 3010 geregelt. Danach ist diese Position nur bei Behandlungsbeginn im Rahmen der
ersten Verordnung einmal zusätzlich ohne gesonderte ärztliche Verordnung abrechenbar und vom Versicherten auf der Rückseite
der Verordnung als Erstuntersuchung zu bestätigen. Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang die Ziffer 11.2.1 der Richtlinie
des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittelrichtlinien)
in der Fassung vom 16. März 2004, zuletzt geändert am 21. Dezember 2004 in den Blick zu nehmen. Danach gilt nach einer Erstverordnung
jede Verordnung zur Behandlung derselben Erkrankung als Folgeverordnung. Dies gilt auch, wenn sich unter der Behandlung die
Leitsymptomatik ändert und unterschiedliche Heilmittel zum Einsatz kommen. Wann in diesem Sinne bei den jeweiligen Versicherten
vom Beginn einer neuen Behandlung und damit der Notwendigkeit einer erneuten Erstbefundung auszugehen ist oder nicht, ist
im jeweiligen Einzelfall unter Auswertung der ärztlichen Verordnung und insbesondere der dort verwandten Indikationsschlüssel
zu bestimmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt sich auch nicht die Frage, ob die Beklagte befugt ist, abweichend
von der ausgestellten vertragsärztlichen Verordnung die Erstattung der daraufhin erbrachten Leistungen teilweise oder ganz
zu verweigern, wenn die Verordnung den Heilmittelrichtlinien entspricht. Denn das SG hat unter Auswertung der ärztlichen Verordnungen für jeden Versicherten festgestellt, dass kein neuer Behandlungsfall gegeben
war.
Weiter macht die Klägerin den Zulassungsgrund der Abweichung geltend. Eine Abweichung (Divergenz) im Sinne von §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zu
Grunde gelegt worden sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das Urteil des SG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG oder das Thüringer Landessozialgericht - das Berufungsgericht - aufgestellt haben, sondern erst, wenn das SG diesen Kriterien widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat (vgl. BSG, Beschluss vom 8. Dezember 2008 - Az.: B 12 R 37/07 B zu §
160 Abs.
2 SGG). Das SG weicht nur dann von einer Entscheidung ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der der zum selben Gegenstand
gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BSG oder des Thüringer Landessozialgerichts entgegen steht und dem erstinstanzlichen Urteil tragend zu Grunde liegt. Die Beschwerdebegründung
muss deshalb erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in dem vorgenannten Urteil des BSG oder des Berufungsgerichts enthalten ist und welcher im Urteil des SG enthaltende Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Nicht ausreichend ist ein Rechtsirrtum im Einzelfall (vgl. BSG, Beschluss vom 27. Januar 1999 - Az.: B 4 RA 131/98 B, nach juris).
Die Klägerin rügt eine Abweichung von den Urteilen vom 17. April 1996 - Az: 3 RK 19/95 und vom 27. Oktober 2009 - Az: B 1 KR 4/09 R. Sie nimmt insoweit Bezug auf ihre Ausführungen in der Klageschrift vom 10. März 2008. Dort wird am Ende ausgeführt, dass
nach dem Urteil vom 17. April 1996 - Az: 3 RK 19/95 der Vertragsarzt als Schlüsselfigur der Heil-, Hilfs- und Arzneimittelversorgung bezeichnet werden kann. Es ist weder vorgetragen
noch für den Senat ersichtlich, dass es sich hierbei um einen abstrakten Rechtssatz handelt, der dem Urteil des BSG tragend zu Grunde liegt und von dem das SG tragend abgewichen ist. Vielmehr hat das SG ausgehend von der ärztlichen Verordnung und den dort angegebenen Indikationsschlüssel jeweils im Einzelfall für jeden Versicherten
ermittelt, ob eine Behandlung mit der Notwendigkeit einer erneuten Erstbefundung begonnen hat oder nicht.
Auch eine Abweichung von dem Urteil vom 27. Oktober 2009 - Az: B 1 KR 4/09 R ist nicht ersichtlich. Diese Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit Heilmittelerbringer in Ausprägung des
Wirtschaftlichkeitsgebots verpflichtet sind, ärztliche Verordnungen aus ihrer professionellen Sicht auf Mängel hin zu überprüfen.
Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das SG einen Rechtssatz aufgestellt hat, der im Widerspruch zu dieser Entscheidung steht.
Ein Verfahrensmangel im Sinne von §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG lässt sich dem Vorbringen der Klägerin ebenfalls nicht entnehmen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§ 43 Abs. 2, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).