Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gotha (SG) streitig (S 23 AS 5108/13). Dort hatte der von den Beschwerdeführern vertretene Kläger von dem beklagten Jobcenter mit Schriftsatz vom 18. Oktober
2013 zusätzliche Leistungen in Höhe von 20,25 Euro wegen höherer Heizkosten nach dem Heizkostenspiegel 2013 statt des angewandten
Heizkostenspiegels 2012 für drei Monate begehrt. Unter dem 9. Januar 2014 teilte die Beklagte mit, sie sei zwecks Streitbeilegung
zur Anerkennung der Klageforderung bereit. Eine Kostenanerkennung komme nicht in Betracht, weil ihr die neuen Werte erst nach
Erlass des Widerspruchsbescheids bekannt wurden. Daraufhin antworteten die Beschwerdeführer, es sei beabsichtigt, das Anerkenntnis
anzunehmen; vorab werde um Entscheidung über die Prozesskostenhilfe (PKH) gebeten. Mit Beschluss vom 10. Februar 2014 bewilligte
das Sozialgericht dem Kläger PKH und ordnete die Beschwerdeführer bei. Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2014 nahmen diese für
den Kläger das Anerkenntnis an und erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit Beschluss vom 29. April
2014 verpflichtete das Sozialgericht die Beklagte, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Am 11. März 2014 machten die Beschwerdeführer für das Verfahren Gebühren in Höhe von 714,00 Euro geltend:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG
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300,00 Euro
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Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG
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280,00 Euro
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Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG
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20,00 Euro
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Zwischensumme
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600,00 Euro
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Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV-RVG
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114,00 Euro
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Gesamtbetrag
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714,00 Euro
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Mit Beschluss vom 10. Juni 2014 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die Rechtsanwaltsgebühren auf 253,86 Euro
fest. Angemessen sei angesichts einer leicht unterdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit und einem deutlich unterdurchschnittlichen
Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen die
auf ein Drittel reduzierte Mittelgebühr (100,00 Euro). Die fiktive Terminsgebühr sei ebenfalls auf ein Drittel der Mittelgebühr
zu reduzieren.
Mit ihrer Erinnerung haben die Beschwerdeführer vorgetragen, die Erarbeitung des Sachverhalts sei mit einem hohen Arbeitsaufwand
verbunden gewesen. Die Besprechung mit dem Kläger habe 45 bis 60 Minuten gedauert und der Anspruch habe genau berechnet werden
müssen. Der Beschwerdegegner hat sich der Berechnung der UdG angeschlossen.
Mit Beschluss vom 23. März 2015 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Angesichts einer unterdurchschnittlichen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeit, einer
allenfalls noch durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei die Verfahrensgebühr allenfalls in Höhe
eines Viertels der Mittelgebühr und eine Terminsgebühr in Höhe eines Fünftels der Mittelgebühr gerechtfertigt. Einer Reduzierung
der Gebühren auf 179,69 Euro stehe allerdings das Verschlechterungsverbot entgegen.
Gegen den am 22. April 2015 zugestellten Beschluss haben die Beschwerdeführer am 29. April 2015 Beschwerde eingelegt und vorgetragen,
die beantragten Mittelgebühren seien gerechtfertigt. Der Beschwerdegegner ist dem entgegengetreten und hat zur Begründung
auf den Beschluss der Vorinstanz verwiesen. Die fiktive Terminsgebühr betrage allerdings nach Satz 2 der Anmerkung zu Nr.
3106 VV-RVG 90 v.H. der Verfahrensgebühr.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 17. Juni 2015) und sie dem Thüringer Landessozialgericht
vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach den aktuellen Geschäftsverteilungsplänen des Thüringer Landessozialgerichts und des
6. Senats der Senatsvorsitzende.
Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung ab 1. August 2013 (n.F.), denn Auftragserteilung und Beiordnung sind nach diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG).
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1, 1 Abs. 3 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) statthaft und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro und die Beschwerde ist innerhalb der
Zwei-Wochen-Frist der §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 3 RVG eingelegt worden. Zur Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsmittelbelehrung im angegriffenen Beschluss
fehlerhaft ist, denn nach ihr ist die Beschwerdefrist auch gewahrt, wenn die Beschwerde (innerhalb der Zwei-Wochen-Frist)
beim Thüringer Landessozialgericht eingelegt wird. Dies widerspricht dem Wortlaut der §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 7 S. 3 RVG, wonach sie bei dem Gericht einzulegen ist, dessen Entscheidung angefochten wird (vgl. Senatsbeschluss vom 15. August 2013
- L 6 SF 407/13 B).
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Beitragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der
Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hatte dem Kläger mit Beschluss vom 10. Februar 2014 PKH gewährt. Er war auch kostenprivilegierter Beteiligter i.S.d. §
183 S. 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) und die Anwendung des GKG scheidet aus (§
197a Abs.
1 S. 1
SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall nach dem Umfang und der Schwierigkeit nach billigem Ermessen (Satz 1); daneben können im Einzelfall
besondere Umstände sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers angemessen berücksichtigt werden. Bei
Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, sind die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber
und das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 4). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt
getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 5), wobei ihm nach allgemeiner Meinung ein Spielraum
(sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 26. November 2008 - Az.: L 6 B 130/08 SF). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss 14. Februar 2011 - Az.:
L 6 SF 1376/10 B); dann erfolgt - wie hier - eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Die Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG war im vorliegenden Fall in Höhe der halben Mittelgebühr (150,00 Euro) festzusetzen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit
kann im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. Senatsbeschluss vom 18. August 2011 - L 6 SF 872/11 B) angesichts der Besprechung mit dem Kläger, der Prüfung des Sachverhalts und der Schriftsätze angesichts der bekannten
Probleme nur unterdurchschnittlich gewesen sein. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich
in der Sache betrieben hat und objektiv verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines
Verfahrens (vgl. Hartmann in Kostengesetze, 43. Auflage 2013, § 14 RVG Rdnr. 3), jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zu bedeutenden Rechtsproblemen,
Gutachten oder medizinischen Unterlagen hatte die Beschwerdeführer nicht Stellung zu nehmen. Zu Recht hat bereits die Vorinstanz
darauf hingewiesen, dass in zwei kurzen Schriftsätzen nur routinemäßig eine Entscheidung über die PKH begehrt bzw. das angekündigte
Anerkenntnis angenommen wurde und es auf den nicht streitgegenständlichen Schriftverkehr mit der Vermieterin nicht ankam.
Hinsichtlich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit wird auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen, denen nichts
hinzuzufügen ist. Die Bedeutung der Angelegenheit war auch für den Kläger als Bezieher von Grundsicherungsleistungen noch
unterdurchschnittlich (20,24 Euro für drei Monate). Deutlich unterdurchschnittlich waren auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse
des Klägers. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich.
Die fiktive Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG war nach S. 2 der Anmerkung zu Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 90 v.H. der Verfahrensgebühr festzusetzen.
Zusätzlich zu erstatten sind die Nrn. 7002 und 7008 VV-RVG.
Danach errechnen sich die Gebühren der Beschwerdeführer wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG
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150,00 Euro
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Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG
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135,00 Euro
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Post- und Telekommunikation
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20,00 Euro
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Zwischensumme
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305,00 Euro
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Umsatzsteuer
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57,95 Euro
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Gesamtbetrag
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362,95 Euro
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Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).