Forderungsübergang nach Überleitungsanzeige gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 SGB II nur bei Identität von Anspruchsinhaber und Leistungsempfänger
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§
127 Abs.
2 Satz 2 und
3,
567, 569
ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Der Antragstellerin ist die beantragte Prozesskostenhilfe
zu gewähren.
1.
Anders als es das Landgericht gesehen hat, verspricht die beabsichtigte Klage auf Zahlung der Versicherungsleistung aus der
Wohngebäudeversicherung die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg (§
114 zweiter Halbsatz
ZPO).
Die Aktivlegitimation der Klägerin ist nicht wegen Anspruchsüberleitung auf den Landkreis O... als Träger von Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts (§ 33 Abs. 1 SGB II i.d.F. vom 30.07.1004, gültig bis zum 31.07.2006) zu verneinen. Die Überleitungsanzeige
des Amtes für Arbeitsmarkt des Landkreises O... vom 20.09.2005 hat einen Anspruchsübergang in Bezug auf die mit der Klage
verfolgte Forderung (Versicherungsleistung wegen Brandschadens) nicht bewirkt.
Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht vom wirksamen Bestand der Überleitungsanzeige ausgegangen. Sie stellt einen
Verwaltungsakt dar, der mit Bekanntgabe an den Drittschuldner Wirksamkeit erlangt hat (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Ein Verwaltungsakt ist - abgesehen vom Fall der Nichtigkeit - für die Zivilgerichte bindend, solange er nicht durch die
zuständige Behörde oder durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben ist (vgl. BGHZ 94, 141 ff = NJW 1985, 778, 779 m.w.N.). Letzteres ist hier nicht der Fall. Über den Widerspruch gegen die Überleitungsanzeige vom 20.09.2005 hat der
Landkreis O... bisher nicht entschieden. Die Bindungswirkung enthebt das Zivilgericht indes nicht von der Prüfung, ob die
Überleitung den im Zivilprozess zu beurteilenden Anspruch erfasst und ob dieser Anspruch insgesamt oder nur zum Teil übergegangen
ist.
Auf der Grundlage des Tatsachenvorbringens der Parteien ist der Klageanspruch auf Zahlung von 197.875,- EUR aus der Wohngebäudeversicherung
nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen.
Eine Überleitungsanzeige hat zur Folge, dass der Sozialhilfeträger mit unmittelbarer Wirkung in die Rechtsstellung des Inhabers
des übergeleiteten Anspruchs rückt (vgl. BGHZ 94 a.a.O). Diese Folge tritt gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. bis zur Höhe
der erbrachten Sozialleistung ein. Dabei erfasst die Überleitungsanzeige auch künftige Leistungen in der Weise, dass die Rechtswirkung
des Übergangs in dem Augenblick stattfindet, in dem die Aufwendung tatsächlich geleistet wird (vgl. BGH NJW 1982, 232, 233 zu § 90 BSHG; OLGR Köln 1999, 157, 158 zu § 91 BSHG; Zöller/Stöber
ZPO, 26. Aufl. §
727 Rn. 8 m.w.N.). Für die seit dem 01.08.2006 ausbezahlten Leistungen tritt der Forderungsübergang kraft Gesetzes ebenfalls
fortlaufend bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen ein, wenn bei rechtzeitiger Leistung des anderen (Drittschuldners) Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB 2 n.F.).
Für die Frage, ob oder bis zu welchem Teilbetrag die Forderung der Klägerin gegen die beklagte Versicherungsgesellschaft auf
den Landkreis O... übergegangen ist, kommt es also darauf an, in welcher Höhe Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
erbracht worden sind. Nach unwidersprochener Darstellung der Klägerin hat sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nicht empfangen. Wie die von ihr eingereichten Urkunden ergeben, erhält ihr Ehemann solche Leistungen vom Landkreis O...,
und zwar derzeit in Höhe von 170,73 EUR monatlich. Da die Klägerin mithin nicht Leistungsempfängerin ist, hat ein Forderungsübergang
nicht stattgefunden. Der Forderungsübergang nach § 33 Abs. 1 SGB 2 (a.F. wie n.F.) setzt - ebenso wie etwa § 116 SGB X und im Unterschied zu § 90 Abs. 1 BSHG - die Identität von Anspruchsinhaber und Leistungsempfänger voraus. Fehlt die Identität, scheidet ein Forderungsübergang
schon im Ansatz aus (vgl. BGH NJW 2004, 3176, 3177).
Bei dieser Sachlage ist der Umstand, dass die Überleitungsanzeige vom 20.09.2005 mangels Angabe von Zeitraum und Höhe der
Sozialleistung eine für den Forderungsübergang wegen bereits gewährter Leistungen hinreichende inhaltliche Bestimmtheit vermissen
lässt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24.08.1988, Az.: 7 RAr 74/86, BSG-Intern RegNr. 18106, zitiert nach jurisweb) nicht mehr von entscheidender Bedeutung.
2.
Die Antragstellerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung
aufzubringen (§
114 erster Halbsatz
ZPO). Ihr ist deshalb Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
3.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die dafür in §
574 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.