PKH-Verfahren: Zur Frage, ob im konkreten Fall ein Prozesskostenvorschussanspruch gegen den Sozialleistungsträger besteht
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §
127 Abs.
2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I.
Die Antragsstellerin ist nur teilweise bedürftig gemäß §§
114 f
ZPO. Sie hat einen Prozesskostenvorschussanspruch gegen den Träger des ALG II, dessen genauer Umfang mangels eines ausreichend substantiierten Vorbringens der Antragstellerin derzeit nicht genau bestimmt
werden kann. Demgemäß muss nach derzeitigem Stand von dem vollständigen Fehlen ihrer Bedürftigkeit jedenfalls für die Zeit
bis zum Erlass des hiesigen Beschlusses (Juni 2008) ausgegangen werden. Für die Zukunft (an Juli 2008) kann dagegen insoweit
die Bedürftigkeit nicht fehlen.
Der Prozesskostenvorschussanspruch folgt aus dem Umstand, dass die Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II (ALG II, HARTZ IV) bezogen hat. Insoweit gehen die ihr zustehenden Unterhaltsansprüche gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 SGB II auf den Sozialleistungsträger
über. Soweit dieser den übergangenen Anspruch im Einvernehmen mit der Antragstellerin auf diese zur gerichtlichen Geltendmachung
rückübertragen hat, vgl. Bl. 80 d.A., entspricht dies zwar der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit des § 33 Abs. 4 S. 1 SGB
II. Jedoch ist zu beachten, dass der Träger der Leistungen dann die Kosten, mit denen der Leistungsempfänger selbst belastet
wird, zu übernehmen hat (§ 33 Abs. 4 S. 2 SGB II). Im Umfange dieser Kostenübernahmepflicht steht dem HARTZ IV-Empfänger daher
ein Prozesskostenvorschussanspruch gegen den Sozialleistungsträger zu, der die Bedürftigkeit ausschließt (BGH, Beschluss vom
02. April 2008, XII ZP 266/03).
Damit bedarf es der genauen Darlegung, welche Beträge die Antragstellerin vom Sozialleistungsträger erhalten hat und welche
Beträge sodann auf sie rückübertragen worden sind. Insoweit hat die Antragstellerin schriftsätzlich allein pauschal dargestellt,
dass sie dererlei Beträge erhalten hat, die sie aber für die Berechnung des Unterhaltsanspruches ohne Bedeutung hält. Dies
ist zwar insoweit korrekt, als bei der Ermittlung ihres Bedarfs bzw. bei ihren bedarfsdeckenden Einkünften die HARTZ IV-Leistungen
als subsidiäre Leistung keinerlei Anrechnung finden. Für die Bedürftigkeit im Rahmen der begehrten Prozesskostenhilfe spielt
dies aber - wie zuvor dargestellt - durchaus eine Rolle. Insoweit reicht es auch nicht, dass dem Schriftsatz vom 21. August
2007 die entsprechenden ALG-II-Bescheide beigefügt sind. Es ist nicht Aufgabe des Gerichtes, sich aus beigefügten Unterlagen ohne entsprechenden schriftsätzlichen
Vortrag diejenigen Beträge herauszusuchen, die dem Vortrag einer Partei zur Schlüssigkeit verhelfen (OLG Karlsruhe, OLGR 2008,
197; OLG Brandenburg, OLGR 2005, 966 und FamRZ 2004, 972; vgl. auch allgemein dazu OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 797 und 2007, 911). Vielmehr obliegt es der Antragstellerin selbst, im Einzelnen die Beträge schriftsätzlich aufzulisten und es so dem Gericht
zu ermöglichen, eine entsprechende Kontrolle durchzuführen.
II.
I. Ü. besteht keinen Erfolgsaussicht gem. §
114 ZPO. An der Verwirkung des Unterhaltsanspruches der Antragstellerin für die Zeit ab November 2007 bestehen nach derzeitigem Stand
keine Bedenken; dem Amtsgericht ist hierin im vollen Umfange zuzustimmen. Gemäß §
1579 Ziffer 2
BGB n.F. ist der Unterhaltsanspruch zu begrenzen, wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Nach derzeitigem
Stand lebt die Antragstellerin unstreitig bereits seit längerem mit einem neuen Mann zusammen. Die insoweit geforderte Mindestzeit
von 2 bis 3 Jahren (BGH FamRZ 2004, 614, 616; FamRZ 2002, 810, 811) war jedenfalls insoweit im November 2007 erfüllt. Zumindest hätte es insoweit eines eingehenderen Vortrages der Antragstellerin
bedurft, wofür es jedenfalls nicht genügt, dass sie pauschal bestreitet, nicht in einer verfestigten Lebensgemeinschaft zu
leben. Insbesondere ein räumliches Zusammenleben der neuen Partner ist in der Regel ein typisches Anzeichen für das Vorhandensein
eines eheähnlichen Zusammenlebens (BGH FamRZ 2004, 614, 616; OLG Bremen OLG-Report 2006, 785, 787). Dann ist es Aufgabe des Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu beweisen, dass
die Voraussetzungen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht vorliegen.
Insoweit sei noch vorsorglich darauf hingewiesen, dass es für die Voraussetzungen der Ziffer 2 des § 1579 ohne Relevanz ist,
ob die Ehe der Eheleute intakt war oder nicht. Auf die Leistungsfähigkeit des neuen Partners kommt es ebenfalls nicht an (amtl.
Begr. zum UnterhaltsrechtsreformG; Ehinger/Rasch, FamRB 2007, 46, 52). Dies mag allenfalls bei der Bestimmung der Länge der
vorgenannten Frist von 2 bis 3 Jahren eine Rolle spielen.
III.
Vorsorglich sei noch auf Folgendes hingewiesen:
Es bestehen jedenfalls angesichts der Einkünfte der Vergangenheit keine Bedenken daran, der Antragstellerin ein fiktives Nettoeinkommen
wegen eines Verstoßes gegen die sie treffende Erwerbsobliegenheit von 920,33 EUR anzurechnen.
Dies entspricht i. Ü. auch der vormals ständigen Rechtsprechung des Senates zu den fiktiv zurechenbaren Einkünften einer ungelernten
Frau (Brandenburgisches OLG FamRZ 2005, 210). Ob an dieser Senatsrechtsprechung in der Zukunft ohne nähere Prüfung der Erwerbschancen weiter festzuhalten ist, mag hier
dahinstehen.