Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für ein beim Sozialgericht
Nordhausen anhängig gewesenes Verfahren (S 30 AS 5887/11) der von dem Beschwerdeführer vertretenen Kläger. Sie begehrten mit der Klage Akteneinsicht in die Verwaltungsakten, die
Gewährung von Leistungen "in gesetzlicher Höhe" und die Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren.
Mit Beschluss vom 26. März 2012 bewilligte das Sozialgericht den Klägern Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer
bei. Im Erörterungstermin am 25. September 2012 verhandelte das Sozialgericht die Klage mit 15 weiteren Klagen der Kläger.
Nach der Niederschrift erklärte sich die Beklagte bereit, die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten und den Klägern
Regelsatzerhöhungen "im Zuge des Bundesverfassungsgerichts zum Az.: 1 BvL 10/12" ohne Kostenfolge zu erstatten. Die den Beschwerdeführer vertretende Rechtsanwältin erklärte daraufhin: "Ich nehme das Anerkenntnis
an und erkläre die Klage im Übrigen vollständig für erledigt." Weiter ist dort festgehalten: "Die Beteiligten sind sich darüber
einig, dass für das gerichtliche Verfahren keine weiteren Kosten anfallen."
Unter dem 16. Januar 2013 beantragte der Beschwerdeführer folgende Gebühren aus der Staatskasse:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG
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221,00 Euro
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Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV-RVG
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66,30 Euro
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Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG
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200,00 Euro
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Erledigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV-RVG
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190,00 Euro
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Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld
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4,18 Euro
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Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG
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20,00 Euro
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701,48 Euro
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Umsatzsteuer
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133,28 Euro
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Gesamtbetrag
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834,76 Euro
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Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. September 2013 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die aus der Staatskasse
zu gewährende Vergütung auf 636,86 Euro fest. Zur Begründung gab sie an, die Verfahrensgebühr werde auf 170,00 Euro festgesetzt.
Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger sei durchschnittlich. Streitgegenstand sei die Bestimmung von Leistungen nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gewesen. Der Beitragsrahmen erhöhe sich um 0,3 auf 51,00 Euro. Die Terminsgebühr werde auf die halbe Mittelgebühr festgesetzt.
Die durchschnittliche Dauer für das Verfahren habe 19 Minuten betragen. Die Einigungsgebühr setzte die UdG auf 190,00 Euro
fest.
Dagegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und die Höhe der Terminsgebühr beanstandet. Sie könne allenfalls um
ein Drittel gekürzt werden. Der Beschwerdegegner hat ebenfalls Erinnerung eingelegt und die Erledigungsgebühr beanstandet.
Eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung des Rechtsstreits sei nicht ersichtlich. Damit errechne sich ein
Vergütungsanspruch von 410,76 Euro.
Mit Beschluss vom 7. September 2015 hat das Sozialgericht die zu gewährende Vergütung auf 410,76 Euro festgesetzt. Für die
Terminsgebühr sei eine halbe Mittelgebühr anzusetzen. Nach der Niederschrift habe die Kammervorsitzende die wesentliche Aufarbeitung
des Leistungsfalls vorgenommen. Dadurch habe sich die Schwierigkeit für den Anwalt erheblich reduziert. Eine Erledigungsgebühr
sei mangels notwendiger qualifizierter anwaltlicher Mitwirkung nicht angefallen. Der Beschwerdeführer habe nur das Anerkenntnis
der Beklagten angenommen und damit formal einer Erledigung zugeführt.
Gegen den am 28. September 2015 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 5. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt und
im Ergebnis seine Begründung im Erinnerungsverfahren wiederholt. Der Beschwerdegegner hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen
und zur Begründung auf die Entscheidung der Vorinstanz verwiesen.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 10. November 2015) und sie dem Thüringer Landessozialgericht
vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach der aktuellen Geschäftsverteilung des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung
mit der Geschäftsverteilung des 6. Senats der Senatsvorsitzende.
Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis 31. Juli 2013 (a.F.), denn die Beiordnung des Beschwerdeführers ist vor diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 S 1 RVG)
Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 15. März 2011 - L 6 SF 975/10 B) und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt 200,00 Euro. Zur Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsmittelbelehrung
im Beschluss der Vorinstanz fehlerhaft ist. Die Beschwerdefrist beträgt nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 3 RVG zwei Wochen (nicht: ein Monat) und die Einlegung der Beschwerde beim Thüringer Landessozialgericht wahrt die Frist nicht
(§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 7 S. 3 RVG; vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 27. Januar 2015 - L 6 SF 1533/14 B).
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Beitragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der
Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Die Kläger waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. §
183 S. 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG); damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§
197a Abs.
1 S. 1
SGG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen
Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem
Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten
zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm
ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse vom 19. März 2012 - L 6 SF 1983/11 B und 17. Dezember 2010 - L 6 SF 808/10 B; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage 2014, § 73a Rdnr. 13 f.; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage 2015, § 14 Rdnr. 12). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums- wie hier - objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 17.
Dezember 2010 - L 6 SF 808/10 B); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Im vorliegenden Fall war die Höhe der Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG auch ohne entsprechenden Vortrag des Beschwerdegegners von der UdG und vom Sozialgericht zu überprüfen. Dem steht nicht der
Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 2011 - Az.: V ZB 216/10 entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Januar 2013 - L 6 SF 1578/12 B). Die Staatskasse ist nicht Dritter im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG, der nach Ansicht des BGH die Darlegungs- und Beweislast der fehlenden Billigkeit trägt, denn sie hat nicht auf Grund einer
Kostenentscheidung als Unterlegene die Gebühren zu erstatten). Vielmehr ist sie aufgrund der Beiordnung für die gesetzliche
Vergütung nach §§ 45 ff. RVG Vergütungsschuldnerin des Rechtsanwalts (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage 2015, § 55 Rdnr. 32). Dann scheidet ihre Darlegungs- und Beweislast aus.
Entgegen der Ansicht der UdG Ansicht steht dem Beschwerdeführer die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG nur in Höhe von zwei Drittel der Mittelgebühr (= 113,33 Euro) zu; sie ist nach Nr. 1006 VV-RVG um 30 v.H. (33,99 Euro) zu erhöhen. Beim Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist vor allem der zeitliche Aufwand im Verfahren
zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt im Vergleich mit den übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren (nicht eingeschränkt
auf Verfahren nach dem SGB II) tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Januar
2013 - L 6 SF 1578/12 B m.w.N.). Mit einem Schriftsatz lag er auch unter Berücksichtigung der allgemein notwendigen sonstigen außergerichtlichen
Aktivitäten deutlich unter dem Durchschnitt. Zu berücksichtigen ist auch, dass er in großen Teilen wortidentisch ist mit dem
Text in anderen dem Senat bekannten Verfahren. Dann sind die damit verbundenen erheblichen Synergieeffekte bei der Vergütungsfeststellung
zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Januar 2013 - L 6 SF 1578/12 B). Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war angesichts der angeschnittenen gängigen Probleme (Akteneinsicht, Kosten
der Unterkunft) unterdurchschnittlich. Die geltend gemachten Kosten des Widerspruchsverfahrens wurden nicht begründet. Die
Bedeutung des Verfahrens für die Kläger wird nur angesichts der geltend gemachten Kosten des Widerspruchsverfahrens, die allerding
das soziokulturelle Existenzminimum nicht betreffen, als noch durchschnittlich angesehen. Der geltend gemachte Anspruch nach
dem SGB II kann hierfür nicht herangezogen werden, denn er wurde im Klageverfahren nicht beziffert und dem Teilanerkenntnis ist kein
Anhalt für die Bedeutung zu entnehmen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger sind deutlich unterdurchschnittlich
und werden nicht kompensiert. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der Höhe der Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG (halbe Mittelgebühr) wird auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Sie errechnet sich
entgegen dem Vortrag des Beschwerdeführers offensichtlich nicht nur nach dem - hier unterdurchschnittlichen - Umfang der anwaltlichen
Tätigkeit (also der Dauer des Termins) sondern entsprechend § 14 Abs. 1 RVG auch nach der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger und deren Einkommens-
und Vermögensverhältnisse. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr verwiesen.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanz steht dem Beschwerdeführer angesichts der Annahme des Teilanerkenntnisses und Erledigungserklärung
im Termin eine Erledigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV-RVG in Höhe von zwei Drittel der Mittelgebühr zu (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 24. November 2014 - L 6 SF 1078/14 B m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz lag hier kein Anerkenntnis vor sondern ein Teilanerkenntnis. Dies ergibt sich
daraus, dass die Beklagte hier die Kosten des Verfahrens nicht übernommen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 5. März 2015 - L 6 SF 104/15 B); dann kommt ein Teilanerkenntnis in Betracht. Auf die Bezeichnung durch die Beteiligten in der Niederschrift ("Anerkenntnis")
kommt es nicht an. Der Beschwerdeführer hat auch auf die Erledigung hingewirkt. Hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale des §
14 Abs. 1 S. 1 RVG verweist der Senat auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr.
Zu vergüten sind weiter die Pauschale Nr. 7002 VV-RVG und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG).
Damit errechnet sich die Vergütung des Beschwerdeführers wie folgt:
Erhöhte Verfahrensgebühr Nr. 3103, 1008 VV-RVG
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147,32 Euro
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Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG
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100,00 Euro
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Einigungsgebühr Nr. 1005, 1006 VV-RVG
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126,66 Euro
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Fahrtkosten
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4,18 Euro
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Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG
|
20,00 Euro
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Zwischensumme
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398,16 Euro
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USt
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75,65 Euro
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Gesamtsumme
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473,81 Euro
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Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).