Umfang des gesetzlichen Forderungsübergangs bei der Gewährung von Sozialleistungen an Kinder; Prozessfähigkeit der örtlichen
ARGE
Tatbestand:
Der Kläger macht aus übergegangenem Recht Unterhaltsansprüche für die Zeit von November 2007 bis Oktober 2008 geltend.
Der Beklagte ist der Vater der am ....12.1998 geborenen C. B. und des am ....8.2000 geborenen A. B.. Beide Kinder leben bei
der Mutter. Die Ehe der Mutter mit dem Beklagten ist geschieden. Der Kläger zahlt für die Bedarfsgemeinschaft der Mutter mit
den beiden Kindern, zu der inzwischen noch ein weiteres Kind, F. B., geboren am ....12.2007, gehört, Arbeitslosengeld II.
Mit Schreiben vom 12.11.2007 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass für A. und C. Leistungen nach dem SGB II erbracht würden
und er zur Überprüfung etwaiger Unterhaltsansprüche verpflichtet sei, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse
zu erteilen.
Während des Unterhaltszeitraums zahlte der Beklagte zunächst zu Händen der Mutter für A. monatlich 177 € Kindesunterhalt,
für C. monatlich 230 €. Durch Jugendamtsurkunden vom 22.7.2008 verpflichtete er sich dann, für jedes der beiden minderjährigen
Kinder ab 1.8.2008 Unterhalt in Höhe von 105 % des Mindestunterhalts der zweiten Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes
für ein erstes Kind, derzeit 262 €, zu zahlen. Eine Verpflichtung ist auch für die Zeit ab Erreichen der dritten Altersstufe
übernommen worden.
Mit der Klage macht der Kläger übergegangene Unterhaltsansprüche geltend.
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung und der tatsächlichen Feststellungen
wird auf das Urteil Bezug genommen, §
540 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 ZPO.
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt vor:
Der auf ihn übergegangene Kindesunterhaltsanspruch sei nicht auf einen Betrag in der Höhe beschränkt, in der er für die Kinder
Sozialgeld und Unterkunftskosten gezahlt habe. Vielmehr könne im Rahmen des Anspruchsübergangs nach § 33 SGB II der Differenzbetrag
zwischen angemessenem und gezahltem Unterhalt gefordert werden. Dies folge aus der Nachrangigkeit der Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn monatlichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:
- für A. B. je 94 € in der Zeit vom 1.11.2007 bis zum 31.12.2007 und je 117 € in der Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.10.2008,
- für C. B. je 41 € in der Zeit vom 1.11.2007 bis zum 31.12.2007 und je 64 € in der Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.10.2008,
hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte hat den Anspruch hinsichtlich A. anerkannt, und zwar in Höhe von
- 48,78 € für November 2007
- 36,42 € für Dezember 2007
- 5,67 € monatlich für Januar und Februar 2008
- 5,64 € monatlich für März und April 2008
- 12,19 € monatlich für Mai und Juni 2008
- 15,11 € für Juli 2008.
Im Übrigen beantragt er,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor:
Auf den Kläger könne Unterhalt nur in Höhe der für die beiden Kinder tatsächlich erbrachten Leistungen übergegangen sein.
Er, der Beklagte, habe sich bereits erstinstanzlich bereit erklärt, an den Kläger die Beträge, die für das Kind A. geleistet
worden seien, zu zahlen. Auch habe er auf Grund der Erörterung vor dem Amtsgericht für die Zeit ab 1.8.2008 Jugendamtsurkunden
zu Gunsten der beiden Kinder errichten lassen.
Für die Zeit davor sei er schon deshalb nicht zu Zahlung höheren Unterhalts verpflichtet, da die Kinder, vertreten durch ihre
Mutter bzw. durch das Jugendamt, zu keinem Zeitpunkt hätten erkennen lassen, dass höherer Unterhalt, als tatsächlich gezahlt,
verlangt werde.
Die Richtigkeit der ergangenen Leistungsbescheide werde im Übrigen ausdrücklich bestritten. Dies gelte insbesondere insoweit,
als in den Bescheiden der Vater des weiteren Kindes F. B., Herr C. F., nicht aufgeführt sei, obwohl dieser mit der Mutter
der drei Kinder in einer haushaltähnlichen Gemeinschaft lebe.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die Berufungsbegründung vom 15.9.2008 einen ausdrücklichen
Berufungsantrag nicht enthält, dieser vielmehr erst mit Schriftsatz vom 3.11.2008 angekündigt worden ist. Denn dem Erfordernis
des §
520 Abs.
3 Satz 2
ZPO, wonach die Berufungsbegründung die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Änderungen des Urteils beantragt
werden (Berufungsanträge), enthalten muss, kann auch dadurch genügt werden, dass sich das Berufungsbegehren ohne förmlichen
Antrag aus der Berufungsschrift ergibt (Zöller/Heßler,
ZPO, 27. Aufl., §
520, Rz. 28). Vorliegend ist der Berufungsbegründung zu entnehmen, dass der Kläger, wie in erster Instanz, die Auffassung vertritt,
er könne im Rahmen des Anspruchsübergangs nach § 33 SGB II den Differenzbetrag zwischen den tatsächlich gezahlten und dem
höheren angemessenen Unterhalt verlangen. Damit wird hinreichend deutlich, dass er nach Klageabweisung den erstinstanzlich
gestellten Klageantrag, wie er sich bereits aus der Klageschrift ergibt, weiterverfolgt. Mit Schriftsatz vom 3.11.2008, in
dem er diese erstinstanzlichen Anträge nochmals ausdrücklich gestellt hat, ist dies dann auch klargestellt worden.
II.
Auf sein Teilanerkenntnis hin ist der Beklagte zur Zahlung der aus der Urteilsformel ersichtlichen Beträge zu verurteilen.
Darüber hinaus bleibt die Berufung des Klägers ohne Erfolg. Jedenfalls über die anerkannten Beträge hinaus ist ein Unterhaltsanspruch
für die Kinder C. und A. B., betreffend dem Zeitraum von November 2007 bis Oktober 2008, auf den Kläger nicht übergegangen.
Auch die hilfsweise geltend gemachte Aufhebung des angefochtenen Urteils nebst Zurückverweisung an das Amtsgericht scheidet
aus.
1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger als Träger der Leistungen nach dem SGB II prozessfähig. Daran ändert
die Entscheidung des BVerfG vom 20.12.2007 (NVwZ 2008, 183), wonach die Bildung von Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB II als Gemeinschaftseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit
und kommunaler Träger mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art.
28 Abs.
2 Satz 1 und
2 GG i.V.m. Art.
83 GG unvereinbar und die diesbezügliche Norm nur bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis 31.12.2010 anwendbar ist,
nichts. Auf die Frage, wie der Kläger rechtlich organisiert ist, kommt es nicht an (vgl. Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht
in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 8, Rz. 176f.).
2. Das Amtsgericht hat den Unterhaltsbedarf für die beiden Kinder C. und A. auf der Grundlage eines bereinigten Einkommens
des Beklagten von rund 1.803 € mit 237 € im Jahr 2007 und 278 € im Jahr 2008 festgestellt. Ob das bereinigte Einkommen des
Beklagten und damit einhergehend der Unterhaltsbedarf der Kinder als unstreitig angenommen werden kann, nachdem die Berechnung
des Amtsgerichts von keiner Partei angegriffen worden ist, oder ob, weil der Kläger sein Begehren aus erster Instanz in vollem
Umfang weiterverfolgt und sich aus der Klageschrift ein vom Kläger zu Grunde gelegter höherer Unterhaltsbedarf der Kinder
ergibt, etwa von diesem höheren Unterhaltsbedarf auszugehen wäre, kann dahinstehen. Denn über die anerkannten Beträge hinaus
jedenfalls ist, wie noch auszuführen sein wird, ein Übergang des Unterhaltsanspruchs der Kinder auf den Kläger als Leistungsträger
nicht erfolgt.
3. Der Kläger hat für das Kind A. Leistungen nach dem SGB II nur in Höhe der vom Beklagten in der Berufungsinstanz anerkannten
Beträge erbracht. Für das Kind C. sind während des gesamten Unterhaltszeitraums Leistungen überhaupt nicht erbracht worden.
Vor diesem Hintergrund kommt ein Übergang des Unterhaltsanspruchs nur hinsichtlich A.s, und auch nur in Höhe der erbrachten
Leistungen, in Betracht. Über sein Teilanerkenntnis hinaus ist daher kein Raum für eine Verurteilung des Beklagten.
a) Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II geht der Unterhaltsanspruch, wenn Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts empfangen
worden sind, bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen über, wenn bei rechtzeitiger Leistung
des anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. Danach kommt ein Unterhaltsanspruch
vorliegend hinsichtlich des Unterhalts für C. überhaupt nicht und für A. nur in Höhe der vom Beklagten anerkannten Beträge,
die den für A. erbrachten Leistungen entsprechen, in Betracht.
aa) Allerdings können auch Unterhaltsansprüche, die Kindern gegen einen Elternteil zustehen, auf den Leistungsträger übergehen,
wenn er für die Kinder als Teil einer Bedarfsgemeinschaft Leistungen erbringt. Minderjährige Kinder erhalten im Falle der
Bedürftigkeit Sozialgeld nach § 28 SGB II, das auch die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung umfasst, §§ 28 Abs.
1 Satz 2, 19 SGB II. Beim Sozialgeld handelt es sich um eine Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts (Hänlein, in: Gagel,
SGB III, 32. Ergänzungslieferung 2008, §
33 SGB II, Rz. 11; Scholz, FamRZ 2006, 1417, 1422). Entsprechend stellen Kinder unter 15 Jahren die Hauptgruppe der Anspruchsberechtigten nach § 28 SGB II dar (Birk,
in: Münder, Sozialgesetzbuch II, Lehr- und Praxiskommentar, 2. Aufl., § 28, Rz. 9). Vor diesem Hintergrund sind Kinder, die
Sozialgeld beziehen, selbst als Leistungsempfänger im Sinne von §
33 Abs.
1 Satz 1
BGB anzusehen.
Selbst wenn man annähme, Kinder im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft seien nicht selbst Empfänger von Leistungen, etwa weil
ein Anspruchsübergang für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für andere Personen als den Leistungsberechtigten
nach dem Wortlaut des § 33 SGB II nicht erfolgen könne (vgl. Wolf, in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl.,
§ 33 SGB II, Rz. 7), der Anspruch dem jeweiligen ( unmittelbaren ) Empfänger der Leistung zustehe (vgl. Link, in: Eicher/Spellbrink,
SGB II, 2. Aufl., § 33, Rz. 16) oder weil Empfänger von Leistungen nur derjenige sein könne, dem auf seinen Antrag Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts zuerkannt wurden (vgl. Hänlein, a.a.O., § 33 SGB II, Rz. 12), gelangt man mit Rücksicht
auf die Vorschrift des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. a) SGB II zu dem Ergebnis, dass ein Anspruchsübergang im Hinblick auf
einer Bedarfsgemeinschaft angehörende Kinder grundsätzlich möglich ist. Diese Vorschrift stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz
dar, dass Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten nicht auf den Leistungsträger übergehen; gerade für minderjährige Hilfebedürftige
im Verhältnis zu ihren Eltern gilt dies nicht. Daraus folgt, dass die Überleitung ausnahmsweise unabhängig von der Voraussetzung
der Geltendmachung durch den Leistungsberechtigten zulässig ist, wenn dieser minderjährig ist (Wolf, a.a.O., Rz. 19; Link,
a.a.O., Rz. 34).
bb) Wenn demnach die beiden Kinder grundsätzlich Leistungsempfänger sind, so kann es wegen der Höhe der geleisteten Aufwendungen
nur auf den Anteil angekommen, der auf sie allein entfällt. Denn bei den Leistungen der Grundsicherung handelt es sich immer
um Einzelansprüche; einen Anspruch der Bedarfsgemeinschaft gibt es nicht (BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7 b AS 8/06 R -, NZS 2007, 328, 329; Link, a.a.O., Rz. 16).
Da auch dort, wo Bedarfsgemeinschaften vorliegen, ein individueller Anspruch des einzelnen Berechtigten besteht, geht es stets
um den Anspruch der individuellen Person, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten hat. Nur deren Ansprüche
können auf den Leistungsträger übergehen. Wenn also ein Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft, da es nicht bedürftig ist, selbst
keine Leistungen erhält, während die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Leistungen erhalten, können Ansprüche des
nicht bedürftigen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft nicht übergehen (Münder, in: Münder, a.a.O., § 33, Rz. 18, 11; Wendl/Scholz,
Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 8, Rz. 239 f.; Klinkhammer, FamRZ 2004, 1909, 1917). Daher gehört es bei der Unterhaltsklage durch den Leistungsträger zur Schlüssigkeit, die Aufteilung der Leistungen
auf die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft darzulegen (Wendl/Scholz, a.a.O.; Scholz, FamRZ 2006, 1417, 1423).
Etwas anderes ergibt sich, anders als vom Kläger angenommen, auch nicht aus der bereits angeführten Entscheidung des Bundessozialgerichts.
Dort wird ausdrücklich festgestellt, dass es keine Ansprüche der Bedarfsgemeinschaft, sondern nur solche der einzelnen Mitglieder
der Bedarfsgemeinschaft gibt. Allerdings wird ebenso ausgeführt, das einzelne Mitglied könne nicht mit einer eigenen Klage
die Ansprüche aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verfolgen (BSG, NZS 2007, 328, 330). Diese sozialrechtliche Betrachtung berührt jedoch die Höhe des Übergangs eines zivilrechtlichen Anspruchs auf den
Leistungsträger nicht.
Der vom Kläger angeführte Grundsatz der Subsidiarität, der seinen Niederschlag in §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 3, 9 Abs. 1 SGB II gefunden
hat (vgl. Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 1, Rz. 11; Mecke, in: Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 11, Rz. 129; Söhngen,
in: Schlegel/ Voelzke/Radüge, SGB II - juris Praxiskommentar, 2. Aufl., § 11, Rz. 23 sowie § 19, Rz. 22; Münder, a.a.O., §
1, Rz. 6), gebietet ebenfalls keinen über die tatsächlich für den jeweiligen Bedürftigen erbrachten Leistungen hinausgehenden
Anspruchsübergang. Zwar zählen zu den eigenen Mitteln, aus denen der Hilfebedürftige seinen Lebensunterhalt nach § 1 Abs.
1 Satz 1 SGB II vorrangig selbst bestreiten soll, auch Unterhaltsansprüche. Dies allein kann aber nicht dazu führen, dass
der Unterhaltspflichtige über den Betrag hinaus, der dem jeweiligen Unterhaltsberechtigten als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft
geleistet wird, für den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft einzustehen hat. Andernfalls müsste der Unterhaltspflichtige mit dafür
aufkommen, wenn ein anderes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, zu dem der Pflichtige nicht in einem Unterhaltsrechtsverhältnis
steht, einen ihm gegen einen Dritten etwa zustehenden Unterhaltsanspruch nicht geltend macht bzw. nicht durchzusetzen vermag.
Dies könnte der Fall sein, wenn zur Bedarfsgemeinschaft ein weiteres nicht vom Unterhaltspflichtigen abstammendes Kind gehört,
das - anders als F. im vorliegenden Fall - nicht über Eigeneinkünfte, insbesondere in Form von Unterhalt, verfügt. Gleiches
kommt in Betracht, wenn ein volljähriges Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen bestehenden Anspruch auf Ehegattenunterhalt
nicht geltend macht. Hierauf und auf die Frage, ob der Leistungsträger auch die weiteren gegenüber Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft
unterhaltsverpflichteten Personen nach § 33 SGB II in Anspruch nimmt (vgl. zum Übergang eines Anspruchs auf Ehegattenunterhalt
auch OLG Brandenburg - 1. Senat für Familiensachen -, FamRZ 2007, 2014; OLG Jena, NJW-RR 2008, 1176; Scholz, FamRZ 2006, 1417, 1422), hat der nur einem Kind oder - wie hier - zwei Kindern der Bedarfsgemeinschaft gegenüber Barunterhaltspflichtige keinen
Einfluss.
Eine Einschränkung erfährt der Subsidiaritätsgrundsatz im Übrigen gerade in Bezug auf das Unterhaltsrecht durch § 11 Abs.
2 Satz 1 Nr. 7 SGB II (vgl. hierzu Senat, FamRZ 2007, 1905; ZFE 2007, 393; Reinken, FPR 2007, 352; Schürmann, ZFE 2008, 57; Götsche, ZFE 2008, 170, 171f.). Nach dieser Vorschrift sind bei der Ermittlung des für die Leistungsbemessung
zu berücksichtigenden Einkommens Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel
oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag abzusetzen. Damit hat der Gesetzgeber sicherstellen
wollen, dass Unterhaltsansprüche, die ein Unterhaltsverpflichteter aufgrund eines titulierten Unterhaltsanspruches oder einer
notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung zu erbringen hat, von seinem Einkommen abzuziehen sind, da der festgelegte Betrag
dem Betroffenen nicht als "bereites", d. h. einsatzfähiges Einkommen zur Verfügung stehe (vgl. Bundestags-Drucksache 16/1410,
S. 20). Dies führt ungeachtet des Subsidiaritätsgrundsatzes im Ergebnis dazu, dass der Unterhaltsanspruch in diesen Fällen
über das Arbeitslosengeld II finanziert wird (vgl. Scholz, FamRZ 2006, 1417, 1419).
b) Nach den in der Berufungsinstanz vorgelegten Leistungsbescheiden hat der Kläger innerhalb des Unterhaltszeitraums für C.
überhaupt keine Leistungen und für A. Leistungen nur in Höhe der vom Beklagten nun anerkannten Beträge, und zwar in Form teilweise
übernommener Kosten für Unterkunft und Heizung, erbracht. Über das Teilanerkenntnis hinaus ist ein Anspruchsübergang nach
den vorstehenden Ausführungen daher ausgeschlossen.
c) Da der Beklagte den geltend gemachten Anspruch in Höhe der für A. gewährten Leistungen anerkannt hat, bedarf es keiner
Entscheidung darüber, ob ein Anspruchsübergang auch insoweit, wie vom Amtsgericht angenommen, ausgeschlossen ist.
Zwar trifft es zu, wie vom Amtsgericht ausgeführt, dass die Unterhaltszahlungen des Beklagten deutlich oberhalb der für A.
gewährten Leistungen liegen. Wenn sich aber für A. ein Unterhaltsanspruch oberhalb der tatsächlichen Zahlungen des Beklagten
ergibt, wäre grundsätzlich noch Raum für einen Anspruchsübergang. Dies kann aber angesichts des Teilanerkenntnisses des Beklagten
auf sich beruhen.
d) Da nach alledem ein Anspruchsübergang jedenfalls über die anerkannten Beträge hinaus nicht erfolgt ist, bedarf es auch
keiner Entscheidung über weitere mit dem etwaigen Anspruchsübergang zusammenhängende Fragen.
aa) Dies betrifft zunächst die Feststellung des Amtsgerichts, bei der vom Kläger erhobenen Klage handele es sich um eine Teilklage
bzw. um die Geltendmachung von Teilunterhalt. Diese Begriffe mögen mit Rücksicht darauf verwendet worden sein, dass der vom
Kläger geltend gemachte Unterhaltszeitraum bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch nicht abgeschlossen
war. Gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 SGB II können die Träger der Leistung, wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht
werden muss, bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen. Ob es sich insoweit
mit Rücksicht darauf, dass über die bisherigen monatlichen Aufwendungen hinaus für die Zukunft auch ein Unterhaltsanspruch
des Leistungsempfängers selbst besteht, um eine Teilklage des Leistungsträgers handelt, kann aber auf sich beruhen. Bei Schluss
der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz vor dem Senat war der Unterhaltszeitraum insgesamt bereits abgeschlossen,
sodass es um zukünftige Leistungen nicht mehr geht.
bb) Ebenso kann angesichts des Teilanerkenntnisses des Beklagten dahinstehen, ob sein Einwand durchgreift, die Kinder, vertreten
durch ihre Mutter, bzw. das Jugendamt, hätten zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass höherer Unterhalt, als tatsächlich
gezahlt, verlangt werde.
Allerdings können nach § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB II die Träger der Leistungen für die Vergangenheit außer unter den Voraussetzungen
des bürgerlichen Rechts auch von der Zeit an den Anspruch geltend machen, zu welcher sie dem Verpflichteten die Erbringung
der Leistung schriftlich mitgeteilt haben. Eine solche Rechtswahrungsanzeige (vgl. hierzu auch Scholz, FamRZ 2006, 1417, 1424) ist vorliegend auf Grund des Schreibens vom 12.11.2007 gegeben.
cc) Im Hinblick auf die Unbegründetheit der Klage, vom Teilanerkenntnis des Beklagten abgesehen, bedarf es auch keiner Auseinandersetzung
mit der Frage, ob vorliegend eine sozialrechtliche Vergleichsberechnung anzustellen ist.
Nach § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II geht der Anspruch nur über, soweit das Einkommen und Vermögen der unterhaltsverpflichteten
Person, das nach den §§ 11 und 12 SGB zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen übersteigt. Mit dieser missglückten Formulierung
(Münder, a.a.O., Rz. 37; Wendl/Scholz, a.a.O., Rz. 248; Scholz, FamRZ 2006, 1417, 1423) soll allein sichergestellt werden, dass der Unterhaltsschuldner durch die Inanspruchnahme auf Grund des übergegangenen
Unterhaltsanspruchs nicht selbst hilfebedürftig wird (Münder, a.a.O., Rz. 37; Merten, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching,
Sozialrecht - Kommentar -, § 33 SGB II, Rz. 14; Götsche, FamRB 2006, 53, 60).
dd) Ferner bedarf es keiner Entscheidung der Streitfrage, ob hinsichtlich der Kosten für Unterkunft der Anspruchsübergang
nur in Höhe von 44 % erfolgen kann, weil die Vorschriften der §§ 94 Abs. 1 Satz 6, 105 Abs. 2 SGB XII, § 40 Abs. 2 SGB II,
wonach derartige Kosten in Höhe von 56 % nicht der Rückforderung unterliegen, entsprechend anzuwenden seien (dafür Link, a.a.O.,
Rz. 30 a; dagegen Grote-Seifert, in: Schlegel/Voelzke/Radüge, a.a.O., § 33, Rz. 29; Wendl/Scholz, a.a.O., § 8, Rz. 241; Scholz,
FamRZ 2006, 1417, 1422; vgl. auch Schürmann, FuR 2006, 349, 351).
ee) Schließlich braucht die Frage nicht entschieden zu werden, ob ein Anspruchsübergang nur insoweit gegeben ist, als die
Hilfegewährung rechtmäßig erfolgt ist (vgl. hierzu Grote-Seifert, a.a.O., Rz. 30; Wendl/Scholz, a.a.O., Rz. 244). Daher kommt
es nicht darauf an, dass der Beklagte nun mit Schriftsatz vom 17.11.2008 ausdrücklich die Richtigkeit der ergangenen Leistungsbescheide
bestritten hat, insbesondere insoweit, als in den Bescheiden der Vater des weiteren Kindes F. B., Herr C. F., nicht aufgeführt
sei, obwohl dieser mit der Mutter der drei Kinder in einer haushaltsähnlichen Gemeinschaft lebe. Wäre letzteres tatsächlich
der Fall und würde der Vater von F. womöglich über ein hohes Erwerbseinkommen verfügen, könnte dies zur Folge haben, dass
der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft auf Grund dieser Einkünfte hinreichend gedeckt wäre, sodass auch an die beiden Kinder
C. und A. überhaupt keine Leistungen zu erbringen wären. Auch dies kann angesichts des Teilanerkenntnisses des Beklagten auf
sich beruhen.
4. Kann der Kläger danach über das Teilanerkenntnis hinaus mit seinem Hauptantrag nicht durchdringen, so bleibt auch der Hilfsantrag
ohne Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung und Zurückverweisung gemäß §
538 ZPO liegen nicht vor. Insbesondere ist ein Verfahrensfehler des Amtsgerichts nach §
538 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 ZPO nicht ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
92 Abs.
1 ZPO. Die Vorschrift des §
93 ZPO kann zu Gunsten des Beklagten keine Anwendung finden. Denn das Teilanerkenntnis wurde erst in der Berufungsinstanz und erst
nach Ankündigung des Antrags, die Berufung insgesamt zurückzuweisen, abgegeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§
708 Nr. 10,
711 ZPO.
Die Revision wird gemäß §
543 Abs.
2 Satz 1
ZPO zugelassen, da eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Anspruchsübergang nach §
33 SGB II, soweit ersichtlich, nicht vorliegt.