Berücksichtigung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende
Gründe:
Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des
Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich sein. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung
aus folgenden Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg:
I. Die Parteien sind seit dem 28. Mai 2004 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Die Klägerin hat den Beklagten mit einer am
8. April 2005 rechtshängig gewordenen Klage auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch genommen. In einem Teilvergleich vom 4.
Mai 2005 haben sich die Parteien über den Unterhalt bis Dezember 2004 und ab Juli 2005 geeinigt. Ab Juli 2005 ist der nacheheliche
Unterhalt auf der Grundlage des Erwerbseinkommens des Beklagten unter Abzug einer Kreditrate sowie des Tabellenunterhalts
für die gemeinsame Tochter und ein weiteres, am 16. Mai 2004 geborenes Kind des Beklagten mit monatlich 688 EUR errechnet
worden. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht der Klägerin für die Zeit von Januar bis Juni 2005 einen Gesamtunterhalt
von 2.136,81 EUR zugesprochen, und zwar monatlich 312,42 EUR von Januar bis März und monatlich 399,85 EUR von April bis Juni.
Dabei sind - abweichend von der Berechnung ab Juli 2005 - auf Seiten der Klägerin eigene Einkünfte berücksichtigt worden,
und zwar Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in Höhe von monatlich 575,77 EUR, die die Klägerin aufgrund eines
Bescheids der Region Hannover - Fachbereich Soziales - vom 27.12.2004 (neben einem Betrag von 78.78 EUR für die Tochter D#######)
erhalten hat (Bl. 65 d.A.). Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass die Grundsicherungsleistungen bedarfsdeckend zu berücksichtigen
sind, da der Beklagte vom Leistungsträger nicht mehr in Rückgriff genommen werden könne.
Mit ihrer Berufung wendet die Klägerin ein, bei der Grundsicherung handele es sich um eine subsidiäre Sozialleistung. Es müsse
immer noch damit gerechnet werden, dass der Leistungsträger die Unterhaltsansprüche der Klägerin auf sich überleite.
II. Die angefochtene Entscheidung ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Zwar handelt es sich bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die die Klägerin (in Form von Regelleistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II und Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II) von Januar bis Juni 2005
bezogen hat, um Sozialleistungen, die grundsätzlich gegenüber gesetzlichen Unterhaltsansprüchen subsidiär sind. Entgegen der
Auffassung des Amtsgerichts war der Leistungsträger im vorliegenden Fall auch nicht gehindert, rückwirkend Unterhaltsansprüche
der Klägerin gegen den Beklagten für den genannten Zeitraum durch schriftliche Anzeige an den Beklagten auf sich überzuleiten.
Denn nach §
33 Abs.
2 Satz 3 SGB II i.V. mit §
1613 BGB kann der Leistungsträger den Übergang von Unterhaltsansprüchen für die Vergangenheit insoweit bewirken, als der Unterhaltsverpflichtete
vom Berechtigten in Verzug gesetzt worden war. Die Bezugnahme auf §
1613 BGB bedeutet keine Beschränkung der Überleitungsmöglichkeit auf Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten. Der Beklagte ist vorliegend
durch die Klageschrift vom 03.11.2004 hinsichtlich eines nachehelichen Unterhalts von monatlich 797,42 EUR in Verzug gekommen.
Leistungen, die der Unterhaltsberechtigte nach den §§ 19 ff. SGB II bezogen hat, sind jedoch ausnahmsweise als Einkommen zu
behandeln, wenn die Nichtberücksichtigung der Leistungen treuwidrig wäre (vgl. BGH FamRZ 1999, 843; 2001, 619; Unterhaltsleitlinien des OLG Celle, 2.2). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Obwohl die Klägerin den Leistungsträger
(pflichtgemäß) darüber informiert hat, dass sie den Beklagten gerichtlich auf Unterhalt in Anspruch genommen hat, ist eine
Überleitung der Unterhaltsansprüche der Klägerin für die Zeit von Januar bis Juni 2005 bis jetzt nicht erfolgt. Die Klägerin
hat mit Schriftsatz vom 02.05.2005 (S. 2, Bl. 69 d.A.) selbst vorgetragen, der Leistungsträger habe ihr die Auskunft gegeben,
es seien "bisher keine Überleitungsanzeigen ergangen" und es könnten "infolge des hohen Arbeitsanfalls seit Inkrafttreten
von Hartz IV und auch schon davor sowie des Mangels an entsprechend ausgebildeten Fachkräften ... die Überleitungsanzeigen
von der ArGe nicht so zeitnah erlassen werden, wie dies für die Unterhaltsangelegenheiten erforderlich ist". Mit Schriftsatz
vom 27.12.2005 (Bl. 86 d.A.) ist weiter vorgetragen worden, nach Auskunft der Behörde würden Überleitungsanzeigen - sofern
diese künftig ergehen sollten - "nur für die Zukunft Wirkung entfalten". Mit der Berufungsbegründung hat die Klägerin schließlich
ein Schreiben der Behörde vom 03.05.2006 (Bl. 147 d.A.) vorgelegt, wonach das angefochtene Urteil "akzeptiert" werden könne.
Danach fehlen jegliche konkreten Anhaltspunkte für die von der Klägerin geäußerte Annahme, es müsse immer noch mit einer Überleitung
gerechnet werden.
Wenn die Behörde tatsächlich noch eine Überleitungsanzeige erlassen würde, so wäre die Klägerin im Übrigen gehindert, die
Unterhaltsansprüche für die Zeit vor Rechtshängigkeit der Klage weiter im eigenem Namen geltend zu machen. Die Behörde wäre
an der Durchsetzung der Ansprüche aber ihrerseits insoweit durch §
1585 b Abs.
3 BGB gehindert.
3. Der Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe für die Durchführung ihrer Berufung wird mangels hinreichender Erfolgsaussicht
(siehe Ziffer 2) zurückgewiesen. Darüber hinaus dürfte die Berufung auch mutwillig sein, da ein eigenes Interesse der Klägerin
an der Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nicht ersichtlich ist und der Träger der Grundsicherung die angefochtene Entscheidung
"akzeptiert" hat.