Tatbestand:
I. Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der der Klägerin durch die Beklagte zu erstattenden Kosten anwaltlicher Vertretung
im Widerspruchsverfahren streitig.
Die 1928 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin stellte im November 2005 erstmals einen Antrag auf Gewährung
von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Nach Einholung eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen
e.V. (MDK) vom Dezember 2005 (Grundpflegebedarf 11 Minuten täglich) lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 3. Januar
2006 ab.
Im Laufe des anschließenden Widerspruchsverfahrens zeigte der Bevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten am 3. April
2006 seine Bevollmächtigung an und beantragte Akteneinsicht. Diese übersandte ihm daraufhin das MDK-Gutachten vom Dezember
2005. Im Mai 2006 wurde die Klägerin erneut durch den MDK begutachtet, welcher nunmehr einen Grundpflegebedarf von 26 Minuten
täglich feststellte. Nach Übersendung dieses Gutachtens setzte sich der Bevollmächtigte der Klägerin mit beiden MDK-Gutachten
im Schriftsatz vom 29. Mai 2006 in über sieben Seiten auseinander und legte ein Privatgutachten der S. GmbH - Senioren- und
Behinderten-Informationsservice vom 28. März 2006 vor, wonach sich ein Grundpflegebedarf von 84 Minuten ergibt. Am 8. August
2006 wurde die Klägerin nochmals durch den MDK begutachtet. Er stellt nunmehr einen Grundpflegebedarf von 48 Minuten fest
und empfahl die Gewährung von Leistungen nach der Pflegestufe I ab Juni 2006. Daraufhin erteilte die Beklagte der Klägerin
am 22. August 2006 einen Teilabhilfebescheid über die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I ab 24. Juni 2006. Das Teilanerkenntnis
nahm ihr Bevollmächtigter mit Schriftsatz vom 6. September 2006 unter Erledigungserklärung im Übrigen an und übersandte gleichzeitig
seine Kostennote über insgesamt 1.229,60 EUR, wonach sich die Gebühren wie folgt zusammensetzten:
Geschäftsgebühr Nr. 2500 VV
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520,00 EUR
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Erledigungsgebühr Nr. 1005 VV, 1002 VV
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520,00 EUR
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Auslagenpauschale Nr. 7002 VV
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20,00 EUR
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16% Umsatzsteuer Nr. 7008 VV
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169,60 EUR
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Gesamtbetrag
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1.229,60 EUR
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Mit Schreiben vom 5. Oktober 2006 teilte die Beklagte mit, sie erstatte die notwendigen Aufwendungen zu 1/3. Zeitgleich wies
sie 143,07 EUR an.
Mit seinem Widerspruch vom 25. Oktober 2006 wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin gegen die Bestimmung einer Verteilungsquote.
Die Beklagte wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2007 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass
eine Geschäftsgebühr in Höhe von ¼ über der Mittelgebühr, mithin 350 EUR, gerechtfertigt sei. Die Quotelung ergebe sich aus
dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Klägerin.
Hiergegen hat sich die am 16. Mai 2007 vor dem Sozialgericht Gotha (SG) erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin die Erstattung weiterer 1.086,53 EUR begehrt und zur Begründung im Wesentlichen
die Auffassung geäußert hat, der Ansatz der Höchstgebühr sei gerechtfertigt, da die Sache überdurchschnittliche Bedeutung
für sie habe. Darüber hinaus seien drei medizinische Gutachten zu untersuchen und zu analysieren gewesen. Schließlich sei
auch die Erledigungsgebühr angefallen, weil es sich um eine Erledigung durch Teilanerkenntnis gehandelt habe. Eine Kostenquotelung
sei nicht vorzunehmen. Angesichts ihres Verzichts auf die Leistung für die Zeit von November 2005 bis Mai 2006 und der Dauerbewilligung
bis zu ihrem Lebensende sei eine Kostenquotelung unzulässig.
Nachdem die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hatten, hat das SG die Beklagte mit Urteil vom 28. Februar 2008 unter Abänderung des Bescheids vom 5. Oktober 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 19. April 2007 verurteilt, der Klägerin weitere Kosten in Höhe von 608,61 EUR zu erstatten, im Übrigen die Klage abgewiesen
und der Beklagten 6/10 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, im vorliegenden
Falle sei der Ansatz einer erhöhten Mittelgebühr sachgerecht. Anhaltspunkte für eine überdurchschnittliche, insbesondere wirtschaftliche
Bedeutung für die Klägerin seien nicht ersichtlich. Die begehrten Leistungen nach der Pflegestufe I stellten nicht die alleinige
Lebensgrundlage der Klägerin dar. Dagegen rechtfertige die umfangreiche anwaltliche Tätigkeit den Ansatz der erhöhten Mittelgebühr.
Auch seien die Voraussetzungen der Nr. 1005 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) erfüllt, denn die Rechtssache habe sich durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Der Gebührentatbestand verlange im Widerspruchsverfahren
regelmäßig eine Tätigkeit des Rechtsanwalts, die über die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehe. Vorliegend
habe der Bevollmächtigte der Klägerin den bereits eingelegten Widerspruch unter Berücksichtigung der Ergebnisse eines eingeholten
Privatgutachtens und unter Auswertung der MDK-Gutachten begründet. Dies sei mit Schriftsatz vom 29. Mai 2006 erfolgt und habe
im Ergebnis zu einer erneuten Begutachtung der Klägerin durch den MDK geführt, welcher nunmehr die Empfehlung für die Gewährung
von Leistungen der Pflegestufe I ab Juni 2006 ausgesprochen habe. Damit sei eine einvernehmlichen Beilegung des Streites und
insbesondere ein darauf gerichtetes anwaltliches Tätigwerden gegeben, welches darin bestehe, den Streit im Verwaltungsverfahren
entweder durch gegenseitiges Nachgeben oder durch Annahme eines Teilanerkenntnisses beizulegen, ohne ein weiteres gerichtliches
Verfahren einzuleiten. Nicht zu beanstanden sei des Weiteren die grundsätzliche Quotelung der Kosten. § 63 Abs. l Satz l des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) stelle hinsichtlich der Kostengrundentscheidung der Behörde darauf ab, inwieweit der Widerspruch erfolgreich gewesen sei.
Habe der Widerspruchsführer nur zum Teil obsiegt, sei eine angemessene teilweise Erstattung der Kosten (Kostenquotelung) angezeigt.
Die Kammer halte es allerdings für sachgerecht, die Kosten im Verhältnis 1/10 zu 9/10 zu teilen, da die Klägerin im Widerspruchsverfahren
für acht Monate unterlegen sei, hingegen eine Dauerbewilligung von Leistungen der Pflegestufe I ab Juni 2006 erlangt habe.
Damit ergebe sich folgende Kostenerstattung:
Geschäftsgebühr Nr. 2500 VV RVG
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350,00 EUR
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Erledigungsgebühr Nr. 1005 VV RVG
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350,00 EUR
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Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG
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20,00 EUR
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16 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG
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115,20 EUR
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Gesamtbetrag
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835,20 EUR
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davon 9/10
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751,68 EUR
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Da die Beklagte bereits 143,07 EUR erstattet habe, verbleibe ein Restvergütungsanspruch in Höhe von 608,61 EUR.
Gegen das ihr am 11. März 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11. April 2008 Berufung eingelegt und zur Begründung
vorgetragen, die Quotenbildung bei einer zeitlichen Verschiebung des Beginns einer Dauerleistung hänge davon ab, welcher Gesamtzeitraum
sowie welcher Antragsinhalt Streitgegenstand sei. Sie gehe davon aus, dass mit dem Antrag die Einstufung in die Pflegestufe
I ab dem 22. November 2005 begehrt wurde. Der maßgebliche Zeitraum beginne daher im Dezember 2005 und ende mit dem Erlass
des Teilabhilfebescheids am 22. August 2006 rückwirkend zum 24. Juni 2006. Danach habe die Klägerin für die Monate Juni bis
August 2006 obsiegt und sei für die Monate Dezember 2005 bis Mai 2006 unterlegen. Obwohl es sich hier um einen gesundheitlichen
Dauerzustand handele, spreche vieles dafür, von einer geringeren zeitlichen Reichweite der begehrten Entscheidung auszugehen,
da sich Gesundheitszustände verändern könnten und neue Anträge und Entscheidungen laufend möglich seien. Die in Ansatz gebrachte
Erledigungsgebühr sei schon dem Grunde nach nicht entstanden, die Widerspruchsbegründung des Bevollmächtigten der Klägerin
vom 29. Mai 2006 habe nämlich nicht zur Teilabhilfe geführt. Die Einholung eines erneuten Gutachtens des MDK vom 18. August
2006, in dem dieser einen höheren Hilfebedarf als im Ausgangsgutachten festgestellt habe, stehe nicht im Zusammenhang mit
dem klägerischen Vortrag. Vielmehr habe diese erläutert, dass die im vorgelegten Privatgutachten als notwendig angegebenen
Hilfestellungen nur bedingt objektivierbar seien und der demonstrierte Hilfebedarf weder zum Zeitpunkt der Erst- noch der
Wiederholungsbegutachtung im Mai 2006 plausibel nachvollziehbar sei, sondern erst nach der Knie-TEP vom 22. Mai 2006. Auch
die Teilrücknahme des Widerspruchs stelle keine herausragende Tätigkeit dar, die über die normale Tätigkeit eines Rechtsanwalts
im Widerspruchsverfahrens hinaus gehe, und löse deshalb keine weitere Gebühr neben der Geschäftsgebühr aus. Schließlich sei
die Bemessung der Höhe der Erledigungsgebühr nicht nachvollziehbar. Die bloße Übernahme der Höhe der Geschäftsgebühr sei nicht
zulässig. Vielmehr seien "stets zwei sorgfältige Prüfungen erforderlich". Der Rechtsanwalt müsse in seiner Ermessensentscheidung
ausführlich darlegen, warum die jeweilige Rahmengebühr in der geltend gemachten Höhe begründet sei. Der Ansatz der Höchstgebühr
entspreche nicht der Billigkeit.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 28. Februar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie an, dass die vom SG vorgenommene Quotelung zwar akzeptabel, jedoch im Grundsatz nicht zutreffend sei, da ihr Unterliegen letztlich als unbeachtlich
zu bewerten sei. Die Erledigungsgebühr sei angefallen, da das Teilanerkenntnis nach Diskussion der Vor- und Nachteile akzeptiert
und der Rechtsstreit auf dieser Basis erledigt worden sei. Die Erledigungsgebühr sei ebenso wie die Geschäftsgebühr nach der
Höchstgebühr zu bemessen, da die Bedeutung der Angelegenheit überdurchschnittlich und ein erhöhter Arbeitsanfall durch die
Untersuchung und Analysierung dreier medizinischer Gutachten festzustellen gewesen sei. Zudem sei bereits das Merkmal der
Dauerleistung als ausreichend zu erachten, die Gebührenhöhe mit der Höchstgebühr zu bemessen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 14. Juni 2012 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
beigezogenen Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat gemäß §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
§
144 Abs.
4 SGG steht der Statthaftigkeit der Berufung nicht entgegen, da vorliegend in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens
(vgl hier §§
78 ff
SGG) und nicht um Kosten des Verfahrens i.S.d. §
144 Abs.
4 SGG gestritten wird.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin ist jedenfalls in dem vom Sozialgericht ausgeurteilten und allein
von der Beklagten angefochtenen Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 19. April 2007 ist rechtswidrig. Für noch zusätzliche Reduzierung der der Klägerin zu erstattenden Kosten gibt es keine
rechtliche Grundlage.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben
hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der
Widerspruch erfolgreich ist. Nach Absatz 2 sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig,
wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf
Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest (Absatz 3 S. 1 Halbs. 1). Gebühren und Auslagen i.S. von § 63 Abs. 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren. Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind grundsätzlich auch die Gebühren
und Auslagen, die ein Rechtsanwalt seinem Mandanten, hier der Klägerin, in Rechnung stellt. Diese Vergütung bemisst sich nach
dem RVG, sowie dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht also in dem Umfang, in dem der Widerspruch erfolgreich ist. Hat der Widerspruch
nur teilweise Erfolg, findet auch eine nur teilweise Kostenerstattung im Sinne einer Quotelung statt, wobei der Umfang der
Kostenerstattung von dem Verhältnis des Erfolges des Widerspruches zu seinem Misserfolg abhängt. Es ist unerheblich, ob der
Erfolg des Widerspruches bereits durch eine Abhilfe der Behörde eintritt oder erst durch einen das Vorverfahren abschließenden
Widerspruchsbescheid (vgl. Diering in Diering/Timme/Waschull, Sozialgesetzbuch X, Lehr- und Praxiskommentar, § 63 Rdnr. 5 ff.).
Der Senat teilt bereits nicht die Auffassung der Beklagten, dass die vom SG gebildete Quote weder nachvollziehbar noch sachgerecht ist. Deren Ansicht, bei der Quotenbildung sei nur den Zeitraum zwischen
dem von der Klägerin begehrten Beginn der Gewährung von Pflegesachleistungen nach der Pflegestufe I und dem Monat der (Teil-)Abhilfeentscheidung
zu berücksichtigen, ist schlechterdings nicht nachvollziehbar. Wie in dem von der Beklagten in diesem Zusammenhang zitierten
Beschluss des Bayerischen LSG vom 10. Oktober 1996 (Az.: L 5 B 198/95 Ar in Breithaupt 1998, S. 454 ff.) zu Recht ausgeführt wird, richtet sich die Kostenerstattungsquote gerade nicht nach dem
Verfahrenszeitraum, sondern danach, für welche Teile des geltend gemachten Anspruchszeitraums sich der Widerspruch als begründet
erweist. Macht die Klägerin, wie hier, eine wiederkehrende Leistung geltend, erstreckt sich der geltend gemachte Anspruch
vom beantragten Beginn hin über die zu erwartende Laufzeit der Leistung. Bei Leistungen der sozialen Pflegeversicherung ist
das der Zeitraum vom Antragsmonat bis zum Lebensende des jeweiligen Antragstellers. Dass er grundsätzlich nachträglich Änderungen
unterliegen kann (etwa in der gesundheitlichen Situation, sowohl zum Besseren als auch zum Schlechteren bis hin zum Ableben),
ist für die Bildung der Kostenerstattungsquote ohne Belang, es sei denn, es liegen bereits hinreichend konkrete Anhaltspunkte
vor, dass und wann diese eintreten werden. Solche vermag der Senat im Falle der Klägerin nicht erkennen; die Beklagte beschränkt
sich in ihren Ausführungen insoweit auf reine Spekulationen.
Für die von der Beklagten unter Berufung auf den Beschluss des Bayerischen LSG vom 10. Oktober 1996 (aaO., S. 466) vorgenommene
Kürzung des voraussichtlichen Leistungszeitraums aus Billigkeitsgesichtspunkten sieht der Senat keinen Anlass. Soweit sie
diese für allfällige Änderungen, wie Rück- oder Höherstufungen, und ohne konkrete Anhaltspunkte in Betracht zieht, ist auf
das oben Gesagte zu verweisen. Der Unterstellung im Beschluss des Bayerischen LSG (Anschluss an LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss
vom 21. März 1996 - Az.: L 18 SJ 7/95 in Breithaupt 1996, 777 ff.), dass es vor dem Ende des Leistungszeitraumes ohnehin irgendwann
zu einer Leistungsbewilligung gekommen wäre, weshalb es angemessen erscheine, die dem "Anspruchszeitraum entsprechende Quotelung
je nach den Umständen des einzelnen Falles zu Gunsten des SV- Trägers zu modifizieren", kann sich der Senat nicht anschließen.
Ohne konkrete Anhaltspunkt für hypothetischen Verläufe ist es nicht billig, diese in die Bemessung des Umfangs der Kostentragung
einfließen zu lassen, zumal nicht klar ist, in welchem Umfange dies sachgerecht zu erfolgen hätte.
Bei der Bemessung des Verhältnisses des Umfangs des Unterliegens der zum damaligen Zeitpunkt 78-jährigen Klägerin zum Umfang
ihres Obsiegens erachtet der Senat die voraussichtliche Dauer der zuerkannten Pflegeleistungen als derart überwiegend, dass
ihr Unterliegen im zeitlichen Umfang von etwa sechs Monaten dahinter zurück tritt. Da er jedoch durch das Verschlechterungsverbot
daran gehindert ist, der allein berufungsführenden Beklagten entgegen der erstinstanzlichen Quotelung die volle Kostentragung
aufzuerlegen, verbleibt es bei der erstinstanzlich ausgeurteilten Kostentragungsquote der Beklagten von 9/10 der außergerichtlichen
Kosten der Klägerin.
Der Senat hat keine Veranlassung, zuungunsten der Klägerin die von der Vorinstanz zuerkannte Geschäfts- (Nr. 2500 VV-RVG) und Erledigungsgebühr (Nr. 1005 VV RVG) zu beanstanden. Beide stehen der Klägerin sowohl dem Grunde nach als auch zumindest in der von der Vorinstanz zuerkannten
Höhe zu.
Gegen die Bemessung der auch dem Grunde nach unstreitigen Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 VV RVG hat sich die Beklagte nicht gewandt. Tatsächlich kommt unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG jedenfalls keine geringere als die vom SG zuerkannte erhöhte Mittelgebühr in Höhe von 350,00 EUR in Betracht. Es kann dahingestellt bleiben, ob das zusätzliche Einkommen
nicht sogar eine höhere wirtschaftliche Bedeutung und damit eine höhere Gebühr begründen könnte.
Der Senat teilt nicht die Bedenken der Beklagten hinsichtlich der Erledigungsgebühr Nr. 1005 VV-RVG i.V.m. Nr. 1002 VV-RVG. Danach erhält der Rechtsanwalt eine Erledigungsgebühr für die Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten,
in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG). Absatz 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs 2 RVG). Ginge es vorliegend um ein gerichtliches Verfahren, entstünden Betragsrahmengebühren, denn die Klägerin macht Leistungsansprüche
der sozialen Pflegeversicherung nach dem
SGB XI geltend. Verfahren, die in dieser Eigenschaft vor den Gerichten geführt werden, sind (gerichts-)kostenfrei. Die Erledigungsgebühr
entsteht dabei für die Einigung oder Erledigung der Rechtssache und umfasst einen Betragsrahmen von 40,00 EUR bis 520,00 EUR.
Die Erledigung liegt vor, nachdem die Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben und die Klägerin auf die Anerkennung des vollen
von ihr begehrten Anspruchszeitraumes verzichtet hat. Die von der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur
geforderte qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2010 - Az.: B 13 R 63/09 R; BSG, Urteil vom 2. Oktober 2008 - Az.: B 9/9a SB 5/07 R mit Anmerkung F. Keller in jurisPR-SozR 10/2009 Anm. 5; BSG, Urteil vom 21. März 2007 - Az.: B 11a AL 53/06 R; BSG, Urteile vom 7. November 2006 - Az.: B 1 KR 22/06 R, Az.: B 1 KR 23/06 R, B 1 KR 13/06 R; BFH, Beschluss vom 12. Februar 2007 - Az.: II B 140/06, alle nach juris; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, VV 1002 Rdnr. 38 ff., Mayer/Kroiß, RVG, 4. Auflage 2009, Nr. 1002 VV Rn. 17 f., Hartmann, Kostengesetze, RVG, 40. Auflage 2010, VV 1002 Rn. 9) ist im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft. Sie wird dann bejaht, wenn über die Einlegung
und Begründung des Widerspruchs hinausgehende eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts vorliegt, die ursächlich für die
(unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens war.
Eine solche Tätigkeit lag bereits in der unaufgeforderten Einreichung des Privatgutachtens der SEBIS GmbH - Senioren- und
Behinderten-Informationsservice vom 28. März 2008 mit Schriftsatz vom 29. Mai 2006. Damit hat der Prozessbevollmächtigte den
Rahmen der seinem Mandanten obliegenden Mitwirkung nach § 21 Abs. 2 S. 1, S. 2 SGB X, §
60 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB I) überschritten. Die Tätigkeit führte zur Neubegutachtung durch den MDK und daraufhin zum Erlass des Teilabhilfebescheids
vom 22. August 2006.
Überdies hat der auf Prozessbevollmächtigter auf die Klägerin eingewirkt, sich mit dem Teilanerkenntnis zufrieden zu geben.
Dies ist nach der ständigen Senatsrechtsprechung ausreichend (vgl. Beschlüsse vom 24. November 2010 - Az.: L 6 SF 653/10 B, 26. November 2008 - Az.: L 6 B 130/08 SF, 19. Juni 2007 - Az.: L 6 B 80/07 SF). Entgegen der Ansicht der Beklagten, die Teilrücknahme des Widerspruchs stelle keine herausragende Tätigkeit dar, die
über die normale Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren hinausgehe, liegt gerade hierin ein auf die Erledigung
gerichtetes ursächliches Tätigwerden, das über die reine Begründung des Widerspruchs hinausgeht und eine damit gerichtliche
Auseinandersetzung vermeidet.
So liegt es hier: Wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seinem an die Beklagte gerichteten Schriftsatz vom 6. September
2006 "nach abschließender Rücksprache" mit der Klägerin mitteilte, sei diese grundsätzlich bereit, "die Angelegenheit aufgrund
(...) Teilabhilfebescheides vom 22.08.2006 als erledigt zu betrachten". Insofern kommt es nicht darauf an, dass, wie die Beklagte
meint, die Widerspruchsbegründung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht zur Teilabhilfe geführt habe, denn durch
die Teilabhilfe alleine wurde das Widerspruchsverfahren nicht (vollständig) erledigt. Die Erledigungsgebühr könnte nur dann
versagt werden, wenn der Sachverhalt einen Anlass für die Vermutung gäbe, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts für die Annahme
des Teilanerkenntnisses und die Erledigung im Übrigen nicht ursächlich war (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, VV 1002 Rdnr. 56). Das ist vorliegend nicht der Fall.
Die Höhe der vom Sozialgericht von ursprünglich geforderten 520,00 EUR auf 350,00 EUR reduzierten Erledigungsgebühr ist -
zumindest von Seiten der Beklagten - nicht zu beanstanden. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen
Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem
Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten
zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm
nach allgemeiner Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006
- Az.: VI ZR 261/05, nach juris; Senatsbeschluss vom 19. Juni 2007 - Az.: L 6 B 80/07 SF). Ein genereller Aufschlag in dieser Höhe wäre allerdings unzulässig, denn dann fehlt es an der individuellen Ermessensausübung.
Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 24. November 2010
- Az.: L 6 SF 653/10 B m.w.N.; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006 - Az.: L 1 B 320/05 SF SK, nach juris). Dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren. Der Beklagten ist dabei insofern
zuzustimmen, als die bloße Übernahme der Höhe der Geschäftsgebühr für die sonstigen Gebühren, hier also für die Erledigungsgebühr
ohne gesonderte Prüfung der Angemessenheit nicht zulässig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juni 2007 - Az.: L 6 B 80/07 SF).
Der Senat erachtet im vorliegenden Falle die vom SG angesetzte erhöhte Mittelgebühr zumindest für angemessen. Insoweit kommt es im Berufungsverfahren auf die bei den Beteiligten
weiterhin umstrittene Billigkeit der von der Klägerin ursprünglich begehrten Höchstgebühr nicht mehr an. Die (wirtschaftliche)
Bedeutung des Verzichts der Klägerin auf sechs Monate Leistungen der sozialen Pflegeversicherung ist, zumal für die Vergangenheit,
unterdurchschnittlich. Auch ein besonderes Haftungsrisiko des Prozessbevollmächtigten ist nicht ersichtlich. Jedoch ist, ausgehend
von dem in der Gebührenziffer beschriebenen Tätigkeitsfeld (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R, nach juris), der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als deutlich überdurchschnittlich zu werten. Für die sachgerechte Beratung
der Klägerin im Hinblick auf die Frage eines Verzichts auf den durch das Teilanerkenntnis nicht umfassten Zeitraum bedurfte
es zudem der Auswertung des MDK-Gutachtens vom 8. August 2006 im Vergleich mit dem vorgelegten Privatgutachten vom 28. März
2006 sowie den MDK-Gutachten vom 28. Dezember 2005 und vom 10. Mai 2006 auf der anderen Seite. Die Auseinandersetzung mit
medizinischen Fachgutachten ist grundsätzlich und auch hier im konkreten Fall überdurchschnittlich schwierig (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R, nach juris). Insofern begegnet die Bemessung der Erledigungsgebühr mit 350,00 EUR, entsprechend der Bemessung der Höhe
der Geschäftsgebühr durch die Beklagte, keinen durchgreifenden Einwänden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.